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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 23 (25. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0091

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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag-
Alle Poftanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

Mwetzmgcr WochtiMl.
Amlsverkündigungsbtall für den Wezirk Schwetzingen.
Kadischc H o p f c n; r i t u n g.

Preis
'--ierte'sävriiä, 45 lr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzelle oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für Vie badische und bayerische Rheinpfalz.

«0. 23.

Dienstag, 25. Februar 1873.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzingcr Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philrppsburger Wochenblatt" Gratis-Aufnahme.

Noslpssttirnpll Blatt wer-
den ber sämmtlichen Postalt-
ftalten sowohl als bei den Landpostboten angenommen.
_ Die Expedition.
D e b s ch § ir.
* Madrid, 22. Febr. (H.-B.:R) Der Minister-
präsident Figueras ist unwohl; 32 Oberste und 40 Oberst-
lieutenante der Artillerie haben ihren Abschied genommen.
* Madrid, 23. Febr. (H.-B.--R.) Das Gerücht, die
rothe Fahne lei in einigen Städten aufgepflanzt worden,
ist nicht der Wahrheit getreu; die Tricolore flattert überall
in Spanien.
* London, 23. Febr. (H.-B.-N.) Die Kohlenarbeuer
von Dromfield verlangen eine Aufbesserung von 25" o.
Eine Aufbesserung von 12^/s"/o wurde den Hüüenleu-
ten Von Alferton bewilligt.
Die Messerschmiede von Sheffield verlangen eine Auf-
befserung von 10—15^/0.____
politische Ileverficht-
Nachdem die Ausschüsse des deutschen Bundes-
ratheS sich nun constituirt haben, haben dieselben vor
einigen Tagen ihre Thätigkeit wieder ausgenommen. In Folge
dieser Neuconstituirung ist Baden an Mecklenburgs Stelle
in den Ausschuß für Justizangelegenhei len und letzteres an
Stelle des älteren Neuß in den Handelsausschuß getreten.
Dem Verfassungsausschuß ist der Antrag des Reichstage»
zugegangen, der die Abschaffung der Bestimmung im Art.
28. der Verfassung zum Zweck hat, wonach bei einer Be-
schlußfassung über eine nicht dem ganzen Reiche gemeinsame
Angelegenheit nur die Stimmen derjenigen ReichsragSmit-
glieder gelten, welche in Bundesstaaten gewählt sind, auf
welche sich diese Angelegenheit speziell bezieht. Diese Mit-
glieder-Sonderung hat sich so unangenehm geltend gemacht,
daß der Verfassungsausschuß nicht wird umhin können, dem
Bundesrathe die Aufhebung der in Rede stehenden Verfas-
sungsbestimmung dringend zu empfehlen.
In der sächsischen Kammer hatte der Abgeord-
nete Prof Biedermann einen Antrag auf Ausbildung des
Neichsoberhandelsgerichts zu einer gemein-
fam e n D e u t s ch e n R e ch t s i n st i t u t i o n eingebracht.
Bei der Verhandlung über diesen Antrag gab nun der Ju-
stizminister Abecken die Erklärung ab, daß die Regierung
der Tendenz des Antrags nicht entgegen sei und die Noth-
wendigkeit der gemeinsamen Handhabung des Rechtes für
gemeinsame Rechtsgebiete anerkenne. Der vor einiger Zeit
angeregte Plan eines bloßen Präjudizien-Grrichtshofes sei
so gut wie aufgegeben; was die Local-Frage betreffe, so
sei dieselbe auf die Haltung der Regierung ohne jeden Ein-
fluß, wenngleich die letztere es als eine Ehrensache für

Sachsen betrachte, sich das Reichsoberhanbelsgericht zu er-
§ hallen. Hierauf entgegnete der Antragsteller, daß er nach
'! dieser Erklärung zwar eigentlich seinen Antrag zurückziehen
s könne, es sei jedoch wünschenswerth, die Stimme der Re-
j gierung durch das Votum zu verstärken. Dagegen wurde
s von dem Abgeordneten Graf Einsiedel vorgeschlagen, den
Antrag Biedermann zur Zeit auf sich beruhen zu lassen.
Nachdem dieser Vorschlag gegen 7 Stimmen abgelehnt wor-
f den rrmr, wurde der Biedermann'sche Antrag in namentlicher
> Abstimmung mit 48 gegen 2 Stimmen angenommen.
Die Vorberathungen für die Wahlreformgesetzgebnngen
nehmen im österreichischen Reichsrat he unge-
i heure Dimensionen an. Der vorgeschrittene Theil der Wie-
ner Presse, sowie der verfassungsgetreuen Partei Haire sich
z für, ein möglichst kurzes Verfahren durch die 6w dloe-An-
nahme der Regierungsvorlage entschieden und so weit die
j Verhältnisse übersehen werden können, wäre diese Art der
Behandlung die zweckmäßigste gewesen. Allein die Oester-
: reichische Regierung will selbst dies Verfahren nicht ange-
> wandt wissen; es scheint, als ob die schwankende Haltung
! der Polen das Österreichische Ministerium zu dieser „dila-
torischen" Berathungsweise gedrängt haben. Mittlerweile
haben die Feinde des Wahlreformgesetzes genügend Zeit,
ihre Kräfte zu sammeln und ihren Einfluß in der Hofburg
geltend zu machen.
Rede Laskers im preufi. Abgeordnetenhause
III-
In dieser Weise wurde die Sache vollzogen. Diejeni-
gen Actien aber, die direct für die Gesellschaft ohne Schein-
verträge gekauft worden sind, so daß man sagen kann, daß
gewissermaßen die Verstöße wgen das Gesetz — welchen
Ausdruck soll ich gebrauchen — offen zu Tage getreten sind,
' wurden vermittelt entweder durch die Gewerbebank Schuster
und Co., Schuster stellvertretender Vorsitzender der Gesell-
schäft — oder durch eine Filiale dieser Bank. Der Name
E ist ja nicht nothwendig bei unseren Verhandlungen, vielleicht
i später, wenn wir die Sache weiter zur Sprache bringen
werden, wird sich dieses aufklären. — Nun kommt das
' unschuldige Geschäft über die Kautionsstellung, von dem ich
sagen kann, ich habe die volle Ueberzeugung, der Herr Mi-
nisterpräsident verstehe es nicht so leicht, wenn eS nicht
erläutert werde. Die Gesellschaft nämlich hatte, nein nicht
! die Gesellschaft, sondern die drei Gründer, — es ist schwer
i das Ding auseinander zu halten, die Herren erscheinen hier
in ihren verschiedenen Eigenschaften; — also die drei Grün-
der hatten die Kaution gestellt und zwar 225,000 Thlr.
' Später wollten sie die Effecten nun gerne heraus haben
— ein durchaus zu billigendes Verlangen -- die Effecten
' waren gestiegen, und siehe da, da das Geld fehlte, wurden
Actien der Gesellschaft aus dem Depot genommen und ver-

