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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 130 (4. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0521

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wöchentlich drei Mnl:
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MwchilMr Wochenblatt.
AinLsverLündigungsölalt für den Aezirk Schwetzingen.
Wadischc H o p s c n) e j t u n g.

Preis
vierteljährlich 51 kr.
Inserat
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 k-'
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für Vie badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 13V. Dienstag, 4. November 1873. ' - VII. Jahrgang.
__ I ... .. .. .. —
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Wogker, Rudolf Wofse und H. Daube L Ho., sowie die Süddeutsche Annonceu-Hrpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.
__ _ m

Proccsz Dazaine.
Bersttilles, 17. Oktober.
Zehnter Werhandkungstag.
(Schluß.)
Um 2 Uhr 40Min. wird die Sitzung wieder ausgenommen.
Präs. : Schlossen Sie nicht daraus, daß Sie weder
durch General Bourbaki noch durch Regnier eine Antwort
erhielten, darauf, daß Sie Ihre Unterhandlungspläne auf-
geben müßten. Der Präsident läßt hierauf durch den
Grcffier ein Schreiben des Generals Coffiniere vom 12.
Oktober verlesen, in welchem es heißt, daß demnächst die
Proviantreserve des Forts werde angegriffen werden müssen,
und ein darauf folgendes Schreiben des Marschalls, welches
die Corpschefs von der kritischen Lage der Armee in Kennt-
niß setzt: weiters die Erwiderung der Unterbefehlshaber auf
dieses Schreiben, unter Anderen das von Canrobert, wel-
ches unter solchen Bedingungen an der Festigkeit der Armee
Zweifel ausspricht, sich aber doch für die Fortsetzung der Ver-
teidigung ausspricht, falls der Feind keine ehrenvollen Be-
dingungen gewahrt. Die Erwiderung der Divisionäre des
dritten Corps spricht sich für den Widerstand und besonders
für einen Ausfallversuch aus, um neuen Proviant zu er-
langen und mögli herweise in's Innere des Landes dringen
zu können.
Der Rapport des Platzkommandanten setzt sich auf
den 20. Oktober die äußerste Grenze der möglichen Ver-
theidiguug. Es ist derselbe vom Geiste der Vaterlandsliebe
durchweht, aber darin auch die Befürchtung ausgesprochen,
daß die Armee bei dem Durchbruchsversuche zu Gruude
gehen könne. Wenn mail aber'schon unterliegen müsse, so
ge! e eS, die Ehre der Armee za retten und vorher eine
gl>.ße Schlacht zu liefern.
Gefrag', warum nicht allen Cmpschefs am 30. Oktober
von diesem Rapporte ittheiluug gemacht worden sei, er-
widerte der Marschall, baß es nicht für nolhwendig ev-
tl let worden sei.
Kikfter Werhandlungstag.
18. Oktober.
Um 1 Uhr 5 Minuten wird die Sitzung eröffnet.
Der Präs : Haben Sie nicht am 24. Oktober von
Prinz Friedrich Karl ein Schreiben des Inhalts erhalten,
l^ß die Regentschaft ihm nicht die nothwendigen Bürg-
schaften zu Unterhandlungen mit Frankreich zu bieten scheine,
und haben Sie nicht noch an demselben Tage diese Ant-
wort Ihren Unierbefehlshabern mitgeiheilt?
Angekl.: Ja.
Präs. : Haben Sie nicht durch General Changarnier
Bedingungen gestellt, die nicht acceptirt wurden?
Angekl.: In der That.
Präs.: Von den Bedingungen, welche General Cissey

