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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 140 (29. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0561

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und Samstag.
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Ilhwchmgcr WochmtilM.

Amtsverkündigungsötatt für den Wezirk Schwetzingen.
Badische H o p f c n) c i t u n g.

PeItz
vierteljährlich 51 kr.
Inserat
die viergespaltene
Petitzeüe oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile'5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Rheinpfalz.

Samstag, 29. November 1873.

«o. 140

VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein H Vogler, Rudolf Wolfe und K. L. Aauöe Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von G» Stölkstardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

-
Proceß Bazaine.
Versailles, 27. Oktober.
Sechszehnter Werhandkungstag.
De Locmaria, 40 Jahre alt, Hauptmann vom Ge-
neralität) , war am 6. mit Aufträgen an die Generale
Metmann und de Castagny betraut. Er sah den ersten um
11 Uhr und Castagny, welcher der Armee entgegenmar-
schirte, um 1 Uhr. Gegen 6 Uhr langte im Hauptquartier
von Saint-Avold eine Depesche an: „Der Kampf, der sehr
heiß gewesen ist, legt sich, wird aber vielleicht morgen wie-
der beginnen, schickt mir ein Regiment, Frossard."
Man schickte ihm das 60. Linienregiment. Am 13.
August überbrachte der Zeuge dem General Ladmirault und
dem Marschall Canrobert Befehle hinsichtlich des Moselüber-
ganges, welcher Tags darauf stattfinden sollte. Am 15.
um 6 Uhr Morgens sprach der Zeuge bei dem Marschall
Bazaine vor, um ihn im Namen des General Manet zu
bitien, den Truppen einen Rasttag zu gönnen. Der Mar-
schall schlug die Bitte aus, „well die Truppen in vier
Tagen Verdon erreicht haben sollten."
Die Sitzung wird von halb drei Uhr bis viertel auf
vier Uhr suspendirt. Während dieser Pause läßt der Prä-
sident die Abwesenheit des Zeugen Regnier nochmals con-
statiren und ertheilt einen Vorführungsbefehl.
Arnaudot, General, sagte aus, was ihm über die
Schlacht von Forbach bekannt ist. In der Ungewißheit,
was er beginnen sollte, bat er einen Offizier, der sich ins
Hauptquanier begab, dem Marschall zu sagen, er wünschte
Verhaltungsbefehle zu haben. Dieser schrieb ihm mit Blei-
stift zurück: Stoßen Sie zu ihrem Divisionsgeneral, woraus
er nach Forbach marschirte, von wo die französische Armee
sich schon zurückgezogen hatte.
General Montaudon wird zurückgerufen. Er soll sagen,
ob es am 16. Abends möglich war, vorzurücken. Er erlaubt
sich kein bestimmtes Urtheil: Dieses steht einem Divisionär
nicht zu; nur der Oberbefehlshaber hat einen vollständigen
Ueberblick.
General Frossard berichtet über die Schlacht von For-
bach. Als ich am 5. Saar-Louis verlassen mußte, wurde
mir mitgetheilt, daß das zweite Korps unter der directen
militärischen Leitung des Marschalls Bazaine stände. Am
selben Tage verlangte der Marschall den Effectivstand meiner
Truppen zu kennen, ich zeigte ihm zugleich au, daß ich mich
zurückzog, weil ich auf einen baldigen Angriff gefaßt war.
Am 6. hörten wir in der That Kanonendonner. Ich be-
nachrichtigte den Marschall. Bald war das ganze zweite
Korps mit seiner Reservedivision im Treffen. Ich schickte
dem Marschall von Stunde zu Stunde Bulletins, bat um
Verstärkung, aber er konnte sie mir nicht gewähren. Das
zweite Korps hielt also den Angriff allein aus. Als ich

