Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

DOI chapter:
No. 13 (1. Februar)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0051

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Erscheint
wöchentlich drei Mat:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnv Boten nehmen
Bestellungen an.

Mlvthillgtr WochrMäll.
Amtsverkündigungsötatt für den Wezirk Schwetzingen.
Bad ilchk H o p ft n r e i t u n g.

Preis
diertelsährlich 4-> ü
Inserate
die viergespaltene
PetitzeUe oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanz eigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Nheinpfalz.

M. 13. Samstag, 1. Februar 1873. VII. Jahrgang.

Für das „Ichwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

NvItt'lluNlU'N dieses Blatt für
diiMonatc Februar und
Marz werden bei sämmtlichen Postanstalten sowohl §
als bei den Landpostboten angenommen.
- Die Expedition. ,
Depeschen.
* Wien, 30. Jan. (H.-B.-R.) Der Ausweis der >
Oesterreichlschen Nationalbank ist nicht günstig. Die Noten-
reserve hat um 2 Millionen abgenommen. — Demnächst
wird das Bezugsrecht auf 50,000 Giselabahnactien ausge-
schrieben. Auf vier Elisabethwestbahnactien wird eine Gise-
labahnactie a 188 entfallen.
— 30. Jan. (H.-B.-R.) Die Unionbank erleidet an l
der Ungarischen Nordostbahn einen Verlust von .5 bis 8
Millionen. !
* St. Petersburg, 29. Jan. (I. M. L.) Es
geht das Gerücht, die russische Regierung wolle im Westen
von Rußland neun neue Festungen anlegeu.
^Madrid, 29.Jan. (H.-B.-R ) Man versichert, die Regie-
rung werde energische Maßregeln ergreifen, wenn unter den Ar-
tillerie-Offizieren wegen der Ernennung des Generals Ho-
delgo zum Kommandanten der Division von Taragona sich
ein neuer Zwist enlspinnen werde.
* Madrid, 30. Jan. (H.-B.-R.) Die Königin
ist heute früh von einem Prinzen glücklich entbunden worden.
* Lissabon, 29. Jan. (H.-B.-R.) Die Beisetzung
der Kaiserin Mutter von Brasilien hat heute unter Betheili-
gung der hohen Würdenträger, vieler Korporationen, der
Garnison von Lissabon und einer zahlreich versammelten
Volksmenge stattgefunden.
* Lissabon, 29. Jan. (H.B.R ) Der Dampfer „Republik"
Meldet, daß die von Rio kommenden Zufuhren in Monte-
video einer 12tägigen und in Buenos-Ayres einer ^»tägi-
gen Quarantäne sich unterwerfen müssen.
* London, 30. Jan. (H.-B.-R) Die Bank von
England hat den Discont auf 3 Hs Procent herabgesetzt.
* New-Vork,29. Jan. (H.-B.-R.) Die Feindseligkeiten der
Indianer im Oregongebiete dauern fort. Man befürchtet, l
eS werde zu Metzeleien kommen. Familien ergreifen die
Flucht und die Truppen erhalten Verstärkungen.
* Washington, 29. Jan. (H. B R) Das Na-
tionaltheater ist abgebrannt._
politische Ueöersicht. j
Um im deutschen Reiche eine Steuer, die Salzsteuer,
anfheben zu können, ist es trotz der französischen Milliarden
unerläßlich, eine neue Steuer an deren Stelle treten zu
lasten, und so berichtet denn die ,,Elbf. Ztg." daß nun-
mehr die deutsche Börsensteue 7 eine greifbare Ge- '
stakt angenommen habe. In der von, Bundesrath nieder-
gesetzten Commission wegen der Ersetzung der Salzsteuer
durch andere Reichsabgabeu ist nämlich von Preußen nach- j
träglichIder Antrag eingebracht worden, alle Schluß-

