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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 5 (14. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0019

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Ilhwctzinger BochrMM.
AmLsverKittldigungsUatt für den Wezirk Schwetzingen.
Kadilchc H o p s r n; e i t u n g.

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Allgemeliier Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«v. 5.

Dienstag, 14. Januar 1873.

VII. Jahrgang

Depeschen.
(H.-B.-R.)
* London, 12. Jan. Der Leichnam des Exkaisers
wird einbaliamirt, und am das Paradebett gelegt; die
Section ist noch nicht vorüber. Der Tag der Beerdigung
und der Ort wo dieselbe staNfinden wird, sind noch nicht
bestimmt, aber es ist wahrscheinlich, daß derselbe zu Chisle-
hurst beerdigt wird
Die Prinzen Karl Bonaparte und Murat, sodann der
General Fleury und die Herren Rouhsr und Adbattncci
sind angekommen. .
* Rom, 12. Jan. In der gestrigen Abgeordneten-
kammer sagte Lanza, Italien babe mit Schmerz den Tod
Napoleons 111. erfahren, es kann nicht vergessen, daß es
wesentlich seinen Ralhschlägen und seiner militärischen Un-
terstützung seine Befreiung und Einigung zu verdanken hat
Die Journale äußern sich irr ähnlicher Weise.
Die „Voce della Liberia" meldet, daß der Baron
Michels in Rom eingetroffen und der Ueberbringer von
Erklärungen und Anordnungen der französischen Regierung
bezüglich der Stellung des französischen Botschafters beim
Vatikan ist.
Die „Voce della Verita" billigt diese Anordnungen.
* St. Petersburg, 11. Jan. Tue Lag? des
Großfürsten Thronfolger ist in fortwährender Besserung be-
griffen.
Das Bulletin von heute früh bestätigt, daß Seine
kaiserl. Hoheit in di? Reconvalescenz getreten ist.
* MttdriV, 11. Jan. Der Cabecillo Campo ist ge-
schlagen worden, die Bande Pelo erlttt gleichfalls eine Nie-
derlage, wobei es mehrere Todte gegeben.
'' Houg-Koug, 10. Jan. Nach Nachrichten aus
Peking werben die fremden Gesandten einen Monat nach
den Hochzeitsfeierlichkeiten empfangen werden.
Römische Zleöerstcht.
Nicht nm 12chs Uhr, sondern am Vormittag um 10^4
Uhr des 9. Januar verschied Kaiser Napoleon 111. zu Chis-
lehmst, einem kleinen Landsitze Englands, dem es, wie sei-
nem großem Ohm, nicht vergönnt 'gewesen, an seiner Ge-
burtsstätle, der einstigen Stätte seiner Machtfülle und seines
Glanzes, sein Leben zu beschließen.
Mit ihm ist eine historische Persönlichkeit zu Grabe
gegangen, die, sofern sie auf die Gestaltung der Welt in
der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts ^inen so
bedeutenden Einfluß geäußert lot, zu jenen historischen
Typen gerechnet werden muß, welche man Kommas provi-
äsntmls d. h. besondere Werkzeuge der Vorsehung zu nen-
nen pflegt. Seine Geschichte zu schreiben wird einer spä-
teren Zeit vorbehalten bleiben müssen, deren Blick frei von

