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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 25 (1. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0099

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wöchentlich drer
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Dchwetzingcr Wolßenhlstl.
Amtsverkündigungsbkatt für den Wezirk Schwetzingen.
Vsdischc Hupfe n r c i t n n g.

Preis
-wnelfLbrlich l'
Inserate
die viergesvaltene
Petitznle oder serenl
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. 25. Samstag, 1. März 1873.

VII. Jahrgang.

Für Vas „Gchwetzirrger Wochenblatt"
Depeschen.
* Athen, 27. Fehr. (H. B. R.) Der König hat
gestern die Kammer eröffnet. Die Tbrannde betont die
guten Beziehungen zu den auswärtigen Mächten, verspricht
Reformen im Innern, Herstellung eines Gleichgewichts zwi-
schen Einnahmen und Ausgaben, neue Anlegung mehrerer
Eisenbahnen, sodann erklärte sie schließlich, daß das Räuber-
wesen allenthalben vernichtet worden , sei.
doMischc AeberstPI.
Nach dem „Reichs-Anz." wird der Reichstag
am 12. März in Berlin zusammentreten, demselben soll ein
Gesetzentwurf wegen Verwendung von 106 Millionen aus
dem Betrage der Kriegsentschädigung für Reiabliise-
mentskosten des Reichsheeres vorgelegt werden.
Die Polen im österreichischen Re: chsrathe
haben in einem ihrer letzten Clubs den Beschluß gefaßt, das
Abgeordnetenhaus bei der zweiten Lesung der Wab'reform-
vorlage zu verlassen.
Wie aus den „Militärischen Blättern", die von dem
Obersten Held z D. herausgegeben werden, zu ersehen ist,
wird der Rrvanchekrieg der Franzosen auf das Jahr 1§75
festgesetzt. Nun pflegen aber die höheren Militärs derartige
Dinge nicht zu schreiben, wenn sie annehmen, daß sie irgendwo
oder irgendwie Anstoß erregen könnten, und daher haben
solche Artikel eine gewisse Bedeutung. Ohne hier auf den
Inhalt näher einzugehen und ohne den Ausspruch militäri-
scher Autoritäten dagegen zu halten, daß ein Angriffskrieg
Frankreichs jetzt seine großen Schwierigkeiten habe, möchten
wir die Vermuthung aufstellen, daß Artikel, wie der er-
wähnte, nur darauf berechnet sind, die Erhöhung des Mi-
litäretats dem Reichstage plausibler zu machen., Man darf
schon jetzt annehmen, daß ähnliche Andeutungen d^m Reichs-
tage gemacht we den.
Inzwischen ist die Frage, in welcher Weise sich der
Reichstag mit dem Militäretat zu beschäftigen haben wird,
noch nicht entschieden und es schweben noch die Erörterungen
darüber, ob das Pauschquantum mit gewissen Ergänzungen
oder ein vollständiger neuer Militüretat vorgelegt werden
wird. Wahrscheinlich ist letzteres der Fall.
Das spanische Ministerium hat sich nun wie-
der constituirt und kann nun aus einen homogeneren Cha-
rakter Anspruch machen, da sich nur noch zwei Rodicale
nämlich der Kriegs- und der Marineminister darin befinden.
Die früheren, dieser Partei angehöreuden Minister haben
den Republikanern Platz gemacht. FigueraS bleibt Mini-
sterpräsident, Castelar, Minister des Auswärtigen, ebenso
behaupteten Piy, Margall und Salmeron ihre Ministerfau-
teuils. Das Programm der neuen Cabinets gleicht jenem
des alten vollständig ; es wird nur die Beschlüsse der gegen-

