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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 66 (7. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0265

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Amtsverkündigungsvtatt für den Wezirk Schwetzingen.

Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

. Ilhwctzmm WochrMglt

Badische

H vpscn; citun g.

Preis
vierteljährlich 45 kr
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Ryeinpfalz.

Ao. 66.

Samstag, 7. Juni 1873.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Rt»üt>1lllnapn aus dieses Blatt für
den Monat Juni werden
bei sämmtlichen Postanstallen sowohl als bei den
Landpostboten angenommen.
Die Expedition.
Rundschau.
In der schneidigen Kritik des Militär - Etats hat sich
der Abgeordnete Richter im Reichstage manche Uebertreibun-
gen zu Schulden kommen lassen; er schnitt aus dem vollen
Holze und nahm es mit den Spänen nicht zu genau. Seine
Kollegen Miquel u. Lasker konnten ihn sofort be-
richtigen in manchen Stücken. Lasker sagte: Ich theile die
trüben Anschauungen Richters nicht, stimme aber damit
überein, daß wir mit den Ausgaben sorgfältig umgehen
und die P r r i o d e der Geldfülle als abgeschos-
sen betrachten müssen. Richter erwiedert: ein Ende
muß einmal eintreten mit dem Fordern und mit dem Be-
willigen. Im klebrigen freut er sich über den guten Geist
in dem Offiziercorps; in den militärischen Schriften nach
siegreichem Kriege von 1870 zeigt sich nirgends ein Geist
der Ruhmredigkeit, alle militärischen Einrichtungen und Ver-
hältnisse werden kritisch geprüft, und man erachtet die Heeres-
organisation ebenso wenig als unübertrefflich als sich das
Zündnaoelgewehr als absolut beste Waffe erprobt hat. Rich-
ter erkennt es freudig an, daß der Gedanke der Abkürzung
der Dienstzeit auf 2—2ch'2 Jahr unter den Militärs wie-
der in Aufnahme kommt; wenn diese Abkürzung militärisch
zulässig ist, wie vielmehr ist sie geboten durch die Rücksicht
auf den Arbeitsm arkt und die Finanze u.
Das Mandat der ausgelosten Abgeordneten ,
die Hälfte der bad. Kammer, erlischt mit dem 1. Juli.
Bald nach diesem Termin pflegten die Neuwahlen an-
geordnet zu werden. Es gilt mehr als zwanzig national-
liberale Mitglieder der Kammer, wie Kirsner, Eckhard,
Friederich, den Präsidenten, Wcepräsidenten und Vorstand
der Budgetkommission. Ob und wie viele freiwillige Aus-
tritte noch erfolgen, bleibt dahingestellt. Jedenfalls hat die
nationalliberale Partei ollen Anlaß, ihre ganze Kraft zu-
sammenzunehmen. Mannheim wird den Kampf zwischen
nationaler und demokratischer Partei wieder durchzufechten
haben. Es bleibt dringend zu wünschen, daß nicht bewährte
Kräfte, die der Kammer lange in Ehren angehörten und
den parlamentarischen Kampf gründlich kennen, gerade in
so entscheidungsschwerer Zeit sich dem Land entziehen.
Marschall Bazaine hat Aussicht, rascher seine Frei-
heit wieder zu erlangen. Schon Thiers hatte nicht die
mindeste Lust, ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen und
Marschall Mac Mahon dürfte noch weniger dazu geneigt
sein. Auch die Bonapartisten werden zu Bazaines Gunsten
jetzt ihren Einfluß spielen lassen können.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 3. Ium. Die große Parade vor dem
Kaiser am 19. Juni wird nicht auf dem Marktplatze, son-
dern auf dem Exercierplatze siattfinden, weil auch die Be-
satzungen von Bruchsal, Durlach und Rastatt da-
ran Theil nehmen werden.
Karlsruhe, 1. Juni. Am 18. Juni wird dahier
der Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm (geb. 1857) konfir-
mirt. Zu dieser Festlichkeit, an welcher auch die Kaiserin
Augusta Theil nimmt, wird der Kaiser von Jugenheim hier
eintreffen. Es werden große Paraden und am Hofe grö-
ßere Festlichkeiten stattfinden. Von hier aus begibt sich
der Kaiser, wahrscheinlich am 19. oder 20. nach Wien.
Heidelberg, 1. Juni. In den Tagen des 26., ein-
schließlich 30. Mai trat hier unter Leitung des großh. Lan-
deskommissärs Hrn. Ministerialrath Stösser und unter
Anwohnung des Ministerialkommisfärs Hrn. Geh. Finanzrath
Kern die Revisionsversammlung zur Begutachtung der
Grundsteuer-Anschläge in den Steuerdistrikten der Amtsbezirke
Mannheim, Schwetzingen, Heidelberg und
Weinheim zusammen. Zahlreiche Abgeordnete und Ver-
treter der einzelnen Steuerdistrikte halten sich jeweils zur
Anhörung der Verhandlungen eingefunden, folgten den von
dem Vorsitzenden in ausgezeichneter Weise geleiteten eingeben-
den Debatten mit sichtbarem Interesse, und steht zu hoffen,
daß hierdurch manches Vorurtheil beseitigt, vielfach verbrei-
tete irrige Ansichten über Auslegung deS Gesetzes berichtigt
wurden, und die Ueberzeugung sich befestigte, daß alle bei
Erledigung dieses wichtigen Geschäfts detheiliglen Behörden
und gesetzlichen Organe nur von dem Bestreben geleitet wur-
den, möglichst das Richtrge zu finden und die gesetzlichen i
Bestimmungen überall zur Geltung zu bringen. Mehrere i
bei Beginn und im Verläufe der Verwandlungen zum Vor-
trag gebrachte schriftliche Erinnerungen und sachliche Bean-
standungen fanden entweder sofort ihre.Erledigung oder wur-
den der Ministerialkommission zur thunlichsten Berücksichtigung
empfohlen. Eine Eingabe aber, welche nicht sachgemäßer
Beurtheilung sondern agitatorischer Bauernfängerei ihre Ent-
stehung verdankte und den Satz au die Spitze stellte, daß
die betheiligten Vollzugsbehörden das Gesetz nicht verstanden
oder absichtlich irrig angeweudet hätten, um ein die Güter-
besitzer gegenüber andern Steuerpflichtigen schwer benachthei-
ligeudes Steuernetz über das ganze Land auszuwerfen, er-
regte gerechten Unwillen und wurde von dem Vorsitzenden
in entschiedener Weise als unzulässig und geradezu unsittlich
und unwürdig zurückgewiesen. Es ist nicht Jedermanns
Sache, Gesetze zu studiren und mit unbefangener Kritik an
solche heranzutreten, aber verwerflich bleibt es, absichtlich die
Wahrheit zu verläugnen und unbefangenen Landleuten die
Feder in die Hand zu geben, um derartige Eingaben zu
unterzeichnen, und solch? dadurch zu Mitschuldigen zu machen.
Solche Bestrebungen riechen sehr stark nach der Normal-

