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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 83 (17. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0333

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Ers.beint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boren n hme
Bestellungen an.

rchlvchilM WochtiiblM.
AmLsverkündigungsvtatt für den Wezirk Schwehingen.
Badische H o p s r n t c i t u n g.

Pre : s
dierteNhelich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Ao. 83. Donnerstag, 17. Juli 1873. VH. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasettstern L Wogker, Rudolf Moste und K. Aauöe L tzo., sowie die Süddeutsche Aunoncen-KrpedlLion
von G. SLöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Ser österreichische Hulden.
r.
Es ist die höchste Zeil das deutsche Volk und insbe-
so.idere die Bevölkerung Badens über die Gefahr anfznklüren,
welche der österreichische Gulden unserer ganzen großen
Münzreform bringt. Denn mi: jeoem Tage weichst diese
Gefahr.
Wir wollen nämlich zur Goldwährung übergehen.
Warum wir dies wollen, soll ein andermal erörtert werden.
Für heute genügt es, daß vor 2 Jahren nach reichlicher
Erwägung der Bundesrath und Reichstag beschlossen haben,
die Goldwährung einzuführen im deutschen Reich, wesent-
lich aus dem Grunde um den Verkehr zu entlasten von dem
Uedermaaß an Banknoten und Papiergeld, welches künstlich
die Preise vertheuen und bei Krisen oder in Kriegen durch
Entwerthung nur zu häufig vorzugsweise den kleinen Ge-
schäftsmann und den Baller in Schaden bringt. Seit jenem
e sten Müiizgesetz wird unaufhörlich auf allen deutschen
Münzen das Geld der französischen Kriegsentschädigung in
Stücken von zwanzig und zehn Mark ausgeprägt. Bereits
beläuft sich die Summe des geprägten Goldes auf mehr als
660 Millionen Mark, d. h. 385 Millionen Gulden und es
wird behauptet, daß diese Summe noch lange nicht genüge,
um die wirkliche Goldwährung durchzuführen, vielmehr noch
ein Jahr lang fortgepräP werden müsse, ehe die hinreichende
Anzahl deutscher Goldstücke vorhanden sei.
Aber es genügt nicht, daß die nöthigen Goldstücke ge-
prägt sind und umlaufen, sondern sie müssen auch im deut-
schen Reiche bleiben und nicht auswandern, wie der öster-
reichische Gulden aus Oesterreich auswandert, damit die
Goldwährung erhalten bleibe.
Diese Absicht aber wird vereitelt durch den öster-
reichischen Gulden; der ist für's Gold der wahre Aus-
wanderungsagent, oder er wirkt wie das Unkraut, das sich
ansiedelt auf einem frisch bepflanzten Feld und die schwachen
Pflänzchen tödtet. Und in der That ein noch gar schwaches
Pflänzchen ist die Goldwährung, die vom ganzen Volke sorg-
sam gepflegt werden muß, wenn sie gedeihen soll. Die
Goldstücke sind geprägt in einem Münzfuß, d r noch nicht
giltig und ihre Werthung in Thatern oder Gulden ist un-
bquem. Das Zwauzigmarkstück gilt 6 Thlr. 20 Sgr.
oder 11 fl. 40 kr. Das Zehnmarkstück 3 Thlr. 10 Sgr.
oder 5 fl. 50 kr., wie zeitraubend ist da die Umrechnung
einer Anzahl Goldstücke in Thaler oder Gulden. Die Folge
ist, daß man das unbequeme Goldstück leicht weggibt und
dafür das altgewohnte Silber eintauscht. Zwar läuft noch
nicht viel Gord um, sondern es liegt meist in großen
Summen in den Kellern der Notenbanken, die uns dafür
mit der dreifachen Summe von Banknoten überschwemmen.

