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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 63 (29. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0253

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehmen
Bestellungen an.

Ichwttzmgtr WolhmblaU.

Amtsverkündigungsötatt für den Mezirk Schwetzingen.
Bsdischr H o p s c n s c i t u n g.

Preis
viertelsäbrlich 45 kr
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.
Lokalanz eigen
3 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhetnpfalz.

«0. 63. Donerstag, 29. Mai 1873.VII. Jahrgang.
Für das „Schwetzirrger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Reüssllnnnplt dieses Blatt für
dezi Monat Juni werden -
bei scimmtlichen Postanstalten sowohl als bei den
Landpostboten angenommen.
___ Die Expedition.
Rundschau.
Berliner Blättern wird mitgetheilt: „Fürst Bismarck,
dessen Gesundheitszustand in letzter Zeit im Allgemeinen be-
friedigend war, wird seit Kurzem wieder von seinem alten
Leiden, dem Rheumatismus, namentlich im Hüftgelenk heim-
gesucht, so daß er bereits wiederum ärztlichen Rath hat nach- '
suchen müssen. Man glaubt, daß der Fürst in Folge die-
ser krankhaften Anfälle schon binnen Kurzem Berlin ver-
lassen und sich zunächst auf seine Besitzungen begeben wird.
Erst gegen den Herbst hin dürfte derselbe eine längere Cnr
gegen das Uebel gebrauchen."
Nach Absicht der Reichsregierung soll die Verwaltung
des Reichsinvalidenvonds bereits mit dem I. Oc'ober d. I.
eingerichtet werden und hat dieselbe demnach dem B u n de s-
rath einen bezüglichen Etat für das laufende Jahr vor-
gelegt, welcher sich in Ausgabe auf 6913 Thlr. beläuft.
Ein Reichsgesetz über das Banknoten-
wesen wird im Reichskanzleramt vorbereitet, jedoch ent-
schieden erst in der nächsten Session vorgelegt werden. In-
zwischen hat der Reichskanzler dem Bundesrathe ein Gesetz
vorgelegt, durch welches das jetzt provisorisch geltende Bank-,
notengesetz his zum 31. December 1874 verlängert wird.
Das Gesetz vom März 1870 war ursprünglich nur bis
1872 erlassen, dann auf ein Jahr verlängert, wert man
hoffte, bis dahin ein definitives Gesetz erlassen zu können,
eine Erwartung, welche dadurch unerfüllt blieb, daß das
Münzgesetz erst zu Stande kommen muß. A ich diese Ma-
terie bäugt bekanntlich noch unentschieden 'n der Luft.
Die Schaffung unzähliger Scheinwerthe, namentlich
solcher, welche von Staatswegen unterstützt oder gar erzeugt
werdest, sind nach Ansicht der S t a a t s b ü r g e r - Z e i t u n g
ein Hauptfactor jener unendlichen Calamitüten, welche früher
oder später zur heillosesten Verwirrung unserer schon an und
für sich überaus kranken socialen Zustände führen müssen.
Daraus erklärte sie sich den „großen Krach" an der Wiener
Börse, von dem wir in Berlin bald eine neue Auflage er-
leben würden, weil hier, genau ebenso wie dort, zschllosse
Scheinwerthe auf den Markt geworfen werden, ohne Rück-
sicht auf ihren Werth, der in der Einbildung zwar ein
ungetreuerer, iu Wirklichkeit aber ein völlig nichtiger ist
In der „Union" wird ausführlich erzählt, welche Re-,
den Mac Mahon und Buffet wechselten, als letzterer von
anderen Mitgliedern des Bureau's der Kammer begleitet,
sich zu dem Marschall begab,' um ihm seine Wahl zum