Periode, welche den Agitatoren so viele Schmerzen verur-
sacht hat. Daß das Gesetz seine Mängel habe und hie
und da der Klarheit entbehre, darüber läßt sich reden;
allein die Verhandlungen zeigten wenigstens zur Genüge,
daß die Steuerkommissüre nnd Schätzer ihre Pflicht gethan
und in vorurtheilsfreier Weise an der Hand des Gesetzes
und ihrer Instructionen und in Berücksichtigung der that-
sächlichen Verhältnisse das Rechte erstrebten.
Heidelberg, 3. Juni. Gestern Abend um 11 Uhr
wurde die Leiche des Exfürsten K u f a von Rumänien
in einen mit Sammet ausstaffirten Eisenbahn-Wagen ver-
bracht und heute Morgen um 6 Uhr nach Jassy befördert.
Basel, 5. Juni. Die Grenzpost meldet von gm
unterrichteter Seite, Kaiserin Eugenie werde im Laufe Juni
auf Arenenberg erwartet. Auch der Bundesrath bemühe
sich, den französischen Gesandten Lanfrey zum Bleiben in
Bern zu bestimmen.
Straßburg, 4. Ium. Heute Mittag ist in 5 Waggons die
erste Zahlung auf die fünfte Milliarde hier angekommcn. Dieselbe
besteht aus Gold und Silber und außerdem aus 60 Millionen in
Wechseln und 3025 Appoints. Der Gesammtbetrag der heute hier
effectuirten Zahlung beläuft sich auf 112 Millionen Francs.
Aus'der bayerischen Rheinpfalz, 1. Juni. Da
es nunmehr en'schiedcn ist, daß bei G ermershe i m eine
feste Eisenbahn - Brücke über den Rhein gebaut wird (Linie
Zweibrücken-GermerSheim-Bruchsal), so ist der Gedanke auf-
getaucht, eine direcie Eisenbahn von Neustadt a. H. nach
Germersheim herzustcllen, wodurch der Umweg über Speyer
erspart würde. Die beiden interessirten Gemeinden haben
ein Comite niedergesetzt, welches bei der Regierung und dem
Landtag für dessen Genehmigung wirken soll.
Darmstadt, 30. Mai. Gestern Vormittag 8 Uhr
fiel Prinz Friedrichder 29sjähriqe Sohn des Prinzen
Ludwig, aus einem Fenster der Belletage des prinzlichen
Palais an der katholischen Kirche auf die Terrasse des Pa-
lais (eine Höhe von etwa 20 Fuß) und starb um 12 Uhr
15 Minuten Mittags. Nach Darmstädter Blättern geschah
der unglückliche Sturz in Gegenwart der Mutter, Prinzessin
Alice. Der Tod des Prinzen trat, nach der „Mainzeitung",
in Folge einer inneren Verblutung ein._
Ausland.
Amsterdam, 5. Juni. Einem Telegramm aus Penang vom 4.
d. zufolge schoß ein holländisches Kriegsschiff auf drei unter englischer
Flagge segelnde Fahrzeuge, welche für Atchin bestimmte Waare an
Bord führten. Ein Bevollmächtigter des Sultans führte Beschwerde
bei dem Gouverneur von Penang. Ueber den erhaltenen Bescheid
verlautet noch nichts.
Brüstet, 5. Juni. Der Kriegsminister Thiebauld hat demissio-
nirt. Ueber sonstige Veränderungen des Ministeriums verlautet, daß
entweder das ganze Cabinet zurücktritt oder nur Malon und Aspre-
mont ausscheiden, welche durch Jacobs und Marquis Rodeso ersetzt
werden möchten.
Rom, 5. Juni. Einem Telegramm aus Frosinone
zufolge ist Rattazzi heute 9^2 Uhr Morgens gestorben.
Die Nachricht brachte einen schmerzlichen Eindruck hervor.

