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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 20 (18. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0079

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KchwHlM Wochenblatt

AmLsverkündigungsötalt für den Bezirk Schwetzingen.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz

Preis
rierfElfÜdrlich !r,
Anserate
die viergespaltem
Peiitzeüe oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Erscheint
wöchentlich drei Mm:
Dienstag, Donnerstatz
und Samstag.
Alle Postanstaltsv
nnd Boten nehmen
BssteKrmgen an.

^io. 2g. Dienstag, 18. Februar 1873.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzirrger WochenvLaLL" bestimmte Inserate fmSen auch im „PHLLLppsburger Wochenblatt" Gratis-Aufnahme.

Depeschen.
* Lonbon, 16. Febr (H.-B.-R.) Die Times ent-
batten folgende Depesche aus Buenos Ayres vom 10. Jan :
Die Enideckung der pcr: '.üanischeu V ffchwörung hat trau-
rige Ereignisse zu Folge gehabt. Eine Feuersbrunst legte
das Regierungsgebäude in Asche. Der Präsident Pardo
wurde getödiet. Alle Hauptverschworcnen haben die Flucht
ergriffen, doch sind Papiere aufgefunden worden, welche sehr
viele Persönlichkeiten compromittiren.
Kolitische Aeöerstchl.
In Folge der durch den Abg. Lasker in der siebenten
Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses gegen den
Geheimerath Wagener erhobenen schweren Anklagen wegen
begangenen E i s e y b a h n s ch w i n d e l s und deßhalb
von ihm beantragten Constituirung einer parlamentarischen
Enquete-Commission behufs genauer Untersuchung dieser
Angelegenheit wurde dem Äbgeordnetenhause in seiner Si-
tzung am verflossenen Freitag nachstehende königliche Bot-
schaft mitgetheilt:
Wir Wilhelm von Kolkes Gnaden <tvnig von
Preußen rc.
Nachdem bei den jüngsten parlamentarischen Verhand-
lungen die bei Ertheilung von Eisenbahnkonzessiouen zur
Verwendung gebrachtem Verwaltungsgrundsätze angegriffen
und die Mißstände gern k worden sind, welche bei der Aus-
nutzung erteilter KvnZessionem sich her-ausgestellt haben,
Haden Wir beschlossen, eine Spezial-Untersuchungskommiss on
einzusetzen, um nach Maßgabe der durch ihre Ermittelungen
gewonnenen Resultat übersetzen zu können:
1) ob und in wie weit die einschlägigen Gesetze und
die geltenden Verwultuugsnormen, die Erfüllung der'bei
Ertheilung von Cisenbahnksuzeffioneu beabsichtigten Zwecke
zu sichern und das Publikum gegen Täuschungen und Be-
einträchtigungen zu schützen geeignet sind;
2) welche Aendemugen der Gesetzgebung und der Ver-
waltungspraxis erforderlich sind, nm vorhandenen Uebelstän-
den und Mißbräuchen tunlichst aözuheiftn.
Es ist Unser Wiste, daß die Ermittelung der bezüg-
lichen Thatsacheu mit der größten Sorgfalt geschehe und
die Beurteilung der. Verhältnisse 'und Personen ernst und
unparteilich sei. Die genannte Spezialkommission wird
unter dem Vorsitz des Präsidenten der Seehaudlung,
Günther, aus Zwei von Uns zu ernennenden Justiz- und
zwei Verwattungsbeqmten zu b-stehen haben un.^ laden
Wie idik beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie,
eiy, auch ihrerseits je zwei Mitglieder .zu .erwählen, um an
den Arbeiten der unverzüglich «inZusetzenden Kommission
theilzunehmen.
Wir behalten Uns vor, der Laudesvertreiung seiner
Zeit die bezüglichen Kommissionsberichte zugehen zu taffen.
Gegeben Berlin, hm 14. Februar 1873.
gez. Wilhelm.
(Gegengez.) Roon. Bismarck, Jtzenplitz, Camphausen, Fall,
Eulenburg, Leonhard, Kamecke, Königsmarck.