beftimmte Inserate finden auch im „PhrLippsbri
wärtigen Nationalversammlung vollziehen und den Zusam-
i meyrritt einer constituirenden Versammlung so viel wie nur
immer möglich beschleunigen. Wie man versichert ist die
Wahl auf den 31. März festgestellt morden,, worauf dann
i die constitnirende Versammlung am 20. April zusammen-
' treten soll.
' In China hat der jugendliche Souverän! am 23.
Februar die Zügel der Regierung srgriff-n. Das bei der
!- Thronbesteigung beobachtete Ceremouiel, das unsere
! Leser wohl auch interefsiren dürfte, ist Folgendes.
i Nachdem man an den Kaiser die Bitte gestellt, den
i Thron zu besteigen, wird dieses Ereigniß durch einen gol-
- denen Phönix, dem die Proklamation am Halse hängt, be-
könnt gemacht? Sodann wirft sich der Kaiser zuerst vor
' den Bildnissen seiner Vorfahren ans die Kniee und besteigt
; hernach einen von Elephanten gezogenen goldenen Pflug.
- Hat der Zug die Thronhalle erreicht, so bittet der Ceremo-
s nienmeister den Kaiser knieend den Thron zu besteigen.
' Derselbe folgt der Bitte mit dem Antlitz nach Süden gerich-
tet. In diesem Augenblicke beginnt die Musik und der
ganze Hof, neun Mal mit der Stirne den Fußboden be-
rührend, intonirt den Kow-Tow.
Der Kaiser wird zum Vice-Regenten alles Testen,
was unter der Sonne ist, erklärt und als solcher auch verehrt.
Nachdem diese Erklärung dem Universum bekannt ge-
geben , und die Proclamation vom Halse des Phönix ge-
nommen, wird derselben das auf dem Tische liegende Staats-
siegel deigegeben, welche Beide sofort von dem Ceremomen-
meister in einer goldenen Urne knieend empfangen werden.
i Nunmehr begibt sich der Kaiser aus seinem goldenen
Pflug wieder in seine Gemächer.
Die Proclamation wird alsbald von einem Balkone
verlesen und von dem Volke knieend angehört; hierauf wird
sie in die Thronhalle zurückgctragen, und dort dem Phönix
§ wieder an den Hals gehängt.
Einige Tage darauf wird sie ihm in feierlicher Weise
' wieder abgenommen, um sie zu copiren und in die Provin-
§ Zen zu versenden.__
j Deutsches Reich.
s Aus München, 24. Februar, schreibt man dem
„Nümb. Corr."': So bestimmt auch (in einer Münchener
Korrespondenz der „Allg. Zig.") versichert wird, es habe der
König die Einführung der preußischen Uniform in der baye-
rischen Armee bereits genehmigt, so ist dieß dennoch nicht
der Fall; der König hat -- wie aus guter Quelle ver-
sichert werden kann — in dieser Angelegenheit eine Ent-
scheidung noch nicht getroffen ja es werden die auf Grund
der nochmaligen Berathung der betreffenden Commission im
Kriegsministerium formulirten Anträge dem König erst noch
in Vorlage gebracht werden.