Z>er Ilnch des Goldes.
*
* *
(Fortsetzung.)
4.
Dasselbe vorschnelle Urtheil fällst du über den Trödler, der doch
dir und deiner Pflegemutter Wohlthaten erzeigt hat, für die du ihm
Dank schuldest."
„Wäre er nicht überzeugt gewesen, für diese Wohlthaten doppelt
und dreifach belohnt zu werden, so würde er sie uns schwerlich erzeigt
haben," entgegnete Hedwig gelassen. „Peter Schwind ist ein herzloser
Wucherer, das wird ihnen Jeder sagen, der ihn kennt, und ich versichere
sie, er thut keinen Schritt, wenn er nicht die Ueberzeugung hegt, durch
denselben etwas zu gewinnen. Ich mag meine Bitte nicht wiederholen,
denn sie haben mir schon zweimal die Erfüllung derselben abgeschlagen,
aber ich versichere sie, läge es in meiner Macht, so würden wir heute
Abend abreisen."
„Ich weiß in der That nicht, welche Gründe dich bewegen, bei
diesem Wunsche so eigensinnig zu beharren," sagte der Millionär be-
fremdet, „fast sollte ich glauben, deine Vergangenheit sei nicht so tatel-
loS —"
„Vater!"
„Liebes Kind, du selbst bringst mich auf diese Vermuthung, die
wahrhaftig nicht geeignet ist, mir angenehme Stunden zu bereiten. Ich
sage dir, diese Stadt ist meine Vaterstadt und ich gedenke, mich hier
niederzulajfen, um die Tage, die ich noch zu leben habe, zu genießen.
Wir werden im nächsten Frühjahre eine große Reise machen und —"

