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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 41 (8. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0167

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Mwehmger Wochenblatt.
Amtsverkündigungsblatt für den Mezirk Schwetzingen.
Badische H o p sc n z e i t n n g.

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«o. 41.

Dienstag, 8. April 1873.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis - Aufnahm.

Beftellmgen L
stalten sowohl als bei den Landpostboten angenommen. i
Die Expedition.
JoMische Ae^erstcht- -
Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht Vas Gesetz, die
Aufhebung der Binnenschifffahrtsabgaben vom 18. Jan. 1873
betreffend. Dasselbe lautet: „Wir Wilhelm von Gottes
Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen
im Namen des Deutschen Reiches, nach erfolgter Zustimmung
des Bundesrathes, fü'- Elsaß-Lotbringen, was folgt: Die
bestehenden Vorschriften über die Erhebung der Binnenschiff-
fahrtsabgaben sind aufgehoben. Urkundlich unter Unserer
Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Jnsiegel.
Gegeben Berlin, den 29. Januar 1873. Wilhelm. Fürst
von Bismarck." 1
König Ludwig II. von Bayern hat ein eigen-
händiges Schreiben an den Deutschen Kaiser gerichtet, worin
er die Gründe andcutete, welche ihn vorderhand noch zur
Beibehaltung der wesentlichsten Theile in der Uniforminmg
der bayerischen Armee veranlaßten.
Die Untersuchungs-Commission in
der Eisenbahn-Angelegenheit hofft bis Ostern mit der Zeu-
genvernehmung und der Feststellung der Thatsachen zu Ende
zu kommen. Unmittelbar nach dem Feste wird sie an die
Ausarbeitung der Berichte gehen, welche der Lage der Sache
nach auch der Oeffentlichkeit nicht werden entzogen werden.
Von Herrn Wagener und seiner speciellen Angelegenheit ist
kaum mehr die Rede; nach Allem, was man über diesen
Theil der Arbeiten der Comm ssivn erfahrt, kann man den-
selben als völlig abgethan ansehen und Herrn Wagener
als zu den Todten geworfen betrachten.
Nach der „A. A. Z." soll der durch den Tod des
Grafen Bernstorff erledigte Londoner deutsche Botschafter-
Pc sten erst am Herbste wieder besetzt werden und alsdann
der jetzige Botschafter in Paris, Graf Harry von Arnim,
die Stelle des Grafen Bernstorff einnehmen. Wie zu erwar-
ten, taucht die Kandidatur des Grafen zu Eulenburg, Mi-
nisters des Innern, auf den Pariser Botschasterposten eben-
falls wieder auf.
Bezüglich der St. Petersburger Reise
des Deutschen Kaisers schweben noch immer Un-
terhandlungen, ob nämlich Fürst Bismarck den Kaiser be- '
gleiten soll oder nicht. In St. Petersburg wünscht man
die Begleitung des Fürsten, wahrend man in Berlin dem
Besuche des Kaisers den rein familiären Charakter erhalten
wissen und deßhalb von der Begleitung des Fürsten Um-
gang nehmen will. !
Der nunmehr veröffentlichte Gesetzentwurf über die

