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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 112 (23. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0449

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4
Garmondzeile 5 kr.

^wttzmgcr Wochenblatt
Amtsverkündigungsölatt für den Aezirk SchwehingeE°^

Ko. 112. Dienstag, 23. September 1873. VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstein L Jogker, Rudolf Wojfe und K. L. Jauöe L Ko., sowie die Süddeutsche Annoncen-Hrpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Uundscha u.
Der König von Italien wird in Berlin am
22. d. M. vom Kaiser und den Prinzen des königlichen
Hauses auf dein Görlitzer Bahnhof empfangen werden. Nach
der Ankunft findet Diner im kaiserlichen Palais statt. Das
fernere Programm enthält: 23. September Gala-Diner im
königlichen Schlosse und Gala-Oper; am 24. September
Truppenrevue zu Potsdam und Dejeuner im dortigen Stadt-
schlosse, Spazierfahrt, Diner beim Kronprinzen und Theater-
vorstellung im Neuen Palais; am 25. September Jagd in
Hubertusstock; am 26. September Diner beim Gesandten
Launay; am 27. September Besichtigung der Berliner
Sehenswürdigkeiten und Abschieds-Diner im kaiserlichen
Palais.
Gutem Vernehmen nach wird der Besuch des Königs
von Italien den intimen Beziehungen zwischen Berlin und
Rom dadurch einen prägnanten Ausdruck verleihen, daß
die bisherigen Gesandten zum Range von Botschaftern er-
hoben werden.
Die „Nuova Roma" hält die von verschiedenen Blät-
tern verbreitete Nachricht, daß der deutsche Kaiser im
Laufe dieses Winters nach Rom kommen werde, für wenig-
stens voreilig. Die Sache steht nämlich so: „Als der Kaiser
von Deutschland die Prinzessin Margarethe diesen Sommer
in Schmalbach besuchte, und den Wunsch äußerte, den König
von Italien recht bald in Berlin zu sehen, erwiderte die
Prinzessin: daß sich Victor Emanuel eben so sehr freuen
wurde, ibn in Rom zu sehen, worauf der Kaiser entgegnete:
das; er den König von Italien recht gern in seiner Haupt-
stadt besuchen werde. Victor Emanuel wird natürlich nicht
verfehlen, den Kaiser in Berlin an sein Versprechen zu er-
innern, und man hofft, daß dieser Wort halten wird; aber
Genaue re s ist in der Sache nicht festgestellt."
Deutsches Reich.
Kassel, 20. Sept. Die Agnaten , des Kurfürsten von
Hessen sind von Preußen definitiv abgefunden, Landgraf
Friedrich Wilhelm, der präsumtive Thronerbe, hat gegen
202,000 Thaler Jahresrevenue die Annexion anerkannt,
seine politischen Rechte aufgegeben und auf das Hausver-
mögen, außer einigen Schlössern, verzichtet. Der Philipps-
thaler Linie sind 36,000 Thaler Jahresrevenue angeboten,
falls ihr Beitritt erfolgt.
Berlin, 20. Sept. Die „Spenersche Zeitung" theilt
mit, daß die landesherrliche Anerkennung Reinkens als alt-
katholischer Bischof erfolgt sei. Die königl. Anerkennungs-
urkunde werde unmittelbar nach der Vereidigung demselben
eingchändigt werden.
Ausland?
Madrid, 20. Sept. Insurgenten in Karthagena

schossen am 15. d. M. auf eine französische Schaluppe,
welche Lebensmittel einnehmen wollte, sie tödteten einen
Matrosen und verwundeten zwei Auf die Drohung des
Kapitäns, er werde die Stadt bombardiren, leistete der
Wohlfarthsansschuß die geforderte Satisfaction.
London, 20. Sept. Der „Times,, wird aus Free-
town vom 2. d. M. gemeldet: In Folge der Niederlage
der Engländer am Prahflusse sind fast alle Stämme west-
lich Etwina im Aufstande und zur Unterwerfung unter die
Aschantis bereit. Die „Kriegsschiffe „Harraconia" und
„Argat" sind eingelaufen, um die feindlichen Dörfer zu be-
schießen. Dieselben mußten, da die von ihnen gelandeten
Mannschaften vom Feinde überfallen waren, die ersteren
zurückziehen.
Neueste Kopfen-Menchte.
Vom Continent.
):( Schwetzingen, 21. Sept. Die Ernte geht hier
und in der Umgegend sehr langsam und schwierig vor sich u.
kostet es bei der dermalen noch immer andauernden rauhen und
naßkalten Witterung noch viele Mühe und Fleiß, auch Nur
einigermaßen trockene Waare zu liefern. — Nachdem schon
während 14 Tagen an allen Orten im Badischen äußerst
lebhafter Geschäftsgang und ein Steigen der Preise sich
Bahn gebrochen und hier schon über ein Drittbeil verkauft,
ist seit ein paar Tagen vollständige Ruhe im Handel eingetreten
und huldigt man allgemein der Ansicht, daß ein Preisrückgang
unausbleiblich sei. In einigen umliegenden Orten sind die Preise
auch merklich heruntergegangen, doch ist das Alles zu der-
artigen Befürchtungen noch kein stichhaltiger Anlaß. — Das
steht einmal fest, daß der Bedarf für Export ein bedeuten-
der ist, da England und Amerika namentlich durchaus keine
günstigen, sondern im Gegentheil sehr schlimme Ernteerträg-
nisse machen werden; ferner bleiben auch in vielen Gegen-
den Oesterreichs und Deutschlands die Ernteerträgnisse weit
hinter den Erwartungen zurück und werden wir von dem
Ueberfluß der heurigen Ernte, welchen so manche Be-
richterstatter in die Welt hinausschreien, wohl nichts zu ver-
spüren haben, und alter Hopfen ist bereits keiner mehr vor-
handen. Ein schlechtes Weinjahr haben wir ganz sicher in
Aussicht, uno in Folge dessen wird und muß der Biercon-
sum ein bedeutend größerer werden. Also nur nicht ängst-
lich ihr Produzenten, — bange machen gilt nicht; — sollte
auch ein momentaner Preisrückgang ersolgen, so kann der-
selbe erstens nicht bedeutend und zweilens nicht constant u.
maßgebend sein. — Mit dem heutigen Tage ist nun schönere
Witterung eingetreten und hoffen wir, daß solche endlich
auch anhaltend sein wird.
>< Schwetzingen, 22. Sept. Im tzopfengeschäfte
ist seit ein paar Tagen Flauheit eingetreten; es werden
momentan zwar hie und da kleine Käufe abgeschlossen, aber

zu etwas herabgedrücklen Preisen. Die Käufe gehen etwas
still und langsam vor sich und nehmen die Händler eine
reservirte Haltung an, wozu wohl einerseits die israelitischen
Feiertage beitragen mögen, anderseits aber auch unter den
Käufern die allgemeine Ansicht herrscht, daß der bisherige
Preis in Anbetracht des Erntestandes ein künstlich hinaufge-
triebener und unhaltbarer sei, zumal am Hauptplatze Nürn-
berg billigere Preise als in hiesiger Gegend existiren, und
die Geschäftsleute mit der nur meist halbtrockenen Waare
nicht nur Gefahr lausen, sondern sehr schlechte Geschäfte im
Export machen.
* Hockenheim, 20. Sept. Das Geschäft war hier
seither anhaltend lebhaft und Preise haben sich bis fl. 70
und 80 erhöht, da Baden von sehr vielen Käufern besucht
und durch die fortwährend feuchte Witterung trockene Waare
immer sehr rar und gesucht ist. Hauptkäufer sind Böhmen.
Jetzt ist es etwas stiller und das Kaufen etwas langsamer,
jedoch der Preis noch um Weniges billiger. Wenn die Flau-
heit noch etwas länger audauert, wird der Preis jedenfalls
innerhalb der nächsten Tage einen stärkeren Rückgang er-
reichen, indem hier allgemein die Ansicht herrscht, daß eine
Reaction unausbleiblich ist, sobald eine Aenderung der Wit-
terung eintritt.
Hagenau, 20. Sept. Die ungünstige Witterung
hält noch immer an; der Hopfen ist fast nicht zu trocknen
und die Folge davon ist, daß leider noch viele Hopfenfelder
nicht geleert werden konnten. Seit 8 Tagen wird, jedoch
stets nur in kleinen Parthieen, unsere Hopfenhalle befahren
und mögen circa 100 Ballen bis heute auf die Waage ge-
bracht worden sein, welche zu 125—130 Fr. in schöner und
gutgetrockneter Waare verkauft wurden. In den Privat-
Magazinen wurden jedoch bis zu 150 Fr, bezahlt, Wir
warnen wiederholt zur Vorsicht, damit es ihnen nicht gehe
wie im vorigen Jahre. Die letzten Nachrichten über die
Ergebnisse in Deutschland und Oesterreich liefern den sicht-
baren Beweis, daß das Ernteerträgniß mit nur wenigen
Ausnahmen hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist und
daß der Ertrag an vieien Orten kaum dem von 1872 im
Quantum gleichkommt. Hieraus folgt, daß unsere
Pflanzer mit dem Losfchlagen auf der Hut
sein müssen. Der vorjährige Hopfen ist so gut wie
verschwunden, mit dem Wein mird es Heuer wieder schlecht
aussehen und sonach ein gesteigerter Bedarf an Bier Platz
greifen; es steht aber auch, was mit die Hauptsache ist,
bombenfest, daß die englische und amerikanische Ernte in
Quantität und Qualität schlecht ausgefallen ist, so zwar daß
beide Länder unfehlbar der Zufuhr bedürfen. Darum vor-
gesehen !
Nürnberg, 20. Sept.
Die gestern zugebrachten 500 Ballen mittelfränkischer Waare
wurden zu vollen Donnerstagspreisen, hauptsächlich von Ex-

