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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 27 (6. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0107

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Erscheint
wöchentlich drei Mal
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Bolen nehmen
Bestellungen art.

Kchwchmgcr Wochenblätt.
Amtsverkündigungsötatt für den Mezirk Schwetzingen.

Badische

H l> p f e n r r i t u n g.

Preis
vierteliäbrlich 45 kr
Inserate
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanz eigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

No. 27. Donnerstag, 6. März 1873.

VII. Jahrgang.

Für -as „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsbrrrger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

aiif dieses Blatt wer-
den bei sämmtlichen Postan-
stalten sowohl als bei den Landposlboten angenommen. <
Die Expedition.
politische Aeöerstcht.
Bezüglich der Erkrankung des Abgeordneten Lasker
schreibt die, „D. R.-C." „Der Präsident v. Forckenbeck
erklärte zwar bei Beginn der heutigen Sitzung des Abge-
ordnetenhauses , daß Herr Lasker wegen Unwohlseins sich
auf einige Tage von der Theilnahme an den Sitzungen des
Abgeordnetenhauses dispensirt habe; allein Privatnachrichten
wollen Wissen, daß die Erkrankung des Herrn Lasker nicht
nur ein bloßes Unwohlsein ist, sondern daß sie einen sehr
bedenklichen Charakter angenommen hat, der selbst den
schlimmsten Ausgang befürchten laßt. Welcher Art die
Krankheit ist, die den genannten Abgeordneten so plötzlich
befallen hat, darüber weichen die Angaben so vielfach von
einander ab, daß wir uns einer Wiedergabe der einzelnen
Gerüchte vorläufig noch enthalten zu müssen glauben."
In Betreff der früher von unS ebenfalls erwähnten
Grenzverletzung im KreiseBeuthen inOberschlesien durch
russisches Grenzmilitür bei der Kuna-Mühle meldet die Heu- i
tige „Schlessische Zeitung" , daß die russischen Mitglieder
der Untersuchungs-Commission die stattgefundene Grenzver- i
letzung anerkannt und sich bereit erklärt haben, für Wieder-
aufbau der zerstörten Brücke, für Herstellung eines neuen
Grenzüberganges, sowie für dis Zahlung einer Entschädi-
gungssumme von 3000 Thlrn. an den verwundeten preus-
sischen Grenzaufseher Sorge zu tragen.
Ueber die neueGrenze zwischen Frankreich und Deutsch-
land berichtet die „Ztg. für Lothringen" einiges Nähere.
Die Grenze ist 506 Kilometer (68 Meilen) lang, berührt
317 Gemarkungen (203 deutsche und 114 französische) und
erforderte 4200 Haupt- und 1300 Zwischensteine. Aende-
rungen hat dieselbe nur beim elsässischen Belchen und bei
Avricourt erfahren, um daselbst eine Straße und Eisenbahn
ganz auf französischem Gebiet zu belassen ; ferner bei Raon-
sur-Plaine und Raon-les-Laux, die an Frankreich, zu dessen
Waffergebiet sie gehören, zurückgegebcn wurden, während die
dortigen großen Staatsanwaltungen bei Deutschland verbleiben.
In Frankreich hat die entschiedene Partei der Linken
nunmehr in officieller Weise mit Thiers gebrochen. Daß
ernstliche Zerwürfnisse, gefährliche Störungen in der soge-
nannten Regierungsmaschinerie Frankreichs hieraus hervor-
gehen würden, ist kaum anzunehmen, da keine Partei in
jenem unglücklichen Lande derartig erstarkt ist, um eine
drohende Stellung der jetzigen Verlegenheitsregierung gegen-
über einnehmen zu können. In der politischen Luft Frank-
reichs liegt eine Scheu vor einem gewissen unbekannten Et-