definitive Organisation der französischen Armee
entspricht den Erwartungen bei weitem nicht, welche man
von ihm gehegt. Frankreich würde hiernach bei einem
künftigen Bestände seiner Armee von 144 Jnfanterieregi-
mentern ä 2 Feld- und 1 Depotbataillon, 36 Jägerbatail-
lonen, 76 Kavallerie- und 40 Artillerieregimentern a 10
Feldbatterien unmittelbar bei Eröffnung eines Krieges mit
468 Bataillonen, 304 Escadrons und 400 Feldbatterien
im Felde aufzutreten vermögen, außer welchen ihm noch
144 Bata llone, 168 Escadrons und 120 Festungsartillerie-
Con en zu B-satzungszweck.n und anderweitiger Ver-
fügr rbleiben. Die höchsten Etatszahlen für die eigent-
liche rmee angenommen, würde dieselbe demnach aus
468, Mann Infanterie, 45,600 Reitern und 60,000
Man lrtillerie, im Ganzen aus 550,000 bis 600,000
Coinl ..unten bestehen, mit Inbegriff der Besatzungs- und
Depottruppen aber einen Gesammtbestand von höchstens
800,000 Mann erreichen.
Demnächst wird in St. Petersburg eine Spe-
cialcommission zusammentreten, um unter dem Vorsitze des
Fürsten Bariatinsky die Mittel zu erwägen, wie bei der
bevorsteh wen Militär-Reform die Mehrausgaben für das
Kriegsb t aus das möglichst geringste Maaß zurückge--
führt t r können.
T aischeu der Türkei und Serbien ent-
standene ^uufbct wird in diplomatischen Kreisen mit Auf-
merksamkeit verfolgt. Es liegen Anzeichen dafür vor, daß
Rußland, obgleich es gegenwärtig auf Seite der Pforte sich
zu stellen scheint, der Verbündete Serbiens sein würde,
sobald für gewiß erachtet werden könnte, daß der Conflict
eine ernstere Gestalt annimmt. Man hält die Sachlage zu
einer Einmischung Deutschlands für noch nicht geeignet und
glaubt, daß der junge Fürst Milan IV. Obrenowitsch von
der Forderung der Uebergabe von Zwornik und der Weige-
rung der Tributs-Zahlung an die Pforte, aus Besorgniß,
sich einen großen Theil seines Volkes zu entfremden, ab-
stehen werde.
* Airs dem deutschen Reichstag.

In seiner letzten Sitzung vor den Osternferien be-
gründete der Abgeordnete Lasker seine Interpellation über
die Handhabung der Gesetzgebung des Aktienwesens, er
erwähnt hiebei der zum Theil bereits abgeschlossenen Ar-
beiten der Eisenbahn-Untersuchungskommission und hebt der
heutigen heftigen Verteidigungsrede eines Mitgliedes des
preußischen Herrenhauses gegenüber hervor, daß keine seiner
in dem Abgeordnetenhause aufgestellten Behauptungen un-
erwiesen geblieben seien, Vieles sich ungleich gravirender
herausgestellt habe, daß blos formale Gesetzesumgehungen
bis herab zu offenbarer Täuschung des Publikums oder der

Regierung vorgekommen seien. Lasker führt sodann an, daß
die Untersuchungs - Commission bloß das Eisenbahnwesen
ventilire, bei dessen Verwaltung der Staat selbst betyeiligt
sei, daß aber seine gegenwärtige Interpellation die Frage
betreffe, ob dieselben Normativbestimmungen für alle Arten
von Actiengesellschaften (für Eisenbahn, Versicherung, Bank)
zutreffend seien. Lasker spricht sich gegen die Rückkehr zum
Conzessionswesen aus und zählt einzelne Mängel des be-
stehenden Actiengesetzes auf, denen ein anderweitiges Reichs-
gesetz abhelfen müsse. Staatsminister Delbrück erkennt
Namens der Reichsregierung die gerügten Mißstände an; er
erklärt, daß er von den Einzelregierungen Gutachten ein-
fordere und dann ein neues Gesetz über das Aktienwesen
vorlegen werde, wenn solches auch in der von dem Redner
gewünschten kurzen Zeit nicht möglich sein werde. — Es
folgt hierauf die Diskussion über die Interpellation, wobei
v. Kardorff, Sonnemann und Lesse über Deldrück's Erklä-
rung ihre Befriedigung aussprechen. Nächste Sitzung am
21. April.—