Vormtheilen unv Parteileidenschaft das Wollen und Streuen ?
des V-rblichenen von den oft nicht beabsichtigten Resultaten
seines Handelns zu unterscheiden im Stande sein wird.
Wir lassen nun Obigem, dem der Gedanke äs mor-
tuis ml msi bsus (von Todten soll man nur Gutes reden),
zu Grunde liegt, die Urthetle der französischen Presse folgen.
Die „Patrie" fühlt sich von der Befriedigung, die
sich in den radicalen Kreisen über den Tod des Mannes
von Sedan zu -erkennen gibt, unangenehm berührt. Sie i
meint, es werde nicht lange währen, und man werde ein-
sehen lernen, welche bedeutende Stelle der große Hingeschie- z
den? trotz alldem inmitten der furchtbaren Evolutionen der l
französis-ben Politik eingenommen hat. Man wird dies s
bald an der ungeheuren Kühnheit erkennen, mit der die
Einen, des Gegengewichtes ledig, gegen die Andern vorgehen l
werden.
Der ^Etat" früher „Cloche" erblickt in. dem Tode da- ;
gegen das Herannahen eurer allgemeinen Beruhigung der '
Gemüther. Die ungeheure Mehrheit des Plebiscit, meint !
oas Blatt, und diejenigen, welche nach all' den Niederlagen '
und nach allem Unglück, die unser unglückliches Vaterland
heimgesucht, sich zur conservaiiven Republik bekannt haben,
werdet! erklären, daß nunmehr der Grund für den allge-
meinen Frieden und der Freiheit gelegt und eine Garant',
gegen neue Wirren, dis ans einer beabsichtigten napoleoni
scheu Restauration gegeben ist.
Der „Univers" sagt nichts, er will abwarten und sehen
wer die Kräfte sich arteignen wird, welche der Tod Napo- §
leons 111. freigemacht hat.
Die „Debats" erblicken in dem Tode Napoleons durchaus l
kein Unglück für Frankreich. Man wird weder darüber er-
schrocken oder sehr bekümmert sein, aber ein Gedanke wird
sich Jedem aufdrängen ohne der Achtung, die man jedem
Todten schuldig ist, zu nahe zu treten, nämlich der, daß
oie Ursache zu Unruhen und Friedensstörungen nunmehr §
beseitigt ist. Er raubt den sträflichen Hoffnungen, die man !
trotz den göttlichen Lehren und trotz der Ereignisse noch !
immer zu hegen gewagt, jede Chance.
Der „Temps" findet darin eine Lehre für Frankreich: s
„Es ist Zeit daß Frankreich von dem bonapartistischen i
Wahne geheilt werde, und es hat seine Heilung sicher theuer
genug bezahlt, um vor jedem Rückfall bewahrt zu werden.
Es wird sich künftig vor den Rettern und Fatalisten in
Acht nehmen; es wird nicht mehr abdanken und sich unter !
das Joch beugen." ,
Der „Siecle" vermag sich mit dem Hingeschiedenen §
nicht zu versöhnen. Er zergliedert die einzelnen Acte der
bonapartistischen Herrschaft, indem er sie zugleich mit Koth !
bewirft und schließt mit den Worten: Der eben Hingeschie-
dene Mensch war in den Augen der Wissenschaft ein Phäno-

