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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 106 (9. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0425

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Ko. 106

Dienstag, 9. September 1873.

VII. Jahrgang

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

diettsijShrUch 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

lstwchilMr VolheniilM
Amtsverkündigungsötatt für den Aezirk Schwetzingen.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Wsgker, Audokf Wosse und ch. L. Ianöe L Ho., sowie die Süddeutsche Annoncen-Hrpedition
von H. SLßchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Bafel und Straßburg.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Nheinpfalz.

R u n Ä s ch a u. i
Wie der „Spen. Ztg " von unterrichteter Seite mit-
getheikt wird, darf der viel ventilirte Plan, dem Prinzen
Friedrich Karl die Generalinspection der kaiserlichen
Marine zu übertragen, als aufgegeben betrachtet werden, >
Es scheint, daß die Erwägung den Ausschlag gegeben hat, !
der Armee den verdienten Führer nicht zu entziehen. j
Die Auszeichnung, welche der Kaiser dem Fürsten -
Bismarck durch Verleihung des Großcomt Hurkreuzes des
hohenzollernschen Hausordens mit Brillanten hat zu Theil !
werden lassen, muß als eine ganz besondere angesehen wer- j
den. Während früher der schwarze Adlerorden als höchstes ;
Ehrenzeichen in Preußen galt, scheint der Kaiser für den !
Fürsten Reichskanzler noch eine höhere Ordensauszeichnung i
geschaffen zu haben. Die Brillanten zum schwarzen Adler- l
orden, welche jetzt die Grafen Moltke und Roon erhalten i
haben, wurden dem Fürsten Reichskanzler bekanntlich nach s
der Dreikaiserzusamnleukuuft zu Theil. Damit Fürst Bis- t
marck bei der allgemeinen Ordensvertheilnng am 5. Sep- i
tember nü andecorirt bliebe, überreichte ihm der Kaiser l
das Großcmnthurkreuz seines Hausordens mit Brillanten. '
Die Aufmerksamkeit, welche dadurch der Monarch für den '
berühmten Staatsmann von Neuem bewies, soll übrigens
während der letzten Tage mehrfach zu Tage getreten sein.
Nach diesen eclatantcn Beweisen der kaiserlichen Gnadejdürstm
wohl die Äußerungen in der ullramonianen Presse ver-
stummen, welche von ernsten Zerwürfnissen zwischen dem
Kaiser und seinem treu bewährten Diener sprachen.
Wie es heißt, wird sich in der Begleitung des Königs
Victor E m annel von Italien, dessen Eintreffen zum
Besuch am Berliner Hof zum 20. d. entgegengesehen wird,
auch der deutsche Gesandte am italienischen Hof Freiherr
von Keudell befinden. Politische Kreise halten es auch für
nicht unmöglich, daß Bismarck während der Dauer des Be-
suches von Barzin nach Berlin kommen werde.
Hierbei mag gleich noch bemerkt werden, daß seit dem
Prinzen Eugen von Savoyen König Victor Emanuel der
erste Prinz aus dem Hause Savoyen ist, welcher das Weich-
bild der österreichischen Hauptstadt betritt.
Für den Prozeß Baza ine ist nun ganz definitiv
Groß-Trianon bestimmt worden und soll derselbe am 6. Ok-
tober unwiderruflich beginnen. Die guten Compiegner,
welche bereits eine Goldgrube in diesem Monstrvprozesse er-
blickten und bereits alle Quartiere zu fabelhaften Preisen
vermiethet hatten, werden von diesem neuen Entschlüsse nicht
sehr erbaut sein.
Deutsches"Meich»
München, 5. Sept. Behufs Durchführung des Reichsmünzge-
fetzes ist die Einziehung der bayerischen Ein- und Zwei-Guldenstücke
angeordnet worden. Die Centralstaatskasse leistet Zahlungen nur in
Vereinsthalern.

