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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 44 (15. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0177

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wöchentlich drei Mai
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Amtsverkündigungsöl'att für den Wezirk Schwetzingen.
B a i> i s ch r Hops e n rei 1 ung.

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Allgemeiner Anzeiger für Vie badische und bayerische Rheinpfalz.

M. 44.

Dienstag, 15. April 1873

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden anch ürr „PhiLippsburger L Germersheimer Wochenblatt" Gratis-Aufnahme.

Uolitische Aeöerstcht.
Nach dem „D. W." ist das Ges-tz über die b r a u a-
schweigische E r h f o l g e s r a g e geregelt, ohne
daß der Kaiser Wilhelm hinsichtlich der ihm angesonnenen
Uebernahme einer Garantie uni seine Zustimmung gefragt
worden ist. Selbstverständlich sind auch die Nachrichten,
als ob Preußen stch in irgend einer Weife über die An-
sprüche des Kronprinzen von Hannover günstig ausgespro-
chen habe, durchaus unbegründet.
Das a l l g e m e i n e M i l i t ü r g e s e tz, welches
die Thronrede bei Eröffnung des Reichstages in Aussicht
stellte, wird, wie es heißt, in kurzer Frist an den Bundes-
rath gelangen und sicher der bedeutsamste Gegenstand der
Bedachungen werden, welche den Reichstag nach den Ferien
erwarten. Es ist bekannt, daß dieses Gesetz sowohl die
Präsenzstärke normiren, als auch die Formationen der Armee
feststellen soll. Eine finanzielle Wirkung wird es jedoch für
den Etat des nächsten Jahres noch nicht haben; denn das
dreijährige Pauschquantum, welches im Dezember 1871
zwischen der Reichsregierung und dem Reichstag vereinbart
wurde, erstreckt sich noch über das Jahr 1874, und es steht
fest, daß die Reichsregierung an jener Vereinbarung nicht
rütteln , . also jetzt weder einen Specialetnl vorlegen, noch
einen Zuschuß zu dem bisherigen Pauschfatze von 225 Thlr.
pro Kopf verlangen wird. — Welche finanzielle Consequen-
zen das allgemeine Militärgssetz für die spätere Zutuns;
nach sich zieht, wird sich esst beurthciten lassen, wenn sein
näherer Inhalt vorüegt.
Aus dem E liscc zu P aris flattert seit acht Ta-
gen die dreifarbige Fahne wieder, ein Zeichen, daß der Prä-
sident der französischen Republik von seinem hauptstädtischen
Palais wieder Besitz ergriffen.
Das „Journ. off." bringt an der Spitze seines amt-
lichen Theiles, daß Thiers soeben eine Note erhalten habe,
mittelst welcher der Kaiser aller Neusten das Ableb. n der
Großfürstin Helene Pawlowna nolisicirt. Bekanntlich ist
die Großfürstin schon vor längerer Zeit gestorben. D-e
Nachricht von ihrem Tode wurde den Höfen sogleich notifi-
cirt, wie auch die übliche Hoftrauer überall ungeordnet
wurde. (Das Petersburger Cabinet hat somit längere Wo-
chen gewartet, um der französischen Republik eine Mcklhei-
lung zu. machen, für welche die diplomatische Höflichkeit die
größte Raschheit erfordert, und dadurch der souveränen Ver-
achtung Ausdruck gegeben, mit welcher Czar Alexander II.
und sein Staatskanzler Fürst Gortschakoff auf die republi-
kanische Staatsform herabsehen. Wenndas russische Cabmet
seine Höflichkeit Proportionen bemißt, dürfte es der spani-
schen Regierung wahrscheinlich keine Mitkheilung machen,
was übrigens sowohl der spanischen als auch der französi-
schen Nation höchst gleichgültig sein kann.
Sebastopols Schicksal ist nunmehr entschieden, der

