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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 95 (14. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0381

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und Samstag.
Alle Postanstalten
°" MM°L,nAmtsverKündigungsötatt für den ZLezirk Schwetzingen.
Kadischc H o p s e n) e i t n n g.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

M. S5. Donnerstag, 14. August 1873. VII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogler, Rudolf Wofse und ch. L. Aauöe <L Go., sowie die Süddeutsche Annoucen-Grpedition
von H. Stöchhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Rund s ch a u.
Die Heimkehr der letzten deutschen Truppen aus Frank-
reich gibt dem preußischen VolksbIatt zu einem
Begrüßungsartikel Anlaß. Das ossiciöse Blatt sieht in
dieser Heimkehr den endlichen Abschluß des gewaltigen Dra-
mas des deutsch-französischen Krieges; es charaklerisirt die
schwierige Aufgabe unserer Occupationstruppen und consta-
tirt mit patriotischer Befriedigung, daß sie diese Aufgabe auf
das glänzendste gelöst haben. Der Artikel schließt mit fol-
genden Worten:
„Die Größe der Freude über die endliche Rückkehr un-
serer Soldaten aus Frankreich wird nur von der Innigkeit
des Wunsches übertroffen, daß die Franzosen uns vergönnen
mögen, mit ihnen in Verträglichkeit und Frieden zu leben
und daß ihre Eitelkeit und Selbstüberschätzung uns nie
wieder zu einem Waffengange mit ihnen zwingen möge,
während wir unsererseits es vorziehen, nur in den Künsten
des Friedens und der Bildung mit ihnen zu wetteifern."
Zwischen Berlin und Vers ailles herrscht gegen-
wärtig, wie aus verschiedenen Anzeichen hervorgeht, eine ge-
wisse Gereiztheit. Die offiziöse "Korrespondenz Stern" finde!
unablässig Grund zu Klagen gegen Frankreich. Diesmal
sind es die militärischen Rüstungen des Nachbar-
staates, welche ihr die größten Besorgnisse einflößeu. Die
französische Regierung, so meldet das genannte Blatt, ent-
wickelt eine bis ans Unglaubliche streifende fieberhafte Thä-
tigkeit, um in kürzester Zeit Vorräthe an Waffen und Mu-
nition zur Disposition zu bekommen, die auch für einen
langathmigen Krieg ausreichen können. Damit solle nicht
gesagt sein, daß Frankreich diesen Krieg schon in der näch-
sten Zeit vom Zaum zu brechen geneigt sei, aber — das
äußerste Mißtrauen sei mehr wie je begründet und gerecht-
fertigt. Das ist bekanntlich nichts Neues mehr, denn, wie
der Reichskanzler selbst sagte, hat die Annexion von Elsaß-
Lothringen nur aus militärischen Gründen
stattgefunden.
Die vielgerühmten Ersparnisse, welche General v.
Manteuffel bei der Miltärverwaltung in den occupirten
französischen Provinzen gemacht hat, werden noch vielfachen
Grund zu Besprechungen bieten. Einstweilen erscheinen m
verschiedenen Proviuzialzeitungen allerlei Zuschriften von
ehemaligen Angehörigen der unter dem Befehle des Gene-
rals operirenden Truppentheile, welche sich über Beeinträch-
tigung bezüglich der ihnen zustehenden Zulagen beschweren
und jene Ersparnisse einer bitteren Kritik unterziehen.
Es erhält sich die Ansicht, daß diese Angelegenheit im
nächsten Reichstag zur Sprache kommen werde-
Die Jesuiten und die Freimaurer sind alte
Gegenfüßler. Da in Frankreich die Freunde der Jesuiten
regieren, so wird ein Feldzug wieder die Freimaurer unter-
nommen werden. Einstweilen sind alle Präfecten befragt.

j Aufschluß zu geben über 1) Wie viele Mitglieder haben die
Logen ihres Departements? 2) Wie heißen sie? 3) An
! welchem Tage versammlen sie sich? 4) Hat ihre Loge eine
gesetzliche Ermächtigung?
! . Neuest^Poft
Berlin, 8. Aug. Vom Reichstag sind dieser Tage
« die letzten Drucksachen aus der vorigen Sitzungsperiode an
! die Abgeordneten versandt worden: die letzten stenographischen
Berichte, Register u. s. w. Wie gewöhnlich liegt auch ein
Sprechregister bei, das immerhin einiges Interesse gewährt.
i Delbrück, der fleißige nud fast alle Materien umfassende
Arbeiter im Reichskanzleramt, ist weitaus auch im Reichs-
tag der am meisten Angespannte, mit 123 Reden. Bis-
marck erscheint 43 Mal, Michaelis 27 Mal, die beiden
Militärs Kameke und Voigts-Rhetz je 14 Mal, unter den
Abgeordneten nimmt wieder Lasker die erste Stelle ein:
97 ; ihm zunächst Frhr. v. Hoverbeck mit 83 und Wind-
horst (Meppen) mit 75. Bamberger hat sich hauplsächlich
durch das Münzgesetz zu 64 Reden erhoben. Nun folgen
i Richter mit 51, Grundrecht mit 47, Miquel 37, M. Mohl
! 37, Brann (Gera) 31, Reichensfperger (Crefeld) 29,
- Mosle 27, v. Benda, v. Helldorf, v. Kardorff, v. Stauf-
fenberg je 24, Friedenthal und Hölder je 21, v. Zedlitz,
: v. Lenlhe je 20, Ackermann 18, Löve und Schle en 17,
! Stephani und Dernberg je 16, Sombart und i fe 15,
! Loo 14, Völk 13 u. s. w. Ueberhaupt haben 161 Abge-
ordnete gesprochen.
Bern, 12. August. Der von dem Centralcomite des
freisinnigen Katholikenvereins auf den 31. August nach
Olten emberufenen Delegirtenvrrsammtnnu, in welcher nament-
lich die Fuge der Gründung einer shweizerischen liberal-
katholischen Kirchcuverfassung besprochen werden soll, werden
auch auf spezielle Einladung des Comües Abgeordnete der
liberalen Kantonsregierungen beiwohnen.
Triest, 9. Aug. Ein Kanonenboot und eine Cor-
vette sind von hier zum Schutze österreichischer Unterthanen
nach spanischen Gewässern abgegangen; andere werden nö-
thigenfalls nachfolgen.
New-Nork, 10. Aug. Eine Feuersbrunst in Port-
land, im Staate Maine, hat zwei amerikanische Schiffe
und zwei Docks zerstört. Zahlreiche Waarenladungen sind
verbrannt: man schätzt den Schaden auf 600,000 Dollars.
Aus Stadt und Land.
*4* Schtvstzirrgsrr, 12. August. Soeben erfahren
wir, daß der in einer der letzten Generalversammlung des
„Vereins für gemeinnützige Zwecke" ausgesprochene Wunsch,
dessen Besorgung dem Vorstande übertragen wurde, seine Er-
ledigung in so erfreulicher Weise gefunden hat. Auf An-
trag Seitens des Vorstandes wird die Direction der Ver-

kehrsanstalten in Karlsruhe einige Sitzbänke zur
i Bequemlichkeit des reisenden Publikums beim Bahnhof hier
anbringen lassen.
VW. Schwetzingen, 12. Aug. Die „Heidelberger
i Zeitung" brachte in ihrer Samstagsnummer d. d. 9. Aug.
nachfolgendes Eingesandt über unfern Schloßgarten:
„Warnung für die Besucher des Schwetzinger
- Gartens. Verflossenen Donnerstag Nachmittag fuhren die Ein-
sender dieses in größerer Gesellschaft und mit 3 Kindern im Alter von
i 7—12 Jahren nach Schwetzingen zum Besuche des Gartens; beim
Apollotempel angekommen belustigten sich, namentlich diese letzteren
! damit, sich auf die bekannten steinernen Sphinxe zu setzen, die vor
dem Apollotempel angebracht sind; kaum war dies geschehen, als ein
dicker Herr, stark gerötheten Angesichts, mit einem Strohhute und ein-
fach bürgerlichem Anzuge bekleidet, wie wüthend auf uns losstürzte
und fortwährend mit den Händen gestikulirend, auf die pöbelhafteste
i Weise anschrie, und von einer am Eingang des Gartens angeschlagenen
Gartenordnung herauspolterte, gegen welche unsere Kinder und wir
j selbst verstoßen hätten; da wir, so wie wohl viele Bewohner Heidel-
bergs, schon unzähligemale an besagter Stelle unsern Kindern obiges
unschuldige Vergnügen erlaubten, ohne jemals dafür angehalten worden
zu sein, und da keine Verbottafel, welche eine Neuerung hierin anzeigt,
angebracht war, so mußte uns die brutale Art und Weise, wie dies
zu unserer Kenntniß gebracht wurde, sehr auffallen, und hatte jener
Herr wirklich das Recht, jedes Berühren der steinernen Figuren zu ver-
bieten (ein äußerlich sichtbares Dienstzeichen trug derselbe nicht), so
hatte er gewiß auch die Pflicht, dies in angemessener höflicher Weise
zu thun um so mehr, als wir sofort nach dem ersten Wuthausbruch
j und wiederholt uns bereit erklärten, eine Strafe entrichten zu wollen,
. wenn wir resp. die Kinder strafbar feien, denn wir mußten unter allen
j Umständen- einen Scandal schon um dessentwillen vermeiden, weil sich
! in unserer Gesellschaft 4 Damen, worunter 3 Fremde, befanden, was
aber jenen Herrn nicht abhielt, immer wacker weiter zu schreien, und
erst auf unsere Aufforderung hin sich zu legitimiren, mit welchem
Rechte er so auftrete, entfernte er sich schreiend und tobend, wie er
gekommen. Wir wissen nun nicht, hatten wir einen gewöhnlichen Ar-
beiter oder einen sog. höheren Beamten vor uns; gegen ersteres sprach
i sein Anzug, gegen letzteres sein rohes Benehmen, und wollen wir zur
i Ehre der Schwetzinger Garten-Verwaltung glauben, daß hier ein Un-
berufener sich die Gartenpolizei in so unanständiger Weise anmaßte.
Wenn aber der Stadt Schwetzingen daran gelegen ist, ein anständiges
Publikum in seinem Garten zu sehen, so möge sie dafür bedacht sein
daß derselbe von so ungeeigneten Persönlichkeiten gesäubert werde. —
Die Namen der sämmtlichen an diesem Vorfall betheiligten Personen
sind bei der Redaction dieses Blattes zu erfahren."
Worauf nachstehende Worte als Erwiederung dienen mögen:
„Wenn wir Schwetzinger das Bewußtsein haben, daß
der hiesige Schloßgarten durch seine unvergleichlichen Reize
von aller Welt angestaunt wird, so spricht hieraus nicht
etwa ein Egoismus, nein, wir sprechen nach, was uns alle

Baron und Schauspieler.
Novelle.
von I. Krüge r.
Fünftes Kapitel.
Water and Sohn.
(Fortsetzung.)
Seine Arme weit ausbreckend, rief er mit theatralischem
Pathos, der ihn auch nicht in dem Momente verließ, wo
ihm Thränen freudiger Rührung aus den Augen quollen:
„So sind sie — so bist du der Sohn meiner guten
Schwester Minna, die groß als Künstlerin, ein Engel als
Weib war und später doch so namenlos unglücklich wurde.
Komm an das in Thränen zerschmelzende Herz deines On-
kels, der hier als Sclave einer Mannes lebt, der einst der
beneidenswertste Gatte deiner Mutter war!"
Wie hätte Braun dieser rührenden Aufforderung lange
widerstehen sollen. Er stürzte auf den alten Mann zu und
drückte ihn mit der Zärtlichkeit eines Sohnes an sich. Wäh-
rend Feldmann seinen so unerwarteten Neffen in seinen Ar-
men hielt, musterte er genau dessen Züge.
„Ja, ja du hast das ganze Gesicht der theuren Seligen,"
sagte er. „Das ist Minna's Stirne, das sind ihre Augen,
das ist ihr Mund, mit dem sie auf der Bühne so süß zu
lächeln verstand, daß Jung und Alt im Parkett vor Ent-
zücken außer sich war, das sind ihre schönen dunklen Locken,
die ihr bis auf die Fersen herabwallten. O, in diesem