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Ianny Klink.
(Fortsetzung.)
„Bah, ich werde mich hüten, dich in Dinge einzuwei-
hen, davon du nichts weißt."
Jakob hatte den rechten Weg eingeschlagen, Netly's
Neugierde rege zu machen. Die Augen der Kammerjungfer
leuchten höher auf, und sich dicht zu Jakob hinneigend, flüsterte
sie:
„Ich sehe Jakob, daß du mich doch nicht ausforschen
willst, wie ich anfangs glaubte, sondern es ehrlich meinst.
Du kaust mir ruhig alles anvertrauen; ich weiß mehr von
den;, was hier im Hause vorfällt, als Mancher vielleicht
denken mag."
„Das kommt doch auf die Probe an, Netty, und da
du mir mißtrautest, habe ich alle Ursache, Gleiches zu thun.
Jetzt verlange ich, daß du mir erst eine Probe von deiner
Allwissenheit giebst."
Das Kammermädchen zögerte keinen Augenblick mehr,
ihn in alles, was sie seit längerer Zeit im Hause
erspäht hatte, einzuweihen, und manche Jntrigue kam dabei
zu Tage. Für den Augenblick war die Hauptenidecknng,
die sie gemacht hatte, daß die Frau Gräfin beabsichtige,

den jungen Grafen mit der Comtesse von Wildbach zu ver-
mählen, daß Herr Leon aber keine Lust dazu habe, weil die
Dame nicht allein zehn Jahre älter sei, sondern derselbe
auch schon eine Braut habe.
„Sieh, Jakob," fügte sie hinzu, „Du erinnerst dich
doch wahrscheinlich noch, wie wie vor — es mögen unge-
fähr vier Jahre her fein — der junge Herr von seiner
Reise heimkehrte und die Nachricht, daß Graf Franz sein
Töchterchen gestohlen oder ertrunken sei, mirbrachte. Er
wurde gleich darauf sehr krank, wie wir damals glaubten,
vor Schreck und Aufregung, aber das war er nicht, man
sprach uns das nur so vor. Den Abend, als die Aerzte
sagten, daß es sich die Nacht entscheiden müsse, ob er leben
oder sterben würde, und der Graf und die Gnädige an sei-
nem Bette saßen und wachten, befand ich mich im Neben-
zimmer. Schon lange sprachen Beide leise zusammen und
ich — nun, ich wollte gern wissen, was sie zu der Krank-
heit sagten; ich legte mein Ohr an die Thür und lauschte.
Aber sie sprachen nicht von seiner Krankheit, sondern nur
davon, woher sie kommen möchte, und der Graf sagte, daß
er irgendwo eine Liebschaft gehabt haben müsse, die das
Unglück herbeigeführt habe. In diesem Augenblick hörte ich,
wie der junge Herr Graf ganz deutlich ausrief: „,,O, meine
Zendale!" — ja, solch' ein Name war es, — „„meine süße
kleine Braut, warum bist du fort gegangen?"" Und —"
„Halt, Netty, Du mußt dich irren," unterbrach Jakob
sie eifrig, „Zendale meinst Du, nicht wahr?"
„Ja, richtig, Zendale! Es ist ein eigenthümlicher Name;

der Graf und die Gräfin meinten damals, er könne nur
einer Zigeunerin angehören."
„Einer Zigeunerin?" rief Jakob halb erschrocken, halb
zweifelhaft aus. „N in, Netty, eine Zigeunerin wird doch
der junge Herr Graf nicht zu seiner Braut machen, das
hübsche, blasse Gesicht kann überhaupt gar keiner Zigeunerin
gehören."
„Welches hübsche, blasse Gesicht?" fragte Netty, indem
sie ihre Hand graziös auf Jakobs Schulter legte.
„Was unser junger Herr gemalt hat und welches in
seinem Zimmer hängt. Er hat es beständig mit einem sei-
denen Flor zugedeckt und unten in der Ecke steht, ganz fein,
der Name Zendale/ Stundenlang kann er davor stehen,
und es betrachten, und öfter habe ich sogar schon gesehen,
daß er Thränen dabei in den Augen hatte. Aber so, Netty
ich soll ja unsere Gnädige rufen, beinahe hätte ich es ver-
gessen über das Plaudern mit dir. Doch die Hauptsache ist
jetzt, wir verstehen uns, und nun heißt es nur noch, daß
wir Beide unsere Augen und Ohren offen hallen."
Netty huste in das Boudoir ihrer Herrin, wohin Ja-
kob ihr bald folgte, und wenige Augenblicke später trat die
Gräfin in das Arbeitskabinet ihres Gemahls.
Wir haben uns bislang noch nicht umständlich mit der
Außenseite der Gräfin bekannt gemacht, obschon wir wissen,
daß ihr Charakter viel zu wünschen übrig ließ. Sie besaß
eine große hagere Gestalt, die ihren Gatten mindestens um
kopfeslänge überragte.
(Fortsetzung folgt.)
 
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