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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 64 (31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0257

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wöchentlich drei. Mal:
Dienstag, Donnerstag
.und Samstag.
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Mwchiligcr WocheiMl

AmlsverkündigungsötaLt für den Wezirk Schwetzingen.
K a k> i I ch r Hopscn) eit u n g.

Preis
nierteljädrlich 45 ?r
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.
L okal anz eigen
S kr.

Allgemeiner Anzeiger für Vie badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 64. Samstag, 31. Mai 1873. VII. Jahrgang.
Für Vas „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im Philippsbnrger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

NssüpslitNassN Blatt für
den Monat Juni werden !
bei sämmtlichen Postanstalten sowohl als bei den -
Landpostboten angenommen. -
Die Expedition.
Der Sturz des Kerrn Wiers.
Der Ausgang der Debatte in Versailles ist eine nach-
trägliche Rechtfertigung des zwanzigjährigen napoleonischen
Regiments. Dnrch den Krieg von diesem Joche befreit, war s
das Land sich selbst znrückgegen, aber es hat nach zweijäh- >
rigen fruchtlosen Versuchen, eine angemessene Form für seine
Regierung zu finden, von seiner FreiMg^nur den Gebrauch
gemacht, sich wieder unter mllitärischeRWkrschafi zu stellen.
Es empfindet diese RMehr Ziemer MMn Aulorität als
Rettung aus der Anarchie ilNR^em Chads des Parteitrei- !
bens. Man wird 4ihierI das Ztugniß ziEzeben haben, !
daß er Hl0s Antt, daF e r <i n ''s ch w i e r i g st e r Zeit '
übernommen, Acht rM mit kluger Kunst, sondern auch !
würdig und mir rsönlicher Hingebung und .
Selbstverleug verwÄt^t hat. Es ist weirerhin
kein Zweifel, daß mDAiner Seite Alles dasjenige sich zu-
sammengefunden hat, nM Frankreich an ernster Gesinnung
und politischem Verstände besitzt. Dennoch hat er scheitern i
müssen, weil seine Aufgabe von Haus ans eine unmögliche
war. Er wollte Frankreich eine Verfassung geben mittelst
einer Versammlung, dexen Parteien sich tödtlich befeinden.
Er machte sich ein künssiichrv^ktcept zurecht, nach welchem
die Parteien gebändigt und unschädlich gemacht werden soll-
len und besaß die Gntmüthigkeit, von den Parteien zu ver-
langen, daß sie ihm dabei helfen sollten. Er wollte die
„conservgtive Republik" gründen, ohne daß es ihm gelang, >
die Monarchisten mit den Republikanern mit dem conservativen
Prinzip auszusöhmn. Seine Absicht mar, hinfort einen
Staatsstreich unmöglich zu machen, aber er selbst hätte seine >
Verfassung nur durch einen Staatsstreich ins Leben rufen
können. Daß er das nicht konnte und dürfte, war sein i
Verhängnis Hätte diesmal der Zufall die Abstimmung
günstig für Thiers gelenkt, so wäre die Unmöglichkeit einer
Verwirklichung seiner künstlichen Entwürfe später bei der
Verfassungsdebatte zu Tag gekommen; denn Niemand kann
glauben, daß bas Wahlgesetz, wie er es vorschiuq, die
zweite Kammer, wie er sie ausgebucht hatte, von den Frunzv'
sen als dauernde Einrichtungen wären anerkannt worden.
Allein die Rechte war entschlossen, nicht länger zuzusehen.
Es war Gefahr im Verzug Die ErgänznugSwahleu im
Lande raubten ihr einen Sitz nm den andern, und jetzt !
hatte, durch diese Wahlen ermnthigt, Thiers seinem Eatunet !
einen einheitlichen republikanischen Character gegeben und
damit d-r republikanischen Partei die b stm Aussi.hicn für
die nächsten Wahlen eröffnet. Die Rücksicht auf dieseWahlen war >
es sicher inerster Linie, was dieMonarchisten bewog, den entschei-

