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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 128 (30. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0513

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
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MwchilM Wochenblatt.

Amtsverkündigungsblatt für den Aezirk Schwetzingen.

Hapfen) ei 1 un g.

Preis
vierteljährlich öl kr.
Inserat
die viergespattene
Petitzeile oder deren
Raum 4 Er.,
Garmondzeile 5 k.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhetnpfalz.

^v. 128. Donnerstag, 30. Oktober 1873. VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasensteiu L Mogler, Rudolf Wolfe und ch. <L. Daube L tzo., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpedition
von H. Stöckhardl in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Bafel und Straßburg.

Proccß Bazaine.
Versailles, 15. Oktober.
(Fortsetzung des neunten Verhanolungstages.)
Der Schriftführer verliest hierauf bezüglich da-) Älkten-
stück Nr. 290.
Angckl. : Ich habe diesem Artikel, den ich im „Fi-
garo", der mir mitgetheilt worden, fand, keine besondere
Bedeutung beiyelegt.
Es wird zum Zwischenfall Regnier und zur Ordre
des deutschen Generalstabs-Chefs, Stiehle, welche die Er-
mächtigung für neun luxembnrg'sche Aerzte, Metz zu ver-
lassen, enthielt, übergegangen.
Präs.: Am 23. wnroe Ihnen durch den Kapitän Gar-
cin ein zu Fuß angekommener Mann zugeführt, der von
Hastings gesendet sein sollte. Sie haben ihn sofort emp-
fangen und hatten zwei Besprechungen mit ihm, am 23.
und 24. Waren Zeugen dabei anwesend.
Angekl.: General Boyer glaube ich, war bei der ersten
gegenwärtig.
Präs.: In wessen Namen stellte sich der Mann vor?
Angekl.: Im Namen der Kaiserin.
Präs.: Besaß er Vollmachten?
Angekl.: Er war Ueberbringer einer Photographie mit
der Unterschrift des kaiserlichen Prinzen.
Präs.: Sprachen Sie mit ihm von Ihrer Korrespon-
denz mit dem Prinzen Friedrich Karl?
Angekl.: Nein; ich pflog ja gar keine weitere Korre-
spondenz mit dem Prinzen.
Präs. : Gaben Sie ihm zu verstehen, daß die deutsche
Regierung nur die kaiserliche Regierung anerkennen und nur
mit dieser unierhaudeln wolle?
Angekl.: Nein, ich habe ihm nichts dergleichen gesagt.
Präs.: Hat Ihnen Regnier einen deutschen Passagier-
schein vorgewiesen?
Angekl.: Ja, er hat ihn mir gezeigt.
Präs.: Er hat von Ihnen verlangt, Sie möchten Ihre
Unterschrift auf der Photographie des kaiserlichen Prinzen
neben jener des Letzteren beisetzen.
Angekl.: Er hat es von mir verlangt und ich sah
darin nichts Ungebührliches.
Präs. : Sie haben nicht geglaubt, daß man sich dieser
Gegenüberstellung von Unterschriften bedienen könne, um zu
zeigen, daß er Ihre Vollmachten besitze?
Angekl.: Ich habe Herrn Regnier keine Vollmachten
ertheilt. Ich bin ganz arglos zu Werke gegangen; ich
legte dieser Unterschrift keinen Werth bei.
Präs.: Haben Sie Herrn Regnier keine Andeutungen
darüber gegeben, daß Sie nur noch für 27 Tage Kommiß-
brod hätten?
Angekl.: Ich glaube nicht, ihm hierüber etwas milge-
theilt zu ha^en.

Präs.: Es liegen Zeugenaussagen vor, daß Herr Reg-
nier gesagt habe, Sie könnten sich nicht über den 18. Ok-
tober hinaus halten. Darum geschah es, daß ich Sie
fragte, ob Sie in der Beifügung Ihrer Unterschrift neben
jener des kaiserlichen Prinzen keine Unzukömmlichkeiten er-
blickten.
Angekl. : Ich habe darin nichts Unzukömmliches ge-
sehen.
Präs.: Hat er nicht das Begehren an Sie gestellt, den
Marschall Canrobert und den General Bourbaki zu autori-
firen, sich zur Kaiserin zu begeben?
Angekl.: Ja.
Präs.: Welches Resultat erwarteten Sie von dieser
Mission vom Standpunkt der Verteidigung des Platzes
und der Ehre der Armee?
Angekl.: Jh glaubte, daß es im Interesse der Armee
läge, uns mit der Kaiserin-Regentin behufs Abschlusses
eines Waffenstillstandes in Beziehung zu setzen.
Präs.: Und Sie haben geglaubt, daß unter so ernsten
Verhältnissen diese Mission ohne Gefahr sei?
Angekl. : Ja.
Präs.: Der Marschall Canrobert hat eine abschlägige
Antwort gegeben.
Angekl.: Ja; aber der General Bourbaki erklärte:
„Ich nehme an."
Präs.: Hatten Sie daran gedacht, sich zu vergewissern,
daß, wenn ein französischer General Metz verließ, er dahin
wieder zurückgelaugen könne.
Angekl.: Ich glaubte, daß er würde zurückkehren kön-
nen, aber ich war dessen nicht versichert. " -
Präs. : Aber mußten Sie nicht, wenn Sie einen kom-
mandirenben General aus der Festung ziehen ließen, sich die
Gewißheit verschaffen, daß er wieder zurückkehren könne?
Angekl.: Der General Bourbaki sollte mir von Verne-
Ville schreiben. Ich glaubte, daß ein Verständniß bezüglich
eines Waffenstillstandes zwischen der deutschen Regierung
und jener der Regentschaft bestehe. Ich hielt mich in mei-
nem Gewissen für überzeugt, daß General Bourbaki werde
zurückkehren können.
Präs.: Ich werde Sie nun über die Unterhandlungen
bezüglich der Kapitulation vernehmen.
Die Sitzung wird aufgehoben und wird am Freitag
um 1 Uhr wieder ausgenommen werden.