Punc! wird zu einer Marmestaüon, nicht zu einem Kriegs-
hasen ersten Ranges eingerichtet werden. Flotten' wie
Handelshafen sollen in die „südliche Bucht" verlegt werden,
welche den Vorthei! gibt, daß sic nie zufriert und gegen
die hohen Wellen geschützt ist, welchen die Rhede ausgesetzt
ist. Ein Gürtel von Forts und Strandbatterien wird die
Position von der Land- und Seeseite sihern. Der Haupt-.
Hafen für die Flotte bleibt Nikolajew an der Bug-Mündung,
für dessen W.'rfleu und Magazine schon Bedeutendes ge-
schehen ist Hier ist auch jüngst das erste Panzerschiff vom
Stapel gelassen. Die der Befahrung mit Kanonenbooten
ungünstig? Bant von Oischakow in Bug soll beseitig! werden .
Deutsches Reich
Berlin, 12. April. Fürst Bismarck reist heute mit
Familie nach Varzin, wo er bis zum 17. d. M. bleibt.
Ausland.
Paris, 12. April. Dem „Bien Public" zufolge hat
Römusat die Candivatur angenommen. „Siöclk unterstützt,
gleichwie die radikalen Blätter, Barodet.
Brüssel, 12 April. DK Unterhandlungen der Re-
gierung mit mehreren Bankhäusern über eine 3°/oige An-
leihe von 246 Millionen zum Emissionscourse von 81 sind
dem Abschluß nahe. ,
Brüssel, 12 April. Der Sinke in den Granit-
stnudrüch-'n von Enghien ist beinahe beendigt, die Eonfiq-
nation der Truppen wieder aufgehoben.
Florenz, 12. April. Der König ist von dem öster-
reichischen Gesandten Graf von Wimpffen Namens des
Kaisers von Oesterreich zur Weltausstellung eingeladen wor-
den und bat zugesag! nach Wien zu kommen, wenn die
politischen Verhältnisse Italiens ihm dieses gestatten würden.
Rom, 11. April. Unter denjenigen geistlichen Wür
denträgern, welche sür die demnächstigen Cardmalsernenn-
ungen in Aufsicht genommen sind, sollen sich Mermillod,
Lachat, Ledochowski, Manning und Kettler befinden.
* Rom, 12. April. „Voce della verika" meldet:

Die Besserung in dem Befinden des Papstes ist anhaltend, s
Der Papst empfing heute eine Anzahl von Cardiuälen und ?
Prälaten. „Fanfulli" zufolge leidet der Papst noch an s
Schmerzen an der linken Seite und starker Appetitlosigkeit, i
Da- Gerücht von Unterhandlungen mit Oesterreich wegen i
einer Consularconvention ist unbegründet. Die Unterhand- i
lungen betreffen die Cotimng von italienischen Wertsten an i
der Wiener Börse. '
Perpignan, II April. Meldungen aus Barcelona !
vom 9. d. Mts. besagen, daß die Civilbehöichen die Kirchen- s
behörden gebeten haben die während Ser Ctzarwoche ge- '
fchloffenen Kirchen öffnen zu lassen. Velarde ist gestern in
Martorell eingetroffen und wird demnächst auch in Barce-
lona erwartet. Derselbe wird Anordnungen in Betreff der

Disciplin der Soldaten treffen. In Palma Zwang das
Volk die Equipagen, welche sich ans der Promenade zeigten,
zur Umkehr. — Heute Mittag zogen sich die Carlisten von
Puigcerda zurück und ließen 300 Todte und Verwundete
hinter sich. Die Vcrtheidiger der Stadt hatten 8 Todte
und eine große Anzahl Verwundeter. Fünf Häuser wurden
durch das Feuer der Carlisten zerstört. Gegen eine etwaige
Wiederholung des Angriffs Seitens der Carlisten sind Maß-
regeln getroffen.
Bourg-Madame, I I. April. Die Verteidiger von
Puigcerda haben die Carlisten unter Saballs zurückgeworsen.
Verwundete Carlisten haben sich hierher geflüchtet.
St. Petersburg, 8. April. Netschajew, der von
der Schweiz ausgeliefert und wegen Mords zu 20 Jahren
Strafarbeit verurteilt wurde, hat sich auf dem Transport
nach Sibirien in Ustjug selbst erschaffen.
Belgrad, 12. April. „Jedinstvo" Melder: Dcc
Fürst ernannte Ristic zum Ministerpräsidenten und Minister
des Aeußern. Im Cabinette werden nur partielle Verän-
derungen stattfinden.
Constantinopel, 11. April. In Folge Tabaks-
schmuggels fand ein blutiger.Konflikt zwischen Persern und
der Polizei statt, wobei gegen 70 der Ersteren arretir! wurden.
London, 12. April. Aus Penang wird gemeldet:
Die Holländer nahmen 2 Erdvertheidigungswerke der At-
chinesen und schickten sich an, den Wohnsitz des Sultans
anzugreifen, verlangten indeß Verstärkungen von Batavia.
New'Iork, 12- Apr. Aus Havanna wird berichtet,
daß 15 Zuckerplantagen aus der Insel Cuba durch Feuer
zerstört worden sind.
New-Uork, 12 April. In Panama ist eine Revolu-
tion ausgebrochen. Das Volk hat ohne Blutvergießen den
Präsidenten der Republik, General Neira, abgesetzt und den
früheren Präsidenten, Correoso, wieder eingesetzt.
New-Jork, 12. April. Hier eingetroffenen Nach-
richten aus Centralamerika zufolge hat in San Salvador
ein furchtvares Erdbeben stattgefunden. 800 Menschen sind
umgetommen. Der Schaden wird auf 12 Missionen Doll. ver-
anschlagt._
Neueste Hopseu-Nachnchttn.
Nürnberg, 12. April. (Orig.-Ber. v. C. Schmidt.)
Ueber bas Hopfengeschäft läßt sich thatsächlich nichts weiter
berichten als immer dasselbe. Die Umsätze, welche durch ab
und zu im Markt erschauende Käufer bewirkt werden, be-
schränken sich auf möglichst schöne und gute Kundschaftssor-
ten, wofür überwiegend die seitherigen Preise von fl. 77
bis fl. 9V, in Ausnahmefällen bei vorzüglicher Waare so-
gar bis fl 95 und 106 bezahlt werden. In solchen Sor-
ten find Vorräthe äußerst knapp wie kaum jemals, während
twu geringeren noch noch ziemliche Posten liegen, wovon

