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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 69 (14. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0277

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Erscheint
wöchentlich drei Mai:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

Ilhwchmgtr Vochmblall.

Amtsverkündigungsötatt für den Mezirk Schwetzingen.
Badische H o p fc n f c i t u n g.

Ä rer 4
vierteljährlich 4S tr
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Samstag, 14. Juni 1873.

VII. Jahrgang.

No. 6S.

Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsbnrger L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Rundschau.
Bekanntlich ist es Absicht, den Reichstagsmitgliedern
für die Zeit der Sessionen freie Fahrt auf den Eisenbahnen
von dem Heimathsort der Mitglieder bis Berlin zu ge-
währen. Die Staatsbahnen haben sich dazu bereit erklärt;
die Privatbahnen dagegen eine Entscheidung noch Vorbehalten,
obwohl ihnen ein durchaus annehmbares Abkommen an-
geboten worden ist. Die Entscheidung steht mit jedem Tage
zu erwarten.
Die Abgg. Lasker, Freiherr von Hovecbeck, Dr. Bam-
berger, v. Bennigsen und v. Bernuth haben folgende Re-
solution eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen 1) zu
erklären, daß die Monate October, November und December
als die geeignetste Zeit für die ordentliche Session des Reichs-
tages erscheinen; 2) den Herrn Reichskanzler aufzufordern,
darauf hinzuwirken, daß in Zukunft der Monat October
für die regelmäßige Einberufung des Reichstages zur ordent-
lichen Session in Aussicht genommen werde. Dieser An-
trag ist von allen Fractionen mit Ausnahme des Centrums
unterstützt.
Das Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichs-
beamten, vom 31. März d. I. bestimmt im ersten Absatz !
des §5: „Die Zahlung des Gehalts erfolgt
monatlich im Voraus. Dem Bundesrath bleibt Vorbehalten
diejenigen Beamten zu bestimmen, an welche die Gehalts-
zahlung vierteljährlich stattfinden soll." Zum Zweck der
Erledigung dieses Vorbehaltes hat der Reichskanzler beim
Bundesrathe folgenden Antrag gestellt:
Der Bundesrath wolle beschließen, daß die Gehalts-
zahlung au den Reichskanzler, die Beamten des Reichskanzler-
Amts und der einzelnen Abtheilungen desselben, die Beamten
des Statistischen Amts, die Beamten des Bundesamts für
das Heimathwesen, die Ober-Postdirectoren, Ober-Posträthe
und Posträthe, den Vorsteher und den Jnspector des Post-
zeitungsamts, die Beamten des Reichstags, die Beamten
des Auswärtigen Amts, der Gesandtschaften und der Kon-
sulate, die Beamten des königl. preußischen Kriegsministeriums,
der königl. Preußischen Genernl-Militärcasse und des königl.
preußischen Generalauditoriats, die Beamten der kaiserlichen z
Admiralität, die Beamten des Rechnungshofs, die Beamten z
des Reichs'Oberhandelsgerichts, die Beamten der Verwaltung
des Reichs-Jnvalldenfonds, den Vorsitzenden und die Mit-
glieder der General-Direclion der Reichs-Eisenbahnen, sowie
den Obermaschinenmeister, die Bau- und Betriebs-Inspektoren
die Güter-Jnspectoren und den Telegraphen-Jnspector der
Reichs-Eisenbahnen vierteljährlich staltzusinden hat.
Ob der schon vor zwei Jahren angeregte Weltpofft-
congreß, wie kürzlich beim deutschen Reichskanzler von
verschiedenen Seiten beantragt worden, während der Dauer
der Weltausstellung in Wien oder aber im Laufe dieses