hierauf mit dem deutschen Generalstabe vereinbarte, haben
Sie das Protokoll nicht erhalten oder nicht aufbewahrt?
Angekl.: Nein, Herr Präsident.
Präs.: Wurde nicht erwidert, daß die Bedingungen
dieselben sein würden wie in Sedan?
Angekl.: Nein, sie waren auch nicht ganz dieselben.
Präs.: Als Ihnen die Bedingungen des Feindes be-
kannt wurden, haben Sie sich da nicht gefragt, ob ein
Ausfall nicht dieser Kapitulation vorzuziehen wäre.
Angekl. : Ein solcher war durchaus unausführbar.
Gefragt, ob er nicht demoralisirende Nachrichten während
der letzten Tage der Belagerung im Publikum habe verbreiten
lassen, erwidert der Angekl: „Nein!", und auf die Bemer-
kung des Präsidenten hin, daß die in den Blättern er-
schienene Notiz über die Streitkräfte des Blocade-Korps
einen beklagenswerthen Eindruck üben mußte, erwiderte er,
daß diese Notiz nicht durch ihn den Blättern mitgetheilt
worden sei.
Auf die Frage des Präsidenten, ob die ihm am 26.
mittgetheilte Nachricht, daß noch auf vier Tage Lebens-'
nnttel vorhanden seien, keine Aenderung in seinem Entschlüsse
hervorgebracht habe, erwidert er, daß er dieselbe für nicht
ganz genau gehalten habe. Hierauf läßt der Vorsitzende
durch den Greffier das am 27. Oktbr unterzeichnete Kapi-
tulations-Protokoll verlesen, nebst einem Anhänge, welcher
auf die Bevölkerung und die Nationalgarde des Platzes Be-
zug hat. Es wird auch noch das Protokoll der Militär-,.
Konferenz vom 26. verlesen, in welchem besonders die Er-
klürung des Jestungskommandanten hervorzuheben ist, baff
M e tz s i ch n o ch b i s z u m 5. N o v e in b e r halten
könne, und daß man, so lange Lebensmittel vorhandeE
alle Widerstandsversuche erschöpfen müsse.
Nun wird auf Einladung des Präsidenten das Protokoll
des Kriegsrathes vom 21. verlesen, in welchem die Kapitu-
lation ratificirt wurde.
Präs.: Dieses Dokument haben sie allein unterzeichnet
und folglich auch allein die Veranwortlichkeit dafür über-
nommen.
Angekl.: Ich weiß es nicht, wie es kam, daß General
Jarras es nicht unterzeichnete.
Präs.: Mich würde es gerade wundern, wenn General
Jarras Verantwortlichkeit für einen solchen Akt hätte ans
sich nehmen können.
Angekl.: Diese Verantwortlichkeit kam mir allein zu.
Der Präsident verlangt hierauf von dem Marschall
Aufklärung darüber, warum in der Kapitulation das
Schicksal der Offiziere von dem der Soldaten getrennt wor-
den war, in dem Sinne, daß die Offiziere ermächtigt sind,
sich nicht als Streiter zu betrachten. Der Marschall entgeg-
net, daß es .hm besser geschienen habe, den Offizieren die

Freiheit zu lassen, diese Clausel zu acceptiren oder zu ver-
werfen.
P.: Da der Feind sich des Platzes nicht bemächtigen
konüte, haben ste nicht daran gedacht, die Festungswerke zu
schleifen?
Ankl.: Das konnten wir nicht, da wir eingeschlossen
waren, und übrigens hieß das die Festnng von Seiten des
Feindes strengeren Maßregeln, aussetzen.
Präs.: Worin konnte diese größere Strenge bestehen?
Angekl.: In jedem FM war dies eine ungeheure
unmögliche Arbeit. Uebechies war nicht vorherzusehen, daß
die Festung abgetreten wüche.
Präs.: Haben sie nicht mindestens angesichts der so
strengen Bedingungen daran'gedacht, ehe Sie sich in Unter-
handlungen einließen, ihr Kriegsmaterial zu vernichten?
. Angell.: Das hieß uns entwaffnen.
P.: Aber im Augen bückender Kapitulation ?
Angekl. : Da war ich <Uon durch mein Wort gebun-
den. - - '
§/^)er Präsident fragt weiter, was der Angeklagte ei-
gentlich für den Fall der Zerstörung des Kriegsmaterials
befürchtet hätte; dieser erwidert, daß die Staot darunter
gelitten haben würde. ^>er Präsident bemerkt hierauf, daß
olle Punkte der Kapitulation dem Militär-Reglement ent-
gegen seien. Unter dem Kriegsmaterial befanden sich auch
die Fahnen, von denen seine Armee keine einzige verloren
hatte, und nun fragt er ihn: Haben sie förmlich den Be-
fehl gegeben, die Fahnen zu verbrennen?
Angekl-:: Ja, dem General Soleille.
Präs.: Wie kommt cs dann, daß er nicht ausgeführt
wurde?
Angekl.: Ich weiß es nicht, eine unerklärliche Nach-
lässigkeit . . .
Präs.: Warum haben Sie einen Befehl von dieser
Bedeutung mündlich gegeben?
Angekl.: Weil jeder dasselbe Interesse daran hatte.
Präs.: Hat General Soleille folgenden Befehl, welcher
besagt, daß Maßregeln znr Ueberlieferung der Fahnen an
den Feind getroffen werden müssen, auf ihre Instruktionen
hin erlassen ?
Angekl. verneint.
Er wird noch gefragt, ob er nicht in Folge der Un-
ruhe, welche sich auf diese Nachricht verbreitete, den Truppen
habe anzeigen lassen, daß dieser Befehl zur Uebergabe auf
einem Jrrthum beruhe. — Angekl. entgegnet, daß seine
Befehle langsam und nachlässig ausgeführt worden seien.
— Außerdem wird noch alles berührt, was auf die Fahnen
bezüglich schon im Rapporte dem Marschall zur Last gelegt
wurde. Seine Antworten bewegen sich fortwährend in dem
schon bekannten Kreise.

