Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

DOI chapter:
No. 71 (19. Juni)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0285

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag,' Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Klhwchmgcr Wochenblatt
Amtsverkündigungsblalt für den Aezirk Schwetzingen.

Badische H o p s e n z e i t u n g.

Preis
tm ctefiäh lich 45 kr.
Anserate:
die viergespattene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«v. 71.

Donnerstag, 19. Juni 1873.

VII. Jahrgang.

Inserat von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstein L Fogker, Rudolf Masse und ch. L. Daube L Go., sowie die Süddeutsche Annonceu-Grpedition
von G. StöÄhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Die französische Kriegsentschädigung.
Nach den im Reichstag ertheitten Aufschlüssen des Mini-
sters Delbrück stellt sich die Milliarden - Angelegenheit rech-
nerisch dahin.
1,413,706,667 Thlr. oder 5 Milliarden Franks,
68,505,865 Thlr. Pariser Kriegs-Contribution und ähnl.
1,482,212,542 Thlr.?
86,666,007 Thlr. franz. Eisenbahnkosten ab,
1,395,515,863 Thlr. — wovon noch 272^/s Millionen
rückständig sind.
400,000,000 Thlr. vorerst noch reservirt,
995,545,865 Thlr. Rest.
255,399,816 Thlr. gemeinschaftliche Kosten ab, als Rhe-
derei-, Kriegs- und sonstige Entschä-
digungen, Reichsschatz, Dotationen,
Pensionen, Betriebs-Fond, Marine,
Festungen, Küsten - Vertheidigungen,
—_, Neichseisenbahnen,
740,146'049 Thlr. wovon
596,071,289 Thlr. auf den norddeutschen Bund,
144,074,751 Thlr. auf die süddeutschen Staaten
entfallen, wovon Letztere bereits 101,174,758 Thlr. erhal-
ten haben, a'so bis jetzt schon mehr als sie von letzter Rate
der Milliarden noch verhültnißmäßig erhalten würden. Auf
den Nordden schen Bund kommt also
596,071,298 Thlr. im Ganzen, von denen
396,520, >25 Tblr. an Kriegskosten (Anleihe rc.) abgehen
199,551,173 Thlr. wovon wieder verschiedene andere
Kosten für Festungs-Belagerungsma-
terial, Eisenbahnen und Unterstützun-
gen abgehen, so daß
175,910 942 Thlr. nur noch verbleiben.
Auf d.e reservirteu
400,000,000 Thlr. sind bereits angewiesen
187,000,000 Jnvalidenfond,
72,000,000 für Festungsbauten,
2,619,000 für verschiedene Bauten,
37,519,582 Eisenbahnen,
18,019,590 Marine.
317,157,978 Thlr.
Es wird mithin ferner etwa
82,842,023 Thlr. Rest verbleiben, worauf aber immer-
hin noch einzelne Ausgaben kommen.
Beide Summen zusammen also
175,910,942 Thlr. obiger Rest, macht
258,752,965 Thlr.
Davon gehen aber an Retablissementsgelder für die
Armee wieder 106,846,810 Thaler ab, und würde noch
ein Rest von etwa 150 Millionen verbleiben, der jetzt je-

doch immer noch reduziren kann. Die Bevölkerung des Bun-
des zu dreißig Millionen gerechnet, würde sich pro Kopf 5
Thlr. ergeben. Dabei ist aber zu bemerken, daß die Resul-
taten in der Rechnung so vag auslaufen, daß für die Rich-
tigkeit nicht einzustehen ist. Doch soll ein förmlicher Ver-
theilungsplan noch in diesen Tagen an den Reichstag
kommen.

Der erste badische Städtelag.
Baden-Baden, 16. Juni.
Die Eröffnung der Versammlung von Deputirten fast
sämmtlicher badischen Städte erfolgte um 9^/r Uhr durch
Herrn G.-Rth. Wolf von Baden, welcher die Mcktheilung
macht, daß Herr Ob.-Bgmstr. Gaus durch Krankheit am
Erscheinen verhindert ist. Mit einem Danke für die zahl-
reiche Betheiligung und Hinweis auf die Wichtigkeit der
heutigen Versammlung, wie auf die Tragweite der zu
fassenden Beschlüsse und dem Wunsche, der Städtetag möge
eine ehrenvolle Anerkennung für sein Wirken und seine
Bestrebungen ernten, schlägt Herr Wolf zum Präsidenten
des 1. badischen Siädtetages Herrn Ob.-Bgmstr. Moll
von Mannheim vor, dem die Versammlung durch Akklamation
beistimmt.
Herr Ob.-Bgmstr. Moll dankt im Namen der Stadt
Mannheim für das Vertrauen und betont die Wichtigkeit
des Siädtetages und seiner heutigen Eröffnung. Der
Städtetag würde ein bedeutendes Material zur Lösung
schwebender Fragen zusammenk.ringen. Der Versuch sei
nicht der erste, doch werde man heute durch die neuen Ge-
setze wiederum dazu gedrängt. Ein Unterschied zwischen
Land- und Stadt-Bevölkerung müsse gemacht werden, nament-
lich für die größeren Städte liege ein dringendes Bedürf-
niß vor, für sie sei der heutige Zustand geradezu unhaltbar.
Bewußt der großen Aufgaben möge die Versammlung in
kurzer und gründlicher Berathung die umfangreiche Tages-
ordnung erledigen, durch welche, wie schon bemerkt, den
gesetzgebenden Factoren ein reiches und schätzbares Material
zugewendet werde. Der Städtetag ist nunmehr eröffnet.
Nunmehr erfolgte die Wahl des stellvertretenden
Vorsitzenden in der Person des Hrn. Ob.-Bgmstr. Lauter
von Karlsruhe, sowie die Ergänzung des Bureaus
durch die Herren Bgmstr. Straubhaar von Walds-
! hut und G.-Rth. Langer von Karlsruhe.
Der Vorsitzende macht zunächst Mittheilung über das
gemeinschaftliche Essen am Abend, über die Illumination
des Kurhauses und der Säle und stellt hierauf die bereits
mitgetheilte Präsenzliste fest.
Hierauf kommt das Statut der Geschäftsordnung zur
Verlesung.
Herr Ob.-Bgmstr. Schuster von Freib urg macht
l dazu einige Abänderungsvorschläge auf Grund der im Aus-