z eitel über Verkäufe und Beleihungen
mrt einer Stempelabgabe von 2^'r Sgr. zu ,
belegen. Dadurch werden aber nicht allein die Effecten-
börsen, sondern auch die Warenbörsen getroffen, und da -
dem Anträge die Klausel hinzugefügt ist, daß kein Einzel-
staat die nämlichen Geschäftsabschlüsse besteuern d fe, so -
gerathen Hamburg mit seinem Zoll und Bremen mit seiner
Umsatzsteuer dadurch ins Gedränge. Ueber den anzuneh- ;
wenden Ertrag der so endlich Gestalt gewinnenden Börsen- <
steuer scheint nichts gesagt zu sein. In der That wäre es
wohl sehr schwierig/ denselben im Voraus zu berechnen.
Die Regierung nimmt jedoch an, daß es sich um etwa 5
Millionen Thaler handelt, als welche bei einer Erhöhung
des Tabakzolles aus 14 Thaler vom Centner Blätter und
9 Thaler vom Centner Stengel und bei der entsprechenden
Erhöhung der Tabaksteuer noch zu decken übrig bleiben
würden von dem finanziellen Ergebniß der ganz auszuhe-
benden Salzsteuer.
Nachdem nunmehr das Militärorganisations-
gesetz für das deutsche Reich seinem Wesen nach
zum Abschluß gebracht worden ist, erfährt man, daß in der-
selben in zweifacher Beziehung eine Vermehrung der Cadres
in Aussicht genommen ist, einmal, insofern es sich um Her-
stellung eines 8 Thüringischen Infanterie-Regiments, eines
4. Hessischen und eines 4. Hannoverschen Infanterie-Regi-
ments handelt, welche Regimenter die Nummern 97 , 98
und 99 ausfüllen sollen. Sodann sollen im Laufe der
beiden nächsten Jahre 6 Elsaß-Lothringische Infanterie-Re-
gimenter errichtet werden, von denen 4 den Namen El-
sässische und 2 den Namen Lothringische Regimenter führen
sollen. In Bezug auf Bayern ist die Linie der Bayerischen
Reservatrechte, soweit dieselbe bei dem Organisationsgesetze
in Frage kommen, nirgends überschritten worden, wohl aber
sollen fortan die Bayerischen Infanterie-Regimenter die Num-
mern 127 — 142 erhalten, da wieder von einem 16. und
17. (Bayerischen) Corps des Reichsheeres die Rede ist.
Nach dem neuen Organisationsgesetze wird somit die Deutsche
Reichsarmee 154 Infanterie-Regimenter und 26 Jäger-Ba-
taillone zählen.
Wie aus dem Militäretat für 1874 zu ersehen,
verlangt die Reichsregierung 10 Millionen Thaler mehr als
bisher. Von diesen sollen drei Millionen auf die Erhöhung
der Gagen für die Unteroffiziere und 7 Millionen in run- .
der Summe auf die Verbesserung der Verpflegung für die
übrigen Mannschaften fallen. Es ist also pro Kopf eine
Erhöhung von 25 Thlrn. beantragt, demnach sta't der
Summe von 215 Thlrn. für jeden Einzelnen der 400,000
Friedenssoldaten die Summe von 250 Thlrn. festgesetzt
worden.
Nach Nachrichten aus Paris hat der Präsident der
französischen Republik, Herr Thiers, von der österreichische-'
Regierung eine Einladung zur Weltausstellung erhalten.
Wie der „Avenir national" meldet, ist der Beri ,t
der Gemeindeverwaltung über die neuen Befestigungen