'^^Nmcste Hopsen-Nachrichten.
5. April. (Orig.-Ber. v. C. Schmidt.)
Vom Hopfengeschäft läßt sich nichts Neues berichten: immer
derselbe gleichmäßig ruhige Gang wie seit Monaten. Zwei
böhmische Händler kauften diese Woche wieder Mehreres,
was von bester und schönster Waare zu finden war und
mußten dafür bei den notorisch knappen Lagern solcher Sor-
ten selbstverständlich Ausnahmspreise von fl. 90, 96—100 an-
legen. — Die Fruge bleibt im Allgemeinen ans bessere
Sorten beschränkt, wogegen von geringeren fast nichts zu
placiren ist. Auch in älteren Jahrgängen bleibt es wie seit-
her stille und todt. Der Wochen-Umsatz mag ca. 400 Ballen
betragen, wobei folgende Notirungen, vielfach nominell,

fl.

fl-
fl-
fl.
fl-
fl.

fl. 120-130.
fl. 100-110.
80—100.
77—95.
77—95.
50-75.
85—95.
70-83.
60-70.
70-95.
70—90.
50-60.
52—60.
12-16.
8 -5.

gelten können:
Spalt Stadt
„ nähere Umgebung
„ entferntere Lagen
Hallerdau Siegelgut (Wolnzach-Au) fl.
„ ohne Siegel prima u. hochprima fl.
„ geringere fl.
Mittelfränkisch fein prima (Aischgr.-Gebirgh.) fl.
Marktsorten prima
„ geringere
Württemberger
Elsäßer
Lothringer
Oberösterreicher
1870r., I. Auswahl,
Geringere 1870r U. ältere Sorten j Frage, fl.
LsndrM, 28. März. Im Hopfengeschäft ist keine
wesentliche Veränderung vorgekommen. Die Frage ist zwar

K d e k i n e.
Novelle von Gottlieb Richter.

(Fortsetzung.)
Doch dort war Rettung! — !
Unten in die Thür des Saales trat Karl, er suchte sie mit den
Augen, jetzt hatte er sie gefunden und kam raschen Schrittes an die
Tanzenden herauf. Edeline sahs ihm am Gesichte ab: er brachte das !
Armband. „Tu sollst mich auch retten !" dachte sie. Als er in ihre Nähe
kam, griff er in seine Brusttasche, um das Gefundene zu überreichen. !
„Lassen Sie stecken, um Himmelswillen !" rief Edeline ihm flüsternd
entgegen, indem sie sich erhob und ihm ihr Händchen reichte, „bitte, !
bitte, tanzen Sie mit mir."
Karl war wie aus den Wolken gefallen, doch ergriff er rasch und
leicht ihre Hand, und eine Minute später flogen sie durch den Saal. '
Der Officier verließ den Pfeiler und ging ins Seitenzimmer. ,
„Sie sind mein Netter!" flüsterte Edeline dem Jäger in der
ersten Pause zu. !
„Ich?" fragte er verwundert, ,ich verstehe Sie jetzt nicht,
Fräulein." ,
„Sie haben das auch nicht verstanden, daß ich sie vorhin enga-
gierte. Das darf aber Niemand wissen, sondern die Welt, und beson-
ders der Lieutenant Salkow, müssen glauben, daß Sie mich lange im
Voraus engagiert haben." <
»Aha, ich verstehe!" lächelfi der Jäger, „Der arme Lieutenant!"
„Dem schadets nicht, mir thaten nur Herr Wetna und Herr Ben-
der leid, die mußten mit drunter leiden."
„Aber was haben die gesündigt?"
„Nun, denen konnte ich doch die Geschichte nicht anvertrauen, das
find ja Freunde des Herrn Salkow."