Straßburg, 5. Sept. Heute Morgen überbrachten Pariser
Finanzbeamte die Summe von etwas mehr als 92 Millionen Fran-
ken in Tratten als Theil der letzten Zahlung der französischen Kriegs-
kontribution ; darunter Papiere auf London im Betrage von etwa
200,000 L. Sterl. Nachmittags kam ferner ein Extrazug, aus fünf
Wagen bestehend, von Paris hier an, der etwa 10 Millionen Fran-
ken in Silber führte. Andere Zahlungen wurden gleichzeitig aus
Mülhausen, Mairrz, Köln, Brüssel angemeldet und scheint das Schluß-
geschäft bis zu seiner gänzlichen Abwicklung noch einige Tage iu An-
spruch nehmen zu wollen. Die Summen in Silber, welche natürlich
unverzinsbar, in drei verschiedenen Kellergewölben hiesiger amtlicher
Gebäude untergebracht sind, dürften zur Zeit einen ganz ungeheuren
Betrag beziffern.
Berlin, 3. Sept. Fürst Bismarck hat anläßlich
der Siegesfeier vom Kaiser das Comthurkrenz des Hohen-
zollernschen Hansordens in Brillanten erhalten, eine Aus-
zeichnung, die, unseres Wissens, noch niemals vorgekommen
ist. Graf Roon und Graf Moltke haben den schwarzen
Adlerorden in Brillanten erhallen.__
Ausland.
Paris, 6. Sept. Die von Bcoglie insvirirte „Presse"
erklärte heute: „Wir weisen zurück die Republick mit den
Radicalen, das Königlhum mit der weißen Fahne, das
Kaiserreich mit den Institutionen von 1852."
Aus Verdun meldet man, daß nach Ankunft offizieller
Depeschen der General von Manteufel einen Tagesbefehl
veröffentlichte, in welchem er das Ende der Occupatwn an-
kündigt und anordnet, daß die Truppen in 24 Stunden ihre
Vorbereitungen zum Abmarsch getroffen Haven müssen.
Madrid, 6. Sept. In einer Versammlung der
Cortesmehrheit erklärte Castelar, um die Regierung zu über-
nehmen, verlange er von den Cortes als unumgängliche
Bedingung die Rückgabe des Begnadigungsrechtes an die
Regierung, die Befugniß, gegen die Carlisten alle ihm taug-
lich erscheinenden Officiere zu verwenden und die Armee im
Nothfalle durch Organisation einer Bürgermiliz zu vermehren,
500,000 Gewehre für die Armee anzukaufen, durch ein
Zwangsanlehen oder durch andere Mittel 4- bis 500 Mil-
lionen ausschließlich für Kriegszwecke zu beschaffen, ferner
die Befugniß die verfassungsmäßigen Rechte aufzuheben und
die Gemeinde- und Provinzialräthe aufzulösen. Ein in
diesem Sinne abgefaßter Antrag Prefamo's wird einstimmig
von den 103 abstimmenden Mitgliedern gutgeheißeu.
Der Bürgermeister von Madrid zeigt dem Minister
des Innern an, daß der GemAuderath und die Freiwilli-
gen der Hauptstadt entschlossen seien, die Ordnung aufrecht
zu halten und die Beschlüsse des Cortes zu unterstützen.
Perpignan, 4. Sept. Die Offiziere und Soldaten des Ba-
taillons Tarifa, welche nach Berga zur Verstärkung geschickt wurden,
weigerten sich weiter zu maschiren. Die Commandeurs sind vor ein
i Kriegsgericht gestellt.