gegen Abend bemerkte, daß der Feind uns umgangen hatte,
gab ich Befehl zumRückzug. Vorher übersatte ich den Marschall
ersuchen lassen, Montaudon, wenn er uns zu Hülfe kommen
sollte, zur Eile anzutreiben. Montaudon selbst telegraphirte
ich, er möchte sogleich nach Forbach kommen, aber er hat
sich zu spät aufgemacht. Mit der Division Castagny hatte
ich keine Verbindung, ich weiß nur, daß sie mir zur Hülfe
kommen sollte. Als ich den Rückzug bewerkstelligen mußte,
wandte ich mich gegen Saargemünd. Man hat sich darüber
aufgehalten, daß ich diese Richtung einschlug, aber sie war
mir durch die Umstände geboten. Wo ich das 3. ytorps
finden konnte, wußte ich nicht, es war Nacht und Offiziere,
die ich hätte auf Kundschaft ausschicken können, hatte ich
keine um mich.
General de Chabaud-Latur. Um wie viel Uhr haben
Sie die Depesche an General Montaudon abgesandt d
Z.: Es mochte gegen 3 Uhr sein. Der Marschall
hatte telegraphirt, daß er mir Montaudon schicken würde,
und ich telegraphirte an Montaudon, damit er käme.
Präs.: Haben Sie nicht durch einen Gensdarmen eine
Botschaft des General Castagny erhaltend
Z. : Das wurde irrthümlich berichtet; hätte ich am
5. gewußt, daß Castagny hinter mir stand, so würde ich
nicht den Marschall um Verstärkungen angegangen haben;
ich hätte ganz einfach Castagny herbeigerusen.
Die Aussagen einiger anderer Offiziere waren von nur
untergeordnetem Interesse.
Badischer Landtag.
Karlsruhe, 24. November.
HIII. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer). Vor-
sitzender Präsident Kirsner. Am Ministerlisch Staatsmi-
nister Jolly, Ministerialprüsident von Freydorff und Mini-
sterialpräsident Ellstätter. Nach stattgehabter Beeidigung der
Abgeordneten Jolly und Edelmann, sowie nachdem der Ein-
gang verschiedener Petitionen, Entschädigungsansprüche und
Einladungen angezeigt, bringt der Staatsmiuister Dr. Jolly
folgende allerhöchste Entschließungen zur Kenntniß des Hau-
ses : 1) die Ernennung der Regieruugscommiffäre für die
beiden Kammern und zwar: für das Ministerium des
Großh. Hauses, der Justiz und der auswärtigen Angelegen-
heiten : Geh. Rath E. v. Seyfried und Geh. Referendär
Walli, für das Ministerium des Innern. Geh. Rath Cron
und Ministerialrath M. v. Seyfried, für das Handelsmini-
sterium : Geh. Rath Muth und Ministerialrath v. Stösser,
für das Finanzministerium: Geh. Referendär Nikolai und
Ministerialrath Kckian ; 2) die Entschließung, wonach Staats-
miuister Dr. Jolly beauftragt ist, im Verkehr mit den hohen
Kammern die den Gang der Verhandlungen im Allgemeinen
betreffenden Geschäfte zu besorgen.

Hierauf legt der Staatsminister verschiedene Gesetzent-
würfe vor, der erste betrifft die Abänderung des Gesetzes
über den Elementarunterricht, der zweite den Fortbildungs-
unterricht ; letzterer soll in neuer Form wieder eiugeführt
werden, da von dem Unterricht einige Jahre über die Schul-
zeit hinaus sowohl von der erziehenden, als von der unter-
richtenden Seite aus ein guter Erfolg erwartet werden darf.
Der erste Entwurf betrifft die Besserstellung der Lehrer, was
nicht nur durch das Buoget, sondern auch durch Gesetz zu
bewerkstelligen war, weil der größere Theil des Aufwandes
hiefür aus den Gemeindekassen zu bestreiten ist.
Ein weiterer Gesetzentwurf beschäftigt sich mit der
Städteordnuug- Die allgemeinen Bestimmungen der Ge-
meindeordnung sollen gemeinsam für Stadt und Land fort-
bestehen bleiben. Die Novelle befaßt sich mit der Ein-
wohnergemeinde für die größeren Städte und die hierzu
nöthig werdenden Veränderungen in der Organisation der
Gemeindebehör.den, sowie mit dem Besteurungswesen.
Ein weiterer Gesetzentwurf hebt einige Paragraphen
in der Gemeindeordnung nnd dem Bürgerrechts-Gesetz auf,
die ihre Bedeutung verloren haben.
Ferner bringt der Staatsminister noch eine Vorlage
zur Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom
9. October 1860, die des Kirchengesetzes, ein und bemerkt
dazu:
Dieses Gesetz enthält einige Ergänzungen und Zusätze
zu dem bekannten Kirchengesetze von 1860. In zum Theil
schweren Zeiten hat dieses Gesetz sich in einer Periode von
mehr als 10 Jahren bewährt, es ist also kein Grund vor-
handen, an den Grundlagen desselben irgend etwas zu än-
dern. Dagegen hat die Erfahrung gezeigt, daß das Gesetz
einige Lücken hat, in welchem es umgangen werden kann
oder wo es an den nöthigen Vollzugsmitteln fehlt, um auch
gegen Widerstrebende dnrchzusetzen, was das Gesetz will.
Dieser Gesetzentwurf ist bestimmt, diese Lücken und Mängel
zu ergänzen. Ich täusche mich wohl schwerlich, wenn ich
voraussetze, daß die Maßregeln, die wir hier Vorschlägen,
von Manchem als hart werden betrachtet werden; sie sind
es aber in dec That nicht, und nichts liegt ihnen "ferner,
als irgend einen Druck in religiösen Dingen auszuüben.
Das Gesetz wird Denjenigen, der bereit ist, sich den Ge-
setzen des Staates, wie es jeder Unterthan muß, zu fügen,
durchaus nicht berühren, und wird er in keiner Weise ge-
hindert, seiner religiösen Ueberzeugung in der freiesten Weise
nachzukommen Nur gegen absichtliche und hartnäckige Ge-
setzesverletzung sollen Repressivmaßregeln ermöglicht werden.
Es liegt dies im Interesse Aller, vor Allem auch im In-
teresse Derjenigen, die sich ohne solches Gesetz der Zumuth-
ung ausgesetzt sehen können, sich den Gesetzen nicht zu fügen.
Die Großh. Regierung wird ihre bisherige Politik beibe-
halten, jede religiöse Ueberzeugung ehren, stets mit Milde