Adeline.
Novelle von Gottlieb Richter.

'Fortsetzung.)
Sie reichte ihm die Hand und ging.
Eine Stunde später galoppierte Karl mit dem Bedienten an der
der Seite den Waldweg hinab. Auf der Veranda standen die Bewoh- '
ner vom Forsthaus Sachsenhausen und schauten dem Scheidenden weh-
müthig nach. Die beiden Knaben und Elli schluchzten laut, der Ne- :
Uierförsterin stand eine Thränc im Auge und Allershausen drehte heftig i
seinen schwarzen Schnurrbart, um die Erregung zu bekämpfen.

Unabsehbar breitete sich das BläLLermeer des Wolchonsky-Waldes
aus, unterbrochen von düsteren Tannenrevieren, überziehend lustige,
stolze Höhen, hinabsteigend in tiefe, dunkele Thäler, wilde Felfenschluch-
ten und braufendc Waldbäche in gehcimnißvolles Düster hüllend. Stolze
Hirfche, muntere Rehe, gewaltige Elenthiere durchflogen und durchspielten
die einsamen Reviere, von denen viele nur seltm eines Menschen Fuß
betrat, wo der Forst dem amerikanischen Urwalde glich. Durch mächti-
gen Hochwald, durch verschlungenes Dickicht, über verfaulende Baum-
stämme, die der Sturm krachend zu Boden geworfen, stahl sich der
Wolf über Felsgeröll und Morast zum dunkeln Waldsee, das Wild bei
der Tränke zu überfallen; trollte der ungesellige Bär seinen einsamen
Weg, seine Beute zur Höhle schleppend.
Droben auf steiler Felswand lag mitten im Walde ein kleines, alters-
graues Jagdschloß, umzogen von Mauer, Graben und Wall. Weit
ausschauend ragten die Zinnen des Wartthurmes über die alten Eichen,
deren buntes Laub der Herbststurm schon theilweise hinabwirbelie ins
Thal. -
Der Abend brach herein, und der Himmel umzog sich. Der Sturm

