Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

DOI chapter:
No. 40 (5. April)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0161

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ilhwttzmgtr W
innerstag

Erscheint ...^
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag. ' -
' Amtsverkündigungsblatl für den Aezirk Schwehingen.

Breis
yierte!iäkrUch 45
In ' enale
dis vi-rgespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 4Ü. Samstag, 5. April 1873. VII. Jahrgang.
Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis - Aufnahm.

NostplslNINNN Ineses Blatt wer-
den bei sämnülichen Postan-
stalten sowohl als bei den Landpostboten angenommen.
Die Expedition.
Uolitische Aeöerstcht.
Dem „Fremdenblatt" schreibt man: seit dem deutsche
ranzösischen Kriege beschäftigt sich die russische Presse an-
haltend mit der Herstellung einer Entente zwischen Rußland
und Polen. Die „Börsenzeitung" bringt über dieses
Thema in ihrer jüngsten Nummer einen vierspaltigen sehr
heachtenswertlen Artikel.
Das „St. Petersburger Blatt" meint nämlich, daß
dir Polen bei ihren Unterhandlungen bezüglich einer näheren
Verbindung mit Rußland einen großen Fehler dadurch be-
gangen hätten, daß sie ihren Argumenten stets einen un-
angreifbaren Charakter vindicirten, dem man nolsvs volsus
zustimmen müsse. Die Polen hätten vergessen, wer sie sind,
und daß es dem Besiegten keineswegs zustehe ein Ultima-
tum zu stellen. Polen habe Rußland nöthig, während das
Umgekehrte nicht der Fall sei. Die Ruffen könnten zwar
den Verlust Polens beklagen, indessen würde derselbe den
Ruin Rußlands durchaus nicht zur Folge haben, während
er anderseits die völlige Vernichtung Polens nach sich
ziehen würde.
Das Urtheil ist im Allgemeinen richtig, doch paßt
dasselbe vielleicht besser auf die galizischen Polen, als auf
jene Congreßpolen; denn die österreichischen Polen können
sich keinen schlimmeren Dienst erweisen, als wenn sie die
Wiener Regierung in die Lage bringen, ihre wohlwollenden
Absichten nicht durchführen zu können.
In Galizien bilden bekanntlich die Polen nicht
die Majorität der Bevölkerung, sondern die Ruthenen. Die
im Reichstag von der polnischen Delegation an den Tag
gelegten Bestrebungen werden nur von einer unbedeutenden
Minorität unterstützt und der polnische Bürger und Ba ier
wollen von denselben nichts wissen. Wenn nun die öster-
reichische Regierung im Sinne Letzterer eine Conversion
macht, so ist das Polenthum in Galizien bis auf seinen
letzten Mann vernichtet. Es ist daher ein sehr schlecht ge-
wählter Augenblick, wenn die Polen in dem Momente der
Regierung die Pistole auf die Brust setzen, in welchem diese
Alles aufbietet, um ihren Wünschen gerecht zu werden.
Aus Spanien meldet der „Jmparcial", daß Cu-
cula's Bande in Valencia geschlagen worden und Santa
Cruz, nachdem seine Bande von den Regierungstruppen
überrascht worden, sich geflüchtet habe. Das Blatt meint
ferner, daß in dem kürzlich stattgehablen Ministerrathe die
von Castelar vorgeschlagenen energischen Maßregeln durch-
gegangen seien.

Aus New-Jork wird mitgetheilt, daß sich die
Staatsschuld im abgelaufeuen Monat um 1,644,000 Dol-
lars vermindert hat und der Staatsschatz zu Anfang d.M.
aus 70,190,000 Dollars und zwar aus 67,537,000 in
Gold und 2,653,000 Dllr. in Papier bestund. Behufs
Anlage von Forts zum Schutze der Eisenbahnlinien inspi-
cirten die Generale Belknap und Sheridan die
mexikanische Grenze.

* Aus dem deutschen Hieichstag.

Die Commission des Reichstags, der das P r e ß g e s e tz
zur Vorberalbuug überwiesen ist, setzt ihre unfruchtbare Ar-
beit unverdrossen fort. Unter Assistenz eines schweigenden
Regierungscommissürs wird ein Paragraph nach dem andern
durchoebattirt und amendirt, aber selbst die „Spen. Ztg."
gesteht: cs sii dos Gefühl allgemein, daß man nur für
den Papierkocb arbeite.
Die Commission zur Vorberathung des Gesetzentwurfes
betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichs - Jn-
validenfonds hat heute ihre Berathung begonnen. Vom
Abg. Richter sind hiezu u. A. folgende Abänderungsanträge
eiugegangen: 1) In 8 1 die Capitalsumme von 187
Millionen und dir Bemerkung „Reichsinvalidenfonds" zu
streichen, dagegen dem Paragraph folgenden neuen Satz hin-
zuzusügeu : Diese unter dem Namen „Reichsinvalidenfonds"
zu verwaltende Capitalsumme wird auf 187 Mill. Thaler
festgesetzt, wovon jedoch 50 Mill. Thlr. nur vorläufig dem
„Reichsinvalidenfonds" zugewiesen werden. — Erfolgt nach
erlangter vollständiger Uebersicht der dem Reiche aus dem
Gesetz vom 27. Juni 1871 zur Last fallenden Pensionen
bis Ende 1876 im Wegs d-r 6^-^. hnmg keine endmltige
Zuweisung dieser Summe oder eines Theils derselben, und
ist bis dahin über diese Summe auch für andere Reichs-
zwecke eine Verfügung im Wege der Gesetzgebung oder durch
den Reichshaushaltsetat nicht getroffen worden, so sind diese
50 Mill. Thlr. bezw. der noch verfügbare Rest derselben
zwischen dem vormaligen Norddeutschen Bunde, Bayern,
Württemberg, Baden uud Südhesien nach Maßgabe des Art.
6 des Gesetzes vom 8. Juli 1872 zur Vertheilung zu
bringen. — ZuZ2 anstatt: Die dem „Reichsinvalidenfonds"
überwiesenen Gelder sind zinsbar anzulegen. Ihre Anle-
gung darf nur in verzinslichen Schuldverschreibungen er-
folgen rc. zu sagen: „hat bis zum 1. Januar 1875 zu
erfolgen." —«Ferner unter den verzinsbaren Schuldver-
schreibungen , in denen die Gelder angelegt werden dürfen,
die Nr. 3, 4, 5 (Schuldverschreibungen deutscher kommunaler
Corporationen-Meliorations- und Deichgenoffenschaften, Eisen-
bahn-Prioritütsobligationen, Pfandbriefe rc.) zu streichen, da-
gegen hinter Nr. 5 einzuschalten: Für die Zeit bis zum
1. Januar 1875 kann die Anlage auch erfolgen in Schatz-

anweisungen des Reichs oder eines Bundesstaates, in Lom-
barddarlehen oder in inländischen oder auf Gold lautenden
ausländischen Wechseln ersten Ranges oder in Prioritäts-
obligationen deutscher Eisenbahngesellschaften oder in Pfand-
briefen landschaftlicher, communaler oder anderer unter staat-
licher Aufsicht stehender Bodencreditinstitüte Deutschlands. —
Der Bestimmung sud u: folgende Fassung zu geben, auf
den Inhaber lauten oder auf den Inhaber jederzeit umge-
schrieben werden könne. Seitens des Gläubigers unkündbar
sind und zur Zeit der Anleger frühestens nach 10 Jahren
fällig werden oder ihre Amortisations-Periode beschließen,
falls nicht vorher eine Kündigung des Schuldners erfolgt;
3) der Bestimmung sud 1 folgende Fassung zu geben:
1) mit gesetzlicher Ermächtigung ausgestellte Schuldverschrei-
bungen des Reichs oder eines deutschen Bundesstaats ; 4) der
Bestimmung snd 2 folgende Fassung zu geben: 2) Schuld-
verschreibungen, deren Verzinsung vom Reich oder von einem
Bundesstaate gesetzlich garantirt ist.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 2. April. Der Staatsanzeiger Nr. 10
vom 1. d. enthält (außer Personalnachrichten) : 1. Ver-
fügungen und Bekanntmachungen der Staatsbehörden.
1) Bekanntmachungen des Ministeriums des Großh. Hauses,
der Justiz und des Auswärtigen: u. die Besetzung erledig-
ter Notdriatsdistrikte betreffend; io. die Eintheiluna deS
Amtsgerichts-Bezirks Lörrach in Notariatsdistricte betreffend.
2) Des Ministeriums des Innern: a. die Umlage der Bei-
träge zur Feueroersicherungs-Anstalt für 1873 betreffend;
dieselbe wird in folgender Weise festgesetzt, nämlich: in der
I. Klasse auf 4^/r kr. von 100 fl. Versicherungsanschlag, in
der II. Kl. auf 6 kr., in der III. Kl. auf 7^/s kr., in der
IV. Kl. auf 9 kr. von 100 fl. Versicherungsanschlag; k. die
Stiftungenverwaltungen in Baden und Offenburg betreffend ;
womit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird, daß die
Vereinigung der Maria-Victoria-Verlassenschaftskaffe, des
altbadischen Fonds, des Distrikts-Spitalfonds und des Dis-
pensationsgelder-Fonds in Offenburg mit der Stiftungen-
Verwaltung in Baden am 1. April d. I. stattfindet.
II. Diensterledigung. Die Stelle des Directors des
Realgymnasiums in Mannheim, mit einer Besoldung bis
zu 2800 fl., zu besetzen durch einen akademisch gebildeten
Lehrer.
München, 30. März. Aus gewöhnlich gut unter-
richteter Quelle wird über die die Uniformirung der Armee
betreffende Entschließung des Königs, welche in den nächsten
Tagen publicirt werden wird. Folgendes mitgetheilt: Die
Generale legen den Hut mit Federbusch ab und erhalten
dafür den Helm; die Offiziere des Generalstads werden
statt der Achselschnüre Epauleten tragen. Die Infanterie-
regimenter erhalten durchgehends scharlachrothe Kragen,
Aermelaufschläge und Achselklappen, auf welch letzteren die

G d e l i n e.
Novelle von Gottlieb Richter.
«Fortsetzung.)
Der Einzige von allen Herren, der sich nicht an sie herandrängte,
war Karl; und doch war er vielleicht der, der ihr Bild am festesten
und treuesten im Herzen trug, dessen Neigung ernst und wahrhaft war.
Wie lange war aus seiner Brust der Groll davon geflogen! — Aber
eS war ihm unmöglich so im Tanz und Sturm ihre Gunst zu erwerben,
wie eS lustige Haufen seiner Bekannten.thaten. Tas schien ihm eine
Sünde gegen das Schönste und Theuerste, was es für ihn auf der Welt
gab: die Herzenkliebe Edelinens. — Während ihr die anderen den
Weihrauch der Schmeichelei streuten, während d'e Schwestern der Herren,
im Bunde mit den Brüdern, Edeline ihre einzige, liebe Freundin nann-
ten : stand wohl der Jäger fern am andern Ende des Saales und sah
von dort aus in das Antlitz hinein, das er in allen Blumen des
Waldes wiederfand.
Und Edeline? — Ach, sie war ein räthselhaftes Wesen. Klug war
sie, denn Niemand gab rascher schlagendere Antworten; aber es kam
dem Jäger oft vor, als ob sie kein Herz hätte. Und wenn er sie dann
so von fern ansah, dann sagte er wohl zu sich selbst: „Sie ist doch
leine Elfe, sie ist eine wunderbare Wassernixe mit eiskaltem
Busen."
Wie der Mensch oft doch so blind sein kann! Wie oft schaute die
Nixe mitten im Gespräch aus dem Haufen ihrer Bewunderer heraus,
ließ ihren Blick suchend durch den Saal schweifen, bis er endlich an

dem Jäger, der hinten in der Gesellschaft, doch einsam stand, einen
Moment hangen blieb. Und Karl hatte nie diesen Blick gemerkt.
Und der Lieutenant Saikow, der schien wieder nicht zu merken, wie
Edeline ihn spöttisch, kühl und zuletzt gar widerwillig behandelte.
Immer und immer wieder legte er, überzeugt von seiner unüberwiud-
' lichm Liebenswürdigkeit, seine faden Huldigungen der Herrin zu Füßen. !
! !
i Der Winter war längst aus
Ein recht glanzvoller Sommertag war daran, hinter dem Walde !
in glühendem Purpur zu versinken. Die schrägen Strahlen schossen '
wie rothe Blitze durch das Laub und blieben an den dunkeln Stämmen .
und dem grünen Moose hangen. Hier und da sang eine Drossel und
dazwischen schallt nachlaut der Rohrsperling in dem Schilfe des Wald-
teiches.
! In dem Gasthauje bei den Teiche war eine lustige Gesellschaft.
Eine Waldpartie sollte mit einem Balle enden. Im Saale wirbelten
die Paare nach schmetternder Musik durcheinander.
Oben am Ende des Saales saß Edeline. Sie schien nicht sehr
vergnügt zu sein. Oben an der Ruine hatte sie heute ein Armband
' verloren, das ihr als Andenken an ihre Mutter sehr lieb war. Karl
hatte, als er davon gehört, sich mit einem Diener rasch auf den Weg
gemacht, um zu suchen. Sie zweifelte aber am Erfolge. Außerdem
hatte sie sich über Salkow geärgert, der nicht aufhörte, ihr den Hof
zu machen. — Ziemlich gleichgültig sah sie jetzt auf die allgemeine
Heiterkeit. Plötzlich fuhr der bekannte stolze Zug über ihr Gesicht.
Dort sah sie den Lieutenant zum Engagement kommen. Sie hatte ja
§ schon einmal mit ihm getanzt. Der Mensch war zum Verzweifeln

lästig. Da stand er wieder vor ihr, und sie mochte das Gesicht nicht
sehen.
„Wollen Sie mich glücklich machen durch diesen Tanz? lispelte er.
Edeline bebte vor Aerger.
„Versagt!" antwortete sie kurz und sah bei ihm hinweg.
Der Officier starrte sie erstaunt an. Er hatte aufgepaßt, hatte
aber nicht gesehen, daß sie engagiert ward. Indessen mußte er sich zu-
frieden geben. „Aber" murmelte er sortgehend, „ists nicht wahr, du
stolze Spröde, dann hüte dich!"
Jetzt erst bedachte Edeline wie die Sache unangenehm werden
konnte. Sie hatte recht gut den bösen Blick des Zudringlichen gemerkt,
der ganz aussah, wie eine Drohung. Schon den ganzen Tag war er
so eigenthümlich gewesen, förmlich unverschämt, ganz als ob er sie rei-
zen wollte. Vielleicht war ihm klar geworden, wie lächerlich er sich
gemacht hatte. Edeline wurde ängstlich.
Aber wie sich retten? — Der Tanz hatte begonnen. Wem sollte
sie folgen, wem sich anvertrauen, damit Salkow nichts merkte?
Jetzt kamen zwei Herren kurz hintereinander, um sie zu engagieren,
beide Bekannte des Officiers. Die Geängstete mußte ihnen dieselbe Ant-
wort geben. Die Sache wurde fataler. Am andern Ende des Saales
lehnte der Officier an einem Pfeiler und warf spitzige Blicke herauf.
Sie wäre gern fortgegangen, aber diesmal war sie nicht mit ihrem
Vater hier, sondern mit Bekannten; die tanzten alle. Sie war über-
zeugt, daß der Abgewiesene irgend einen Scandal anrichten würde, der
sie blamierte. —
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen