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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 119 (9. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0477

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Amtsverkündigungsötatt für den Mezirk Schwetzingen.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

B i» in s ch r

H o p s c ns k i t u n g.

Preis
viertetsährüch 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 119. Donnerstag, 9. Oktober 1873. VII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstein L Wogter, Rudolf Wolfe und ch. L. Jauöe L Go., sowie die Süddeutsche Annoncen-Grpeditiou

von G. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Rundschau.
Im Kriegsministerium ist man von der Ausarbeitung
eines neuen Mobilmachungsplanes beschäftigt,
dessen Bestimmungen in vielen Punkten von den bisherigen
Grundsätzen abweichen.
Die Goldankäufe, welche die Reichsregierung an-
geordnet hat, werden gegenwärtig durch Konkurrenz Schi/e-
den-Norwegens einigermaßen erschwert und vertheuert, da
auch in jenem Lande, wie schon früher mitgetheilt, die Gold-
währung eingeführt werden soll. Das Einschmelzen der
eingezogenen preußischen Thalerstücke ist auch bereits angeord-
net und es wird bereits diese Operation in Hamburg und
Frankfurt a. M. vorgenommen werden, da die dortigen
Silberschmelzereien bereits den darauf bezüglichen Auftrag
empfangen haben. Die Summe der jetzt schön zum Eis-
schmelzen bestimmten Thaler wird auf 25 Millionen angegeben.
Wie einem in Berlin weilenden Berichterstatter der
„Times" mitgetheilt wird, hat der König von Ita-
lien den deutschen Kaiser ganz entzückt durch die bün-
dige militärische Offenheit, mit welcher er bei der ersten
Unterredung gestand: obschon er Napoleon wegen seines ganz
ungerechtfertigten Angriffes im Jahre 1870 sehr getadelt
habe, so sei er doch an diesen Monarchen durch solche Ver-
pflichtungen der Dankbarkeit und durch so innige Familien-
verbindungen gefesselt, daß er die schweren Niederlagen Frank-
reichs und seinen schließlichen Sturz nicht mir Glenhgült-gkeit
habe sehen können. Hätte es in meiner Macht gestanden,
— sagte er — so wäre es meine Pflicht gewesen, an der
Spitze von 200,000 Streitern den Besiegten zu Hülfe zu
eilen, allein ich hatte meine Hände nicht frei und heute
sehe ich das Vergangene als unwiderruflich an." Diese
einfache Rede bemerkt der Korrespondent — gefiel dem
Kaiser Wilhelm unendlich, viel besser als die eingehensten
Entschuldigungen oder eine kalte Zurückhaltung.
Seit dem Besuche Victor Emanuels in Berlin sind die
Bourbonen und ihre Freunde, die Jesuiten, in Frankreich
etwas stiller und nachdenklicher geworden, natürlich ohne ihr
Rachepläne aufzugeben. Am meisten stimmt sie die That-
sache zum Nachdenken, daß der alte Molt ke mit dem
italienischen General Viliale im Beisein anderer höherer
Offiziere zwei lange Berathungen gehalten hat. Sie wissen,
was das bedeutet.
In italienischen miüärischen Kreisen heißt es, Graf
Moltke werde mit einigen Offizieren demnächst in Nom ein-
treffen ; der Kronprinz des demschen Reichs, wird ferner aus
Rom telegraphirt, werde dort zwischen dem 5. und 9. No-
vember erwartet. Selbstverständlich übernehmen wir keine
Verantwortung für diefe Mittheilung.
Das Einschmelzen der eingezogenen preußischen
Thalerstücke ist, wie man der „Köln. Ztg." schreibt,
auch bereits angeordnet und es wird diese Operation in

Hamburg und Frankfurt a. M. vorgenommen werden, da
die dortigen Silberschmelzereien bereits den darauf bezügli-
chen Auftrag empfangen haben. Die Summe der jetzt
schon zum Einschmelzen bestimmten Thaler wird auf 26
Millionen angegeben.
Es rückt allmählig der Tag heran, an welchem die
französische N a ti o n a l - V e r s a m m l un g den verhäng-
nißvollen Würfel fallen lassen und zwischen der bedingungs-
losen Republik und dem weißen beziehungsweise tricolcren
Königthum Heinrich's V. die entscheidende Wahl zu treffen
haben wird. Man ist in und außerhalb Frankreichs über
das Ergebniß dieser Wahl nicht mehr in Zweifel. Wenn
die Wiedereinsetzung der bourbonischen Monarchie nicht noch
im letzten Augenblick in sich selbst an dieser oder jener von
ihr verlangten constitutionellen Bedingnng scheitert — was
immer unwahrscheinlicher wird — : die Macht und den
Einfluß der Republikaner Frankreichs hat sie heute nicht
mehr zu fürchten und im geordneten parlamentarischen
Kampfe darf sie der Majorität, also des Sieges sicher sein.
Von mehr Bedeutung erscheint jetzt schon die Frage, wie
sich die Dinge gestalten werden, wenn der Sieg der Roya-
listen ausgemachte Sache ist. Nur das blöde Auge eines
Aegitimisten kann, wie es kürzlich in einem Parten Mani-
feste geschehen ist, in der Thronbesteigung des Grafen
Chambord den Beginn einer allgemeinen Friedensaera sehen,
die Begründung eines Reiches, in welchem sich alle Fran-
zosen versöhnt d e Hände reichen und dem europäischen Ca-
binet das Beispiel eines christlichen Staates geben werden.
Klarer und zuverlässiger als diese Partisanen des „Gottge-
sandten" scheinen uns Diejenigen zu urtheilen, welche die
jetzige Perspective dem innern Frieden Frankreichs keineswegs
für günstig halten. Die künftige Parteibildung wird keine
geringere als eine vierfache Opposition gegen die Regierung
zu Tage fördern, mehr als eine clericale und legitime
Monarchie auf die Dauer zu ertragen im Stande ist. Als
unversönlich werden ihr zunächst Republikaner und Bona-
partisten gegenüber stehen, im Centrum wird sich die in
jeder französischen Kammer herkömmliche gemäßigte Oppo-
sition zusammenfinden und auf der äußersten Rechten noch
eine Gruppe von Ultra's ihr Mißvergnügen mit allen Zu-
geständnissen äußern, die der „Angestammte" wohl ooer
übel den Forderungen der Zeit entgegenbringen muß. Das
sieht nicht aus wie Frieden und Versöhnung. Sehr treffend
zeichnete kürzlich der Academiker Lcktre die Aufgabe eines
französischen Königs. Um in Frankreich König zu sein,
sagte er etwa, müßte man eben so bereit sein, die Krone
niederzulegen, wie weiland Leopold von Belgien, ebenso
resigmrt der öffentlichen Meinung folgen, wie die Königin
von England und ebenso unabhängig von einer Stkatsreli-
gion dastehen, wie einst Friedrich II. von Preußen. —
Dies Programm wird Heinrich V. nicht erfüllen. —

In Frankreich ist, soweit es auf Mac Mahon und
seine Minister ankommt, Alles fertig, den „Roy" zu empfangen.
Die Monarchisten jubeln, wie alle kurzsichtigen Politiker, die
von der Hand in den Mund leben. Sie bedenken nicht,
daß der Erfolg, den sie zu erringen im Begriff sind, nur
ein vorübergehender sei, nur dazu dienen kann, dem Mo-
narchismus in Paris den letzten Stoß zu versetzen. Das
monarchische System erhielt einen schweren Schlag durch die
jämmerliche Heuchelei, welche vor allem Volke von den Re-
präsentanten des Königs, des „Königthums" sowohl, wie
des Gottesgnadenthums getrieben wird. Die neueste scher-
wenzelnde Glückwunschfahrt eines der orleanistischen Prinzen,
des Herzogs von Chartres nach Frohsdorf und die jesuitische
Gesinnungsklügelei des Gottesgnadenmannes Chambord,
der sich in Unwandelbarkeit der Prinzipientreue schier mit
dem Felsen Petri vergleichen ließ und der nun zu seinem
53. Geburtstage in Wort und Schrift sich in das „liberale
Königthum" hineinlügen will, sind wohl im Stande, die
monarchische Idee gründlicher zu ruiniren, als es die ver-
bohrtesten Republikaner je vermöchten. Wenn in dem neue-
sten Schreibebriefe, von welchem der Telegraph jüngst Kunde
brachte, der ,,üow.m.s xrimeixs" Etwas aufrichtig meint und
sagt, so ist es die fast kindisch zu nennende Selbstüberhebung,
mit welcher er die kühne Phrase hinausspricht, daß in Frank-
reich „Alle seiner bedürfen," eine Selbstüberhebung, die
kaum gemildert, ja eher noch verstärkt wird durch den süß-
lichen Beisatz, daß auch er „Aller bedarf."
Schon vor längerer Zeit wurde mitgetheilt, daß in
dem Processe Bazaine von dem angeschuldigten
Marschall preußische Offiziere als Schutzzeugen berufen wer-
den dürften. Dies wird jetzt von Paris bestätigt; der
Marschall Bazaine hat den Chef der Armee, von welcher
Metz belagert worden ist, den Feldmarschall Prinzen Fried-
rich Karl, und alle Generale, welche bei jener Armee activ
gewesen find, als Schutzzeugen aufgerufen. Die Verhand-
lung gegen Bazaine hat bekanntlich diese Woche begonnen
und der Gerichtshof wird alsbald über die von dem Ange-
klagten gewünschte Vernehmung preußischer Offiziere sich
schlüssig zu machen haben. Selbstverständlich würde Prinz
Friedrich Karl sich nur schriftlich in der Sache äußern; was
aber die übrigen Militärs angeht, auf deren Zeugniß Ba-
zaine sich beruft, so wird, wie wir hören, die deutsche Reichs-
Regierung dem persönlichen Erscheinen derselben vor dem
französischen Gerichtshöfe keine Schwierigkeiten machen. Der
Proceß würde durch das Auftreten dieser Zeugen wesentlich
an Interesse gewinnen.
Offiziere, die aus Frankreich zurückgekehrt sind, schildern
dis Stimmung der Volksmasse in hohem Grade fanatisirt.
Der Rachekrieg ist das stehende Tema in der großen Zahl
der kleinen Provinz-Zeitungen, welche dem Einflüsse der
Geistlichkeit mehr als je zugänglich sind. Die Priester scheuen

Sie Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Rosi und Kathrin waren Schwestern, die ganz für sich
allein in der Welt standen, weder Vater, noch Mutter, noch
Bruder hatten, Niemanden als sich selber,
Rosi war an einen braven Gatten verheirathet gewesen,
aber schon nach einem kurzen, glücklichen Jahre hatte sie
denselben und ihr kaum wenige Wochen altes Töchterchen
durch den Tod verloren. Ihr Schmerz war ein verzweif-
lungsvoller gewesen, und die ernste Zeit, die allgewaltige,
hatte ihn zu lindern vermocht. Aber heirathen wollte die
junge, schöne Wittwe nicht wieder, obgleich ihr glänzende
Anerbietungen gemacht waren. Sie fand, nach ihrer Mei-
nung, keinen solchen Mann wieder, wie ihr Vincenz ge-
wesen war, und außerdem hatte sie nicht Lust, vielleicht
zum zweiten Male einen Schmerz zu bekämpfen, wie den
kaum überwundenen.
Kathrin, ihre Schwester, hatte sie nach dem Tode
ihrer Eltern zu sich genommen, als jene noch ein kleines
Ding war, und Beide stimmten in all ihren Ansichten und
Meinungen so überein, daß sie ein Herz und eine Seele zu
sein schienen, und fast nie ein Wort des Streites über ihre

Lippen gekommen war.
„Schau, Rosi," begann Kathrin nach einer Pause,
„ich denke immer, der liebe Gott hat's doch absonderlich gut
mit uns vorgehabt, trotzdem wir schon manches Unglück er-
lebt haben."
„Das hat er auch, Kathrin," versetzte Rosi mit einem
heiteren Lächeln; „der Vincenz und mein Kindlein sind zu
gut gewesen, da hat er sie früher zu sich genommen, und
wenn eines Tages mein letztes Stündlein kommt, so werd'
ich mich nicht fürchten, sondern mich freuen, daß ich zu
denen komme, die ich so lieb gehabt."
„Hast nichts gehört?" fragte Kathrin beinahe er-
schrocken.
„Was meinst?" entgegnete Rosi.
In diesem Augenblick ertönte etwas wie das leise, un-
terdrückte Schluchzen eines Kindes aus dem Garten, der
Rosi's Haus umgab, herüber.
„Was mag das sein?"
Mit diesen Worten eilte Kathrin, nachdem sie ihren
Eimer, den sie schon wieder aufgehoben, niedergesetzt hatte,
um das Haus herum, und gleich darauf rief ihre Stimme:
„Rosi — Rosi, herbei!"
„Rosi, schau doch mal!" rief sie, als die Schwester
sich näherte. „Hast jemals ein so feines Püppchen gesehen,
trotzdem es in Lumpen gesteckt ist?"
Sprachlos starrte Rost auf einen Korb, in welchem
ein liebliches, kleines Mädchen lag, das bitterlich weinte,
dessen sanfte, blaue Augen einen merkwürdigen Contrast

zu dem braunen Gesichtchen bildeten.
„Wie heiß' denn, Kindchen?" fragte Kathrin endlich,
indem sie das Kind, das ihr zutraulich beide Aermchen
entgegenstreckte, auf ihre Arme nahm.
„Bitte, bitte! Zu Papa — Mama — nicht mehr zu
bösen Menschen!"
„Wer ist denn Dein Papa und Deine Mama?" fragte
jetzt Rosi, die so ziemlich den Zusammenhang der Sache
ahnte oder doch wenigstens einen unbestimmten Verdacht in
sich auftauchen fühlte.
„Mein Papa, meine Mama!" schluchzte die Kleine
abermals.
„Wie heißt denn Dein Papa und Deine Mama?
„Papa! Mama!" entgegnete das Kind zuversichtlich.
„Das nützt nichts, Rosi," sagte Kathrin jetzt ent-
schlossen, „das Kind ist zu klein, wir werden aus demselben
nichts Vernünftiges herausbringen — vielleicht läßt es mit
der Zeit irgend ein Wort fallen, woraus sich etwas schließen
läßt. Wir wollen dem Dirnl jetzt was zu essen geben, 's
mag hungrig sein, und dann wollen wir die Sache im
Korbe nachsehen, die werden uns wohl zeigen, wo's hinge-
hört. Nimm den Korb, Rosi."
Rosi nahm den Korb und sie traten in das Haus.
Bald saß das kleine Mädchen und ließ sich die frische Milch
und das leckere Brod trefflich munden, während Rosi das
große Packet das im Korbe gelegen, öffnete.
(Fortsetzung folgt.)
 
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