den den Schlag zu wagen. Noch immer sind sie genöthigt, ihre
eigentlichen Absichren zu vertagen, aber sie wollen wenigstens
dem Umsichgreifen der republikanischen Propaganda steuern.
Das dringlichste scheint ihnen die Wiederherstellung einer
energischen Regierungsgewalt. In d-m Namen des Generals,
der rrotz Wörth und Sedan noch immer die meiste Autori-
tät genießt, glauben sie die Bürgschaft für ein conservatives
Regiment zu besitzen Und die ersten Aeußerungen des neuen
Präsidenten stellen in der Tchat eine sichere Hand in Aus-
sicht. „Mit Hülfe Gottes und der Hingebung der Armee",
so kämet sein Wahlspruch. Man kann sich ungefähr denken,
wie sich derselbe in der nächsten Zeit in die Praxis über-
setzen wird. Man wird der Presse verständliche Winke er-
theilen, wird da^ Präfecturpersana! erneuern, und das Volk
selbst wird, müde des unfruchAaren Gezänks der Politiker
von Handwerk, nicht ungerne sich für eine Leitung gewin-
nen lassen, die ihm weniger Aufregung und mehr Sicher-
heit verspricht: die nächsten Wahlen werden ebenso zuverlässig
monarchistisch ausfallen, als sie in der letzten Zeit republik-
anisch auszufallen pflegten. Was dann freilich später wer-
den soll, darüber braucht man sich den Kopf nicht zu zer-
brechen ; die Franzosen verstehen es ebenso zu überraschen,
als sie zuletzt immer wieder in den alten Kreislauf ihrer
politischen Entwicklung zurückkehren. Am unliebsamsten wird
die unerwartete Wendung für die junge Schwesterrepublik
in Spanien sein; auch auf die republikanischen Jünglinge
in Italien wird sie abkühlend wirken. Wir Deutsche kön-
nen mit Gleichmuth die wunderlichen Sprünge der französi-
schen Staatskunst betrachten. Unsere Truppen werden das
Gebiet so pünktlich räumen, als uns die Kriegsgelder ein-
gehen. Erwünschter wäre es uns ohne Zweifel, wenn der
unbequeme Nachbar endlich häuslich werden und sich ordent-
lich einrichten wollte. Aber wir müssen ihn einmal nehmen,
wie er ist. Und an Stärke wird er dadurch nicht gewin-
nen , daß er heute wieder von vorne anfängt und nach
einem mißlungenen Experimente wieder zu einem neuen greift.
Rundschau.
Die Frage der Vertagung des Reichstages hält jetzt
die Gemüther der Reichsboten einigermaßen in Spannung.
Hauptsächlich kommt das Reichsmilitärgesetz in Betracht,
das die Regierung so schleunig wie möglich berathen zu sehen
wünscht, wie denn die Letztere sich überhaupt energisch gegen
eine Herbstsesswu sträubt. Dem Widerstand der Regierung
gegen eine Herbstseffion nun setzt heute die „Nat.-Ztg." schon
die Ankündigung entgegen, man werde lieber das Militär-
gesetz gar nicht mehr in dieser Session berathen, sondern es
dein nächsten Reichstage, der erst im künftigen Jahr zusam-
mentritt, Vorbehalten. Es ist aber fraglich, ob es nicht
politisch rathsam wäre, ein so wichtiges Gesetz wie dieses
d-n Wechselfällen einer neuen Reichstagswahl, deren Resul-
tat bei den unausgesetzten Wühlereien, namentlich der kleri-
kalen Pnr>!', immerhin zweifelhaft ist, zn entziehen. Von
dttsem Gesichtspunkt aus erklären wir uns allerdings auf

das Entschiedenste für die Berathung noch in der gegenwär-
tigen Session. _
Deutsches Reich '
Stuttgart» 28. Mai. Dem Vernehmen nach wird
- Se. Maj. der Kaiser Alexander von Rußland
von Wien aus zum Besuch am hiesigen ihm so nahe ver-
! wandten Königshofe eintreffen. Dieser Besuch soll noch in
der ersten Hälfte des Monats Juni, zu erwarten sein; man
' spricht vom 7. Juni. Von hier wird sich der Kaiser nach
f Jugenheim an der Bergstraße begeben, wo bis dahin seine
auf der Rückkehr von Italien begriffene Gemahlin einge-
' troffen sein wird. Während des Aufenthalts der russichen
Kaiserfamilie werden der König und die Königin einen
Besuch in Jugenheim abstatten. Das abermalige Zussam-
mentreffen des Kaisers Alexander mit dem Deut-
schen Kaiser in Ems würde von Jugenheim aus er-
folgen. — Die Reise des Königs zur Welt-Ausstellung
nach Wien soll bis jetzt für die erste Hälfte des Monats
Juli in Aussicht genommen sein. Die Königin würde
i später dahin gehen, und zwar in Verbindung mit einer Bade-
reise nach Ischl.
: Von Ver Elz, 26. Mai. Gestern wohnten wir mit
den Turner- Feuerwehren Ettenheim, Kappel, Kippenheim
. und Rust der feierlichen Eröffnung der Rhein-Schiff-
brücke hei Kappel-Rheinau bei, die si h, vom
i Wetter außerordentlich begünstigt, zu einem wahren Volks-
! fest gestaltete. Auf einer Dammerhöhung auf dem rechten
Aheinufer wurden die Gäste aus dem Elsaß empfangen, an
deren Spitze wir mit Freude Hrn. Oberpräsidenten von
Möller begrüßten. Auch der Bezirkspräsident von Unter-
elsaß, Hr. v. Ernsthausen, wohnte dem Feste bei. Von
unserer Seite sprachen die HH. Oberamtmann Gruber von
Ettenheim und Landtags-Abgeordneter Bürgermeister Richter
von Kappel, von jenseits Hr. Kreisdireklor Halley von
Erstem und mit kurzen schlichten Dankesworten der Bürger-
meister von Rheinau. Ein Mädchen im weißen Kleide trug
einen Festgruß vor. Der Zug über die Brücke, die pracht-
voll dekorirt war, dehnte sich über deren ganze Länge aus.
Die Wasserbreite des Rheins beträgt hier im Durchschnitt
250 Meter, der Brückenpontons sind es 32. Von Neu-
breisach war ein stattlich bewimpeltes Rheinboot zu der
Feier gekommen. Im Gemeindehause von Rheinau sammel-
ten sich an 80 Teilnehmer zu einem Festmahle, bei dem
Hr. v. Möller das Hoch auf den Kaiser, Hr. von Ernst-
hausen ein Hoch auf unfern Großherzog, Hr. Fabrikdirektor
Wolf aus Berfeld einen Toast auf den Erbauer der Brücke,
Hr. Oberamtmann Gruber auf Elsaß-Lothringen u. s. w.
ausbrachte, worauf später Hr. v. Möller nochmals Anlaß
l nahm, „unser Elsäßl" und den Bürgermeister von Rheinau
! hochleben zu lassen. Auch Hr. Pfarrer Büchele von Kappel
toastete erfolgreich auf die Versöhnung des Bräutigams
„Elsaß" mit der liebenden Braut „Badenia". Im schönsten
Frohsinn schwanden die Stunden und gegen Abend ergab

Der Auch des Goldes.
(Fortsetzung.)
3.
»Um?" fragte der Vagabund lauernd.
Um seine Tochter zu holen, die hier in Pension war/ fuhr der
Lohndiener unwirsch fort, jetzt wißt ihr genug!"
„Die junge Dame ist also feine Tochter?"
,Ja-°
„Und er ist gekommen, sie zu holen?"
Oder hier bei ihr zu bleiben, was kilmmert's eu-, ?"
Der Vagabund lächelte, es war ein Lächeln boshaften Hohns. Er
wandte dem Lohndiener den Rücken und schritt langsam von dannen.
Der Lohndiener blickte ihm erstaunt nach, er ahnte, daß der Va-
gabund ihn nur ausgeforscht hatte.
„He! Wohin so eilig? rief er. „Ihr wolltet ja Euren Lohn
haben/
„Es hat Zeit bis morgen/ erwiderte der B: gabund, „ich weiß
ja, daß er mir nicht verloren geht/
4.
Das Abendessen brachte in der That die Tochter des Millionärs
und den jungen Arzt nicht näher, wie Constanz dies auch dem Vatcr
vorausgesagt hatte.
Hedwig beobachtete dem fremden Herren gegenüber eine kalte Zu-
rückhaltung, während sie dem Vater zuvorkommende Ausmerksamkeit
bezeigte. _