RedL Lasker s im preutz. Äbgeordnetenhause
> u.
Ich sage es zur Ehre des Herrn Ministerpräsidenten,
daß er diese Transaktionen nicht leicht verstehen wird, ich
habe sie auch sehr schwer verstanden und erst öffentliche Ur»
künden zur Hand nehmen müssen. Selten hat man bei
Anschuldigungen in parlamentarischen Perhandlungen ge-
richtlich beglaubigte Abschriften, welche den Angegriffenen
mit seinen eigenen Worten der ihm zur Last gelegten Hand»
lungen überführen. Der Geheimerath Wagener läßt in
seiner Zuschrift an die „Norddeutsche Allgemeine" , die er
officiös indoffiren läßt, und in der heutigen Zuschrift an
dieses Haus sagen; nicht ihm sei die Conceffion ertheilt
worden, sondern einer Actiengesellschaft, welche die drei
Personen Schuster, Oder und Wagener bilden. Sie werden
diese drei Personen sehr genau im Sinne behalten müssen.
Nun sagt aber der Herr Geheimerath Wagener in einer
Zuschrift an das Gericht, an welches er einen Protest rich-
tet -- Dinge, die ich Ihnen vorlegen werde. — Ich lege
Protest ein als persönlicher Concessionär für die Eisenbahn.
(Hört, hört!) Das ist sein wörtlicher Ausdruck, irr einer
öffentlichen Urkunde enthalten l Sie werden also daraus