schuß gemachten Erfahrungen, betr. die Stimmabgabe
difsentirender Vertreter derselben Stadt, ohne daß dieselben
von der Versammlung angenommen werden.
Der Vorsitzende bringt hierauf ein Telegramm von
Konstanz zur Kenntniß, wonach die Vertreter dieser Stadt
zur Theilnahme verhindert sind, ferner ein Schreiben von
Eberbach, welches Hrn. Ob.-Bgmstr. Moll zur Stimmab-
gabe ermächtigt. Ein solches Mandat wird jedoch für un-
zulässig erklärt.
Es wird nunmehr in die Berathung der Anträge ein-
getreten und es erhält als Berichterstatter das Wort:
Herr Gem.-Rth. v. Feder von Mannheim,
welcher zunächst auf seine gedruckten Berichte verweist. Ob-
schon der Hauptsache nach nur die größeren Städte von
einer Reform betroffen werden, seien dennoch die Ein-
ladungen im ausgedehntesten Maßstabe erlassen worden, um
auch den kleineren Städten die Annahme der neuen Be-
schlüsse, nach Anhörung der Stimmen, möglich zu machen;
es kommen ferner auch Wünsche in Betracht, an denen
sämmtliche Stadtgemeinden gleichmäßig betheiligt sind. Zur
Berichterstattung selbst übergehend, beantwortet Redner die
Frage: Was ist denn eigentlich die Einwohnergemeinde? in
eingehenden Erörterungen. Anknüpfend au die alte Bürger-
gemeinde und deren enge geschloffene Verhältnisse, von denen
das Scheiden zwar schwer aber nothwendig sei in Folge
der allgemeinen Gesetzgebung, zählt deren neue Bestimmungen
auf, durch welche der wesentliche Inhalt des Bürgergemeinde-
Rechtes geschwunden. Zwischen dieser und der neuen Ein-
wohnergemeinde besteht der Unterschied in den Berechti-
gungen, dem Erwerbe, welcher nach alter Sitte durch Ge-
burt oder andere Bestimmungen beschränkt war, und in der
Einheit des Bürgerrechts. Wünschenswerth und nothwendig
ist die beabsichtigte Reform in erster Reihe durch die neue
Gesetzgebung. Es ist statistisch nachgewiesen, daß in neuester
Zeit die Zahl der Bewerber um das Bürgerrecht in den
größeren Gemeinden erheblich abgenommen hat. Um gleiche
Belastung bei gleichen Rechten zu erzielen, sei daher die
Ausdehnung des Bürgerrechts nothwendig. Die Zahlen -
Verhältnisse indem gedruckten Bericht erweisen, daß beispiels-
weise in Mannheim und Pforzheim schon jetzt ein unnatür-
liches Verhältnis dadurch hervorgebracht ist, daß die Zahl
der Bürger von der Zahl der Einwohner nicht unwesentlich
übertroffen wird. Schon mit Bezug auf Steuerreform er-
scheint hier Abhülfe und Umwandlung dringend nothwendig,
wobei gleichzeitig der bisher leblose Körper des Bürgeraus-
schusses zur vollen Theilnahme an der Verwaltung heran-
gezogen werden müsse. Auch das Bedürfniß der Gemeinde,
sich mit neuen intellectuellen Kräften zu versehen, sich zum
Nutzen derselben zu verwenden und neues Streben in
größeren Städten anzuregen, werde hierdurch befriedigt.
(Fortsetzung folgt.)

