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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 120 (11. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0481

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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Ilhwthmgtr WochMül.
Amtsverkündigungsökatt für den Mezirk Schwetzingen.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 kr.

Dak> iIchc Hopf.cnjcitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. 12Ü. Samstag, 11. Oktober 1873. VII. Jahrgang.
- ---7 7 - --77—77^7..^ -- --.—.^7 .- 7 .> - -7- ... .
Inserate von Answävts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstern L Vogler, Kudokf Wosfe und H. L. Aauöe L Ho., sowie die Süddeutsche Annoncen-Hrpedition
von G. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Proceß Bazaine.
TkiartSN, 7. Okt., Abends. Schluß der heutigen
Prozeßverhandlung. Die Aufmerksamkeit wurde lebhaft er-
regt bei Verlesung des Zwischenfalls mit Regnier (der be-
kanntlich als Unterhändler für eine bonapartistische Restau-
ration diente) und der Abreise Bourbaki's aus Metz.
In der ersten Sitzung der Prozeßverhandlung wurden
durch einen Schreiber die Personalien des Marschalls Ba-
zaine verlesen. Danach wurde Bazaine am 13. Febr. 1811
in Versailles geboren und verheirathete sich ein erstes mal
mit einer Französin und 1865 ein zweitesmal mit einer
Mexikanerin. Er wurde am 28. März 1831 Soldat,am 6. Juli
1832 Unteroffizier, am 12. November 1833 Unterlieutenant,
am 4. Juni 1850 Oberst, am 28. Oktbr. 1854 Brigade-
und am 22. Sept. 1855 Divisionsgeneral in der Krim
und am 5. Sept. 1864 in Mexiko Marschall. Von 1855
bis 1863 machte er die Ordensleiter bis zum Großkreuz
durch. Er war in Spanien als Kommissär des Königs bei
den Heeren der Königin-Regentin 1834—39 thätig, dann
Direktor der arabischen Angelegenheiten in Oran, hatte dann
verschiedene Kommandos auf der Krim, führte die 3. Divi-
sion des 1. Armeekorps in Italien, war Oberbefehlshaber
in Mexiko, vor dem Kriege Oberbefehlshaber der Garde,
wurde dann Oberbefehlshaber des 3. Armeekorps d?s
Rheins 16. Juli 1870 und Oberbefehlshaber der Rhein-
armee am 12. August 1870. Er hat 35 Kriegsjahre, wo-
von 32 Feldzüge als überseeische doppelt zählen, also im
Ganzen 67 Champagnen, worin er 7 Wunden erhielt. Das
Resnms seiner Dienste lautet: vom 28. März 1831 bis
Oktober 1873 hat er 42^/2 Jahre gedient, wovon 35 Feld-
züge für 67 Jahre zählen; Sumina 169^2 Jahre Dienst.
Dazu hat er zehn ausländische Orden. Ueber das Aussehen
des Marschalls in der ersten Sitzung schreibt ein Corre-
spondent der Köln. Ztg.: Er trägt die große Marschallsuni-
form mit dem Groß-Cordon der Ehrenlegion. Die Uniform
sieht etwas abgetragen aus, es ist die, welche er vor und
in Metz trug und deren Epaulette bei Borny einen deut-
schen Säbelhieb erhalten haben soll. Der Marschall sieht
ernst aber nicht düster aus; seine Blicke sind gewöhnlich
nach der Decke des Saales gerichtet, nur zuweilen wirft er
einen Blick auf die Menge und die Richter. Sein Aussehen
ist kräftig und gesund, sein Haar kurz geschnitten und sein
Gesicht ganz glatt rasirt bis auf den ganz kurz geschnittenen
Schnurrbart. — Die 54 Entlastungszeugen, welche Bazaine
citirt, bestehen aus 10 Divisions-Generalen (de Montaudon
de Castagny Metmann, Marquis de Fortou, Du Plessis,
Du Preuil, Pee de Arros, Picard, Bataille und Berge),
8 Brigadegeneralen (Armandeau de Suniac, de France, de
Montarby, Clappier, de Place, de Saint-Sauveur und
Gondrecourt), 5 Obersten (de Gressort, d'Ornant, de Ko-
nigeck, Marion und Baron de Gargau), 3 Rittmeistern, 9