Präsidenten zur Kenntniß zu geben. Mac Mahon war
nicht zu Hause, sondern bei Thiers! Man ließ ihn kommen
und Mac Mahon empfing die Deputaten in seinem Ar-
beitskabinet. Buffet theilte ihm nun mit, daß ihn die
Assemblee 'zu den hohen Funktionen eines Präsidenten der
Republik berufen habe und die anwesenden Deputirten ihn
bäten, diese Ehre anzunehmen. Der Marschall war augen-
blicklich verlegen, als ob er sich die schwere Verantwortlich-
keit des Amtes vor Augen stelle. Dann erhob er das
Haupt, welches in Gedanken versunken war, und stammelte
Entschuldigungen. Er sagte, daß er nur ein Soldat und
zufrieden sei, an der Spitze der Armee zu stehen. Gerade
seine militärische Stellung könnte in diplomatischen Kreisen
die Veranlassung zu Empfindlichkeiten sein. Thiers in der
Präsidentschaft zu folgen sei für ihn um so peinlicher, als
er mit demselben die intimsten und herzlichsten Beziehungen
unterhalten habe. Frankreich besitze würdigere Männer
für diesen Posten, Buffet, Benoist d'Azy (die Anwesenden)
und manchen Anderen. Mac Mahon glaubte, daß er dem
Lande sich als Militär nützlicher erweisen könne denn als
Präsident. Darauf appellirte Buffet an den Patriotismus
des Marschalls, beschwichtigte seine Bedenken und stellte ihm
vor, daß er durch eine Weigerung die allerschwerste Ver-
antwortlichkeit ans sich laden würde. Nun leistete Mac
Mahon nicht länger Widerstand. Ec acceptirte die Würde,
da man ihm eine Art Pflicht im Interesse des öffentlichen
Wohls daraus mache. Die ganze Geschichte sieht recht ab-
gekMZ aus. Vielleicht geeube um dem Vorgänge" den
Eharak'er des Unerwarteten zu geben, befand sich Mac
Mahon nicht in seinem Hotel, sondern im Präsidentschafts-
gebäude. Die Ausflüchte des Marschalls, welche er Buffet
gegenüber anwandte, sind erkünstelte; der Hinweis auf die
diplomatischen Schwierigkeiten seiner Präsidentschaft, auf
seine intimen Beziehungen zu Thiers u. s. w. ist ganz ge-
schickt. Kölnisch ist nu- der Ernst, mit dem einem Com-
plott von langer Hand der Schein einer Ueberraschung ge-
geben werden sollw, und beinahe ironisch ist die delicate
Bemerkung des Marschalls, Buffet oder Beuoist d'Äzy hätten
sich besser zum Präsidenten geeignet.
MacMahon's Präsidentur ist der Vor-
läufer der Rückkehr zur Monarchie. Der
Marschall ist viel zu wenig Politiker, um den persönlichen
Ehrgeiz zu haben, längere Zeit an der Spitze des Landes
stehen zu wollen, wie Thiers dies wünschte. Er ist ein
Bahnbrecher. Aber für wen? Mac Mahon hat nie
eine öffentliche politische Rolle gespielt, deshalb kennt man
seine Ansichten, selbst seine Sympathien nicht genau. Der
Geburt nach stammt er aus einer Legitimistenfa-
milie; seine militairische Hauptcarriere hat er unter Louis
Napoleon gemacht, zu dem er aber Persönlich nicht im besten
Verhältniß stand und den es Ueberwindung genug kostete,

ihn zum Herzog von Magenta ernennen zu müssen. Be-
ziehungen zu den Orleans soll er nie gehabt haben. Da-
nach könnte man fast anuehmen, daß Mac Mahon jener
neuen Fusion nicht fern stände, die zwischen den Legitimisten
und Bonapartisten eingetreten sein soll.
Doch ist das unsicher. Wir müssen abwarten, was
geschieht. Die Losung istRepublik o d e r M o n a r ch i e.
Werden die Republikaner, die in der letzten Zeit ihre Hoff-
nungen so bedeutend wachsen sahen, ohne Widerstand sich
eine neue Monarchie auferlegen lassen? Wird die Macht
der Monarchisten groß genug sein, diesen Widerstand nieder-
zuschmettern ? Frankreich ist wieder einmal in
die Periode unberechenbarerKatastrophen
eingetreten. Auf gesetzlichem, parlamentarischem Wege
ist der Knoten nicht zu lösen. Es wird sich darum han-
deln, ob die Armee zuverlässig ist, und zu wem sie hält.
Wir wollen froh sein, daß wir unsere vier Milliarden
haben, denn mit der Bezahlung der fünften, obgleich die-
selbe von Thiers schon zur Zahlung bereit gehalten wurde,
dürfte es jetzt hapern. Ober unsere Staatsmänner müßten
denn die Gelegenheit benutzen, um eine sehr schnelle Zahlung
der letzten Milliarde durchznsetzen. In dieser Beziehung
werden sie nichts versäumen, was wir von ihnen erwarten
dürfen. Ob eine Neubesetzung der schon geräumten Ge-
biete erfolgen wird, steht dahin; auch in dieser Hinsicht
dürfen wir der Fürsorge der betheiligten und maßgebenden
Behörden vertrauen.
Die Nachrichten aus Spanien werden schlechter und
schlechter. Der Gouverneur von Barcelona fürchtet ernstliche
Conflikte mit der Arbeitsbevölkerung und hat an die Regie-
rung telegraphirt, daß er für die Ordnung nicht einstehen
könne. In Sevilla haben ungefähr 16,000 Personen die
Arbeit eingestellt und einem Telegramm der „Agence Havas"
zufolge bedrohen die Arbeiter auch eine einem Preußen ge-
hörige Fabrik zu Puik Lagostera. Der Bedrohte soll die
deutsche Flagge aufgezogen haben.
Die Modoc-Jndianer haben unter der Bedin-
gung der Schonung des Lebens ihre Ergebung angeboten.
Davis verlangte unbedingte Unterwerfung bis Freitag,
widrigenfalls alle erschossen würden. — In Iowa hat ein
Orkan gewütbet, welcher Häuser und Farmen zerstörte und
Menschen und Thiere fortführte. Viele Todte und Ver-
wundete werden gezählt.
DeutschesReich.
Berlin, 25. Mai. Der Verfassung? - Ausschuß des
Bundesrath hat sich gestern für Ablehnung der Reichstags-
Diäten ausgesprochen, aber für die Gewährung freier
Fahrt auf den Staats - Eisenbahnen, welches Verfahren
die Privatbahnen voraussichtlich ebenfalls befolgen werden.
Berlin, 27. Mai. Ein Schreiben des Reichskanz-

Der Much des Holdes.
*
* *
(Fortsetzung.)
3.
„Eben, weil ich voraussehe, daß diese Heirath das Glück meines
Lebens nicht begründen würde, bin ich entschlossen, sie nicht einzugehen.
Und nun genug, ich werde die Einladung des Millionärs annehmen,
um ihm, nicht zu beleidigen; aber zu hoffen, daß ein näherer Um gang
mit Fräulein Hedwig meine Gesinnungen ändern könne, wäre —"
»Ich habe also heute das Vergnügen, sie bei mir zu sehen!" unter-
brach Cornelius in diesem Augenblick die leise geführte Unterhaltung.
^Auf Wiedersehen denn."
Er bot seiner Tochter den Arm und führte sie zum Wagen, der
Vor der Thür hielt.
„Apropos," wandte er sich zu dem Trödler, der ihm folgte, „ken-
nen sie vielleicht die Adresse eines tüchtigen Musiklehrers?"
„Es gibt deren mehrere," erwiderte Schwind mit einer Ver-
beugung, „wenn sie aber die Wahl mir überlassen wollten, so würde
sie auf eine junge Dame fallen, deren Talent sehr gerühmt wird."
„Gut, schicken^sie mir die Dame, damit ich die nöthigen Verab-
redungen mit ihr treffen kann," sagte Cornelius, während er in den
Wagen stieg.
„Ich hoffe, du bist damit einverstanden," fuhr er fort, als der
Wagen abfuhr; „du wirst überhaupt noch Manches nachholen müssen,
bevor wir die Reise, die ich vorhabe, um dir die Welt zu zeigen, an-
treten können."

Hedwig nickte. „Sie versprachen mir, die Verbindung mit dem
Trödler zu lösen, und heute geben sie ihm abermal einen Beweis ihres
Vertrauens," sagte sie. „Ich komme noch einmal auf den Wunsch zu-
rück, den ich heute Morgen äußerte, lassen sie uns die Stadt in den
ersten Tagen, wenn auch nur für eine kurze Zeit verlassen."
„Ich habe dir bereits gesagt, daß deine Gründe für diese Bitte
nicht stichhaltig sind," entgegnete Cornelius, über dessen Stirn ein
düsterer Schatten glitt, „weshalb beharrst du so hartnäckig dabei, daß
ich eine Stadt verlassen soll, an die so manche für mich angenehme
Erinnerung sich knüpft? So Jemand dir in den Weg treten will, weißt
du, an wen du dich wenden kannst, und ich denke, deinem Stolz muß
es schmeicheln, nun auf die hinabsehen zu können, die noch vor wenigen
Wochen dich kaum ihrer Beachtung werth hielten."
Der Wagen hielt, die Straße war durch mehrere Karren gesperrt.
Cornelius ließ das Fenster hinunter, um sich nach der Ursache dieses
Aufenthaltes zu erkndigm; als er sich zurückbeugte, schritt ein junger,
ärmlich gekleideter Mann an dem Wagen vorbei, der einen Blick durch
das offene Fenster warf und daraus mit sichtbaren Zeichen der Ueber-
raschung stehen blieb.
Cornelius bemerkte das auffallend: Benehmen dieses Mannes nicht,
er sah auch nicht, daß die Wangen Hedwigs plötzlich erbleichten.
„Der Wagen wird rasch wieder frei sein," sagte er, „die Straßen
sind eng und da mag cs leicht sein, daß einige Karren sie sperren."
Hedwig gab keine Antwort, sie wandte dem jungen Manne, über
dessen Lippen ein boshaftes Lächeln glitt, den Rücken und athmete er-
leichert auf, als die Pferde wieder anzogen.
Der junge Mann folgte dem Wagen; als derselbe vor dem Gast-

hofe zum deutschen Kaiser hielt, trat er zurück, um nicht gesehen zu
werden.
Kaum aber war der Millionair uud dessen Tochter im Portale
des Gasthofes verschwunden, als der Fremde sich rasch dem Lohndiener
näherte, der vor dem Portale stand.
„Guter Freund, in diesem Gasthofe logirt ein Herr, dem ich heut:
Morgen einen kleinen Dienst erzeigte-" sagte er, „ich bin beauftragt,
meinen Lohn heute Nachmittag zu holen, da der Herr augenblicklich
nur Gold besaß. Wollt ihr nicht so gut sein, und mir das Zimmer
bezeichnen, in welchem ich den Herrn finde?"
Der Lohndiener musterte den Fragenden von dem Rande seines
fuchsigen Cylinderhutes bis zu den Sohlen seiner stellenweise defectcn
Stiefel, dann sagte er geringschätzend die Achseln.
„Um das zu können, müßt Ihr zuvor mir den Namen des Herrn
nennen," erwiderte er, „hier logiren viele Fremde."
„Lieber Freund, wenn ich den Namen nicht vergessen hätte,
würde ich mich an den Herrn Oberkellner gewandt haben," fuhr der
junge Mann fort. „Ein corpulenter Herr, vielleicht fünf bis sechsund-
vierzig Jahre alt, trägt einen blauen Rock. Eine junge, schöne Dame
begleitet ihn —"
„Ah, Herr Cornelius, der vorgestern aus Amerika ankam," unter-
brach der Lohndiener ihn.
„Aus Amerika?" fragte der Vagabund, denn einem solchen sah
er ähnlicher, als einem verschämten Armen, „ich glaube, ihr irrt euch —"
„Werde es doch besser wissen, als ihr: ich sage euch, der Herr ist
aus, Amerika hierher gekommen, um —"
(Fortsetzung folgt.)
 
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