rger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.
Handel, Industrie und Lanvwirthschaft.
* Schwetzingen, 27. Fedr. In Betreff der in Aus-
sicht gestellten Tabaks st e u e r-Erhühung haben die
Delegirten der Tabak- und Cigarcenfabrikanten der Stadt
Mannheim folgende Vorstellung an den deutschen Buuoes-
rath gerichtet:
„Die unterzeichneten Delegirten der Tabak- und Cigar-
ren - Fabakanten Mannheims, verlaßt durch die mehrseitig
angeregte Erhöhung der Steuer und Zölle auf Tabak, und
namentlich durch Vorschläge, welche aus verschiedenen Krei-
sen gemacht wurden, erlauben sich, einem Hohen Bundes-
rathe ihre durch praktische Erfahrungen gewonnenen Ansich-
ten mitzmheilen und dieselben einer geneigten Berücksichti-
gung zu empfehen.
Eine erhöhte Tabaks-Steuer müssen wir als sehr be-
' denklich erklären; sie würde nothwendig eine Verminderung
' des Verbrauches herbeiführen und dadurch die Fabrikation
i schädigen. Aber es ist nicht die hierdurch herbeigeführte
Einschränkung der Fabrikation allein, welche unser Bedenken
erregt, sondern es ist ganz insbesondere die gegründete Furcht,
daß der Export, welchen Deutschland in den letzten drei
! Jahrzehnten errungen hat, sehr in Frage gestellt wird.
Dank den bisherigen mäßigen Zöllen haben wir einen
bedeutenden Export gewonnen; wo sich Bedarf für Tabak-
Fabrikaten zeigt, sei es auf unserem Coutinente, sei es in
überseeischen Ländern, wendet man sich nach Deutschland
l — und besonders nach Süddeutschland — zur Befriedigung
desselben. Milliarden von Cigarren wurden bisher von
Deutschland nach Oesterreich, Frankreich, Italien, Portugal,
Amerika und Australien ausgeführt, und diese fremden Län»
der bezahlten somit unserer arbeitenden Bevölkerung die
Arbeitslöhne und erhöhten den Wohlstand und die Steuer-
l fähigkeit der Arbeiter, der Fabrikanten von Tabak, von
Kistchen, von Papier , der Lithographen rc. Bekanntlich
i sucht der Käufer den billigsten Markt auf und es ist zu
- fürchten, daß wir das Exportgeschäft verlieren, sobald
. unsere Tabakfabrikate durch erhöhte Steuern vertheuert
' werden.
! Selbst die volle Rückvergütung hoher Steuern und Zölle
würde uns die Erhaltung unseres Exportes von Tabaken
und Tabak - Fabrikaten nicht sichern. Es ist eine bekannte
Thatsache, daß Handel und Industrie nur da gedeihen, wo
sie sich frei und unbeengt bewegen können.
Betrachten wird die Plätze, in welchen der Handel und
die Industrie mit.Tabak eine hervorragende Stellung ein-
nehmen ; es sind dies Holland, unsere deutschen Seeplätze
Hamburg, Bremen, und die Schweiz, welche Dank der
Steuer-Freiheit ihren Handel mit Tabaken und Tabak-
Fabrikaten über ganz Europa ausgedehnt haben. Während
Holland wohlweislich den Tabak nicht belastet und für diese
richtig entbehrten Zölle reichen Ersatz in dem Importe und

Kine amerikanische Keiratysgeschichle.
ES war wie ein Donnerschlag bei einem ganz wolkenlosen Him-
mel. Wir sprachen von dem Bankerott der Firma Goshawk und Gul-
dridge.
GoShawk und Guldridge waren Bankiers in Hoblegate, wo ihr §
Name einen unbeschränkten Credit genoß. Eine Regierung konnte stür-
zen, die Greenbacks fallen, aber GoShawk und Guldridge waren stets
zahlungsfähig. Hätten sie sich für einige Millionen verbürgt, so wäre
eS Niemanden eingefallen, zu verlangen, die Bürgschaft thatsächlich nach- s
zuweisen, eines solchen Vertrauens erfreuten sie sich. In der Krüm-
mung von Goshawsk's Nase und in den breiten Falten der Weste
Guldridge'8 lag etwas, was für ihre Zahlbarkeit bürgte.
»Haben Sie die Nachricht gehört?"
„Welche Nachricht"
„GoShawk und Guldridge —"
„Um des Himmels willen, sprechen Sie."
„Ganz fallirt, — Passiva eine Million, Aktiva keine; die AssocieS l
entflohen!"
DaS war ein Donnerschlag und gar kein Jrrthum, von dem je- '
der zweite oder dritte Mann betroffen wurde.
Seth Dodge wurde davoti in einer doppelten Weise sehr empsind-
lich berührt. Der Verlust feines eigenen Vermögens war schon schlimm
genug ; aber eß war zu empörend, zu sehen, daß Kate Orville, auf
die er seit langer Zeit zärtliche Blicke geworfen hatte, von demselben
Unglück, wie er, betroffen worden war. Er verwünschte die Einfalt
des alten Orville, das ganze Vermögen seiner Nichte Händen anver-
traut zu haben, denen er doch sein eigene? übergeben und bei ihnen
verlöre« hatte.