Rundschau.
Ueber den Reichskriegsschatz ist dem B u n-
desrathe kürzlich folgender Gesetzentwurf zugegangen:
Der Reichskriegsschatz soll stets in gemünztem Gelbe — 40
Mill. Tbaler — vorhanden sein und in den Juliusthurm
der Citadelle von Spandau niedergelegt werden, weil dort

alle "Garantien für eine sichere Aufbewahrung vereint sind.
'Die Rendantur des Kriegsschatzes, welche mit den Einnah-
men und Ausgaben betraut ist, wird aus Beamten der
Reichshauptkasse zusammengesetzt unter Aufsicht eines Kura-
tors. Die Thüren zum Juliusthurme und den inneren
Räumlichkeiten werden mit doppelten Schlössern versehen,
zu denen der Rendant den einen, der Kurator den andern
Schlüssel hat. Der Thurm wird unausgesetzt durch einen
Posten bewacht und der Kommandant von Spandau hat
von jedem Ereigniß, welches die Sicherheit des Thurmes
gefährden könnte, sofort beim Kriegsminister und dieser
wieder beim Reichskanzler Anzeige zu machen. Vereinnahmt
oder verausgabt kann beim Schatze nichts werden ohne
Genehmigung des Reichskanzlers.
Der Bankerott Quistorp's in Berlin ruft
Unglück über Unglück hervor. In Stralsund hat sich ein
Rentier, der sein ganzes Vermögen bei Quistorp verloren,
den Tod gegeben. In Wolgast, der Vaterstadt Quistorp's
herrscht namenloser Jammer. In jeder Familie liegen die
Quist.Actien aufgeschichtet und 1000 Arbeiter, die in
den Quistorp'schen Fabriken arbeiten, sind brodlos geworden.
Die Königsmacher in Frankreich arbeiten lustig
drauf los. Vor allem gilt's, die Mehrheit der National-
versammlung zu gewinnen, sei's auch nur ein Dutzend
Stimmen oder eine mehr als die Republik. Da werden
die Schwankenden bestochen mit Gold, Gesandtschaften,
Präfecturen, Bürgermeisterämtern, Hofämtern und Orden;
Millionen sind im Umlauf.

Deutsches Reich.
Mannheim, 23. Okt. Der Bürgerausschuß ist auf
kommenden Dienstag berufen, um über die Aufnahme eines
städtischen Anlehens von einer Million Thaler beim ReichS-
Jnvalidenfond zu beschließen. Durch die freundliche Ver-
mittlung des Bankdirektors Eckhart ist der Stadt ein solches
Anleihen, verzinslich zu 4^o/o, zum Kurse von 99^«o/o
zu amortisiren in 30 Jahren, zugesagt.
Berlin, 26. Okt. Der „Karlsr. Ztg." wird von
hier geschrieben: Die Annahme des von dem bisherigen
Ministerpräsidenten Feldmarschall Grafen von Roon einge-
reichten Entlassungsgesuches ist bereits erfolgt. Es handelt
sich nur noch um deren formelle Ausfertigung. Graf Roon,
welcher auch sein Amt als Kriegsminister niederlegt, tritt
seines sehr leidenden Gesundheitszustandes wegen ganz in
das Privatleben über. — Wie verlautet sind in neuerer
Zeit von hier aus mit den anderen Bundesregierungen
wieder Verhandlungen angeknüpft, welche die Frage wegen
einer Ausdehnung der Reichskompetenz auf verschiedene, ihr
bis jetzt nicht zustehenden Gesetzgebungsgebiete betreffen. Es
besteht die Absicht, mit dieser Angelegenheit auch den Bun-
desrach in seiner nächsten Sitzungsperiode zu beschäftigen.