um Paris den Herren Ministern des Krieges und der
öffentlichen Arbeiten übergeben worden. Um die Haupt-
stadt wird ein System detachirter Forts angelegt werden.
Diese Forts werden höchstens 25 Kilometer von einander
entfernt sein und durch eine Eisenbahn untereinander wie
mit Paris verbunden werden. Dies? Eisenbahn wird in
der Nähe der Fo'ts unterirdisch sein. Schließlich werden
zwischen den jetzt bestehenden Fortificationrn mehrere be-
festigte Lager errichtet."
Nach dem „Constitutione!" spricht man von der
Demission des Admirals Pothuau aus Ge-
sundheitsrücksichten. Der Vice-Admiral de Gueydon würde
in diesem Falle Hrn. Pothuau's Nachfolger sein und der
General Faidherbe zum Gouverneur von Algier ernannt
werden." Das hieße zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen
wollen. Bekanntlich arbeiten die Radikalen längst daran,
den strengconservativen Gueydon aus seiner algerischen Stel-
lung zu verdrängen. Faidherbe würde ihnen als sein Nach-
folger natürlich willkommen sein, während die Rechte sich
mit der Beförderung Pothuau's zum Marineminister
zufrieden geben müßte, was sie indeß schwerlich thun
würde.
Dem „ Svir" zufolge ist Frankreichs commercieller
Einfluß in den überseeischen Ländern seit den letzten
Jahren „'n erschreckender Proportion" zurückgegangen. Als
Mittel, ihn wiederherzustellen, bezeichnet er die Gründung
von Seecreditgesellschaften, Aufmunterung der Rhederei auf
alle mögliche Weise, Wiederanknüpfung der diplomatischen
Beziehungen mit gewissen Ländern, Mexico z. B., vor Allem
aber eine wohl geleitete Auswanderung.
DaS „Amsterdamer Handelsblad" — nebenbei bemerkt,
eines der Blätter, welches während des deutsch-französischen
Krieges treu auf Deutschlands Seite gestanden und diese
Ueberzeugung noch heute mit Wärme bei jeder Gelegenheit
ausspricht, — enthält heute einen Brief des Generalmajors
Baron von Merlen, in welchem die Frage besprochen wird,
ob sich Holland gegen sehr große, z. B. die
deutschen Heere, mit Erfolg Vertheidigen
könne? Er beantwortete die Frage verneinend und hält
einen irgendwie erfolgreichen Widerstand ohne Allianzen für
unmöglich. Er schließt seinen interessanten Brief mit dsrr
Worten: „Was die Furcht, von Deutschland aunectirt zu
werden, betrifft, so sehe ich vorderhand noch keine Gefahr,
besonders, wenn wir selbst dazu keine Anleitung geben, sei
es durch directe Beleidigungen, oder durch eine Zertheilt-
heit. Zwar erhellt aus den scharfen Ausfällen der deutschen
militärischen Blätter (?) in Deutschland gegen uns, daß
üasselbst eine Partei besteht, die uns nicht besonders ge-
wogen ist; jedoch ist es nicht zu verwundern, wenn man
hier bitter und scharf wird, da man den Angriff von
unserer Seite auf dieselbe nicht minder gehässige Weise
begonnen hat!" Bisher nämlich betrachtete man es in
Holland als ausschließliches Privilegium, auf Deutschland
nach Herzenslust zu schimpfen, während eine einzige ungün

Feuilleton.
Georg
oder
Ein Opfer der Aorurtheile.
Deutsch von H. K. Kißling.

(Fortsetzung.)
Endlich genaß sie eines Knaben, doch sollte sie nicht
Zeit haben, ihm ein Lächeln zu schenken, da ein ihr unbe-
kanntes Weib Las Kind aus ihren Armen riß und ohne
ihr die geringste Erklärung wegen ihres sonderbaren Be-
nehmens zu geben, mit demselben! aus dem Zimmer ver-
schwand. Dieses Weib hatte von Dorby, dessen Namen
sie nicht einmal kannte, eine gewisse Summe erhallen, um
den Knaben zu rauben und zu erziehen.
Alice beklagte sich bitter der Dorby über ein so ge-
heimnißvoües und grausames Verfahren, in welchem sie
mit Recht eine feindliche Absicht gegen sich erkannte. Er
suchte mit leeren Ausflüchten sich zu entschuldigen und sie
zufrieden zu stellen, als sie aber wieder völlig hergestellt
war, ließ er sich nicht mehr bei ihr sehen.
Alice machte eine Ausnahme von den Frauen, sie
verband mit einer äußersten Reizbarkeit eine Seeleustärke
und eine Energie, welche sie weit über die gewöhnlichen
Unglücklichen stellte. Als sie sich wirklich verreichen sah