Augenblicke steht die Perle aller Künstlerinnen wieder leib-
haftig vor mir, nur daß sie keinen Männerrock und Bein-
kleider, sondern weibliche Kleidung trug."
Thränen erstickten die Stimme des Alten. Aber er
weinte nicht allein. Das junge schöne Mädchen, das dem
ganzen Vorgang erst mit Erstaunen, dann vor Freude zit-
ternd, beigewohnt, begann jetzt ebenfalls laut zu schluchzen.
Wie hätte der tiefgerührte Jüngling das sehen können, ohne
sich von seinem Vater schnell los zu machen, die holde
Cousine bewegt in seine Arme zu schließen und ihr die
Thränen aus den Augen zu küssen? Und sie — sie dul-
dete ohne Widerstreben, ohne Erröthen, daß er sie eine Zeit-
lang innig umfaßt hielt. Es war ihr leiblicher Cousin, der
sie küßte und unter so nahen Verwandten sind solche ver-
trauliche Liebkosungen ja erlaubt.
In dem ruhigeren Gespräche, das diesen stürmischen
Herzensergießuugen folgte, theilte der unter dem Pseudo-
namen auf dem Gut erschienene Adolph Warte feinen so
unerwartet gefundenen Verwandten mit, daß er nur hierher
gekommen sei, um als gut empfohlener Gast nach und nach
die Zuneigung seines Vaters zu gewinnen und so seine
Vergebung zu erlangen.
Feldmann schüttelte erstaunt den Kopf. Er konnte
nicht begreifen, wodurch sein liebenswürdiger Neffe, der
nicht entfernt das Ansehen eines lockeren Burschen hatte,
sich so schwer vergangen, daß er der Verzeihung seines Vaters
bedürfe. Aber seine Verwunderung hörte auf, als er den

Stand erfuhr, den der junge Mann gegen den Willen
seines Erzeugers gewählt.
„Ja, ja, ich weiß es, er haßt das Teater," versetzte
der Alte, „und hat auch mir nur unter der Bedingung
Aufnahme gewährt, daß ich mit keinem Worte jemals da-
rauf anspielen sollte. Aber," fügte er hinzu, „du hast uns
noch nicht gesagt, in welchem Fache du auf der Bühne dein
Glück gemacht hast. Du siehst mir so schwermüthig aus.
Wahrscheinlich spielst du die jugendlichen Lrebhaber im
Trauerspiel, die am Schluffe gewöhnlich umgebracht werden
und selten zu einer Heirath gelangen. Zum Verspiel den
den Ferdinand in „Kabale und Liede.""
Adolph Warte lächelte.
„Sie irren, lieber Onkel, ich bin Komiker m der Posse
und singe nebenbei auch in der sogenannten Spieloper Te-
norbuffoparthien. Als solcher habe ich in der Residenz,
wo jetzt der Ferien wegen das Theater geschlossen, Enga-
gement gefunden und dort die Bekanntschaft des Grafen von
Rohrleben gemacht, der ein großer Mäcen unserer Kunst ist.
Zufällig erfuhr ich von demselben, daß zwischen ihm und
meinem Vater seit langer Zeit eine intime Freundschaft be-
steht. Ich schenkte dem edlen Mann mein Vertrauen. Ich
sagte ihm, daß es der theuerste Wunsch meines Herzens sei,
meinen Vater von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen
und an seinem Herzen den Platz zu finden, den ich durch
Ungehorsam gegen seine Befehle verwirkt habe.
(Fortsetzung folgt.)
 
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