kauft, Stammactien zu 40 pkt., Stammprioritätsaclien zu
70 pkt. und die Gesellschaft wird also belastet mit einem
Verluste der Coursdifferrnz von ungefähr 190,000 Thlr.
in Capital und 13,000 Thlr. jährlichem Z nsunterschied
zwischen dem Gelde, welches die Regierung als Verzinsung
gegeben hat und den Zinsen, welche sie während der Bau-
zeit zu zahlen haben. Was haben nun die Herren Schuster
und Co. und Oder gethan? Sie verkaufen die Kaution,
die Buchung aber, das heißt die Zahlungs-Nachweisung für
die Gesellschaft, daß sic offen belastet worden ist mit der
Ausgabe so und so vieler Actien und mit Zins- und Cours-
verlust, ist etwa fünf Monate später geschehen. M. H,
dem Handelsrichter waren nun nachgewiesen: Vollzeich-
nungen und Zahlungen von 10 pCt. waren ergangen. Als
die Herren den Handelsrichter im Februar antrafen, hatten
sie eben das Statut verändert, conformirt nach dem neuen
Gesetze, und traten diejenigen Beweise an, welche das neue
Gesetz von ihnen forderte. Der Handelsrichter sagte: „Da
ich die Verwaltungsprincipien des Handelsministers nicht
kenne, so ist seine Bescheinigung mir nicht glaubwürdig
genug (hört!), und ich wünsche die directe Nachweisung der
Zeichnungen." Herr Wagener erkennt selbst an, daß weder
vollgezeichnet noch 10 pkt. eingezahlt war, und dennoch
wurde eine falsche Angabe beim Handelsrichter durch die
Herren Wagener, Schuster und Oder gemacht, was nach
dem Handelsgesetzbuch drei Monate Geiäuguiß lostet (hört!),
der Handels-Minister aber hatte ihnen die Bescheinigung der
Nachweisung gegeben (hört!), diese befindet sich bei den
Acten. Dazwischen liegen nun Thaisachen, die für mich
durch viele Umstände wahrscheinlich gemacht sind, die ich
aber übergehe, da der eine Zeuge, welcher die übrigen Aus-
sagen eidlich erhärten will, für .sie nicht eintreten wollte.
Ich hoffe, daß wir über sie zu einer Unterfilchung gelangen
werden; geschieht dieß nicht, werde ich glaubhaftes Material
beibringen ; denn diese Thatsachen müssen an's Licht gezogen
werden, wenn ich nicht selbst der Unwahrheit und Unzuver-
lässigkeit bezüchtigt vor dem Publikum dastehen soll.
Nur Eins zur Illustration ber Eisenbahnpolitik des
Handels-Ministers! ES wird geklagt, daß die Bauunter-
nehmer die Unterunternehmer nicht voll bezahlen, sondern
sie Hinhalten, um, es wird mir gemeinschaftlich bescheinigt,
daß man in der Heimath der Bahn mit den Stammactien
zu 10 bis 15 Procent glaubt handeln zu können. Eisen-
bahnen behalten, mit welchen man Stammactien bekommen
und handeln kann, das heißt doch ein Bißchen Rinaldo
Rinaldini gespielt. (Sehr richtig.) Ich komme jetzt zu
dem System Strausberg, zur BreSlau-Warschauer und zur
Nordbahn. Das System Strausberg hat angefangen mit
der ostpreußischen Südbahn und aufgehört mit den Unter-
nehmungen in Rumänien. Anfangspunct und Endpunkt
sagen bereits, wohin dieses System führt — sdie Person

„Wein!"
TS war an einem Octoberabende des vergangenen Jahres, als
zwei junge Leute sich in dem Parquet des Opernhauses befanden.
Man gab den „Barbier von Sevilla/
„Gustav," sagte der Jüngere, der seine Lorgnette in dem Haufen
umherschweifen ließ, „ich glaubte immer, daß die seidenweichen Wim- '
pern, die Stirn von Elfenbein, die jungfräulichen, lilienweißen jungen
Mädchen eine Erfindung der Romanciers wären . . . Sieh' einmal,"
setzte er hinzu, indem er seine Lorgnette dahin wandte, „findest du
nicht, daß dieses junge Mädchen etwas van einem Ideal habe?"
„Ja," erwiderte Gustav.
„Ich kenne den „Barbier" auswendig; ich werde mich unterhalte«
indem ich die Wirkung in ihrem Gesichte beobachten werde ..."
Der zweite Act war zu Ende.
„Wie schade," sagte Alfred, „sie ist weggegangen . . . Wenn Du
willst, so gehen wir soupiren."
Die beiden Freunde entfernten sich; sie begaben sich in eine Re« !
ftauration.
„Hast Du interessante Beobachtungen gemacht?" fragte Gustav
lächelnd und mit einem leisen Anflug von Ironie. i
»Ja."
„Was hälft Du von diesem jungen Mädchen?"
„Sie hat die Miene einer Genovefa. Ich glaube, daß dieses Herz
nie geschlagen hat.*
„Ist d«K Ms?'