Jahres in Berlin stattfindeu werde, darüber ist bis jetzt
eine definitive Entscheidung noch nicht getroffen. Dagegen
erfährt die „Voss. Zig.", daß dem internationalen Congreß
folgende Vorschläge werden unterbreitet werden: I) Daß
sämmtliche Staaten Europas, die Verein. Staaten, Egypten,
Algier, Russisch-Asien, Türkisch-Asien, die spanischen Be-
sitzungen in Nordafrika und die britischen Besitzungen in
Nord-Amerika eine postalische Union, also ein einheitliches
Verkehrsgebiet bilden; 2) daß im Bereiche dieser Union ein
gleichförmiger Briefportosatz und eine gleichförmige Re-
commandationsgebühr eingeführt werde und 3) daß im
Bereiche dieses Verkehrsgebiets für Zeitungen, Drucksachen,
Mustersendungen rc. ein gleichförmiger Portosatz in An-
wendung komme. Die innerhalb der Grenzen der Einzel-
staaten bestehende^ niedrigen Taxen sollen selbstverständlich
bis auf Weiteres beibehalten werden. Außerdem werden
voraussichtlich zwischen denjenigen Staaten, welche ein ei-
genes Fahrpostinstitut besitzen, d. h. Pallete, Gelder rc. be-
fördern, in Betreff der Fahrposttaxen und der Behandlung
zollpflichtiger Sendungen einheitliche Bestimmungen getroffen
werden.
Ein Kommando, bestehend aus Officieren und Unter-
officieren behufs Prüfung der für die deutsche Armee in
Birmingham gefertigten Gewehre nach dem einzuführenden
Mauser-System ist dorthin auf Befehl des Kriegs-
ministeriums abgegangen. Die von den Lieferanten abzu-
nehmenden Gewehre werden von den Mannschaften - einzeln
geprüft und angeschossen und die nicht fehlerfreien Exem-
plare sofort zurückgewiesen. Cs wird hierbei mit einer so
großen Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit zu Werke ge-
gangen, daß die Lieferanten bereits, jedoch zwecklos, Be-
schwerde geführt haben.
In Bayern dürfen künftig die Soldaten an kirch-
lichen. Prozessionen nur dann' Theil nehmen, wenn der
König sich betheiligt und das geschieht bekanntlich sehr
selten.
Der Präsident der Nationalversammlung, Herr Buf-
fet, der bekanntlich in der Jntrigue gegen Thiers eine
der Hauptrollen gespielt, fand sich am 7. in der Abendge-
sellschaft des Herrn Thiers ein, der seine Freunde und
Anhänger nach wie vor jeden Abend empfängt. Als Buf-
fet in den Salon trat, befanden sich dort der österreichische
Botschafter, die Fürsten Trubetzkoi, Rämusat, die Deputaten
Arago, Langlois, Tirard, Tnrqaet und Andere. Das Er-
scheinen Buffet's erregte allgemeines Erstaunen, und Jeder-
mann wich unwillkührlich vor ihm zurück. Thiers selbst
that, als bemerke er ihn nicht, setzte seine Unterhaltung mit
feinen Nachbaren fort, da man gerade von den Arbeiten
der Nationalversammlung und seiner Absicht sprach, sich
mit allem Eifer an denselben zu betheiligen. Buffet näherte
sich zuerst der Fürstin Trubetzkoi, mit der er einige Worte