men, in jenen der Geschichte ein Abenteurer und in den
Augen der Moral ein Monstrum.
Marschall Bazaine' s Lage wird immer düsterer
und verzweifelter und soll dieselbe ihn schon mehrmals zu
Fluchtversuchen veranlaßt haben, weßhalb er in jüngster
Zeit unter eine viel schärfere Bewachung gestellt worden ist.
Wie man sagt soll der General Riviere, der Vorsitzende des
Kriegsgerichts, von jeher ein erbitterter Gegner des Mar-
schalls gewesen sein.
Demnächst wird in Deutschland eine aus drei Man-
darinen bestehende Gesandtschaft aus Hinter-Jnd'.en eintref-
fen, um die bewaffnete Intervention des
deutschen Reiches gegen Frankreich anzurufen. Die
„Jndep. von Saignor", welche diese Nachricht enthält, fügt
die Bemerkung hinzu: „Wir glauben wenig an eine be-
waffnete Intervention Deutschlands, um Anam die sechs
Provinzen, die Frankreich besetzt hält, zurückzugeöen, und
noch weniger an den Erfolg der Waffen des Kaisers Tu
Duc; aber es könnte sehr leicht kommen, daß Deutschlano
einen politischen und commerzisllen Vertrag mit dem König-
reiche Anam abschließt, was später ernsthafte Verwickelun-
gen für Frankreich herbeiführen könnte, da dieses bis heute
keinen Vertrag nm diesem Königreiche abgeschloffen hat."
Die Angelegenheiten Cuba ' s bezüglich der Aufhebung
der Sklaverei nehmen nahezu die ganze Aufmerksamkeit der
nordamerikanischen Union in Anspruch. Aus einer New.-
Porker Depesche ersehen wir, daß der Staats - Secretär
Fish in einem Schreiben an Mr. Sickles sich lebhaft über
die Wirkungslosigkeit der von Spanien zur Beseitigung der
Sklaverei ergriffenen Maßregeln beschwert. „Die Vereinigten
Staaten, sagt er, können diese Sachlage nicht mit gleich-
gültigen Augen betrachten. Wenn Spanien gestatte, daß
seine Befehle jeden Augenblick außer Acht gelassen werden,
so gibt es damit seine Umnacht den Aufstand zu besiegen
zu erkennen. Unter diesen Umständen wird es den Ver^
einigten Staaten sehr schwer ihre Neutralität zu behaupten,
und seine Geduld geht zu Ende, wenn es sehen muß, daß
die gegebenen Versprechungen nicht gehalten werden.
* Zum badischen Stä-Letag.
Bekanntlich hat Schwetzingen sich entschlossen, bei
der von der Stadt Mannheim in Anregung gebrachren
Abhaltung eines badischen Städtetages sich gleichfalls durch
einen Delegirten vertreten zu lasten, wir halten es daher
für angemessen, das Einladungsschreiben des Gemeinderaths
der Stadt Mannheim in Nachstehendem mitzutheilen.
Von verschiedenen Seiten wurde der Wunsch und das
Bedürfnis laut, daß die badischen Städte nach dem Bei-
spiele des mitteldeutschen Städtetages sich Angesichts der
neueren Gesetzgebung, welche tief in das bisherige Gemein-

Nekrolog.
Der zu Cyiflehurst in England an den Folgen einer
wiederholten Steinoperation verschiedene Kaiser Louis
Napoleon m (Bonaparte) hat als dritter Sohn Ludwig >
Bonaparte's, Bruder Napoleon's 1. und vormaligen Königs
von Holland, und der Stieftochter des Erstgenannten, Hör-
tense Beauharnais, am 20. April 1810 zu Paris das
Licht cher Welt erblickt und erhielt in der am 4. November -
1810 startgefundenen Taufe die Namen Charles Louis. '
Nach dem Sturze des ersten Kaiserreichs mit seiner Familie
aus Frankreich verbannt, wurde Prinz Napoleon von seiner
Mutter auf Schloß Arenenberg in Thurgau erzogen, be-
suchte die Schulen in Augsburg und erhielt seine militärische
Ausbildung an der eidgenössischen Militärschule in Thun '
In das politische Leben trat Prinz Louis im Anfang der
dreißiger Jahre als Theilnehmer an den mißlungenen In- !
surrcctionsversuchen in Norditalien. Von seiner Mutter mit
Mühe aus den Wirrsalen dieser revolutionären Bewegung i
gerettet, in welcher sein jälterer Bruder, nach dessen Ableben !
(17. März 1831) er als Haupt der Familie den Namen !
Napoleon angenommen, auch eine hervorragende Rolle ge-
spielt, plötzlich aber an den Pocken verstorben war, ging
Prinz, Napoleon wieder nach Arenenberg, und begann nun
mit seinen Ansprüchen auf den französischen Thron hervor-
zutreten, die ihn zunächst zum Straßburger Attentat (30.
October 1830) führten. Bei diesem tollkühnen Unterneh-
men gefangen, erhielt Louis Napoleon vom König Ludwig
Philipp seine Freiheit unter der Bedingung der Auswande-