Perpignan, 5. Sept. Aus Barcelona wird vom 3. gemel-
det: Die der Regierung feindliche Partei beabsichtigt die Proklamation
der Unabhängigkeit Cataloniens. Der Alcalde von Olot vertrieb bei
Gelegenheit der Steuererhebung in den benachbarten Dörfern mit
150 Freiwilligen 300 Karlisten aus ihren Positionen. Die Anzahl
der Karlisten in Valentia und Arragonien wird auf 8000 geschätzt.
London, 6. Sept. Es bestätigt sich, daß der Ab-
gang eines Infanterie-Regiments und eines Jäger-Bataillons
nach der Goldküfte festgesetzt, ist, doch erfolgt derselbe erst im
November oder Dezember. ' _
Neueste Kopftn-Aerichte.
Dom Corrtinent.
* Schweringen, 8. Sept. Nach dem städtischen
Waagregister sind hier bis jetzt 155 Ctr. neuer Hopfen ab-
gewogen worden, rechnet man nun noch die Quantität, welche
bei der Beförderung auf der Eisenbahngüterhalle abgewogen
wurde und sich auf ca. 30 Ctr. beläuft, hinzu, so ergibt
sich ein Gesammtresultat der bis jetzt auf hiesigem Platz
verkauften 1873er Hopfen von ca. 180 Ctr., wofür 45 fl.,
50 fl. und 55 fl. per Ctr. bezahlt wurden. — Heute
zeigte sich im Geschäfte ein äußerst reges Leben, viele Käu-
fer und Händler sind am Platze und ist schöne trockene
Waare sehr gesucht. Die Preise sind seit gestern ziemlich in
die Höhe gegangen und wurden heute bedeutende Quanti-
täten zu fl. 60 und 62 per Ctr. willig genommen. Händ-
ler sind sehr kauflustig und überbieten einander; aber die
Produzenten haben in Folge der raschen Wendung zur Preis-
steigerung uns' der allenthalben yerrschenden Kauflust eine
gewisse reservirie Haltung angenommen — In den umlie-
genden Ortschaften Plankstadt, Hockenheim, Rei-
lingen rc. herrscht ebenfalls ein lebhafter Handel und
schwanken die P eise zwischen 45, 50 und 60 fl. je nach
Qualität. — Die seit einigen Tagen anhaltende kühle und
rauhe Witterung ist nicht günstig und befördert das Trock-
nen der Hopfen äußerst langsam. Die bis jetzt verkauften
Hopfen find meistens halbtrockene Waare und ist ins heute
noch wenig ganz trockene Waare am Platze und deßhalb
sehr gefragt. — Von altem Hopfen ist hier und in der
Umgegend nichts mehr am Lager.
Nürnberg, 6. Sept. (Offizieller Marktbericht des
Syudicats der vereinigten Hopfeu-Commiffionäre Nürnbergs.)
Von 73er mittelfränkifcher Waare fanden gestern keine Zu-
fuhren statt, wogegen circa 100 Ballen Hallertauer, Ba-
dische und Württemberger an Commissionäre abgelagert und
je nach Beschaffenheit von fl. 60 bis 68 bezahlt wurden.
Dem heutigen Markte wurden circa 100 Ballen Landwaare
zugefahren, welche bei weichenden Preisen zu fl. 48 bis 55
und in feinen trockenen Qualitäten zu fl. 60 bis 64 Neh-
mer fanden. Der Umsatz in Hallertauer, Badischen und
Württemberger betrug circa 50 Ballen zu den im untigen

Dazu war ihm von seinem stolzen Vater jede Gelegen-
heit abgeschnitten, sich in der Welt nützlich zu machen —
womit brauchte ein junger Mann von seiner Stellung sich
zu beschäftigen d Leon wäre doch so gern ein nützliches Mit-
glied der menschlichen Gesellschaft geworden!
Einstmals hatte er mit feiner Mutter davon zu spre-
chen gewagt, aber ein höhnisches Lächeln war ihre einzige
Antwort gewesen. So schwieg er denn, aber eine unbe-
stimmte Sehnsucht zehrte an ihm, und seine freundlichen Ge-
sichtszüge nahmen einen ernsten melancholischen Ausdruck an.
Tagelang strich er in Wald und Feld umher und kehrte
Abends matt und zu Tode erschöpft in die glänzenden Sa-
lons des elterlichen Hauses zurück.
Zuletzt wurde der Graf auf den Erben seines Namens
aufmerksam — er besaß nur den einzigen — um jeden
Preis mußte ihm derselbe erhalten bleiben. Ein Arzt wurde
zu Rathe gezogen und dieser verordnete Zerstreuung —
Reisen.
Reisen!
Wie ein elektrischer Funke durchzuckte Leon das Wort.
Ja, Reisen wollte er — wohin ihn eben sein Herz zog.
Zwei Tage später befand er sich unterwegs, zunächst
nach dem Landguie fernes Onkels, den er nur noch aus seinen
Knabenjahren her kannte und lieb gewonnen hatte. Weder
Vater noch Mutter wußten, wohin er seine Schritte wenden
würde, es kümmerte sie auch wenig und so konnte er un-
gehindert gehen, wohin er wollte.
(Fortsetzung folgt.)