ersehen, daß Herr, Wagener, wo er es braucht, Wohl ver-
steht, daß er materieller Concessionär ist, und daß er an-
- dernfalls sich hinter die Redewendung flüchtet, daß nicht er,
! sondern die Acliengesellschast die Couceffion erhalten habe.
Damit Sie wissen, m. H., woher ich diese Urkunde habe,
sage ich Ihnen sofort, die Acten sind hier beim Stadtgericht,
i bei den Beiacten zum Handelsregister, und ich sage ferner,
° daß diese Beiactsn nach einer Instruktion des Ministers
» öffentlich sind, und von Jedermann eingesehen werden kön°
f neu, damit nicht die Meinung entstehe, daß ich durch Jn-
, discretion dazu gekommen bin. Nun werde ich eine kurze
Schilderung geben, wie Herr Wagener sich bei dieser Bahn
mit den genannten drei Personen benommen hak, und werde
dann auf die Geschäftsführung znrückkommen. Sie werden
i aus den Formalitäten und anderen Dingen ersehen , daß .
gewiß kein Privatmann und kein Beamter sich zu der- !
i gleichen hergeben kann; ich mache absichtlich keine Andeu- l
i tungen, mit welcher Disciplin des Rechtverfahrcns ein der- s
! artiges Verhalten zu thun hak. Also es hatten die Herren -
i Oder, Wagener und Schuster eine Acüengesellschast gebildet,
! ü. h. die drei Personen waren es und hatten es erklärt in
! dem Statut, das leider mit seinen Dunkelheiten, Unvoll-
kommenheiten und Unzulässigkeiten von der königlichen Re- ,
z gierung bestätigt worden ist. (Hört, hört!) In diesem -
Statut haben diese drei Personen sich erklärt, für die Mit- ;
L glieder des Verwaltungsrathes und für die Discretion der j
i 'Eisenbahn bis zwei Jahre nach vollendetem Bau ; diese drei
! haben als Mitglieder de- Verwaltungsrathes und als Di-
rection zu fungiren, bis zwei Jahre nach vollendetem Bau!
! Verstehen Sie die Bedeutung, m. H. ? Alle, die sich mit -
! Eisenbahnen beschäftigen, werden die B-Deutung dieses Satzes
l verstehen. Und dann war in dem Statut ausgesprochen — '
Sie werden Alles durch öffentliche Urkunden belegt erhalten
; — daß alle diejenigen, welche mit Zeichnungen beitreten, ;
i sich diesem Statut unterwerfen. Die ganze Aktiengesellschaft ;
! war also von vornherein, wie sie mit Zeichnungen hervor- ,
trat — wenn sie überhaupt Zeichnungen gehabt hätte, was '
nicht der Fall war, wie ich später entwickeln werde — sie i
! war verpflichtet, diesen Theit des Statuts anzuerkennen.
- M. H., dieses Statut wurde genehmigt am 5. oder 7. i
Juli 1870, also nur drei oder vier Tage, sn welchem das
i bereits publicirte Gesetz über Aktiengesellschaften in GesetzeS-
- kraft treten sollte. „Vor Thoresschluß" wurde noch schnell
! diese Conceffwn beschafft, um nicht der Prüfung nach diesem
l neuen Gesetze unterliegen zu müssen, welches vier Tage
später wirksam werden sollte. In diesem Statut stand der
t Paragraph, der hier angezogen ist und dessen Sinn der
i Herr Minister-Präsident eben nicht verstanden hüben wird,
daß die Gründer berechtigt seien, sich einen Vorthei! von
E der General-Versammlung bewilligen zu lassen. Dennoch
! hat die preußische Staatsregierung ein Statut bestätigt,
welches gegen den Inhalt eines bereits erlassenen Gesetzes
i gerichtet war, nur daß es noch nicht Gesetzeskraft hatte, em
i Fall, auf weichen in England eine Anklage gegründet Mer-
iden könnte. Diese Conceffion wurde so bestätigt. Nachdem
i nun öie Herren die Conceffion in Händen hatten und so-
i mit Herren des ganzen Materials waren, so kamen sie am
- 28. Juli ein, um bei dem Herru Handelsminister die Ein-
i tragung in das Handelsregister nachzusuchen; denn sie
! mußten sich dem neuen Gesetze unterwerfen. Auf dieses
i Gesuch erwiderte das Stadtgericht ablehnend r die Eintra-
- gung ist nicht statthaft nach dem neuen Gesetze; ihr werdet
jetzt eine Actim-Gesellfchaft, d° h. ihr müßt Zeichnungen
- Nachweisen, einen Aufsichtsrath bilden und eine Zahlung
' von 10 pCt. Nachweisen, denn bas neue Gesetz verbietet
' eben derartige Vergewaltigungen, daß drei Personen sich zu
Herren eines Capitals von 3,760,000 Thlr. machen kön-
i neu, auf das noch kein Pfennig eiugezahlt war. Gegen
! diesen Bescheid wurde eine Beschwerde an das Kammerge-
' richt gerichtet, das jedoch die Erklärung des Stadtgerichts
, auf Zurückweisung der Eintragung bestätigte. Das geschah
; im September und damit war die Sache vor den preußi-
i schen Gerichten ZA Ende; es hat keine Berufs-Instanz mehr
- stattgefunden. Der Geheimerath Wagener berief sich aber
i doch noch auf den Herrn Justiz-Minister, der ganz correct
zurückschriebt ich kann in der Sacke nichts weiter thun;
das Einzige was er gefälligkeitsweise getan hat, war, daß
er das Kammergericht nochmals zur Berichterstattung auf-
forderte. Der Herr Handels-Minister war jedoch gefälliger
als der Herr Justiz-Minister indem er sich dahin ansdrückte,