Hauptleuten, 1 Lieutenant, 1 Unterlieutenant, 1 Soldaten,
! 1 Unter-Intendanten, 7 Aerzten, 2 Geistlichen und 9 bür-
gerlichen Personen, unter welch' letzteren sich Schneider, der
frühere Präsident des gesetzgebenden Körpers und Rouher
befinden.
(Zweiter Verhandlungstag.) Der Gerichtshof erscheint
12^/4 Uhr im Saal. Nach Eröffnung der Sitzung erfolgt
der Aufruf der Zeugen, welche gestern gefehlt haben.
Bezüglich der Zeugen, welche, wie sich der Präsident
ausdrückt, in den annectirten Ländern wohnen, erklärt der
Herzog von Aumale, daß Maßregeln ergriffen würden, um
i deren Reise zu erleichtern und deßhalb die Vermittlung der
i Diplomatie in Anspruch genommen würde.
Nachdem der Präsident dann angeordnet, daß alle
fehlenden Zeugen, sowohl die des Regierungs-Commiffarius,
als die der Verteidigung, für nächsten Montag nochmals
citirt werden, gibt er dem Gerichtsschreiber das Wort des
Berichts des Generals Riviere. Nachdem der Bericht die
Ereignisse von der Schlacht vom 16. bis zu der Festsetzung
in der Umgebung der Festung gegeben, geht derselbe auf
die -Beziehungen näher ein, welche zwischen Bazaine und
Mac Mahon bestanden.
Es bandelt sich darum, zu beweisen, daß Bazaine vom
! 19. bis 23. oder 24. August mit Mac Mahon Beziehungen
i haben konnte. In dieser Beziehung lauten die Angaben
der Offiziere widersprechend und es kommen dabei sehr pein-
liche Persönlichkeiten zum Vorschein.
Um 2 Uhr 20 Minuten wird die Sitzung aufgehoben.
Um 3^/2 Uhr wird dieselbe wieder ausgenommen und der
erste Theil des Berichts beendet, der zweite Theil desselben
begonnen. Derselbe erdehnt sich über die Beziehungen des
Marschalls mit den Deutschen und" bespricht die Ange-
legenheit Regnier's. Marschall Bazaine hörte dem Vor-
trage des Berichts nicht ganz mit dem Gleichmuthe zu,
wie gestern. Als der Gerichtsschreiber eine Stelle des Be-
richtes las, worin es heißt:
„Er, der sein Land hätte retten können, war unbe-
streitbar eines der thätigsten Werkzeuge seines Unterganges",
da schien Bazaine sehr ergriffen zu sein; er legte die Hand
einen Augenblick auf seine Augen, und er schien seine Auf-
regung verbergen zu wollen. Mit seinen Händen spielt er
auch viel, bald faltet er sie zusammen, bald stützt er mit
der einen seinen Kopf, während er die andere über die
Brust legt und dergl. mehr.
Man sieht, daß dieser lang andauernde Vortrag des
Berichtes, worin ihm sein Auftreren auf das schärfste vor-
geworfen wird, seine Nerven aufregt. Was Bazaine be-
sonders schwer zur Last gelegt wird, ist der Umstand, daß
er in Metz geblieben und nicht versucht hat, sich mit seiner
Armee durchzuschlagen. Er behauptet, daß dies in einem
! Kriegsrath beschlossen worden sei, der am 26. August 1870

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Es enthielt aber keinen Aufschluß über das Kind, son-
dern nur kostbare Kleider, die ihm passen mochten, und eine
feine, goldene Kette mit einem Kreuze.
Rost und Kathrin riethen hin und her, und wenn
sie auch der Wahrheit ziemlich nahe kamen, sie erfuhr nichts
Bestimmtes.
„Mag sein, wie's will," sagte Rosi endlich, „ich be-
halt das Dirnl bei mir, wenn's nicht wieder abgefordert
wird. Der liebe Herrgott hat's mir zum Ersatz für mein
Kindle geschickt, denke ich, und wenn's auch ausschaut, als
wär's nicht ehrlicher Leute Kind, weil's so gelb ist, wie ein
Ingber, so soll's doch, mit Gottes Hüls', ein braves Mädle
werden."
Aber als Kathrin das Kind, nachdem es gegessen
hatte, sorgfältig abwusch, verschwand die dunkle Gesichts-
farbe und ein blendend weißer Teint wurde sichtbar, so
daß Kathrin an Zauberei zu glauben begann, und Rosi,
die einen Augenblick hinaus gegangen war, um von Kath-
rin's Kleidern, die diese als Kind getragen hatte, etwas
Passendes herbeizuholen, erschrocken herbeirief.

„Fürcht' Dich nicht vor dem Kindle," sagte endlich
Rost freudig, „wenn mich nicht Alles täuscht, so ist hier
etwas gar Böses passirt. Meine Mutterfeelig hat mir ge-
sagt, daß man sich färben könnt', ich hab's nur vergessen,
womit? man mag's auch mit dem Kindle da so gemacht
haben."
„Hast Recht, Rosi," versetzte Kathrin, „ich fürcht'
mich auch nicht, ich hab' mich nur erschrocken. Weißt was,
Rosi?"
„Nun?"
„Ich denk', das Mädle muß vornehmer Leute Kind
se'n. Schau das feine Gesichtchen an und dann die Klei-
der dazu, — meinst auch?"
„Weiß nicht, Kathrin," versetzte Rosi, „es wird
wohl noch einmal zu. Tage kommen, was mit dem Kinde
ist."
Aber es schien nicht, als wenn man je etwas von
dem Kinde erfahren sollte. Keine Nachfrage kam darnach,
und Jahr auf Jahr verrann, und die kleine Franziska
blieb bei Rosi und Kathrin, die das liebliche Kind nicht
mehr entbehren konnten und in beständiger Furcht lebten,
daß man ihnen den Liebling wieder abfordern könnte.
Auch Franziska fühlte sich ganz zufrieden in ihrer
neuen Umgebung, und wenn sie anfänglich auch oft von
Papa, Mama, ihrem Park und dergleichen mehr gesprochen
hatte, allmälig wurde doch die Erinnerung daran in den
Hintergrund gedrängt, um neueren Eindrücken Platz zu
machen.