was, vielleicht vor einem Etwas, das mau nicht kennen will,
und diese Scheu lähmt die etwaigen initiatorischen Geister §
— und Hände.
Der s p a n i s ch e Mi ni ste r des AuswärtigenEmilioCaste-
lar hat seinem ersten Cirkular, worin er die Proclamirung !
der spanischen Republik dem Ausiande notificirte, ein Me- i
morandum an die Vertreter Spaniens bei den auswärtigen
Höfen folgen lasten. Insbesondere wird der Ton darauf
gelegt, daß nach Abdankung Amadeus' es einestheils un- -
würdig gewesen wäre, diesen um längeres Verbleiben zu i
bitten, anderntheils unmöglich, einen der Prätendenten zu !
berufen, absurd endlich, eine milnärische Dictatur zu errich- >
ten, während die Einsetzung einer provisorischen Regierung i
von Gefahren begleitet gewesen wäre. In der That, jeder !
dieser -wände Castelar's gegen eine andere als gerade
die re, wnische Regierungsform wird durch die furchtbare
Geschich es Landes auf das stärkste unterstützt. Es bleibt
nun abz. arten, ob diese Gründe auch bei den Regierungen, i
für deren Erwägung sie bestimmt sind, die erwünschte Wir- !
kung haben werden. i
Im Repräsentantenhanse zu Washington wurde
der Abänderung der Verfastungsbestimmung seine Zustim- j
mung ertyeilt, mittelst welcher der Gehalt des Präsidenten,
des Vicepräsidenten und der Bundesrichter der Republik an- i
gemessen erhöht und der Bezug der Kongreßmitglieder auf j
5600 Dollars jährlich festgesetzt wird. Auch der Antrag, j
das spanische Volk wegen seiner Bemühungen, die Princi-
picn allgemeiner Freiheit in der republikanischen,Regierungs-
form zur Geltung und Befestigung zu bringen, zu beglück- ,
wünschen — wurde von dem Hause angenommen.

i Vom Ausschuß des badischen Städtetages, i
Karlsruhe, 2. März. Am heutigen Sonntage von ,
, Vormittags 11 Uhr bis Abends halb 5 Uhr hatte der
' Städtetags-Ausschuß im hiesigen Nachhause die ;
erste Berathung. Da der Oberbürgermeister sich in anderer
i Angelegenheit in Privataudienz bei Sr. König!. Hoheit dem
Großherzog befand, konnte er die Versammlung nicht selbst
! begrüßen und that dies in seinem Namen Gemeinderath >
i Langer in etwa folgenden Worten: Er heiße die Ver-
> sammelten irr unserer Stadt herzlich willkommen, welche
; sich zur Ehre rechne, daß die erste Berathung des Ausschusses
! des badischen StcEtetags dahier abgehalten werde. Es sei
! höchst erfreulich, daß diese Versammlung so zahlreich von
§ den hervorragenden Vertretern des städtischen Gemeinde- ;
j wesens besucht sei; aber die Aufgabe des Städtetages sei
auch von höchster Bedeutung und der heutige Tag werde ,
zweifellos in den Annalen des Gemeindelebens einen epoche-
! machenden Platz einnehmen. Ueber den Stoff der Ver-

