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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 108 (13. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0433

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IchwthiiM WochkMrltt
Amtsverkündigungsötatt für den Wezirk Schwetzingen.

Badische H o p sc n z c i t u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Samstag, 13. September 1873.

M. 108.

VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Burcaux von F-aasenstein L Wogker, Rudolf Waffe und K. L. Jauöe L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von G. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Rund s ch a u.
Die neue Expedition gegen Atchin wird nach
dem in Batavia erscheinenden „Indier" ihre Operaiionen
in den ersten Tagen des Monats Oktober beginnen. Das
Expeditionscorps wird sich in der Kolonie Padany auf der
östlichen Küste Sumatras versammeln. Das Blokadege-
schwader hat schon eine Zahl atchinesischer und fremder
Schiffe, welche Kriegscontrebande betrieben, weggenowmen.
Uebrigens droht eine dritte Macht, sich an diesem Kriege
zu belhctligen. Die Cholera ist nach offiziellen Nachrichten
in Bangkok >m Königreich Siam und in Singapore ausge-
brochen, und es ist zu vermuthen, daß Sumatra von ihr
nicht verschont bleiben wird. — Die Regierung der Ver-
einigten Staaten hat von ihren Marine-Offizieren und Kon-
suln im Orient Bericht erhalten; denen zufolge hat der
Sultan von Atchin dem dortigen amerikanischen Consul
gegenüber den Wunsch ausgesprochen, in engere Verbindungen
mit den Vereinigten Staaten treten zu wollen, und daß er,
im Falle ihm von denselben Schutz gewährt werden würde,
bereit sei, den Vereinigten Staaten große commerzielle Pri-
vilegien zu gewähren, ihnen die Errichtung von Flotten-
stationen zu bewilligen und auch vortreffliches Schiffsbauholz
zur Benutzung zu überlassen. Dem Sultan wurde mitgethnlt,
er könne derartige Präposition am besten durch einen Spe-
zial-Gesandten der Regierung der Vereinigten Staaten vor-
legen lassen.
Aus Nordamerika wird eine erfreuliche Annä-
herung der dänischen und deutschen Einwanderer gemeldet.
Während in Europa die gereizte Stimmung der Dänen
gegen Deuischlmw nachläßt und hoffentlich im Fortgänge
der Zeit ganz aufhört, damit ein freundnachbarliches Ver-
hältniß zwischen den Germanischen Stammverwandten sich
gestalte, hat in den Vereinigten Staaten die Aussöhnung
bereits stat!gefunden. Der zu Cincinnati erscheinende Volks-
frcund schreibt: Dänen und Deutsche reichen sich hier die
Hände. Jene haben mit uns die Germanische Lebensan-
schauung gemein und treten deshalb in dem Kampfe, welchen
die Puritaner gegen die gesellschaftliche Freiheit eröffnet
haben, freiwillig auf Seite der Deutschen. In Chicago fand
(im Juni) eine Dänische Massenversammlung statt, in
welcher die Redner es als eine gebotene Pflicht ihrer Lands-
leute hinstellten, Deutsches Leben und Deutsche Geselligkeit
in Amerika gegen die Angriffe der Puritanischen Engherzig-
keit zu Vertheidigen. Die darauf bezüglichen Beschlüsse wer-
den ein stimmig angenommen."
Aus Mexico kommen erfreuliche Berichte. In
allen Gauen herrscht seit der Niederlage des letzten Rebellen
Lozado, Friede, und Handel uns Wandel prosperiren.
Präsident Lerdo und seine Mitglieder genießen jetzt die
Früchte der Thütigkeit des zu früh verschiedenen Juarez,
dessen Andenken das mexicanische Volk durch verschiedene Acte

der Erinnerung zu ehren sucht. Sonderbar nur ist die Mel-
dung, daß die mexicanische Regierung mit der Deutschen in
Unterhandlung stehe wegen Abtretung U n t e r - C a l i f o r-
niens an Deutschlan d. _
Deutsches Reich.
Constanz, 10. Sept. Heule Abend traf Bischof
Reinkens hier ein und wurde am Bahnhofe vom Comite
und seinen Freunden empfangen. Von sonstigen hervor-
ragenden zum Kongresse schon angekommenen KaNwliken und
Güsten nennen wir den Geh.-Rath Schulte, die Professoren
Knoodt, Reusch, Langen, Michelis, Huber, den Sanitätsrath
Hasenclever, Appellations-Gerichtsrath Rottels aus Köln,
Michand aus Paris, Meyer aus Cambridge, den Erzpriester
Waffiliew und den Obersten Kirejew aus Petersburg.
Stratzburg, 10. Sept. Die drei bei den Lune-
viller Pöbelexzeffen hauptsächlich mißhandelten Persönlich-
keiten, welche schon hier unter Vermittlung der Polizeidirec-
tion eingehend zu Protokoll vernommen wurden, hatten sich
gestern auf den Wunsch des französischen Oberprokurators
nach Luneville zurückbegeben, wo im Bahnhofsgebäude die
Vorführung der muthmaßl'chen gravirtesten Exzedenten des
31. August statthatte. Dem Vernehmen nach wurden mehrere
der Vorgeführteu als die wirklichen Thäler erkannt und in
sofortige Untersuchung genommen. Die französischen Be-
amten benahmen sich bei dem Anlasse gegen unsere Lands-
leute mit aller Höflichkeit, und Abends trafen die letztem
wieder wohlbehalten hier ein. Man darf erwürten, daß,
soweit möglich, die gebührende Schadloshaltung Platz grei-
sen wird.
MÄrrcherr, 9. Sepr. Der König hat die Bestim-
mungen über die Uniformirung urd Adjustirung der königl.
Bayrischen Gendarmerie genehmigt. An Stelle des
Tschakkos tritt eine Pickelhaube, an Stelle der bishe-
rigen Rang- und Gradabzeichen treten jene des Heeres. Der
Waffeneurock hat dunkelgrüne Grundfarbe, die Tuchhose
dunkelgraue Farbe mit hochrot hem Vorstoß.
Berlin, 9. Sept. Die „Noid.-Allg.-Ztg." veröffentlicht zwei
allerhöchste Cabinetsordres vom 1. und 2. September an den Feld-
marschall Grafen Moltke, durch deren erste „in Erfüllung wärmster
Dankespflicht fund lebhaftester Anerkennung" dem Straßburger Fort
Nr. 2 der Name „Fort Moltke" beigelegt wird und deren zweiter
lautet: „Ich spreche Ihnen bewegten Herzens Meine Glückwünsche zu
den erhebenden Gefühlen aus, mit welchen Sie der Feier des heutigen
Tages beiwohnen werden. Sie blicken heute auf drei Kriege zurück,
in denen unsere Fahnen von Sieg zu Sieg gingen, in denen Ihr
Rath und Ihre Ansicht sich jederzeit bewährten, in denen Sie Ihrem
Namen eine hohe Ehrenstelle in der Geschichte und der Erinnerung
der ganzen Armee für immer sicherten. Mögen Sie die äußere Be-
tätigung Meines tiefempfundenen Dankgefühls darin erkennen, daß
ich Ihnen heute den schwarzen Adlerorden mit Brillanten verleihe.
Wilhelm."

AEand.
Madrid, 11. Sept. Ju den Cortes bemerkt der
Minister des Jauern, daß die Gerüchte über die Bildung
einer carlistischen Bande in Madrid wenig Bedeutung haben.
Die wegen ccrrlistischer Verschwörung Verhafteten seien in
Ermanglung von Beweisen freigelassen worden._
Neueste Kopfen-Merichte.
Bom Kontinent.
* Schwetzingen, 11. Sept. Mit jedem Tage stei-
gert sich oie Nachfrage nach trockener Waare, welche aber
unter dem Einflüsse/ der zum Trocknen der Hopfen fortwäh-
rend höchst ungünstigen Temperatur bis jetzt nur sehr spär-
lich zu bekommen ist. Ueberall herrscht äußerst rege Kauf-
lust, viele Käufer (Händler und Brauer) bereisen die ganze
Gegend und kaufen, was zu bekommen ist. Die Preise
gehen von Tag zu Tag höher und geben die Produzenten
nur langsam ab und sind hartnäckig in ihren Forderungen.
Nachdem gestern und vor einigen Tagen noch zu 60 fl.
gekauft wurde, so wurden heute schon mehrere Ballen mitt-
lerer Qualität mit fl. 70 und einige kleinere Quantitäten
geringere Waare mit 50 fl. gekauft und werden die Preise
sich voraussichtlich in nächsten Tagen noch bedeutend steigern,
da in der ganzen Umgebung große Nachfrage herrscht und
Käufer zu Dutzenden die unbedeutendsten Produktionsorte
durchjagen. -- In Re i l i n g e n, Hockenheim, Plank-
st a d t und Neulußheim meldet man ebenfalls fort-
während Verkäufe und zwar heute schon zu 60, 65 und
70 fl.
Philippsburg, 10. Sept. Bezüglich unserer
Mittyeüung in Nr. 100 d. Bl. vom 27. Aug. d. I. können
wir Ihnen Folg udes rescribiren: In der Vorwoche war
man sowohl hier als auch in den umliegenden Ortschaften
mit der Einheimsung l er Hopfen sehr beschäftigt, so daß
wir die Behauptung aussprechen dürfen, die Hopfenernte
war hier wie allerwärts in vollem Gange. Die Preise wa-
ren in der Schwebe zwischen 40—50 und 55 fl. Während
in der letzten Woche die Nachfrage ziemlich stark war und
zwischen 40—50 fl Käufe gemacht wurden, war gestern
die Nachfrage sehr im Steigen begriffen und verkaufte man
zu 55 fl., bei welchem Preise in der Regel ein Trinkgeld
mit einbegriffen ist. Wie viel Waare hier eigentlich verkauft
worden, kann nicht mir Bestimmtheit angegeben werden,
welches darin seinen Grund hat, daß die Waare nicht alle
an der Stadtwaage abgewogen worden, sondern häufig in
den Räumen der Verkäufer auch zu geschehen Pflegt. Ver-
muthlich ist dadurch einem langsamen Geschäftsgang vorge-
beugt. Hinsichtlich der Witterung sei hier erwähnt, daß
solche zu wünschen übrig läßt und wenn auch momentan
kein materieller Schaden zu nennen ist, so ist doch zum
Trocknen der Dolden ein viel größerer Zeitaufwand nöthig.

Aie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Das Zelt der weisen Mutter war bereits aufgeschlagen
und die klebrigen hatten sich nach der langen Tagereise zur
Ruhe niedergelegt, als Zendale ungesehen heranschlich. Wie
eine Katze umkreiste sie das Lager und kauerte sich endlich
am Eingänge des Zeltes nieder. Drinnen vernahm sie noch
leise flüsternde Stimmen nnd unwillkürlich legte Zendale ihr
Ohr dichter an die Spalten des Zeltes und hörte sogleich,
daß Roger bei der weisen Mutter sei. Ihr Herz zuckte
krampfhaft, als wenn es von einem jähen Schmerz erfaßt
wurde, zusammen, ihr Athem stockte, um kein Wort davon,
was drinnen verhandelt wurde, zu verlieren, Doch Zendale
hatte sich getäuscht, nicht von iyr wurde gesprochen.
In diesem Augenblick ertönte das unterdrückte Schreien
eines Kindes.
„Verfluchte kleine Kröte!" rief Rogers barsche Stimme.
„Willst Du endlich Dein Maul halten."
Das Weinen verstummte aber nicht, sondern verstärkte
sich vielmehr und eine zarte Stimme schluchzte:
„Mama! Mama! Ich will zu ihr."
„Hoho, Schätzchen!" lachte Rogerl „Deine Mana sitzt

hier, eine andere wirst Du nie mehr sehen, wenn Du Dich
auch zu Tode brüllst. Und jetzt schweige, oder —"
Er mußte diese Worte durch eine drohende Bewegung
begleitet haben, denn das Kind schluchzte nur noch leise,
während Roger, zu der Alten gewendet, fortfuhr:
„Und Du glaubst also wirklich, Alte, der Graf werde
uns nicht nachstellen lassen?"
„Nein!"
„Ich halte es für weit besser, Du setzest das Püppchen
irgendwo aus und befolgst auf diese Weise genau die Vor-
schriften des Grafen; Du kannst bann mit ruhigen! Gewis-
sen den Rest des Geldes abholen lassen."
Die Alte lachte hell auf.
„Meinst Du, ich wäre wahnsinnig genug, ^diesen kost-
baren Schatz gegen lumpige hundert umzutauschen? Hi! hi!
diese weiße PeUe soll mir einst schweres Geld einbringen,
das sage ich Dir."
„Aber das Kind kann sprechen, nach seiner Mutter
rufen," unterbrach Roger die Alte.
„Dafür laß mich sorgen," entgegnete diese hämisch,
„es ist nicht das erste Kind, dessen Gedächtniß an seine
Kindheit ausgerissen wurde. Bah, das ist eine Kleinig-
keit !"
„Thut, was ihr für gut haltet," sagte Roger leiser
als zuvor, „aber bedenkt, daß Graf Franz von Cölestin
nur dies eine Kind hat, und zu dessen Wiedererlangung
nichts unversucht lassen wird."
„Mag er es thun," höhnte die Alte, „wir sind bereits

weit genug entfernt und werden schon, sobald der Mond
aufgegangen ist, unsere Wanderung fortsetzen."
„Das Geld soll also von dem Grafen von Cöstelin
nicht erhoben werden?"
Schon beim ersten Male, als der Name Cöstelin aus-
gesprochen wurde, zuckte Zendale zusammen, aber beim
zweiten Male konnte sie einen leichten Schrei nicht unter-
drücken.
„Was war das ?" fragte Roger, auf den Eingang des
Zeltes zuschreitend.
„Wenn Ihr noch wach seid, weise Mutter, so öffnet
mir — ich bin todtmüde."
„Zum Henker, Zendale, was bedeutet das?" rief Ro-
ger mit schlecht verhehlter Freude aus, indem er ihr öffnete
und sie einließ. „Wo kommst Du her?"
„Jst's auch in Ordnung, Roger, daß Ihr mich absicht-
lich im Walde zurückgelassen habt? Was habe ich davon
zu denken? Ich war kaum eine halbe Stunde vom Lager
entfernt nnd als ich zurückkehrte, fand ich nirgends mehr
eine Spur von unserer Truppe."
„Und konnte die schüchterne Taube, deren Füße so schnell
sind wie ein Reh, die langsam fortziehende Truppe nicht
einholen? fragte die Alte kauernd.
„Ja, wenn sie einen ordentlichen Weg vor sich gehabt
hätte," sagte Zendale, „aber durch Dornen und Gestrüpp
mußte ich mich durchwinden, daß mir das Blut von den
Armen herunterrieselte, und zum Tode erschöpft bin ich an-
gelangt." (Forts, folgt.)
 
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