Die Zigeunerin.
Novelle
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
Die Erlaubniß dazu wurde mir leicht ertheilt, und unter
meinen rastlos arbeitenden Händen gieng ein Bild hervor,
welches meinen Künstlerruhm auf immer gesichert haben
würde. Allein ich verschmähte es, dassebe anderen Augen
preiszugkben, geschweige es einer Beurtheilung zu unter-
weefeu, trotzdem die Marchesa Tag für Tag in mich drang,
es zu thun. Oh, wie bewunderte ich damals ihre Liebe
zu mir, als ich sah, daß sie um den Geliebten den Ruhm
zu sichern, sich den prüfenden Blicken ernster Kunstkenner
aussetzen wollte. Ich ahnte damals nicht, wie nur blinde
Eitelkeit, die sich ihres Sieges vollkommen bewußt ist, sie
leitete; aber nur zu bald sollte ich ans allen meinen Him-
meln herabgestürzt werden.
„Es war ein wundervoller Abend, wie ihn nur Ita-
lien hecvorzubringen vermag, als ich der Villa der Marchesa
Cegliano unweit des Ufers der Tiber zueilte. Aber für
mich war jede Naturschönheit verloren, ich hätte die Augen
schließen mögen, um nur nichts vor mir zu sehen als ihr
holdes Bild. Heute sollte es sich entscheiden — mein gan-
zes Glück. Ich hatte ihr am vorhergehenden Abend meine

Liebe gestanden und war felsenfest von ihrer Gegenliebe
überzeugt, sie hatte mir ja oftmals so unzweifelhafte Be-
weise davon gegeben. Mein Herz war voll Glück und
Seligkeit, ich hätte der ganzen Welt zurufen mögen, wie
glücklich ich sei. Alle meine heißesten Wünsche würden ihr
Ziel erreichen, die Marchesa Cäcilie Cegliano, das schönste
Weib der Erde, mein werden und mein Vater würde nach
einer für mich so glänzenden und Vortheilhaften Verbindung
nicht mehr zögern, mir endlich seine Verzeihung zu Theil
werden zu lassen.
„Unter solchen Gedanken hatte ich den Garten, der
die Villa umgab, erreicht und war eingetreten. Ich eilte
die schattigen Gänge entlang, um zu der Laube zu gelangen,
wo nch die Marchesa gewöhnlich zu treffen pflegte, als ich
plötzlich ihre und ihres Vaters Stimme in meiner unmittel-
baren Nähe vernahm. Da ich nicht mit Unrecht vermuthete,
ich sei der Gegenstand ihres Gesprächs, so hielt ich meine
Schritte an, um zu erfahren, wie Cäcilien's Vater über
mich dachte.
„Ich gebe ihnen jetzt die vollständige Unterhaltung
Beider, Franziska, damit Sie einen Begriff davon haben,
wie man mit mir gespielt hatte, wie gering die Marchesa
die Qualen eines gebrochenen Herzens achtete," sagte Bö-
Heim mit einem tiefen Seufzer, indem er krampfhaft seinen
Hut zwischen die Finger preßte.
»Ich gestehe gern, Cäcilie," sagte der Vater, daß dieser
Maler ein interessanter Mann ist, weil meine schöne Tochter
ihn so lange um sich haben konnte; allein ein Liebesver-

hältniß mit ihm zu unterhalten, dazu kannst Du Dich un-
möglich erniedrigen-"
„Du vergißt, Papa," entgegnete die Marchesa, und
diesmal klang ihre sonst so weiche Stimme scharf und
schneidend, „daß ich mich dabei eben nicht gerade erniedrige.
Bedenke doch einmal, welche Stellung wir in Deutschland
einnahmen, bevor ich diesen alten dummen Marchese heira-
thete, wie glücklich die arme Handwerkerstochter gewesen
wäre, wenn der Sohn eines Regierungsrathes sie nur
eines Blickes gewürdigt hätte."
„Du bist jetzt die Marchesa Cegliano und keine Hand-
werkerstochter," sagte der Vater gereizt. Ueberdies war
Deine Mutter ein adeliges Fräulein und Du hast schon
dadurch Anspruch auf eine höhere Stellung.— Du magst
thun, was Dir beliebt, Cäcilie; aber ich sage Dir, wenn
der russische Graf eine Sylbe davon erfährt, wird er Dich
nicht mehr heirathen, obgleich Du seine verlobte Braut bist."
„Ich konnte einen leisen Schrei, der sich meiner ge-
quälten Brust entrang, nicht unterdrücken, der aber im
Eifer der Unterhaltung von Beiden nicht gehört wurde,
und so entgegnete die Marchesa auf des Vaters Worte mit
wahrhaft teuflischem Gleichmuthe:
„Der Graf braucht es aber uicht zu erfahren. Er
ist jetzt in Petersburg, und bis dahin, daß er zurückkommt,
werde ich diesen Liebeshandel längst abgebrochen haben.
Ich langweile mich augenblicklich und —
(Fortsetzung folgt.)
 
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