handlungen wolle er sich bei der kurz zugemeffenen Zeit nicht
verbreiten, doch glaube er hervorheben zu sollen, daß der
Gedanke zur Gründung eines badischen Städtetags von dem
Gemeinderathe in Mannheim ausgegangen sei und wir dem-
selben zum Danke verpflichtet seien. Um diesem einiger-
maßen Ausdruck zu verleihen, erlaubte er sich, den ersten
Bürgermeister der Stadt Mannheim zum Vorsitzenden in
Vorschlag zu bringen. Redner macht nun noch bezüglich
der Konstituirung der Versammlung Vorschläge und spricht
schließlich den Wunsch aus, daß die heutigen Bestrebungen
zu einem gedeihlichen Ziele führen und es den Versammelten
stets eine befriedigende Erinnerung sein möge, an dem ersten
badischen Städtetag Theil genommen zu haben.
Obevbürgermerster Moll von Mannheim lehnte die
Wahl zum Vorsitzenden entschieden ab, weil aus mehrfachen
Gründen Oberbürgermeister Lauter von Karlsruhe dazu
berufen sei, welcher es auch sehr wohl verstehe, größere
Versammlungen zu leiten. Bürgermeister Schaible von
Offenburg unterstützt den Antrag Moll's nnd ersucht diesen,
bis zum Erscheinen Lauter's den Vorsitz zu übernehmen.
Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung und Ober-
bürgermeister Moll übernahm den einstweiligen Vorsitz.
Zum Schriftführeramte wird Rathschreiber Roüs von hier
berufen.
Der Vorsitzende constatirt die Anwesenheit folgender
Vertreter der den Ausschuß bildenden Städte: Baden:
Bürgermeister Gaus, Gemeinderath Wolf; Bruchsal: Bür-
germeister Heck, Gemeinderath Kanzler; Durlach: Bürger-
meister Friderich, Rathschreiber Siegrist ; Freiburg: Oberbür-
germeister Schuster; Heidelberg: Oberbürgermeister Kraus-
mann, Gemeinderath Mays; Karlsruhe: Oberbürgermeister
Lauter, die Gemeinderathe Lang und Langer; Konstanz:
Bürgermeister Stromeier; Lahr: Bürgermeister Foßler,
Gemeinderath Hemberger; Lörrach: Bürgermeister Grether,
Gemeinderath Werner; Mannheim. Oberbürgermeister Moll,
Gemeinderath von Feder; Offenburg: Bürgermeister Schaible,
Gemeinderath Behrle; Pforzheim : Oberbürgermeister Schmidt,
Gemeinderath Becker; Rastatt: Bürgermeister Tallinger,
Gemeinderath De Han. (Fortsetzung folgt.)
Aus Stadl und Land.
* Philippsburg, 5. März. In Folg! obkram«,
sicher Bekanntmachung wurden dem Bezirksrath Jnspector
Knaufs in Waghäusel die Gemeinden Philippsburg, Wie-
senthal, Oberhausen, Kirrlach, Rheinhausen und dem Bs-
zirksrath Rupert Schneider in Rheinsheim die Gemein-
den Rheinsheim, Neudorf und Huttenheim für ihre Districts-
thätigkeit überwiesen.
0 Philippsburg, 5. März. Wie wir hören, wur-
den die Erdarbeiten der Bruchsal-Germersheimer-Eisenbahn

„Wosza Sandor,
der gefürchtete Räuberhauptmann, ist gestorben/ so meldet der elek° i
Irische Drahü In der Szegediner Festung hat er seine Seele ausge-
haucht, wo er zuletzt drei Jahre in Haft verbrachte. Diese Festung
sollte sein letztes Gefängniß sein. Auf der schönen Pußta des unga- !
rischen Niederlandes hatte er das Licht einer schrankenlosen Welt erblickt -
und die ungeheuren Landstriche zwischen der Theiß und der Donau, !
wo kein Berg und kein Hügel die Fernsicht begrenzt, wo der Himmel >
einer fleckenlosen Glaskugel gleicht, die über der Erde ruht, sie waren
ihm eigen, ihm botmäßig gewesen Jahrzehnte hindurch; er starb in-
mitten öder, grauer Kerkermauern, ein hartes Strohlager war sein j
Sterbebett, und nicht die weiche, duftige Matte der hcimathlichen Steppe, i
nicht die Genossen seiner vom Nimbus der Räuberromantik umhüllten
Jugendzeit, sondern gemeine Pferdediebe und theilnahmslose Schergen !
des ihm verhaßten Gesetzes empfingen seine letzten Seufzer.
Wer den Mann noch vor zwei Monaten gelegentlich seiner Ver-
urtheilung zu lebenslänglichem Kerker gesehen, der hätte in der ge-
brochenen Gestalt mit den trüben, glanzlosen Augen, mit den erdfahlen
Wangen und dem plötzlich ergrauten Bart- und Haupthaare unmöglich
den vom Volksmund gefeierten Helden, den Vollbringer unglaublicher
Thaten, den todesmuthigen Freifchärler-Commandanten aus dem Be-
freiungskriege wiedererkannt. Da stand der 58jährige Mann und
beichtete an die vier Wochen lang glaubliche und unglaubliche Thaten,
von Mord und Mord, von Raub und Raub, von Attentaten gegen
die menschliche Gesellschaft der seltensten Art. Zu Pferd und zu Fuß,
zu Waffer und zu Lande, m Städten und in Haideschenken, in Dörfern