Z i e Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung und Schluß.)
Wie lange hatte sie gehofft, ihn wiederzusehen und er
war nicht gekommen, wie viele Male sah sie den Frühling
wiederkehren, ohne daß er Walter zurückbrachte. Und hatte
er nicht in Rosi's und Kathrin's Gegenwart sich deutlich
genug erklärt, daß er Franziska liebte? Waren seine Blicke,
seine Worte Verstellung gewesen d"
„Nein — nein!" rief Franziska bei solchen Gelegen-
heiten verzweiflungsvoll, „es ist unmöglich! Ich selber habe
mich betrogen — er hat mich nie geliebt."
Franziska's Zustand verschlimmerte sich mehr und mehr,
bis endlich — es war gerade an einem Märztage und Cro-
cusse und Veilchen guckten bereits aus der Erde hervor —
der Arzt mit Kopfschütteln eine Luftveränderung verordnete.
„Zu Rosi! zu Kathrin!" jauchzte Franziska, als die
Muller zu ihr trat und sie bat, einen Oct zu bestimmen.
„O, nur nach den Bergen!"
Der Arzt wünschte zwar einen Aufenthalt in Italien,
doch da er sich auch davon wenig Hoffnung versprach, so
willigte er leicht genug in den Wunsch ein.
Noch an demselben Tage wurde alles zur Abreise vor-

bereitet, und wunderbar schon vor der Aussicht, in ihre
eigentliche Heimath zurückzukehren, gestärkt, erhob sich Fran-
ziska am Tage der Abreise vom Krankenlager und stieg
ohne Hülfe in den Reisewagen.
Die Freude, die Aussicht auf das Wiedersehen, das
herrliche Reisewetter zeigten bald ihre Wirkung und mit
Entzücken sahen Vater und Mutter die Wangen ihres Kindes
sich rosiger färben, hörten wieder ihr munteres Geplauder
von Rosi und Kathrin zu erzählen.
Das war ein Jubel, als Rosi Franziska wieder in
ihren Armen hielt und der Graf ihr mittheilte, daß sie den
Sommer über im Dorfe bleiben würden.
Kathrin sprang wie ein Kind umher und wollte Fran-
ziska nicht wieder aus ihren Armen lassen.
„Nun wird noch alles gut," murmelte Rosi, als sie
sich am Abend zur Ruhe legte — nicht allein Franziska
hatte durch diese Trennung gelitten.
Wenige Tage darauf, es war ein wundervoller Abend
— wanderte Franziska hinauf nach der Ulm, wo sie einst
Walter gefunden.
Vielleicht war es mehr Aufregung, welche ihr einen
solchen Weg gestattete, als wirkliche Kraft, aber sie fühlte
ein solches Verlangen nach dem Plätzchen, daß sie nicht
Zurückbleiben konnte.
Walter war zurückgekehrt, wie ihr Kathrin gesagt;
er hatte sie aufsuchen wollen — seine Franziska — um
sie heimzuführen als sein Weib, wenn sie ihm ihre Liebe
bewahrt — er hatte die Jahre hindurch gearbeitet und ge-

schafft, um sich eine Stellung zu erringen und seinem zukünf-
tigen Weibe eine sichere Existenz zu sichern.
Jetzt freilich waren alle seine Pläne durch die Nach-
richt, daß Franziska die Tochter des Grafen von Cölestin
sei, auf einmal vernichtet, sie war dem Künstler dadurch
unerreichbar geworden.
So sah man Walter Böheim denn Tag für Tag seinen
Weg nach Rosi's und Kathrin's Häuschen eingeschlagen, wo
er stundenlang verweilte, um mit ihnen von Franziska zu
sprechen, bis auch dieser letzte Trost ihm durch ihre Ankunft
geraubt wurde.
„Fort," tönte es jetzt in seinem Innern, „weit weg!
Du kannst nicht in ihrer Nähe weilen und sie dir doch so
fern wissen."
So war er denn hinaufgewandert nach der Alm, nm
von allen ihm lieb gewordenen Plätzen Abschied zu nehmen
und dann sollte ihn der folgende Morgen schon aus dem
Wege nach Italien finden, wo er Vergessenheit suchen
wollte.
Er hatte sich niedergeworfen in das weiche, blumige
Gras und starrte lange Zeit, in trübe Gedanken versunken,
vor sich hin. Er hörte nicht die leisen Tritte auf dem
Rasen — nicht das Rauschen des seidenen Gewandes, sah
nicht das glückstrahlende Auge, das wounige Lächeln jenes
lieblichen Gesichtchens, welches sich jetzt zu ihm hernieder-
neigte.
Doch jetzt d War es nicht, als wenn ein warmer Hauch
seine Wange berührte d War es nicht, als wenn zwei
 
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