und in ihren Augen nichts mehr das infame Benehmen
ihres Verführers und sein feiges Verschwinden rechtfertigen
konnte, gebot sie ihrem Schmerz und ihren Gefühlen
Schweigen und griff wieder zu ihrer bescheidenen Nadel,
um in der Arbeit Trost zu finden, die ihre leidende Seele
allein bedurfte.
Eine einzige Person, der Schifsslieutenaut Gremm,
Dorby's Schulfreund, hatte Kenntniß von ihrer Schwan
gerschast und hatte Alles aufgeboten, um Dorby von seinem
Entschluß: Alice zu verlassen, abzubringen. Er, ein Mann
von ausgezeichnetem Charakter, besuchte das arme Mäd-
chen, um ihr zu sagen, daß er an seinem Unglück keine
Schuld trage, und daß, wenn es von ihm abgehangen
hätte, Alice sich gewiß nicht unglücklich fühlen würde.
Alice weinte und dankte ihm für sein Benehmen, bat
ihn aber zugleich bei seinem Schulfreunde nicht mehr für
sie zu bitten, da sie ihn nicht mehr sehen wollte, und Gott
täglich um die Gnade anfiehe, sie zu vergessen.
„Er hat mir meine Unschuld geraubt," setzte sie hin-
zu, „ich habe ihm dieses erste Attentat verziehen, aber er
hat mir mein Kind gestohlen, dessen Vater zu sein er sich
schämte, er hat es mir feige aus den Armen reißen lassen,
verheimlicht mir seinen Aufenthaltsort und läßt mich im
Ungewissen ob es noch lebt oder nicht!
Das ist abscheulich! Ich will ihn nicht mehr sehen,
nein ich will ihn nicht mehr sehen."
„Wenn ich der Vater Ihres Kindes wäre" verfehle
Gremm, dem Alice eine hohe Achtung eingeflöst hatte,

kheilnehmend und zärtlich, „so würde ich nie seiner Mutter
Lhränen verursacht haben. Dorby hat den Vorurtheileu
die geheiligten Rechte der Natur geopfert, möge er dies
nicht eines Tages zu bereuen haben! Ich verlasse Sie,
die Sie ein besseres Loos verdient haben, ich gehe morgen
in See und sollte ich von meiner langen Reise zurückkommen
und der Himmel mich mein Vaterland wieder sehen lassen,
so soll die Sonne nicht zwei Mal aufgeheu, bevor ich Sie
nicht besucht und Sie meiner aufrichtigen Ergebenheit ver-
sichert habe."
Bei diesen Worten legte er hastig eine Börse auf den
Kaminsims, neben welchem er gestanden.
„Was thun Sie, mein Herr?" unterbrach ihn Alice,
die es bemerkte und sich erhob, um ihn daran zu hinderu,
doch der Schiffslieutenant war, mit Thränen in den Augen,
wie ein Blitz verschwunden.
„Nicht alle Männer sind bösartig" meinte Alice.
„Gott' möge ein so gutes Herz segnen!"
Die Arbeit ist der mächtigste Tröster des Menschen
und zu ihr nahm Alice ihre Zuflucht. Dieses muthige
Weib trug acht Jahre lang ihren Schmerz, ohne sich zu
beklagen und büßte ihre erste Schwäche durch Rene und
Vereinsamung. Ihre Großmutter, deren einzige Stütze sie
gewesen, starb an Altersschwäche, und sie folgte, an einem
unheilbaren Brustübel leidend, derselben in's Grab bald
nach, nachdem sie noch zuvor Dorby, den sie nie mehr ge-
sehen, von ganzem Herzen verziehen hatte
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen