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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 114 (27. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0457

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lhwHngcr Pchniblilll

AArLsverkündigungsölatt für den Bezirk Schwetzingen.

Allgemeiner Anzeiger ffir die büdische und bayerische Rheinpfal;

Samstag, 27. September 1873.

«s. 114

VII. Jahrgang.


P re;8
vreiLeijahrüch 51 kr.

die viergespatLsne
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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ZrrserKte von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Wogker, Ilndotf Wosse und ch. T- Jauöe L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Arpedition
von K. Stöchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.


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liefermrg garantiren können, keine Nntsrbre-
chnng im Bezug eintritt.
Me
R u n d sH a u.
Bon zuverlässiger Seite wird die Ernennung Mün-
te uff el's zum Feld mnrschall mit dem Hinzufügen
bestätigt, daß dieselbe am 24. ds. Mittags bei der Au-
dienz vom Kaiser vollzogen Morden sei. Manteuffel begibt
sich in sechs 'bis acht TagHx nach Gastein. Gleichzeitig !
wurde mit Manteuffel dessen gesummter Stab empfangen.
Der Prozeß Baza ine beginnt am 6. Oct. d. I. !
im großen Trianon; alle Vorkehrungen sind getroffen. Am
30. Sept, oder 1 Oct. wird Bazaine nach Trianan-sous-
Bois gebracht. Die. Presse ist bereits eifrig beschäftigt, zu i
dem großen Gerichtshrama die Ouvertüre zu spielen, beson-
ders die ministerielle^ Wenn demjenigen Theile der fran- i
zösischen Regierung ein Genüge geschieht, welcher in der i
Assenblce NaNouate vertreten ist, so soll der Proceß zu
.-Wllicbeu Zwecken dienen, wie die Wallfahrten und Wunder, °
es soll Bismarck blosstellen und Deutschland in der öffent- '
tichen Meinung zu Grunde richten. Die Assemblee Nationale '
entwickelt d;es ganz ungenirt, und führt als Grund au:
„Als Metz eingeschtossen und zu Frankreichs Unglück Mar- i
schall Bazaine den Oberbefehl über die heldenmüthige Armee i
erhielt, die unter seinen Mauern lagerte, da setzte Herr v. i
Bismarck eine Welt von Ränken, Lügen und Treulosigkeiten
in Bewegung, um den Marschall zu bewegeu, zu unterhan-
delu statt zu kämpfen, um Zeit zu gewinnen, daß unsere i
Truppen ihre Lebensmittel erschöpften und in einer im '
voraus genau berechneten Frist durch den Hunger gezwungen
würden, sich zu ergeben. Alle diese Missethaten werden im
Processe erwiesen werden, und was das Unglaublichste, die
Chefs der feindlichen Armee haben die Pläne des Herrn i
Bismarck unterstützt und eine Rolle gespielt, welche die Welt
in Staunen setzen wird. Wir wollen für jetzt nicht mehr !
darüber sagen; aber es schien uns von unbestreitbarer Nütz- !
lichkeit, heute schon diese Seite des Proceffes anzudeuten, i
Dies alles' erschwer!, die Belastung, die auf deu Marschall !
Bazaine fällt, aber zugleich werden solche Handlungen, i
wenn sie an den Hellen Tag gelangen, in Europas Augen
bedeutend das Verdienst der deutschen Armee herabdrücken.

Der colossale Proceß wird wahrscheinlich drei Monate
dauern, da jede Woche nur fünf Gerichtssitzungen (Sonntag
und Donnerstag weroen keine stattsinden) abgehalten werden
und nur 4 Stunden — von 12 —121/2 bis 4—41/2 Uhr
— dauern soll. Der Marschall Bazaine bewohnt während
des Proceffes drei Zimmer im obersten Stockwerk von
Trianon-sons-Bois; die zwei anderen Zimmer bewohnt der
Oberst Billette, und das sechste und letzte wird dem Ver-
theidiger des Marschalls, dein Advokaten Lachand zur Ver-
fügung gestellt. Im unteren Geschosse haben der Oberst
Lucioni, der Kapitän Mandbny und der Überwachungsdienst
seine Wohnungen. Der Herzog von Aumale, dem in dem
großen Trianon eine Wohnung zur Verfügung gestellt
wurde, wird dort uicht die Nächte znbringen, sondern jeden
Morgen nach Versailles fahren und des Abends nach Paris
zurückkehren. Man hat deshalb auch für denselben keine
Küche hergerichtel, während General Poncet eine solche er-
halten hat. Für den Obersten Lucioni und den Kapitän
Mandbuy wird in Trianon-sous-Bois eine Küche gebaut.
Der Marschall Bazaine läßt sich dagegen wie bisher sein
Essen aus dem Hotel de France in Versailles kommen. Für
das Publikum, die Journalisten u s. w. ist, was Essen
und Trinken anbelangt, auch gesorgt worden. Man hat
nämlich- einem Versailler die Erlaubniß ertheilt, auf dem
großen Platze von Trianon in einer Bretterbude ein Caffee-
Restaurant zu errichten.
In Rom versammelte sich am Abend des 22.
laut „Daily News" eine große Volksmenge auf der Piazza
Colonna und forderte das Musikkorps auf, die preuß. Volks-
hymne zu spielen, die dann auch unter stürmischem Beifall
noch mehrere Male wiederholt werden mußte. Die Menge
zog dann vor die deutsche Gesandtschaft, um eine Kund-
gebung der Sympathie zu machen. Der Papst soll sich
über den Victor Emanuel in Wien zu Theil gewordenen
Empfang sehr gewundert haben.
Deutsches Reich.
Aus Kurhessen, 22. Sept. Nicht mit den „kurhessischen A g-
naten," wie das Wolff'sche Telegraphenbureau verbreitet, hat die
Krone Preußen ein Abkommen getroffen, sondern lediglich mit einem
derselben, dem in Rumpenheim wohnenden Landgrafen Friedrich,
der mit einer Tochter des Prinzen Karl von Preußen, der Prinzessin
Anna, vermählt und preußischer Generallieutenant ist. Die beiden an-
deren Linien, Hessen-Philippsthal und Hessen-Philippsthal-Barchfeld
nebst deren Söhnen, wollen von einem Abfinden oder Anerkennen der
Annexion nichts wissen. Namentlich ist der in Langenselbold bei Ha-
nau lebende Landgraf von Philippsthal, wie man von betheiligter
Seite hört, schlechterdings zum Abschluß eines das kurfürstliche Fidei-
kommiß'-- Vermögen regelnden Arrangements nicht geneigt und wird
wohl bald eine ähnliche Kundgebung veröffentlichen, wie es eben sein
Grosohm von Horsowitz auch gethan hat.

Neueste Köpfen Berichte.
Bom Corrtiuettt.

*** Schwetzingen, 26. Sept. Gestern und heute
wurden von Bierbrauern aus der Umgegend mehrere, gerade
nicht bedeutende Quantitäten zu fl. 70. 75 und 80 gekauft.
Obwohl es im Geschäfte momentan etwas ziemlich stille ge-
worden ist, so wird doch immerwährend noch gekauft und
hier haben wir vom Weichen der Preise noch nichts zu ver-
zeichnen. Seit gestern haben wir schöne kalte Witterung.
Hockenheim, 24. Sept. Das Geschäft ist hier still
und Preise sind gegen vorige Woche fl. 8 — ^.0 retour.
Käufer sind jetzt weniger da und trockene, versandtbare
Waare immer noch rar. Es haben sich fast alle seit acht
Tagen abgegangene Hopfen erwärmt und sind theilweise
verbrannt angekommen, was auf die Gemüther der Käufer
derart wirkte, daß die Halbdürre Waare nicht mehr genom-
men wird. Ein weiterer Preisrückgang wird allgemein be-
fürchtet, deßhalb Lager bei Handelsleuten nicht groß sind.
Preise 62—75.
Mösbuch- 21. Sept. Die Hopfenernte in Mosbach
ist beendigt, und hat man ein ausgezeichnetes Ergebniß er-
zielt. Käufe können täglich abgeschlossen werden; es liegen
ungefähr 90 bis 100 Zentner auf Lager.
NÜlMhSvg, 25. Sept. Der heutige Donnerstags-
markt hat die große Zuführ nicht erhalten, welche man zu
erwarten berechtigt war, was seinen Grund darin haben
mag, daß die Produzenten des niedrigen Preisstandes wegen
zurückgehalten haben. Es sind bis jetzt Mittags 10—1100
Ballen hereiugekommen, welche durch Einkauf der Exporteure
zu 42—48 fl. raschen Absatz fanden. Außerdem war auch
für Brauerkundschaft reger Begehr und konnten bei Anwe-
senheit zahlreicher auswärtiger Käufer die gestrigen Preise
für Hallertauer, Württemberger und Schwetzinger 60—70 fl.
sich leicht behaupten, in getrockneter und ausgewählter Waare
sogar einige Gulden mehr erzielt werden. Was heute an
Nachrichten von den Productionsplätzen vorliegt, läßt eine
festere Haltung des Geschäfts erkennen, nirgends wurden die
Preise so erschüttert, wie es an unserm Markte vor etlichen
Tagen der Fall war.

Mittags 12 Uhr. Die Zufuhr ist zu gemeldeten
Preisen geräumt. In besseren Sorten 60—70 fl. bezahlt,
2—300 Ballen, insgesammt 1200 Ballen Umsatz, Einkauf
fortdauernd.

Heutige Notirungen sind:
Marktwaare prima
„ secunda . . .
Württemberger prima fehlen .
Badische prima fehlen . .
„ sekunder ....
Hallertauer Siegel . . .
„ prima . . .

40-46 fl.
36—40 fl.
66-70 fl.
64—68 fl.
58—60 fl.
70-75 fl.
66—70 fl.

Die Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Diese schien davon indessen ganz unberührt zu bleiben,
nachlässig spielte sie mit den Quasten des Divans.
„Weib," knirschte er, „du bringst mich zur Verzweif-
lung !"
Sie sah ihn möglichst gleichgültig an, erschrack aber
doch vor seinem wahrhaft entsetzlichen Gesichtsausdruck.
„Sei doch nicht so unsinnig," versuchte sie einzulenken.
„Wozu willst du die längst vergessenen Dinge wieder auf-
frischen ? Wer weiß, was aus dem Kinde geworden ist, das
mag längst —"
„Ja, du hast Recht," unterbrach er sie, indem er in
seinen Sessel niedersank," wer weiß, was aus dein Kinde
geworden ist? Das mag längst auf dem Wege sein, eine
Diebin und wer weiß, was noch Alles, zu werden."
„Ach, das Kind mag ebenso gut daran sein, wie im
Hause deines Bruders. Wer wird gleich das Schlimmste
denken? Des Menschen Schicksal ist bestimmt," tröstete die
Gräfin.
Der Graf lachte hell auf.
„In der Thal," rief er aus, „ich habe nicht im Ent-

ferntesten eine Ahnung davon gehabt, daß du so sprechen
könntest!"
Die Gräfin runzelte ihre Stirn, doch schwieg sie, nach-
dem sie noch einen Blick auf ihren Gatten geworfen hatte.
„Genug davon," fuhr der Graf fort, „ich habe dir
jetzt nur noch zu sagen, daß es uns bald nicht mehr mög-
lich sein wird, uns in unserer jetzigen Stellung und in dem
bisherigen Glanze zu erhalten. Der Bankier Moses drängt,
er will die geliehenen Summen zurückhaben; Rechnung auf
Rechnung geht ein, kein Mensch will mehr warten; in kür-
zester Zeit werde ich meine Zahlungen einstellen müssen."
Die Gräfin erhob sich von ihrem Sitze und die Angst
vor dein, was ihr Gatte ihr in diesem Augenblicke offen-
barte, stand auf ihrer Stirn geschrieben.
Doch nur einen Moment, im nächsten hatte sie ihre
ganze Fassung und Festigkeit wieder gewonnen.
„Das kann, das darf nicht geschehen," sagte sie bei-
nahe heftig, „auf keinen Fall! Du mußt einen Ausweg
suchen!"
„Es gibt keinen," entgegnete der Graf kopfschüttelnd.
„Es gibt keinen?" fragte sie spottend. „Wenn du ihn
nicht weißt, so weiß ich ihn."
„Nun?" fragte der Graf gespannt.
„Leon muß heirathen."
Der Graf sah seine Gattin ganz erstaunt an, dies war
für ihn etwas Unerhörtes; er hatte kaum aufgehört, Leon
als ein Kind zu betrachten und dieser Jüngling — Knabe

mochte er fast sagen — sollte heirathen, ein Band für das
ganze Leben schließen?
„Thorheit, Amalie," sagte er endlich, „Leon heirathen
— ein vollkommenes Kind, wo denkst du hin?"
„Man pflegt junge Männer, die bereits ihr vierund-
zwanzigstes Lebensjahr zurückgelegt haben, keine Kinder zu
nennen," versetzte die Gräfin, ihre Stirn in noch finstere
Falten ziehend, „zudem bleibt uns kein anderer Weg, uns
in unserer Stellung zu erhalten, Leon muß eine reiche Partie
machen l"
„Eine reiche Partie!" wiederholte der Graf, die Achseln
zuckend, halb zu sich selber, „es gibt gerade in unseren
Kreisen solche Partien wenig. Aber da du die Verheirathung
deines Sohnes beschlossen hast, so wirst du dich doch gewiß
auch schon nach einer passenden Schwiegertochter umgesehen
haben."
„Du hast iu der Thal das Rechte getroffen. Ich kenne
eine junge Dame, die neben einem enormen Reichthum
auch noch den Vorzug hat, von Stande zu sein."
„Ist sie jung — schön?" forschte er gespannt.
Die Gräfin zuckte leicht die Achseln.
„Jung, was die Welt im Allgemeinen so nennt, ist
sie freilich nicht, sie wird ungefähr zweiunddreisig Jahre
alt sein; doch das gleicht ihr Vermögen aus."
„Ich befürchte, Leon wird der Meinung nicht sein,"
versetzte der Graf „eine Differenz von acht Jahren ist doch
ein Bischen stark, besonders wenn die Frau die ältere Per-
son ist." (Forts, folgt.)
 
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