„Entschließen sie sich, die Reise schon jetzt zu machen, lasten sie
uns den Winter in Italien verbringen," bat Hedwig.
Der alte Herr wanderte einigemal schweigend auf und ab.
„Wir wollen sehen," sagte er endlich, indem er sich der Thür
näherte, „keinesfalls aber können wir schon heute, oder morgen, die
Reise antreten."
Kaum hatte Cornelius das Zimmer verlassen, als derselbe Vaga-
bund, der am Tage vorher dem Wagen gefolgt war, rasch eintrat.
„Ich muß mit ihnen reden," sagte er hastig, „wann und wo
werde ich sie treffen?"
Hedwig war erschreckt von ihrem Sitz curporgcfahre«, aber sie
verlor ihre Fassung nicht.
„Ich kenne sie nicht," entgegnete sie mit schneidender Kälte, „wie
können sie wagen, hier einzudringen, ohne sich vorher anmeldcn zu
lassen?"
„Du kennst mich nicht mehr?" höhnte der Vagabund. „Aber ich
kenne dich und ein ganzes Dutzend kann ich hierhcrbringen, die dich
alle kennen."
„Entfernen sie sich augenblicklich, oder ich rufe um Hülfe und
lasse sie verhaften!" rief das Mädchen entrüstet „Entweder täuschen
sie sich in meiner Per'on, oder ein Wahnsinniger steht vor mir!
Hinaus, dort ist die Thür!"
„Oho!" rief der Vagabund, dessen stechender Blick drohend auf
den bleichen Zügen des Mädchens ruhte. Du glaubst mich so ohne
Weiteres vor die Thür werfen zu können? Nimm dich in Acht, du
könntest bitter bereuen, deinen alten Bekannten beleidigt zu haben!
Heute Abend um elf Uhr werde ich dich an der Marienkirche erwarten ;

kommst du nicht, um zu hören, was ich für mein Schweigm von
dir verlange, so wirst du morgen von deiner stolzen Höhe hinabstürzen."
Er entfernte sich nach diesen Worten, Hedwig sank auf ihren Sitz
zurück und barg das Antlitz in den Händen.
„Nun? Sind die Tage der Freude schon vorbei?"
Es war eine rauhe Stimme, welche mit dieser Frage das Mäd
chen plötzlich aus seinem dumpfen Brüten weckte.
Hedwig blickte auf, vor ihr stand der Trödler.
„Sie haben wahrhaftig keine Ursache traurig zu sein," fuhr
Schwind fort, „ihnen lacht fortan ein ewiger Frühling."
„So scheint es, aber d»e Wirklichkeit ist oft der Vergeltung nicht
Werth," erwiderte Hedwig düster.
„Was führt sie hierher?"
„Der Wunsch, einige Worte mit ihnen zu reden."
„Mit mir?"
„Ja."
„Erlauben sie, daß ich meinen Vater rufe."
Hedwig wollte das Zimmer rasch verlassen, der Wucherer vertrat
ihr den Weg.
„Wozu diese Comödie?" sagte er rauh. „Erinnern sie sich d r
Uebereinkunft, die wir getroffen haben?"
„Glauben sie, daß ich, die damals gezwungen wurde, aus ihre
Bedingungen einzugehen, heute geneigt sei, die Bedingungen zu er-
füllen? Niemals, sie glaubten —"
„Erlauben sie, die Sache ist sehr einfach," unterbrach der Trödler
sie drohend. „Wenn sie sich weigern, jene Bedingungen zu erfüllen, so
werde ich dem alten Herrn einige Worte ins Ohr flüstern —"
(Fortsetzung folgt.)
 
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