(Fortsetzung.)
„Nein, Leon," sagte sie ruhig, „als den höchsten ein-
zigen Beweis Deiner Liebe fordere ich von Dir, daß Du
Dich bezwingen sollst, daß Du mir nicht folgst, wenn ich
Dir die Nachricht sende, daß ich allem Elend entflohen bin
und meine Reise angetreten habe. Versprich es mir, daß
Du ein folgsamer Sohn sein und Dich den Verhältnissen
fügen willst, wie ich es thue, indem ich mich mit blutendem
Herzen von dem einzigen Wesen, welches mir auf der Welt
theuer ist, losreiße und mich hineinstürze in das wilde, ruhe-
lose Leben meines Volkes."
Sie hatte gebieterisch zu ihm gesprochen und nur ein
Beben ihrer Stimme verrieth, wie schwer es ihr wurde, die
Worte auszusprechen.
Leon saß stumm, mit seinem Schicksale grollend, das
ihn in eine andere Sphäre als Zendale geschleudert
hatte.
„Leon," rief diese, erschreckt zum Himmel emporsehend,
„ich darf keine Minute zögern, der Tag dämmert herauf,
ich sehe das Licht durch die Wipfel der Bäume. Leon, leb'
wohl!"

Sie schlang leidenschaftlich ihre Arme um seinen Nacken
und preßte sein Gesicht an ihre Brust, indem sie es mit
heißen Küssen bedeckte, während er regungslos dasaß.
„Leb' wohl. Leon! O, nur ein Wort — vielleicht, ach
— das letzte, das ich von Deinen Lippen höre."
„Leb' wohl, Zendale, Gott geleite Dich und erlöse mich
von einem Leben, das mir von jetzt an nur eine Qual sein
wird," murmelte er. „Vergiß nie, daß Du meine Braut
bist, daß kein anderer Mann ein Recht an Dich hat."
„Ich danke Dir für dieses Wort," sagte Zendale innig.
„Sorge nicht darum — das arme Zigeunermädchen liebt
nur ein Mal."
Noch einnal umarmte sie ihn, noch einmal preßte sie
einen Kuß aus feine fieberheißen Lippen und — war im
nächsten Augenblick hinter den Bäumen verschwunden.
Erst als sie fort war und Leon nichts mehr von ihr
sah, überfiel ihn die volle Gewißheit, daß sie ihn verlassen
habe und nie mehr zurückkehren werde. Wohl hatte er längst
eingesehen, daß Alles so kommen mußte; er konnte kein an-
deres Ende von seiner ersten, und, wie er sich selber sagte,
einzigen Liebe erwarten.
Im Hause seines Vaters hatte er das milde Wort nie
kennen gelernt. Vereinsamt, immer mehr auf sich selbst an-
gewiesen, stand er zwischen Vater und Mutter da. Seine
Freunde sagten ihm nicht zu, er verabscheute ihre Lebens-
weise, und das Zerwürfniß im elterlichen Hause ließ ihn
Manches erfahren, was seinen Widerwillen gegen das Treiben
der Welt nur vermehren konnte.

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Ianny Klink.
 
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