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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 59 (20. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0237

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Klhwctzingtr Wochenblilll

Amtsverkündigungsbtait für den Jezirk Schwetzingen.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Preis
vierteljährlich 45 kr«

die viergespaltene
Petitzeile oder deren?
Raum 4 kr.
Lokalanzeigen '
3 kr.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:/*^
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
nnd Boten nehme«
Bestellungen an.

Ao. 5S.

Dienstag, 20. Mai 1873.

VII. Jahrgang.

Für das .Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „Philippsburger <L Germersheimer Wochenblatt Gratis-Aufnahm e

Rundschau.
Das „Deutsche Wochenblatt" widerspricht die Mitthei-
lung, daß der Kaiser Wilhelm mit dem russischen Kaiser in
Wien Zusammentreffen solle. Das Wochenblatt fügt hinzu:
Vorerst scheint der 16. Juni als der Tag der Abreise des
deutschen Kaisers in Aussicht genommen zu sein.
Bekanntlich soll in Mainz ein „K r i e g s b a h n h o f"
angelegt werden, in dem alle auf den Transport einer Armee
und der Armeebedürfnisse bezüglichen Verkehrungen ihren
Mittelpunkt finden sollen. Erhöhte Bedeutung erhält dieses
großartige Project durch ein anderes, dessen Ausführung
jetzt gleichfalls genannter Stadt gesichert ist. Es handelt sich
nämllch um eine Konservenfabrik von solchem Um-
sange, daß der ganze Bedarf einer Armee an Mannschafts-
und Pferde - Rationen vollständig aus derselben befriedigt
werden kann. Die während des deutsch-französischen Krieges
vielgenannte „Erbswurst" ist nur eines der mannigfachen
Präparate, welche hier zur Herstellung kommen sollen; für
Pferde insbesondere soll eine Conserve hergestellt werden,
welche der Erbswurst ganz analog ist. Berechnet ist das
ganze Unternehmen auf den etwaigen Ausbruch eines neuen
Krieges, weil ja ein derartiger Bedarf an Eonserven, wie
er zum vollen Betrieb des ganzen colossalen Etablissements
(es ist für dasselbe ein Anlagecapital von Mill. Thlrn.
in Aussicht genommen) erforderlich sein würde, in Friedens-
zeiten bei Weitem nicht existirt. Immerhin wird die An-
stalt auch für Friedenszeiten in vermindertem Umfange in
Thätigkeit sein.
Der Delegirtentag der deutschen Gast-
w i r t h e, welcher in vergangener Woche in Berlin statthatte,
wies in sehr lebhafter Debatte auf über die Stellung der
Gastwirthe den Brauereien gegenüber. Man geißelte in
scharfen Worten die Geschäftspraxis der Brauer, nur wenige
Monate des Jahres trinkbares Lagerbier, die übrige Zeit
aber ganz ungenießbares, gesundheitsschädliches Bier in die
Restaurationen zu liefern und den Rest guten Lagerbieres
als Flaschenbier direct an das Publikum zu Preisen zu ver-
kaufen, mit welchen der Schänker nicht coucurriren kann,
oder in eigenen Localen selber zu verzapfen. Die Versamm-
lung stimmte schließlich einer Resolution zu, wttche es der
Würde der Gastwirthe nicht für angemessen erachtet, das
Bier von solchen Brauereien zu entnehmen, die in dem Fla-
schenbetrieb und in der Errichtung von Ausschanklocalen ihre
Existenz suchen, und beantragte den Centralvorstand, beim
Reichstage dahin vorstellig zu werden, daß im deutschen
Reiche, wie schon jetzt in Bayern, das Bier als Nahrungs-
mittel und nicht mehr als Luxusartikel behandelt und da-
mit von Staatswegen eine Controle über die Brauereien
geübt wird. Gleichzeitig wurde der Centralvorstaud beauf-
tragt, geeignete Schritte zur Herbeiführung einer Frachter-

mäßigung für Bier und zu einem gerechteren Verfahren bei
der Licitation der Staatsbahnhofs - Restaurationen zu thun.
Die übrigen Verhandlungen betrafen rein interne Sachen
der Gastwirthschaft.
Der verstorbene Professor Liebig in München soll
nach der Mittheilung eines Darmstädter Blattes eine Million
hinterlassen haben. Es ist ein seltenes Beispiel, daß ein
deutscher Gelehrter es zu einem solchen Vermögen bringt.
Wie man wissen will, haben die industriellen Unternehmungen,
die sein gelehrtes Wissen hervorrief, ihn mit einem reich-
lichen Antheil des ihnen immer stärker zufließenden Ge-
winnes bedacht.
Kuso, der als Alexander Johann I. einige Zeit hin-
durch Fürst von Rumänien gewesen, ist am 15. Mai
zuHeioelberg an einer Luftröhrenentzündung gestorben. Zu
Galacz in der Moldau 1820 geboren und von 1834—1839
in Paris erzogen, trat er, heimgekehrt, in die moldauische
Miliz und rückte darin allmählig bis zum Obersten auf;
1850 war er Präfect seiner Vaterstadt, 1858 deren Kam-
merdeputirter und im Cabinet der einstweiligen Kaimakams
Kriegsminister. Am 17. Januar 1859 einstimmig zum
Fürsten der Moldau und am 5. Februar auch zum Fürsten
der Walachei gewählt, und in dieser Doppelwürde „aus-
nahmsweise" von den Großmächten wie auch von der Pforte
bestätigt, errang er zu Ende 1861 die Vereinigung beider
Fürstenthüiuer unter dem Namen „Rumänien." Da seine
Regierungsmaßregeln fortwährend auf den Widerstand der
Volksvertretung stießen, machte er im Mai 1864, nach dem
Vorbilde seines Gönners Napoleon, einen Staatsstreich,
setzte eine allgemeine Volksabstimmung in Scene, die ihm
611,094 Ja gegen 71,527 Nein eintrug, und machte gleich
darauf dem Sultan, der ihn freundlich empfing, seine er-,
gebenste Aufwartung; aber Regelmäßigkeit und Bestand ver-
mochte er nicht in seine Staatsleitung zu bringen. Fort-
während wechselte er seine Minister, und als er im Februar
1866 dies abermals (in den sechs Jahren seiner Herrschaft
zum 27. Mal) that, brach in der Nacht des 22. jenes
Monats eine ebenso plötzliche als kurze Revolution aus.
Zur Abdankung gezwungen, verließ er das Land und hat
seitdem in Wien, während der letzten Zeit aber in Wies-
baden , von wo e? jüngst nach Heidelberg kam, um seine
Söhne dort in Erziehung zu geben, gelebt. Vermählt war
er seit 1844 mit Helena Rosetti, der Tochter eines wala-
chischen Bojaren.
In Erwartung des neuen Tabakssteuergesetzes
haben verschiedene Speculanten große Vorräthe in den Zoll-
verein eingeführt, um der gefürchteten Zollerhöhung zu ent-
gehen oder daraus ein „Geschäft" zu machen. Die Specu--
lation hat sich jedoch, da der ganze Prospect für dieses
Jahr als vertagt betrachtet werden darf, in ihren eigenen
Netzen gefangen, und es ist bezeichnend, daß von Seiten

solcher Interessenten Schriftstücke an den Reichstag gelangen,
welche die augenblickliche Erhöhung der Tabaksubgaben be-
fürworten.
Aus Dänemark hört man, daß sich dort in Re-
gierungskreisen, eine versöhnliche Stimmung gegen Deutschland
Bahn breche.
In Java herrscht, wie die neuesten Nachrichten mel-
den, eine große Reisnoth. Die letzten beiden Saisons
waren für Reis sehr ungünstig, und da dies das Haupt-
nahrungsmittel ist, leidet die Bevölkerung ungemein. Viele
sterben Hungers, namentlich in Samarang. Leider hat die
holländische Regierung rechtzeitige Maßregeln versäumt, um
der Calamität nachdrücklich zu begegneu.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 17. Mai. Die Religio ns- und
Confessionsverhält nisse der badischen Bevölke-
rung ergaben bei der Zählung 1871 für die katholische Be-
völkerung 64,49 °/o (942,560), für die Evangelischen 33,59
°/o (491,008), sonstige Christen 0.16 (2265), Israeliten
1,76 (25,703), sonstige und Unbekannte 26. DieHahl der
Mennoniten ist von 1319 auf 1444 gestiegen; die Zahl
der Evangelischen hat sich um 3,17, jene der Katholiken
nur 1,24 vermehrt. Auf ckne geographische Meile kommen
5320 Einwohner, 745 Wohnhäuser, 1095 Haushaltungen;
auf ein Wohnhaus 7,14 Einwohner, 1,47 Haushaltungen,
auf eine Haushaltung 4,86 Einwohner. Durch Gesetzge-
bung und günstige Erwerbsverhältnisse sind namentlich die
Haushaltungen stark gegen 1867 gestiegen.
München, 18. Mai. Stlftsprobst Döllinger wurde
an Liebigs Stelle zum Vorstand der Akademie der Wissen-
schaften ernannt.
Frankfurt, 18. Mai. Die „Deutsche Presse" bringt
eine Privatdepesche vom 17. Mai aus Rom, wonach der
Papst im Sterben liegt und man seinem Ende stündlich
entgegensieht.
Darmstadt, 18. Mai. Man meldet: Gestern stieß der um 10
Uhr 25 Minuten Abends von Frankfurt abgegangene Schnellzug der
hessischen Ludwigsbahn im Binger Bahnhofe 12 Ühr 27 Min. Nachts
mit einem Rangirzug zusammen. Der Zugführer, Heizer und ein
Weichenwärter blieben todt, einem preußischen Major wurden beide
Beine abgefahren; zahlreiche andere Verwundete. Zwei Personen- und
ein Gepäckwagen sind vollständig zertrümmert.
Ausland.
WiM, 15. Mai. Was die Börse uud den „großen
Krach" anbetrifft, so kommen immer haarsträubendere Dinge
zum Vorschein über den Antheil, welchen die Wiener Ge-
werbewelt an dem wilden Treiben der Speculation ge-
nommen. Wie man weiß, hatten hiesige sogenannte Börsen-
Comptmrs gewisse Spielkonsortien mit je 500 Teilnehmern
gebildet, und ein Blatt, die jetzt regenerirte Morgenpost,
veröffentlicht recht anmuthige Details über die Zusammen-
setzung einer solchen Spielgesellschaft. Unter den Theil-

Per Iikuch des Holdes.
4-
4- *
(Fortsetzung.)
, 2.
Er konnte in den ersten Stunden das Mißtrauen nicht bannen,
er fürchtete, wenn auch nicht absichtlich, so doch durch ein Spiel des
Zufalls betrogen zu sein; aber dies'Mißtrauen schwand allmälig. Die
Liebe und Herzlichkeit, mit der Hedwig ihm entgegen kam, die zuvor-
kommende Aufmerksamkeit, die sie ihm bewies und die heitere Ruhe,
mit der sie ihres Glückes sich freute, erstickten die letzten Zweifel, die
in seiner Seele auftauchcn wollten.
Dennoch konnte der alte Herr sich einer ungetrübten Freude nicht
hingeben, er fand gar manches in dem Wesen, dem Auftreten der Rede-
weise und dem Benehmen seiner Tochter, was ihn, den fein gebildeten
Mann zurückstieß und die Zweifel darüber, ob es ihm gelingen werde,
dies Alles zu ändern, bereiteten ihm manche Sorgen.
Er sprach mit ihr über seine und ihre Vergangenheit, er machte
ihr Vorschläge bezüglich der Ausbildung ihres Geistes, er bot ihr an,
sie lernen zu lassen, was ihr Herz begehre und sie ging auf alle Vor-
schläge freudig ein.
Er stellte ihr eine namhafte Summe zur Verfügung, damit sie
ihre Garderobe, ergänze, er versprach ihr, sie das Leben genießen zu
lassen, wie sie es nur wünsche und bat sie, ihm das Herz zu öffnen
und ohne Rückhalt ihm zu sagen, ob dasselbe noch keine Wahl für das
Leben getroffen habe.

Sie verneinte diese Frage und erklärte, daß sie nun auch den Vater
nicht mehr verlassen wollte, daß sie zuversichtlich darauf vertraue, an
seiner Seite sich so glücklich zu fühlen, wie sie es an der Seite eines -
Gatten nur werden könne. '
Mehr und mehr befestigte in der Seele des alten Herrn die Ueber-
zeugung sich, daß er ein Narr sei, wenn er jetzt noch die Jndentität
seines Kindes bezweifle; daß Peter Schwind allerdings bei den Nach-
forschungen seinen Vortheil wahrgenommen, aber an absichtlichen Betrug
nicht gedacht habe. Der Rest des Tages verstrich den Beiden rasch;
als Hedwig sich spät am Abend in ihr Zimmer zurückgezogen hatte,
dachte Cornelius nicht mehr an die Möglichkeit eines Betruges.
Er ging hinunter in den Speisesaal, um dort noch eine Stunde
zu verweilen, er war zu aufgeregt, um jetzt schon sich zur Ruhe zu
begeben.
Als er in den Saal trat, siel sein Blick auf den Advocaten Stein«
müller, der allein an einem Seitentische saß und, wie es schien, seinen
Klienten erwartete.
Cornelius setzte sich zu ihm.
„Wünschen Sie mir Glück!" sagte er „ich habe mein Kind ge-
funden."
„Und Sie haben die Ueberzeugung, daß es wirklich Ihr Kind
ist?" fragte der Advocat.
„Ja, im ersten Augenblick glaubte ich zweifeln zu müssen, aber
jetzt sind meine Zweifel gehoben."
„Desto besser," fnhr der Advocat fort, während er das Glas lang-
, sam den Lippen näherte, „so war also meine Warnung eigentlich über-
! flüssig.
! „Durchaus nicht, auch ohne ihre Warnung würde der Eindruck,

den der Trödler auf mich machte, derselbe gewesen sein, aber ihre
Warnung hatte das Gute, daß ich augenblicklich die Maske dieses
Mannes durchschaute. Ich halte ihn für einen herzlosen Egoisten, für,
einen Mann, der seiner Habgier jedes Opfer bringen kann; aber ich
glaubte nicht, daß er je so wirdtief,sinken, ein Verbrechen zu begehen."
„Sie glauben, er hat nicht den Muth dazu?"
„Getroffen, auf Mich macht der Trödler den Eindruck eines feigen,
habsüchtigen Mannes, eine Gaunerphysiognomie besitzt er nicht.
Der Advocat schüttelte den Kopf.
^Vielleicht der Zauber der Heimath hält mich gebannt, ich werde
meinem Geschäftsführer darüber schreiben, daß er das Geschäft liqui-
diren soll. Ich war übrigens darauf vorbereitet, daß ich nicht nach
Amerika zurückkehren würde; den größeren Theil meines Vermögens
habe ich mitgenommen und es wäre mir lieb, wenn Sie mir in den
Nächsten Tagen einige Anleitungen zur sicheren Anlage bedeutender
Summen geben könnten. Ich werde vielleiuft für einen Theil gute
Actien kaufen und den anderen gegen hypothekarische Sicherheit aus-
leihen.
„Wir wollen sehen, was zu machen ist," erwiderte der Advocat.
„Wenn Sie erlauben, schicke ich ihnen Morgen im Laufe des Nachmit-
tags durch meinen Söhn einige Andeutungen, nachdem ich zuvor auf
der Börse und dem Hypothekenamte Erkundigungen eingezogen habe."
Er erhob sich; die Einladung seines Klienten, eine Flasche Cham-
pagner mit ihm zu leeren, lehnte er ab.
3.
Peter Schwind fand sich schon am nächsten Tage und zwar ziem-
lich früh ein.
(Fortsetzung folgt.)

Hiezu eine Beilage: Der .Generalanzeiger" Nr. 4*
 
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