Seth hatte sich sterblich in Käthe verliebt als ihm zufällig in
einem Gerichtshöfe das Testament ihres Großvaters in die Hände ge-
fallen war, das er durchgelesen hatte. Aus diesem Document hatte
er ersehen, daß Käthe die Erbin von 100,000 Dollars in baarem
Gelde war, die ihr Onkel, Walter Orville, bis zu ihrer Volljährigkeit
oder ihrer Verheirathung verwalten sollten. Dieses Geld, war dem
Bankhause GoShawk und Guldridge übergeben, und für Seth handelte
es sich von da an blos um die Frage, wie der Betrag dieses Kredits !
auf sein eigenes Bankbuch zu übertragen sei.
Er verlor keine Zeit, den Zustand seiner Gefühle zu erklären, und s
diese Erklärung wurde von Walter Orville sehr günstig ausgenommen,
wenn auch nicht von Kate. Wir wollen durchaus nicht bestimmt be-
haupten, daß Archie Warham daran schuldig war, daß Kate Seth's
Antrag so kalt aufnahm. Dem Anscheine nach war das nicht der Fall ;
denn als Seth's Besuche begannen, hörten die Archie's Plötzlich auf
und Kate schüttelte blos ihren hübschen Kopf und schien die Sache ziem - s
lich gleichgültig aufzunehmen.
Seth, von dem Onkel Walter unterstützt, selbst beharrlich, fühlte
bei dem Rückzüge Archie Warham'S, daß seine Aussichten sich sehr s
günstig gestalteten. Er konnte ?S abwarten. Er war kein ungeduldi-
ger Liebhaber. Seine eigene Finanzlage war günstig, und so lange
Kate'S Vermögen sicheren Händen anvertraut war, war von seiner
Seite keine Hile nöthig Ein schreckliches Erwachen kam aber an dem
Tage über ihn, als die Leute hin und her liefen und sich einander
mit der Kunde erschreckten: „Goshawk und Guldridge haben fallirt."
Wie wir bereits erwähnten, fiel der Schlag auf Seth mit dop-
pelter Schwere. Während sein eigenes Geld verloren war, ging ihm
auch die Hoffnung verloren, seinen Verlust durch Kate'S Vermögen er-
setzt zu sehen. Seine Bewerbung um Kate'S Hand, ehe sie angenom-

men wurde, zurückzuziehen, da der eigentliche Grund, der ihn dazu
bestimmt hatte, nicht mehr vorhanden war, erschien ihm unter den
vorliegenden Umständen das Nothwendigste, was er zu thun habe, und
zu diesem Zweck begab er sich sofort zu dem Onkel Walter, den ec an
seinem Schreibtische so heiter fand, als habe sich nicht das Mindeste
ereignet, — der durch nichts aus seiner Fassung zu bringende alte
Stoiker!
„Ich vermuthe, Sie haben die Nachricht gehört," begann er-
Onkel Walter hatte sie gehört.
Seth fühlte eine gewisse Unschlüssigkeit, voranzugehen.
Es war etwas plump, zu gestehen, daß das Geld einen Antheil
an seiner Bewerbung gehabt habe, während er früher stets behauptet
hatte, sein Herz sei allein daran betheiligt. Er hatte gar nichts da-
gegen, daß man die Wahrheit im Stillen begriff, aber sie auszuspre-
chen und sie einzugestchen, machte ihn doch verlegen.
Aber Seth umging nie eine Pflicht — gegen sich selbst. Mit
vielen Umschweifen und auf indirecten Wegen brachte er es zuletzt da-
hin, daß der Onkel Walter seine Absicht verstand.
Der alte Gentleman schien es ziemlich gleichgiltig auszunehmen.
Es lag etwas Verächtliches in seinem Tone, als er seinem Besuch
für die überflüssige Mühe, die er sich gegeben habe, dankte und als
er Seth mit einer Verbeugung entlassen hatte, fühlte der Letztere sich
in seinem Herzen viel leichter, als bei seinem Eintritt.
Onkel Walter kam an diesem Abend früh nach Hause zurück.
Wenn er verdrießlich darüber «ar, Archie Warham daselbst zu finden,
so zeigte er es wenigstens nicht.
(Schluß folgt.)
 
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