„Aber Herr Bender ist ja nur ein oberflächlicher Bekannter von
dem Lieutenant und einer ihrer eifrigsten Verehrer."
„Ich traue ihnen allen nicht, es sind Verräther, die sich freuen,
wenn sie ein armes Mädchen lächerlich machen können," antwortete sie
lachend, „sie thuen alle nur so freundlich, es find Wölfe in Schafs-
kleidern."
„Aber trauen Sie denn mir? wie, wenn ich nun auch ein solcher
Wolf wäre?"
„Nein," antwortete Edeline ernst, „Ihnen traue ich ganz und gar."
Karl blickte sie überrascht an. —
„Sie — mir? Kennen sie mich denn so genau?"
„Es ist freilich heute erst ein Jahr her, daß ich Sie zum ersten
Male sah," sagte sie lächelnd, „aber ich glaube dach."
„Heute ein Jahr?" fragte der Forstmann und sann nach, wie im
Traume verloren.
„Ja, gerade ein Jahr," antwortete sie, „heute vor einem Jahr
gingen Sie an Forsthaus Steinthal vorbei mit einem andern Herrn
und moquirten sich über mich. Doch wollen wir jetzt tanzen, die Reihe
ist an uns?"
Der Tanz war aus. —
Karl führte die Dame an ihren Platz, stand noch eine Weile in
recht heiterer, merkwürdig traulicher Unterhaltung neben ihr und ver-
ließ sie, als mehrere Damen sich zu ihr gesellten.
In einem stillen Seitenzimmer stand er am offenen Fenster und
sah hinaus in die weiche grüne Sommernacht. Es fing in ihm aufzu-
dämmern ein süßer, süßer Glaube.
Eine Hand legte sich ihm auf die Schulter. Er sah sich um
Lieutenant Salkow stand neben ihm.
Hören sie, Sanders, ich muß Sie was fragen, es drückt mir sonst's
Herz ab. Haben Sie die Seqard vorher engagiert?"
„Was ist ihnen denn, Lieutenant, Sie sind ja so aufgeregt, ich
hab' Sie doch mit meinem Engagement nicht beleidigt?"
„Nein, Kamerad!" erwiderte der Husar tief aufathmend, „es ist
nun alles gut; ich hätt' die L>ache sonst nicht so lassen können."
„Was ist denn eigentlich los, Lieutenant?"

Der Lieutenant specificirte ihm seine Korbgeschichte und fuhr dann
fort: „Erst glaubte ich, die Dame hätte mich nur fortgeschickt, aber
als Sie in den Saal traten, und so direct auf sie los gingen und
dann so rasch im Tanze waren, da dacht ichs gleich, daß ich mich vor-
her geirrt hatte. — Sie sehen, mein lieber Jäger, daß ich ein scharfer
Beobachter bin."
„Untrüglich!" stimmte der Forstmann innerlich lachend bei und
trat mit dem Kriegsmanne in den Saal.
„Grämt euch nicht!" sagte der Soldat zu seinen beiden Freunden,
„die Sache ist in Richtigkeit."

Am Himmel wollte es Morgen werden. Der Ball war zu Ende.
Karl stand am Jagdwagen, in dem Edeline mit ihren Bekannten saß.
„Guten Morgen, Herr Sanders!" sagte der Blondkopf, reichte
ihm das niedliche Händchen zum Erstenmal und fügte, sich herabbeu-
gend, flüsternd hinzu: Ich danke ihnen herzlich!"
Der Wagen rollte davon den übrigen nach. Karl aber wandte
sich seitwärts in den schlafenden Wald und ging lansam dem Forst-
hause zu. ,.Jch glaub', sie hat mir die Hand gedrückt," sagte er halb-
laut vor sich hin und versank in tiefes Träumen. Auf einmal über-
lams ihn, wie ein wilder lustiger Rausch, er begann in den stillen
Wald hineinzusingen, Laß darob die Bäume erwachten und leise zu
rauschen begannen, und auf der Waldwiese fingen zwei Wachteln an
zu schlagen, aber nicht wie in der dummen Naturgeschichte steht: Bück
den Rück, sondern diese sangen ganz klar und deutlich : Liebesglück! —
Als der Wanderer die Thür des Forsthauses ausschloß und auf
der Hausflur sich ein Licht anzündete, sah er an den Hirschgeweihen
einen fremden Reitermantel hangen. Es mußte also Besuch da sein.
Der Jäger suchte seine Schlafstube, warf sich aufs Lager und versank
in Schlaf und Traum: Mit Edeline wandelte er Arm in Arm durch
den Wald in traulichem Gespräch.
(Fortsetzung folgt,)
 
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