daß seiner Meinung nach die Eintragung nicht notwendig
i sei. Vor dem Rechne würde ich ein solches Rescript dahin
1 befördern, wohin es gehört — in den Papierkorb. (Sehr
l wahr, links.) M. H., Auf Grund der nochmaligen Auffor-
' derung forderte das Kammergericht seinerseits nochmals Be-
richt von dem Stadtgericht ein und bestätigte nochmals im
j November seine Entscheidung, und damit war die Sache zu
! Ende. Die drei Herren konnten nach dem sehr schön an-
i gelegten Plane nicht zur Eintragung gelangen- Was thaten
sie darauf? Darauf wurde eine Generalversammlung ein-
berufen und nun, m. H., bitte ich genau Acht zu geben,
damit Sie wissen, mit einem wie feinen Geschäftsmanns
wir es zu thun haben. Die Einberufung erfolgte zum 29.
September 1870. Diese General-Versammlung war beru-
fen, alles zu erfüllen, was der Handelsrichter forderte und
was namentlich darin bestand: 1) eine neue Actiengesell-
schaft zu bilden, das Statut ganz umzuarbeiten und 2) aus
dem Statut zu entfernen die Remuneration für die Grün-
der und endlich einen Aufsichtsrath zu wählen, damit dieser
Aufsichlsrath doch eingetragen werden könne; und wißen
Sie, wie das geschieht? Ich werde Ihnen nachher in der
Beweisführung zeigen, daß hier Strohmänner vorhanden
gewesen sind, welche die General-Versammlung gebildet ha-
ben ; indessen das scheisst für jetzt hier ans, und wir nehmen
au, die Generalversammlung sei richtig gewesen, und da
lasten sich die Herren von vornherein die 40,000 Thlr. von
der General-Versammlung bewilligen, gerade wie Sie in
dem Briefe des Minister-Präsidenten lesen und dann lassen
sie die beschränkenden Bestimmungen des Statuts wegstreichen.
(Hört, hört!) Verstehen Sie genau den Inhalt des Ver-
fahrens? Das Gesetz verbietet, daß Vsrtheile gewährt
werden sollen an einen Actisnär unter dem Namen eines
Gründers. Daraufhin treten die Herren zusammen, um
eine neue Gesellschaft zu bilden, lassen sich in demselben
Act, in welchein der Vermaltungsrath gewählt wird, die
verbotenen 40,000 Thlr. genehmigen und streichen sie aus
dem Statut heraus. Die Statuten werden also ganz ver-
worfen, neu umgearbeitet und sprechen nun von einer neuen
Actien-Gesellschaft.
Deutsches Reich
München, 13° Febr. Bekanntlich hat die Verwal-
tung der pfälzischen Bahnen wegen der von strategischen
Gründen von Seiten des Reichs ihr gemachten Auflage, die
bei G e r m e r s h e i m über den Rhein herzustellende
Brücke in massiver Bauart auszuführen, sich um die Lei-
> stung eines B itrags hiezu an die Reichsgewalt gewendet.
! Wie man jetzt erfährt, ist die bayerische Regierung für die-
, ses Gesuch begutachtend eingetreten.
' Berlin, 13. Febr. Gestern hat das zum Schieds-
gericht bestellte kgl. Ober-Appellatisnsgericht dahier die mit
Spannung erwartete Entscheidung in dem Prozesse Bis-
marck ovQtrs, Bismarck publicirt. Der Sachverhalt ist
folgender: In dem Wiener Frieden trat Dänemark Schles-
wig-Holstein und Lauenburg an Oesterreich und Preußen
ab und letztere übernahmen dafür einen nach Maßgabe der
! Bevölkerungsziffer der abgetretenen Territorien zu ermitteln-
den Antheil an Dänemarks Schulden. Nachdem das Her-
zogtum Laueuburg preußisch geworden, bezahlte Prenßen
dessen Schuldentheil; das Abgeordnetenhaus reclamirte je-
doch Ersatz, weil ja Lauenburg noch nicht der preußischen
' Monarchie einverleibt sei; in Folge dessen erhob Preußen
i Klage gegen Lauenburg wegen Ersatz der bezahlten Summe;
und da Fürst Bismarck in den beiden Ländern an der Spitze
; der Geschäfte stand, so erhielt der Prozeß den oben ge-
nannten landläufigen Namen. Das Ober-Appellations-Ge-
i richt hat nun zu Gunsten Lauenburgs erkannt und die
preußische Klage definitiv abgewiesen, weil Lauenburg von
jeher ein selbstständiges deutsches Land gebildet und weder
! einen Bestandteil des dänischen Gesammtstaatcs ausgemacht
habe, noch auch an den Schulden dieses Staates passiv be-
theiligt gewesen sei.
Ausland.
Paris, 15. Febr. Ein Cur'er ist nach Madrid ab-
gereist, welcher der spanischen Republik die Anerkennung
der französischen Regierung überbringt. Ein Mitglied der
Dreißigercommissiou hat eine« für Thiers sehr beleidigen-
den Brief veröffentlicht.
 
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