„Es wäre mir unmöglich zu behaupten, daß sie allen Vorgängen ?
auf der Bühne folgte. Ihre Augen und ihr Mund waren unbeweg-
lich, wie ihre Hand, welche auf der Brüstung der Loge ruhte. Nichts- §
destoweniger lächelte sie, als Rosina an der Liebe Almaviva's zweifelt,
allein es war nur ein Schimmer. An wen mochte sie wohl gedacht
haben?"
„Alfred!"
„Mein Freund?*
„Hast Du in Deinem Leben je eine Frau geliebt?"
„Nein ... ich habe nur . . . geschwärmt. Aber das ist Alles
und Du?"
„Ich? . . . ja . . . einmal."
„Wirklich?"
Gustav leerte sein Glas.
Das Leben ist ein bizarrer Roman. Sieh' einmal dieses junge §
Mädchen, welches Du heute Abend im Theater betrachtet hast."
„Du kennst sie!" !
„Ja, interessirt sie Dich?"
„Wie ein Problem."
„Hier hast Du ihre Geschichte. Sie heißt Louise von Walden. .
Unsere Familien waren befreundet. Eines Tages stellte mich meine
Mutter ihr vor. Fäulein Louise zählte siebenzehn, ich sechsundzwanzig
Jahre. Ihre Eltern bezogen hierauf eine der unserigen benachbarte
Landwohnung, wo sie acht Monate im Jahre zubrachtcn ... Ich sehe
noch die großen Bäume des Parkes, in welchem Louise mit ibrer Mut-
ter promenirte.
Ungefähr zwei Jahre nach diesem Besuche sagte mir meine Mut-
ter eines Abends:

„Gustav, weißt Du, daß Fräulein Louise v. Walden sich vermäh-
len werde?"
Ich antwortete, es nicht zu wissen, und ich erfuhr, daß Graf V.
um ihre Hand geworben hatte.
„Graf V. ?" unterbrach Alfred. „Er zählt doch wenigstens fünf-
zig Jahre."
„Und drei Millionen. Er warb also um ihre Hand und hatte
von den Eltern eine Zusage erhalten. Der Freiherr v. Walden und
seine Frau — ich habe die Geschichte aus guter Quelle — verständig-
ten an demselben Tage Fäulein Louise von ihrem Entschlüsse, sie ver-
mählen zu wollen. Das war ein Befehl. Sie widersprach nicht.
Der Graf brachte ihr regelmäßig einen Monat hindurch Bouquets.
An dem festgesetzten Tage sollte auf dem Landsitze der Eltern der
Braut die Vermählung stattfinden."
„Mein Fräulein" fragte der Priester, „stimmen Sie ein, den
Grafen v. V. zum Gatten zu nehmen?"
„Nein!" antwortete Louise standhaft.
„Aber, Freund Gustav, was Du mir jetzt da erzählst, klingt wie
ein Roman?"
„Du siehst, man muß junge Mädchen nicht beurtheilen, ohne sie
zu kennen .... Das „Nein" brachte eine grenzenlose Bestürzung
hervor."
Der Priester wiederholte seine Frage.
„Hochwürviger Herr!" erwiderte Louise, „Niemand hat mich je
gefragt, ob es mein freier Wille sei, den Herrn Grafen v. V. zu hei-
rathen. Da ich. heute zum erstenmale gefragt werde, antworte ich;
Nein!"
(Schluß folgt.)
 
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