wechselte, und kam dann zu Thiers, der ihn begrüßte und
ihm die Hand reichte, ohne sich jedoch auf eine weitere Un-
terhaltung mit ihm einzulassen, so daß er genöthigt war,
seinen Umgang durch den Salon fortzusetzen. Aber der
österreichische Botschafter bequemte sich dazu, sich auf eine
längere Discussion einzulassen, während welcher sich der
ganze Saal wie auf Kommando leerte, so daß bald außer
Buffet und Thiers nur noch sechs Personen anwesend waren.
Das Wichtigste, was der Telegraph seit gestern ge-
meldet, betrifft die Ereignisse in Spanien. Hier haben
wir eS in der That mit einer neuen Wendung der Dinge
zu thun. Offener Aufstand in Granada, welcher die Re-
gierungstruppen zwang, die Waffen zu strecken. Meuterei
unter diesen Truppen selbst, der Rücktritt Figucras, em
neues Ministerium Piary Margall endlich und vor Allem
die Proklamirung der föderalen Republik, die wahrscheinlich
dem neuen Ministerium nur eine Lebensdauer von wenigen
Tagen läßt, — dies ist das Gesammtbild von den Zustän-
den auf der Pyrenäischen Halbinsel, wie sie ausführlicher
in den gestern und heute eingerroffenen Depeschen gch'.chil-
dert werden.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 10. Juni. Im Norden wird es viel-
fach beklagt, daß nicht ein Theil des I n v a l i d e n f o n d s
zur Förderung der Landwirlhschaft und dadurch mittelbar
auch für den Staat nutzbringend, in landwirthschaft-
l ich e n H y p o t h eke n b a n ke n angelegt wurde. Noch
immer ist es für den Landwirth trotz zahlreicher Bankgrün-
dungen schwer, sich gegen Verpfändung Kapitalien zu ver-
schaffen.
Heidelberg, 11. Juni. Heute Nachmittag um 3
Uhr passtrte in einem Extrazuge von vier Wägen der Schah
von Persien mit Gefolge, auf der Durchreise von Wies-
baden nach Baden-Baden begriffen, unsere Stadt. Zu dem
offiziell angeordneten Empfange batte sich eine große Zahl
von Beamten, Militärs rc., zum Theil aus Karlsruhe/und
Vertreter der Universität auf dem Bahnhofe empfunden.
Der Zug hielt etwa 20 Minuten. Die fürstliche Kuriosi-
tät ließ sich von der, dicht angesammlten Volksmenge dem
Anscheine nach gern beschauen. „Die Schahheit" stand auf-
recht in ihrer genugsam beschriebenen Tracht im Waggon,
begrüßte die Beamten der Tradition gemäß über die Achseln
und hörte die persische Ansprache eines hiesigen Professors
gnädigst an. Sympathische Kundgebungen Seitens des
Volkes fanden nicht statt, antipathische wurden unterdrückt.
Die Rückkehr des persischen Herrschers nach Wiesbaden wird
sehr bald, vielleicht schon morgen, erwartet.
Wiesbaden, 10. Juni. Der Schah von Persien
. reist morgen früh nach Karlsruhe und Baden - Baden und
kehrt Abends wieder hierher zurück. Dem Vernehmen nach

Der Iluch des Holdes.

(Fortsetzung.)
5.


Marie, die sich bald in dem traulichen Kreise heimisch fühlte,
wollte zu verschiedenen Malen über ihee Vergangenheit Mittheilungen
machen, aber der alte Herr bat sie, das auf die nächsten Tage zu
verschieben, er fürchtete, diese Mittheilungen würden dem Mädchen pein-
lich sein, so lange es noch nicht sich als Glied der Familie betrachtete.
Auch er war der Ansicht, daß Marie fortan sich nur noch mit ihrer
Aussteuer beschäftigen müsse.
Es war spät geworden, als Marie von den Eltern ihres Bräu-
tigams Abschied nahm, um in ihre Wohnstube heimzukehren ; Constanz
begleitete sie.
Das Mädchen wohnte in der Nähe der Marienkirche; auf dem
Rückwege ging der Doctor an der Kirche vorbei. Eben wollte er in
eine Seitenstraße einbiegen, als er plötzlich einige Worte vernahm, die
seine Aufmerksamkeit erregten.
„Zwei Millionen Dollars, sagt ihr?" hörte er. Wer diese Frage
gestellt hatte und an wen sie "gerichtet war, konnte er in der Finster-
niß, die ihn umgab, nicht erforschen, aber die Beiden mußten in seiner
Nähe fein, denn er vernahm die Worte so deutlich, als ob sie ihm
gelten sollten.
Er blieb stehen, die Beiden hatten keinesfalls sein Kommen be-
merkt.
„So sagte er, als der Notar ihn fragte, wie groß ungefähr sein
Vermögen fei/ erwiderte eine andere rauhe Stimme.