rung nach Amerika bald wieder, ging aber auf die Nachricht
von der Erkrankung seiner Mutter nach Europa zurück und
verließ Arenenberg erst nach deren Tode (3. Oktober 1837),
als sein Verweilen der Schweiz Verlegenheiten mit Frank-
reich zu bereiten drohte. Er begab sich im Jahr 1838
freiwillig nach England und gab dort iin folgenden
Jahre seine „Iä6ss NnxoILouisuussi" heraus, die allge-
meines Aufsehen erregten. Hier faßte er den Plan zu dem
abermaligen Versuch, seine ehrgeizigen Träume zu realisiren.
Er landete am 6. August 1840, nur von wenigen Ge-
treuen begleitet, in der Nähe von Boulogne, doch gelang
es ihm diesmal so wenig wie früher, das französische Volk
für die Traditionen des Kaiserreichs zu begeistern. Er
wird zum zweiten Male gefangen genommen und zu lebens-
länglicher Gefangenschaft in dem festen Schlosse Ham ver-
urtheilt. Hier saß er bis zum 25. Mai 1846 , wo ihm
mit Hülfe seines Leibarztes Dr. Conneau. der seine Haft
treulich getheilt hatte, die Flucht gelang. Der Ausbruch
der Februarrevolution war der Sache Ludwig Napoleons
äußerst günstig. Der Prinz, von mehreren Departements
zum Deputaten gewählt, reiste von England ab u. erschien
am 24. September 1848 in der französischen Hauptstadt.
Dank den geschickten Operationen seiner Anhänger wurde
Louis Napoleon mit einer Majorität von mehr als 5 Mil-
lionen Stimmen gegen seine Rivalen Cavaignac zum Prä-
sidenten der französischen Republik gewählt und trat am
20. Dezember die Regierung an. Durch kluge Benutzung
der verschiedenen Parteien, durch Begünstigung der konser-
vativen Interessen gelang es, dem Namen Napoleon und

dem imperialistischen Princip einen so weit verbreiteren
Anhang zu verschaffen, daß der Prinz-Präsident, gestützt
auf die schon längst für iyn gewonnene Arme?, es wagen
konnte, den revolutionären Elementen offen den Fehdehand-
schuh hinzuwerfen und durch den vielderufenen Sraatsstreich
! vom 2. Dezember 1851 sich zum Herrn der Situation zu
machen. In demselben Monat zum Präsidenten auf 10
: Jahre gewählt, übertrug ihm das Plebiszit vom 21. und
i 22. November 1852 die erbliche Kaiserwürde. Am ersten
Jahrestage des Staatsstreichs bestieg er unter dem Namen
Napoleon III., Kaiser der Franzosen, den Thron und ver-
l wählte sich wenige Wochen später, am 29. Januar 1853,
j mit Eugenie de Guzman, Gräfin v. Teba. Die Erfolge
d>'s Krimkrieges verliehen dem zweiten Kaiserreiche das
nothwendige äußere Relief, und als im, Jahre 56 der kai-
serliche Prinz geboren wurde, schien die Zukunft der Dyna-
stie gesicherter als je. Die weiteren Begebenheiten des
Leben Napoleons III. gehören der Zeitgeschichte an, und
leben zu frisch im Gedächtniß der Mitwelt, um einer be-
! sonderen Aufzählung zu bedürfen. Deshalb sei nur noch
! erwähnt, daß Napoleon schon zu Ende der fünfziger Jahre
zu kränkeln begann und in häufigen Badereisen zeitweilige
Linderung seiner Leiden zu suchen genöthigt war. Im
Herbst 1865 befand er sich zu dem nämlichen Zwecke gleich-
zeitig mit dem Minister Herrn von Bismarck im Bade zu
Biarritz, woraus bekanntlich der Mythus sich entwickelte,
daß dort Verabredungen stattgefunden hätten, die für Preu-
ßens Politik im Jahre 1866 maßgebend gewesen wären.
 
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