machte sich auf, zerriß die rothen Abendwolken und sagte sie wie dü-
stere Schatten em Abendhimmel herauf, stürzte fick dann in die dunkeln
WaldthLler, sagte heulend durch die engen Schluchten, bog die stolze
Tanne, umarmte die zitternde Birke und rüttelte die trotzige Eiche, daß
die Blätter erschrocken zu Boden schwirrten. Aus der Ferne herüber
heulte ein Wolf und ein Uhu rief sein zitterndes hallendes Geschrei.
A >s dem Walde sprengte ein Reiter rasch den dunkeln Weg zum
Schlosse hinauf. Laut kläfften die Hunde im Zwinger, als des, Rosset ,
Huf hallend auf der Zugbrücke stampfte" und dann auf dem Mastes
des Burghofes klapperte.
„Ruhig, Diana! Hector! Karo!" befahl der Reiter.vom Pferde !
herab. Augenblicklich verstummte das Concert. Aus dem Portale des l
Hauses eilte rasch ein Mann herzu. -
„Sie komme» zu rechter Zeit, Herr Forstmeister, das Unwetter ,
bricht los/ sagte er, „es heult ums alte Gemäuer, daß es einstürzen
möchte."
„Ja, ja, alter Daniel! spute Dich!" mahnte der Forstmeister und
sprang aus dem Sattel, „führe den Rappen in den Swll. schließ das <
Thor und komm herauf!"
Er klopfte bei diesen Worten dem feurigen Thiere den Hals und s
ging ins Haus. Im Zimmer hatte der alte Daniel gut gesorgt. im
Kamine brannte ein lustiges Feuer und die Lampe strahlte hell wie die
Sonne, ordentlich, als ob sie sich über den Eintretenden freue. Und
wie ihn die Lampe so hell beleuchtet, erkennen wir ihn: Karl Sanders
Forstmeister des Grafen Dubienka. Ja, ja, er wars, hier mitten im
Wolchonsly-Walde, einsam wohnend mit dem alten Daniel, dem Fac>
totum von Eichhorst und einem russischen Geschwistertzaar, hier einsam
auf dem grauen Jagdschloß. .
Seine russischen Reviere kannte er schon, er hatte süon drim ge-
wirtschaftet wie ein Mann, um wenigstens eine Ordnung in diese
theilweise ruinierten, verkommenen und vernachlässigten Waldungen zu
bringen. Und der Graf freute sich feines Eifers, ließ ihn schalten nach
Herzenslust, stellte ihm Geld und Leute zur Verfügung, weil er sah:
der neue Forstmeister versteht seine Sache, und wenn mir einer den
Wald in Ordnung bringen kann, so ists der. —

Eben hatte der Forstmeister seine Stiefeln mit Pantoffeln vertauscht,
und sich in einen langfchöfsigen Schlafrock geworfen, als der alte Da-
niel die Treppe herauf trappte. Hinter ihm die beiden Gestrwister
Wafili, ein junger Bursch und Iwanowna seine Schwester, eine roth-
wangige lachende Russin, beide des Grafen Leibeigene und von ihm
dem Forstmeister aufs Schloß geschickt. — Flink, und anstellig deckte
Iwanowna den Tisch für den Forstmeister und Daniel uud beide ließen
sichs wohl schmecken nach den Mühen des Tages.—
Dus Supper war rasch beendet, die Pfeifen wurden mit Knaster
geladen, jeder der beiden Waldleute warf sich in einen Sessel und sog
schweigend den Rauch ein. Draußen heulte der Wind, auf dem Wart-
thurm kreischte die Fahne und klapperte der Schiefer, drinnen im Zim-
mer wars aber so still und friedlich wie in Abrahams Schoos. Ge-
mütblich rollte das Feuer im Kamine, die Uhr ticktackte ruhig an der
Wand und auf dem Teppich vor Daniels Stuhle gähnte in seligster
Faulheit Alma, der krummbeinige TSchfel.
„Ich bin heute nach Reviey vierundzwanzig gewesen," unterbrach
der Forstmeister das Schweigen, weißt, Daniel, wo es so gräßlich aus-
sah von umgestürztm Bäum.n und versumpftem Boden. Die Leute
haben die Bäume zusammengefchleppt und die Dornen ausgsjätet. Sic
find merkwürdig fleißig geworden seit gestern.
Daniels verwettertes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, er strich
langsam seinen grauen Bart und sagte: „Das hat seine Gründe, Herr
Forstmeister."
„Wie so?" fragte Karl verwundert.
„Ja,sehen «sie," antwortete der Alte und richtete sich stramm im
Lehnstuhle auf, „das ist hier eine verrückte Nation. Die Leute können
arbeiten, prachtvoll sage rch Ihnen, namentlich mit dem Beile. Der
Russe baut fein ganzes Haus mit dem Beile, er geht auf die Jagd
mit dem Beile, er reist mit dem Beile, ich glaube, sie essen auch mit
dem Beile. Und dieses Volk wollte nicht arbeiten! Sie gaben ja den
Leuten etwas Lohn, obgleich sie es als Leibeigene umsonst thun mußten,
aber hats geholfen?"
„Im Gegmtheil," erwiderte der Forstmeister, sie wurden noch
fauler." (Fortsetzung folgt.)
 
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