Auch auf den Advocaten machte das Benehmen der jungen Dame
an diesem Abend einen unangenehmen Eindruck, er mußte seinem Sohne
Recht geben, in dem Blick und der Redeweise Hedwig's lag etwas,
wcs den erfahrenen Beobachter befremden und gleichzeitig zurückstoßen
mußten.
Der Advocat nannte dieses „Etwas" Herzlosigkeit, Constanz gab ihm
! einen schärferen Namen, er sei der Ausdruck hinterlistiger Falschheit. —
Cornelius dagegen hatte an dem jungen Herrn Gefallen gefunden
l und Constanz gestand ohne Hehl, daß er der Einladung des Millionärs
, ihn oft zu besuchen, gern nachkommen werde, da er den Mann lieb
gewonnen habe.
Schon nm nächsten Tag kam Constanz dieser Einladung nach.
Als er in das Zimmer trat, grüßte Hedwig ihn durch eine Verbeugung,
dann entfernte sie sich.
„Meine Tochter kann sich in den Umschwung ihrer äußeren Ver-
hältnisse noch nicht find.«/ sagte Cornelius lächelnd, .Sie müssen ihr
Zeit gönnen. Ich bemerkte gestern Abend, daß sie auffallend schweig-
sam war, auch Ihnen wird eS ausgefallen sein."
„Allerdings/ erwiderte Constanz, „aber ich habe mich über die
Ursache dieser Einsilbigkeit keinen Vermuthungen hingegeben/
„Leugnen sie nicht, Herr Doctor/ fuhr der alte Herr im Scherze
i drohend fort, „ich bemerkte, daß ihr Blick oft verstohlen auf dem Mäd--
chen weilte, und ich glaubte, in diesem Blick Zweifel und grübelndes
z Sinnen zu lesen/
„Mag sein, keinesfalls aber galt dieses Sinnen der Erforschung
jenes Grundes."
„Jedenfalls bezog es sich auf meine Tochter."
„Ich leugne das nicht. Die Gesichtszüge der jungen Dame fielen

mirffchon bei unserer Begegnung auf, ich muß ihr früher irgendwo
begegnet fein, kann mich aber nicht entsinnen, wann und wo dies der
Fall war. Gestern Abend —"
„Hedwig, der Herr Doctor will dir schon früher einmal begegnet
sein!" rief Cornelius der Tochter entgegen, die in diesem Augenblick
von einer jungen Dame begleitet eintrat.
„Weshalb sollte das unmöglich sein?" erwiderte Hedwig kalt,
während ihr Blick mit dem Ausdruck des Mißtrauens flüchtig den Arzt
streifte, der beim Eintritt der fremden Dame überrascht sich erhoben
hatte. „Der Herr Doctor hat mich vielleicht am Krankenbette meiner
Pflegemutter gesehen, möglich auch, daß er mich mit einer andern Dame
wechselt. Aber ich vergaß, Fräulein Marie Heimann, die Musiklehre-
rin, welche Herr Schwind Dir empfiehlt."
Constanz und Marie weckselten rasch einen bedeutsamen Blick, der
der Tochter des Millionärs nicht entging.
„Herr Schwind hat sie mir als eine talentvolle Lehrerin empfohlen/
sagte Cornelius, während er durch eine Handbewegung das Mädchen
einlud, Platz zu nehmen, würden sie geneigt sein, den Klavierunter-
richt bei meiner Tochter zu übernehmen."
Constanz schüttelte leicht das Haupt.
„Ich bedaure/ erwiderte Marie höflich, „hätte Herr Schwind mir
gesagt, daß eine junge Dame den Unterricht zu nehmen wünsche, so
würde ich das Anerbieten abgclehnt haben."
„Ich denke es ist leichter, eine Dame als ein Kind zu unterrichten/
fuhr Cornelius fort, den die ablehnende Antwort zu verstimmen schien,
während Hedwig geringfchätzend die einfache aber geschmackvolle Toilette
der Musiklehrerin musterte. „Sie werden eine folgsame Schülerin haben/
_(Fortsetzung folgt.)

Wegen des Pfingstfestes erscheint am Dienstag kein Blatt.
 
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