und in Weilern vollbrachte er entsetzliche, haarsträubende Thaten, und
sein ganzes Leben war nichts als eine Illustration des Tichterwortes
von dem Fluch der bösen That, die fortzeugend Böses muß gebären.
Der Sohn eines Räubers, der seinen Tod im blutigen Handgemenge
mit den Panduren fand, der Bruder eines „fliegenden Betyaren/ der
am Galgen starb, wuchs er heran, und schon in seinem sechzehnten
Lebensjahre sieht er, bei dem mißglückten Versuche eines Pferderaubes
gefangen genommen, in einem Kotier Szegedins einer grausamen
Ruthenstrafe entgegen. Als man des Morgens seine Kerkerthüre öffnete,
war der Vogel ausgeflogen, das Gitter hatte er durchbrochen und das
rasche Pferd eines Pußtenhauptmanns, das gesattelt im Stalle gestan-
den, hatte ihn hinausgetragen in die mondbeglänzte Haide, ihn
wicdergegeben der Freiheit des Betyarenthums. Binnen Jahresfrist
war er von sämmtlichen Gutsbesitzern in einem Umkreise von dreißig
Meilen der Schrecken der Pußta genannt, und zwei Lustren lang war
er das Oberhaupt einer dichtgeschaarten und weitverzweigten Räuber-
bande; unzählige Male hatte er dem Tode unbefangen ins Auge ge-
blickt und unzählige Male war er durch seine fabelhafte Tollkühnheit
dem sicheren Verderben entgangen.
Die Verbrechen, die er beging, gemahnen an die entsetzliche Gegen-
wehr, die die Nothhäute Canadas der Cultur entgegensetzten; ganze
Eisenbahnzüge hielt er an, und das Dampfroß selbst fühlte sich nicht
mehr sicher vor dem auf sturmschnellem Renner dahinrasenden Betyar.
Nächste Woche hätte die Pcster k Tafel als Appellationsgericht
über ihn urtheilen sollen; ein höherer Richter hat jedoch sein Urtheil
gesprochen, und die Worte, die der vielbesungene „Räuberkönig" nach
seiner Verurtheilung gesprochen, sind in Erfüllung gegangen: „Ich

muß Gnade bekommen, sei es vom Könige oder von einem Anderen/
Es war der Andere. —

— (T h e a t e r - S c e n e n.) Auch Syra, Haupt-
stadt der gleichnamigen Insel im Archipel, hat zwei feind-
liche Primadonnen wie Lucca und Mallinger. Unlängst
brach die Nebenbuhlerschaft beider Damen bei offener Scene
in einen Faustkampf aus, worauf sich sofort auch die An-
hänger derselben im Auditorium kampfbereit gegenüberstan-
den und eine ganz flotte Prügelei losging. Dem Director
aber kam in seiner Herzensangst der ganz vorzügliche Ge-
danke, den Theater-Feuerwächter mit seinem Spritzenschlauch
auf der Bühne erscheinen und den letzteren auf das sich in
den Haaren liegende Publikum entleeren zu lasten. Das
kalte Bad that seine Wirkung, und die Kämpfenden ließen
von einander ab; mit der Vorstellung war's freilich vorbei.

— Ein un g l ü ck s e li g e sMi ß v e r st änd n i ß trug
sich kürzlich in den Seehafenstadt Palmos in Catalonien zu.
Es kam daselbst ein Kutter an, dcssenCapitän nicht die mindeste
Kenntmß von der Abdankung des Königs u. deren Folgen hatte.
Als er von einem andern Schiffe mit dem seiner Ansicht
nach verräterischem Rufe: „Es lebe die Republik!" begrüßt
wurde, befahl er seinen Leuten, Feuer auf dasselbe zu er-
öffnen, wodurch mehrere Personen der Bemannung getödtet
oder verwundet wurden.
 
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