in Metz Statt gefunden habe und in welchem alle Anwe-
senden, wie die Marschälle Canrobert und Leboeuf und die
Generale Frossard, Soleil, Bourbaki und Coffinieres de
Nordeck sich für das Verbleiben vor Metz aussprachen. Das
Protokoll über diese Sitzung fertigte General Boyer an,
den Bazaine später ins deutsche Hauptquartier sandte.
Dasselbe ist aber insofern nicht gültig, als es nicht von
den Generalen unterschrieben ist, welche ihr ungewohnt, und
war deshalb dem Berichte nur als Renseignement beige-
fügt. Dieser Kriegsrath hat auch noch deshalb Wichtigkeit,
als am 26., also am Tage, wo er abgehalten wurde, nach
den Aussagen mehrerer Zeugen Bazaine die Depesche er-
halten habe, wo man ihn aufforderte, dem Marschall Mac
Mahon entgegen zu marschiren. Bazaine will diese De-
pesche aber erst am 29. erhalten und sofort den Ausfall
vom 30. versucht haben. Da aber am 26. im Kriegsrath
über die Frage, ob man Metz verlassen solle, berathen
wurde, so schenkt der Bericht den Zeugenaussagen Glauben
und nimmt deshalb an, daß der Marschall wirklich bereits
die Meldung hatte, daß Mac Mahon zu seiner Unterstützung
herbeieile. Die Unterhandlungen, zu denen Regnier Anlaß
gab, schaden dem Marschall ebenfalls viel. Der Bericht
spricht in Folge derselben die Ueberzeugung aus, daß er
sich auf verbrecherische Verhandlungen mit dem Feinde ein-
gelassen. Der Bericht ist übrigens für den Marschall kei-
neswegs günstig, und der Glaube, daß er nicht freigespro-
chen, also zum Tode verurtheilt wird, fängt an, Raum zu
gewinnen. Der Marschall selbst scheint übrigens nicht ganz
beruhigt zu sein, weil man heute in Trianon einen ver-
siegelten Brief übergeben, den er nur dann öffnen soll,
wenn gewisse Umstände eintreten. Die Sitzung wird erst
um 5 Uhr geschlossen._
Deutsches Reich.
Kaesruhe, 7. Okt. Unser Fürstenpaar wird nach
der Rückkehr von Baden-Baden eine Reise nach Wien an-
treten, wo dasselbe etwa 8 Tage zu verweilen gedenkt.
Nach einem weiteren Aufenthalte in Baden oder auf der
Mainau werden Ihrer König!. Hohheiten gegen Ende dieses
Monats bleibenden Aufenthalt hier nehmen.
Baden-Baden, 8. Okt. Der Großherzog und die
Großherzogin von Baden werden gleichzeitig mit dem deut-
schen Kaiser nach Wien reisen und dort, einer Einladung
des Kaiser Franz Joseph folgend, in der Hofburg Woh-
nung nehmen.

Ausland.
Spanien. Nachrichten vom 6. ds. melden, daß
das spanische Regierungs Geschwader unter Admiral Lobo
die Höhe von Ameria passirt hat. Dasselbe besteht aus der
Panzerfregatte „Vittoria", den Holzfregatten „Almansa",

Nur einen Namen schien das Kind nicht vergessen zu
können, ein Name, wovon Rosi und Kathrin nicht wußten,
ob er einem Menschen angehöre, oder einen andern Gegen-
stand bezeichne. Dieser Name war: Zendale.
Franziska war jetzt ein allerliebstes, kleines Mädchen
von zwölf Jahren, die Freude und der Stolz Rost's und
Kathrin's. Sie war fleißig und arbeitsam, ging zur Schule
und zu dem Pfarrer des Ortes, der das wilde, freundliche
Kind gern hatte und sie bereitwillig in Allem, was sie zu
wissen wünschte, unterrichtete. Die übrige Zeit arbeitete sie
im Hause.
„'s ist ein rechter Segen, das Kind, Kathrin," pflegte
Rost zu sagen, „'s Herz geht mir auf, wenn ich's heran-
kommen seh, und ich könnt's nicht mehr verlieren; 's ist
mir an's Herz gewachsen, als wär's mein eigen."
„Mag gar nicht daran denken," entgegnete die lustige
Kathrin ganz ernsthaft; „geb' Gott, daß nicht eines Tages
Jemand kommt, der's zurückfcrdert, ich könnt's nicht über-
leben."
Fränzchen sah wohl, daß man sie überall liebte und
verhätschelte, aber ihr kleines Herz war deßhalb nicht frei
von Sorge und Kummer. An die Zeit, wo sie in's Dorf
gekommen war, dachte sie nicht mehr, dies waren eben nur
Traumbilder, die sie sich nicht erklären konnte und die nur
noch als etwas Unbestimmtes ihr vorschwebten. Wohl aber
drückte sie ein Schmerz, wovon weder Rosi noch Kathrin
etwas ahnten, ein Schmerz, der das liebliche Kind früh-
zeitig heranreifte, und dieser war kein anderer, als daß
 
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