Die Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
„Empfehlungsbriefe an verschiedene Künstler und auch
an einige andere Familien, für welche mein Vater auf
meine Bitte schweigend gesorgt hatte, sicherten mir zunächst
eine Stellung. Und nun begann ich sofort unter Aufsicht
berühmter Meister zu arbeiten. Ich arbeitete Tag und
Nacht, gönnte mir keine Ruhe, und da ich den Vater, der
mich so von sich gewiesen hatte, nicht mehr um Geld bitten
mochte, so war ich schon dazu gezwungen.
Da ein Gemälde von mir bereits auf einer Kunstaus-
stellung einiges Aufsehen erregt hatte, so erhielt ich in Folge
dessen verschiedene Aufträge, die ich sämmtlich zur Zu-
friedenheit ausführte, und der Erlös dafür sicherte mir auf
längere Zeit meine Existenz.
„Es war ein wundervoller Morgen, noch sehr früh,
als ich schon langsam durch die Straßen der Stadt schlen-
derte, um die prächtigen Marmorbauten zu bewundern,
haupsächlich aber, um die „Kreuzabnahme" vvn Daniel di
Volterra in der Kirche Santa-Trinita de Monti zu besich-
tigen. Die Kirche war noch leer und ungestört konnte ich
mich darin umsehen. Ich stand dicht vor dem Altarbilde,

als ich plötzlich neben mir das Rauschen eines seidenen
Gewandes vernahm, und gleich darauf knieete eine schwarz
gekleidete Dame an meiner Seite nieder. Ich mochte die
Andacht der schönen Beterin nicht stören, denn schön war
sie.
„Oh, Franziska," fuhr er mit erhöhter Stimme fort,
während die Erinnerung an jene Zeit ihm die Hellen Schweiß-
tropfen vor die Stirn trieb, — „sie war so schön, wie ich
nur ein weibliches Wesen seitdem wiedergesehen habe,
Lange goldene Locken drangen an allen Seiten unter dem
schwarzen Hute hervor, und ihr Gesicht mit den wundervollen
tiefblauen Augen war so zart, so fein, wie das Gesicht
eines Engels. Ich habe keinen Zug davon vergessen, keine
Linie, selbst nicht, als der Engel sich in einen Dämon
verwandelte."
Franziska war fast eben so bleich geworden wie der
Maler, obgleich sie noch nicht vollkommen begriff, was
geschehen sein mochte.
„Ich wollte also die Andacht der Beterin nicht stören,"
fuhr Böheim nach einer langen Pause fort, „und konnte
mich doch nicht von dem lieblichen Anblick losreißen. Ich
trat also hinter einen Pfeiler, der mich vollkommen verbarg,
und jetzt konnte ich denn genau jede Bewegung des, wie
mir damals erschien, überirdischen Wesens beobachten. Es
zerschnitt mir fast das yerz, als ich Helle Tropfen wie
Diamanten über die bleichen Wangen auf das schwarze
Kleid hinabsallen sah, und ich hätte auf sie zueilen mögen
und sie bitten, mir ihren Kummer zu entdecken. Eine

volle halbe Stunde vergieng, als sie sich endlich erhob, den
langen schwarzen Schleier über ihr Gesicht zog und die
Kirche verließ. Ohne einen richtigen Gedanken, einen Plan
gefaßt zu haben, folgte ich ihr in der Entfernung und be-
merkte nur noch, wie sie am Arme eines Mannes um die
nächste Straßenecke bog. Ein Gefühl — ich weiß nicht
genau, ob es Eifersucht war — beschlich mich und ich ver-
doppelte meine Schritte. Es nützte jedoch nichts, gerade
als ich im Begriff war, das Gesicht des Mannes zu erfor-
schen, bogen sie abwärts und traten in ein mittelmäßig
großes, aber palastähnliches Gebäude. Die Thür schloß
sich hinter ihnen, und sie waren meinen Augen entschwun-
den.
„Von diesem Tage an besuchte ich jeden Morgen die
Kirche Santa-Trinita de Monti, um die schöne Unbekannte
wiederzusehen. Lange Zeit blieben meine Bemühungen un-
belohnt und schon wellte ich jeden ferneren Versuch aufgeben,
als ich sie eines Morgens wieder eintreten sah. Sie schien
mich bei ihrem Eintritt zu bemerken, denn sie erröthete
leicht und ihr Verweilen war nicht so lange, wie das erste
Mal, wo ich sie gesehen hatte. Ich wagte deswegen auch
nicht sogleich, ihr zu folgen, und es war ein Glück. Nein,
lachte der Maler plötzlich schaudernd auf, „es war ein Un-
glück, daß ich ihr nicht folgte, sondern die Stelle, wo sie
geknieet hatte, aufsuchte, denn ich fand dort Etwas, was
mir sogleich eine Bekanntschaft mit der Unbekannten sicherte
— ein goldenes Armband.
(Fortsetzung folgt.)
 
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