Auch ist der österreichische Gulden kein schlechtes Stück
Suber. A
Nun wird man fragen, wo liegt denn da die angeb-
liche Gefahr, die uns der österreichische Gulden bringt. Da-
rauf gibt es nur die eine Antwort: Der österreichische Gul-
den bringt uns mehr Silber in's Land als wir brauchen
können für die Goldwährung, während wir versuchen müssen,
das überflüssige Silber ans dem Land zu schaffen und
zwar selbst mit Verlust. Zu dieser Antwort wird mancher
den Kopf schütteln mW sagen, ich merke nichts von über-
flüssigem Silber, im Gegentheil mir fehlt das Silbergeld
an allen Ecken und Enden. Dies letztere ist namentlch in
Süddeutschland wahr und doch hat Deutschland zu viel
Silber für die Goldwährung. Um diesen Widerspruch zu
lösen, müssen wir versuchen, auf gemeinfaßliche Weise einige
volkswirihschaftliche Sätze anzuweuden auf das, was um
uns vorgeht auf dem Gebiet des Goldwesens. Am Schluß
des letzten Krieges war Deutschland nebst feinen kleinen
Nachbarn Schweiz, Holland, Belgien und Skandinavien
allein noch im Besitz einer Metallwährung auf dem euro-
päischen Festland, Rußland, Oesterreich, Italien und Frank-
reich krankten an Papiergeldwirthschaft. In Deutschland
wurde der hier vorhandene Vorrath an Silbergeld auf
7 — 800 Millionen geschätzt oder noch viel mehr. Wenn
nun Goldwährung eingeführt wird, so ist vorauszusehen,
daß ein Thei! dieses Silbergeldes im Verkehr überflüssig
wird durch bas eingesührte Gold. Man schätzte die Summe
des überflüssig werdenden Silbers auf 100—200 Mill.
Gulden. Dieser Betrag mußte fort aus dem Land, denn
wenn er blieb, so war vorauszusehen, er werde das neue
Gold vertreiben ähnlich wie in anderen Ländern das über-
flüssige Papiergeld das Silber vergeben Hut. Der Bunde -
rarh beschloß also die älteren Thaler, welche vor 1822 ge-
prägt waren, sowie die süddeutschen Gulden zunächst ein-
zuziehen. Das geschah bei letzteren mit Rücksicht darauf,
daß sie zum neuen Münzsystem in einem unpassenden Ver-
hältuiß standen und deßhalb doch Wegfällen mußten. Ebenso
stellte man in ganz Deutschland alle Silberprägung ein.
Auf diese Weise erzeugte man in Deutschland einen künst-
lichen Mangel au Silber, der nothwendig war, damit das
Gold Eingang fand, und fing zuerst in Süddeutschland an
Goldmünzen auszugeben. Für den Bedarf an Silbergeld
hatte man einige Millionen Markstücke in Gestalt von
Zchngroschenstücken bereit, welche aushelfen konnten, bis auf
Grund des kürzlich mit dem Reichstag vereinbarten 2.
Münzgesetzes eine gehörige Anzahl Markstücke geprägt wären.
Auf diese Weise Härte man allmälig die Bevölkerung an
das neue Gold und an die neue Markrechnung gewöhnt,
und der Uebergang wäre ohne zu große Opfer erfolgt.
Aber diese ganze Berechnung hatte ein Loch und die-
ses Loch war die Einfuhr fremden Silbergeldes in Deutschland.

Rundschau.
j Fast sämmtliche Herren, welche die große Politik machen,
- sind auf Reisen gegangen. Der deutsche und russische Kaiser
sammt anderen hohen Herren haben das Bad Ems, Bis-
? marck und Roon ihre Landgüter aufgesucht, Oesterreich hat
i vor lauter Weltausstellungssorgeu keine Zeit, sich mit der
l großen Politik zu beschäftigen, folglich hat diese Letztere,
i eine böse, launische, hinterlistige Person, Ferien. Ob ihr
i das lieb ist? Wir glauben es nicht, glauben vielmehr, daß
? sie viel lieber dem Moloch, dem Kriegsgötzen ununterbrochen
: in die Hände arbeiten möchte. Das hat man erlebt im
, Jahre 1870:
„Als König Wilhelm saß ganz heiter"
im selben Bade Ems und als ihr die Ruhe zu langweilig
wurde — da schlug sie wie der Blitz mitten in die saure
Gurkenzeit hinein und entzündete einen Krieg, der uns
gedenken wird. Gegenwärtig wüßten wir gerade keinen dun-
keln, wenigstens keinen unbedingt gefährlichen Flecken am
politischen Himmel. In Spanien zwar brennt die Kriegs-
fackel noch immer lichterloh; aber das geht uns nichts au,
und auch im Orient, d. h. weit fort im Morgenlande wo
i die drei weisen Männer im Evangelium Lucas her sind,
i glimmt etwas unter der Asche, was durch einen bloseu Hauch
l zu einem gewaltigen Feuer angefacht werden könnte; aber
bis jetzt hat gottlob noch Keiner den Muth gehabt, in die
Asche hineinzuhauchen, weil er weiß, daß er sich die Nase
verbrennen würde.
Ue b e r e i n st i m m e n d e amtliche Nachrichten
melden die zu Jugenheim erfolgte Verlobung der Groß-
fürstin Marie Alexandrow na mit dem Prinzen Al-
fred von Großbritannien, Herzog von Edinburg.
In Frankreich tagt die Nationalversammlung bei
der Hitze fort. Die wenigen Tage Ruhe, die man sich
l wegen des Schahs gegönnt, sind vorüber, und die Parte en
i stürzen von Neuem übereinander her. Der Juli war vm
jeher ein schlimmer Monat für Frankreich. Die Regierung
wird gut thun, die Versammlung zu vertagen, sonst gibts
am Ende noch ein Unglück. Hat sie doch die Festlichk-nten
wegen der Räumung in den bisher occupirten Departements
wirklich verboten, nur um Thiers nicht gefeiert zu sehen.
Für diesen mußte auch der Herzog Choisfeul rn der
Kämmer eintreten. Büffet hatte nämlich aus Anlaß d?r
Revue eine Rede gehalten, in welcher er Mac Mahon ein
ungeiechtfertigtes Lob spendete. Coifscul fand sich gemüßigt
darauf hinzuweisen, daß, wenn die Armee jetzt wirklich in
so vorzüglichem Zustand bei der Revue erschienen, dies das
Werk Thiers und nicht der ganz jungen Regierung Mac
Mahon und Broglie fei. Ueberhaupt war die Sitzung wie-
der so unruhig, daß der Vorsitzende sie suspendiren mußte.
Die wenigen Tage Ruhe hatten also einen mächtigm Berg