„Wenn man nur wüßte, ob er es in Geld und Werthpapieren
bei sich führt, oder ob es noch drüben im Geschäft steckt! Aber ich
dachte, jedenfalls könne es nicht schaden, wenn ich euch auf ihn auf-
merksam mache."
Derjenige, der die Frage aufgeworfen Hatje, schien zu überlegen.
„Wo logirt der Fremde?' fragte er nach einer geraumen Weile.
„Im deutschen Kaiser."
„Sein Name?"
„Clemens Cornelius."
„Ah — — ein ziemlich beleibter Herr, der einen blauen Rock
trägt?'
„Ganz recht! Ihr kennt ihn?'
„Nein — das heißt, nur von Ansehen. Er hat sein ganzes Ver-
mögen testamentarisch seiner Tochter vermacht?"
„So ist es."
Hm, das ist mir unbegreiflich. Wozu das Testament? Wenn er
stirbt, fällt das Vermögen ohnedies der Tochter zu. Mit der Tochter
hats eine eigene Bewandtniß. Vor zwanzig Jahren ist ihm das Kind
geraubt worden, erst vor einigen Tagen hat er es hier wiedergefunden;
um nun rechtskräftig festzustellen, daß er dieses Mädchen als seine
Tochter anerkennt und durch diese Anerkennung einer möglichen An-
fechtung seines Testaments vorzubeugen, hat er —'
„Ich verstehe. Teufel, das Mädchen hat Glück gehabt. Seine
Tochter also soll sie sein?"
„So sagte er ; der Trödler Schwind, den ihr ja auch kennt, ist
sein Agent gewesen; er hat dem Kinde nachgeforscht und es gefunden."
„So, so, Schwind hat das gethan? Wißt ihr das sicher?"
„Der Trödler war als Zeuge anwesend, er mußte darüber, wann,

wo und wie er das Mädchen gefunden hatte, einen kurzen Bericht liefern,
der im Auszuge in das Testament ausgenommen wurde."
„Donnerwetter, es wäre mir interessant, den Bericht kennen zu
lernen."
„Aber weshalb interessirt Euch das so sehr? Denkt lieber darüber
nach, ob wir die zwei Millionen nicht fischen können."
„Lieber Freund, zuvörderst müssen wir wissen, ab das Geld auch
wirklich in greifbarer Gestalt hier ist, geduldet euch, vorläufig ist noch
nichts zu machen. Könnt ihr mir den Bericht mittheilen?"
„Gewiß, ich habe ihn ja nisdergeschrieben. Aber weshalb interessirt
euch das so sehr?"
„Na, wer weiß, wozu man's gebrauchen kann. Also legt los."
„Die Geschichte ist ziemlich lang und hier ziehts niederträchtig,
kommt wir wollen einen kleinen Spaziergang machen."
Die beiden entfernten sich ; im ersten Augenblick wollte der Doctor
ihnen folgen, aber er ließ diesen Vorsatz wieder fallen, weil er fürchtete
bemerkt zu werden.
Peter Schwind hatte eine unruhige Nacht gehabt. Die Vesorguiß
daß er, seinem Ziele schon so nahe, seine schönsten Pläne scheitern sehen
müsse, ließ ihm keine Ruhe. Das Netz welches er so mühsam gestrickt,
welches er so listig ausgeworfen hatte, zog sich über seinem Kopfe zu-
sammen und er sah keinen Weg ihm zu entrinnen.
Er hatte, während er schlaflos auf seinem dürftigen Lager ruhte,
manchen Plan entworfen, aber unter allen diesen nicht einen gefunden,
von dessen Ausführung er sich einen günstigen Erfolg versprechen konnte.
Mißmuthig erhob er sich, sobald der Tag graute, ruhelos wanderte
er aus einem Gemach seines kleinen Hauses in das andere, bald hier,
bald dort sich beschäftigend, mit seinen zitternden Händen ergriff er
bald dies, bald jenes; aber der stiere Blick und die fieberhafte Erre-
 
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