Der Much des Holdes.
*
* 4-
(Fortsetzung.)
5.
Der Vagabund hatte sich bei den letzten Worten erhoben.
„Prüft meinen Vorschlag und ihr werdet finden, daß ihr nichts
besseres thuu iönnt, als ihn anzunehmen," fügte er hinzu, während
er sich der Thür näherte, „wenn ihr nicht energisch den Knoten durch-
haut, werdet ihr ihn nicht lösen, das Fräulein ist ein Trotzkopf, sie
wird euch mehr zu schaffen machen, als ihr vermuthet."
Kaum hatte Schneider sich entfernt, als eine bereits bejahrte Frau
eintrat, deren äußere Erscheinung ganz denselben zurückstoßenden Ein-
druck machte, wie die Erscheinung des Vagabunden.
„Was wollt ihr hier?" fragte der Wucherer barsch, der geneigt
zu sein schien, seinen ganzen Groll an dieser Frau auszulassen. „Ich
bin heute nicht in der Laune —"
„Das habt ihr schon zehn Mal gesagt," fiel die Frau ihm gereizt
ins Wort, „aber ich habe keine Lust, mich stets mit leeren Worten
abspeisen zu lassen. Haltet euer Versprechen, zahlt, was ihr schuldig
seid, so werde ich eure Schwelle nicht mehr überschreiten."
„Zahlt, was ihr schuldig seid!" höhnte der Trödler, „als ob ich
bis an den Ellenbogen im Gold wühlen könnte. Man hat mir auch
noch nicht gezahlt, was man mir schuldig ist, ihr müßt warten, ich
kann auch nicht, wie ich will."
„Das sind Ausreden, ihr werdet euch nicht so lange gedulden, wie
ich es gethan habe. Damals, als ich die Rolle übernehmen sollte, gabt

ihr mir die besten Worte, hundert Thaler sollte ich in blanker Münze
erhalten, sobald der notarielle Akt ausgefertigt war. Und nun? noch
keinen rothen Heller habe ich bis heute erhalten, aber ich weiß jetzt, an
wen ich mich zu halten habe! Wenn sie nicht zahlen, werde ich mich
an das Fräulein wenden und —"
„Wendet euch an wen ihr wollt!" rief der Trödler wüthend.
„Ich zahle euch das Geld nicht eher bis ich selbst es habe und damit
Basta!"
„Gut, so werde ich thun, was mir beliebt," erwiderte die Frau
drohend, erinnert euch später, daß ihr nicht anders gewollt habt."
Peter Schwind blickte höhnisch lächelnd der Frau nach, die sich
rasch entfernte.
„Dich fürchte ich nicht," murmelte er, „du hast nicht den Muth,
dich selbst an den Pranger zu stellen! Eine halbe Million? Bah, er
hat sie noch nicht, vorläufig muß er mir als Werkzeug dienen, was
es später gibt, wird sich finden."

6.
Constanz hielt es für eine Pflicht, den Vater Hedwigs zu warnen;
er that es im Beisein der jungen Dame und beobachtete bei dieser Ge-
legenheit die Letztere scharf. Er bemerkte, daß sie erschrack, als er die
Aeußerung fallen ließ, der Vag abund habe sich sehr für den Bericht
interessirt, der von dem Trödler über die Auffindung des geraubten
Kindes zu Protocoll gegeben worden sei.
Der Millionär blickte nachdenklich vor sich hin.
„Daß einer von Beiden ein Dieb, ein Verbrecher ist, der das

Ptoject, mich zu berauben so bald nicht fallen lasten wird, bezweifle
ich nicht," sagte er, „wer aber mag der Andere gewesen sein?"
„Höchst wahrscheinlich der Schreiber des Notars," erwiderte Constanz.
„Er sagte ja, daß er selbst jenen Bericht niedergeschrieben habe."
Hedwig hatte sich erhoben. „Sie sehen, wir, find von Spionen
u. Leuten, die uns nur Böses zufügen wollen, umringt", sagte sie, „lasten
sie noch heute uns abreifen. Ich zittere bei dem Gedanken, daß es dem
Verbrecher schon in der nächsten Nacht einfallen könne, ihnen einen Be-
such zu machen, daß —"
t,Nur nicht gleich so furchtsam," unterbrach Cornelius sie beschwich-
tigend. „Vor einem solchen Besuch werde ich mich zu schützen wissen.
Sie.haben wohl die Güte, Herr Doctor, mich zu dem Notar zu be-
gleiten, dem ich mein Testament anvertraute?"
„Ich erraihe, was sie dort wollen," entgegnete Constanz. „Aber
ist es nicht gefährlich, einen Mann anzuklagen, ehe man sichere Beweise
für feine Schuld besitzt?"
„Besitzen wir sie nicht?"
„Moralisch allerdings, aber mit solchen Beweisen kann man Nie-
mand überführen."
„Wenn sie dem Notvr berichten, was sie gestern Abend gehört
haben, so wird er uns Dank wissen, daß wir ihm über die Zuverlässig-
keit seines Schreibers die Augen öffnen."
Constanz verbeugte sich. „Wenn sie es wünschen, stehe ich gern
zu ihren Diensten. Aber ich möchte ihnen rathen, vor allen Dingen
für die Sicherheit ihrer Werthpapiere Sorge zu tragen; sie Aeuße-
rung des Verbrechers, daß er vorläufig noch nicht deran denke, den
Raub zu begehen, ist mir verdächtig, ich glaube, daß er sie nur fallen
ließ, «m seinen Genoffen um den Lohn für den Verrath zu betrügen
 
Annotationen