Sie Zigeunerin.
Novelle.
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
1.
„Schon gut," unterbrach der Graf halb lächelnd ihre
feierliche Rede, „man hat mir das bereits mitgetheilt und
gerade, weil mir ihre Kunst als eine zuverlässige geschildert
wurde, habe ich sie rufen lassen, um von ihnen mein Schick-
sal zu erfahren. Sprechen sie jetzt'aufrichtig, was sie in den
Linien meiner Hand lesen. Sagen sie mir alles, Gutes
und Böses — keine Lüge — ich werde sie zu belohnen
wissen."
Das Weib warf dem Grafen verstohlen hämm sche
Blicke zu, sah sich auch im Zimmer um, und während dieser
noch sprach, hatte sie ungesehen seine goldene Uhr nebst Kette,
welche er vorhin auf den Tisch gelegt, zu sich genommen
und in ihren weiten Aermel geschoben.
Nachdem sie mancherlei geheimnißvolle Zeichen mit
ihrem Knotenstocke über Thüren und Fenster gemacht, damit,
wie sie sagte, Niemand sie überraschen könne, ergriff sie mit
ihrer knochigen Hand die Linke des G afen und betrachtete
alle Linien derselben genau; dann begann sie mit erhobener
Hand ihm ein größtentheils glückliches Schicksal zu verkün-
den.

In diesem Augenblicke wurde draußen heftig an die
Thür geklopft.
„Adalbert, um aller Heiligen willen, was bedeutet
diese Rücksichtslosigkeit? Die Gäste sind versammelt und man
sicht sich vergebens nach dem Gastgeber um.
Die Stimme klang durchaus nicht sonderlich gut gelaunt und
der Graf schien sehr bestürzt.
„Ich komme, Amalie — in wenigen Minuten," entgeg-
nete er zitternd, indem er ängstliche Blicke nach der Thüre
warf, während das Weib mit ihrem Kuotenstocke von Neuem
allerlei Zeichen machte. „Mein Befinden ist in der That
so schlecht, daß ich vorziehen würde, mich zur Ruhe zu be-
geben."
„Keine Sorge, Herr Graf!" flüsterte das Wcib dem-
selben zu. „Die Thür öffnet ohne meinen W'llen keine i
menschliche Hand." .
«Du mußt öffnen, Adalbert," entgegnete die Stimme !
draußen in sehr bestimmtem Tone. Nicht allein dein unge-
bührliches Benehmen unseren Gästen gegenüber führt mich
her, sondern vielmehr Nachrichten von Wichtigkeit, die ich so-
fort mit dir besprechen muß'"
„Ich kann für den Augenblick dich nicht einlassen,
Amalie — in wenigen Minuten stehe ich zu deiner Verfü-
guug.
Nach einem nochmaligen vergeblichen Versuche, die Thür zu
öffnen, entfernte sich die Gattin des Grafen und die alte
Hexe blickte ihn mit ihren triefenden Augen triumphierend
an.

So sah der Graf ein, daß sie wenigstens die Macht
befaß, Jemanden fern zu halten, wo sie ihn nicht zu Haden
wünschte, und ohne daran zu denken, daß die Thüren ver-
riegelt und verschlossen waren, bat er sie, in ihren Prophe-
zeihungen fortzufahren.
„Ich bitte sie, ein wenig schnell," sagte er, „sie haben
gehört."
Das alte Weib nickte und begann abermals:
- „Nur eine Person gibt es in der Welt, die ihrem
Glücke hindernd in den Wetz tritt, ohne sie wären große
Reichthümer ihr Eigenthum, ohne sie —"
„Das entscheide!!" murmelte der Graf mit dumpfer
Stimme. „Amalie hat Recht, dieses Kind ist unser Unglück,
ohne dasselbe würde Leon Erbe seines Onkels werden; er
würde nicht so mit den Schätzen kargen und uns den drück-
endsten Sorgen überlassen, während er in seinen Reichthü-
mern schwelgt. Jetzt isfls genug, fuhr er zu dem Weibe ge-
wendet, fort, das ihn mit lauernden Blicken betrachtete und
sich seine Worte genau bemerkt hatte.
„Nein, gnädigster Herr," entgegnete sie, wer von mir
verlangt hat, ihm die Zukunft zu zeigen, der darf nicht auf
halbem Wege stehen bleiben, ich muß sprechen. Die Person,
von welcher ich rede, ist ihre Verwandte — sie muß be-
seitigt werden."
Der Gräf sprang fast entsetzt auf, sein Gesicht war
bleich und sein ganzer Körper zitterte vor innerer Erregung.
(Fortsetzung folgt.)
 
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