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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 82 (15. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0329

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Alle Postanstaltm L S H ' t» Petitzeüe oder der
^-L-m L Amtsverkunorgungsötatt für den Aezrrk Schwetzingen.
Pak> ischc H o p s c n) r i t u n g.
AllMinciiier Anzeicier für die badische und bayerische Rheinpfalz.

dlv. 82. Dienstag, 15. Juli 1873. VII. Jahrgang.
Inserate von AttswärLs nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasensteirr L Wogker, Iludokf Masse und ch. T. Aruöe L ßo., sowie die Süddeutsche Ännoncen-GIpedition
von G. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

R u n d s ch a u.
Nach Miitheiluugen aus Hiuterpommera führ! Bis-
mark in Varzrn eiu idyllisches Siillleden. Er läßt sich
zur Durchsich! nur die wichiigstcu Acleustücke schicken; alles
Uebrige besorgt für ihn der tlügste und erfahrenste Mann
des Reichskanzleramtes, Slaarsiuinister Delbrück.
Die Königin von Württemberg und die Großfürstin
Vera haben Wien verlassen; ein sehr verbreitetes Gerücht
nennt die letztere als die künftige Gemahlin des Erzherzogs ;
Ludwig Victor, des jüngsten Bruders des österreichischen
Kaisers.
Der Bundesrath hat dem würitembergischen Ju-
stizminister Mittnacht das Referat über den Entwurf ei-
ner Slrafproceß-Ordnuug übertragen. Bei der Besprech-
ung des Bundesraths über die Resolution des Reichstags,
betreffend dm Termin der Sessionen, erklärten sich Baiern,
Lachsen und Mecklenburg für Berufung des Reichstages im
im Januar und Februar.
Wie verschiedene Zeitungen gleichlautend mittheilen, hat
Provessor Lydow in Folge der neuesten Gestaltung seiner
Angelegenheit die Reise unterbrochen und ist in seine Ber-
liner Amtswohnung Kronenstruße 70 zurückgekehrt. Wie es
heißt, wird Prediger Lydow schon an einem der nächsten
Sonntage seine geistlichen Functionen wieder übernehmen.
Unter den Gemeindemitgliedern ist der Gedanke angeregt
worden, bei dieser Gelegenheit mit einer emsprechenden sym-
pattschen Kundgebung für Sydow hervorzutreten, gleichzeitig
aber auch öffentlich bckundigen, daß selbst der, „strenge Ver-
weis" des Oberkirchenraths von der Bürgerschaft als berech-
tigt, nicht anerlamit werden könne.
Der König von Portugal hat sich am 25. Juni,
an Bord des von Eapilain Werner befehligten den schen
Schiffes „Friedrich Carl" begeben und wahrend eines drei-
stündigen Aufenihalies den Uebungen der Mannschaft mit
lebhafter Theünahme und unter wiederholtem Ausdruck
großer Befriedigung über die Armirung und Leistungen
des Schiffes und seiner Mannschaften beigewohnt. Vorder
Weilerfahrt nach Catix haue öer Capiiän Werner die Ehre,
zur künlg ichen Tafel gezogen zu werden.
Von der spanischen Grenze liegen zwei Reuter'sche
Depeschen vom 11. vo : 1) Die Truppen des Generals Vega,
verstärkt durch ein Detachement der Garnison Buch, griffen
die Carlisteu, welche sich zu Herren von San Quirce gemacht
halten, daselbst an und vertrieben sie mit dem Begönnet
Ein Bataillon mobilisirter Nanoualgarden aus Taragona
batte einen hartnäckigen Kampf mit Carl sten bei Santa
Colonna zu bestehen. Die L.tz eren sollen 50 Todte und
viele verwundete auf dem Pmtze gelassen haben, 2) Die
Carlistencolonne unter Seabell, 3000 Mann stark, übersiel
die Colonne unter Cubnnet'-Y, 1000 Mann stark, bei Ripoli.
Cabnnetiy wurde geiödtet und der größte Theil der Mann-
sckaft gefangen.

Die „Italienischen Nachrichten" versichern, der Papst
machte Santa Cruz wegen seines mit dem Charakter
eines Priesters unvereinbarlicheu Verhaltens Vorstellungen,
welche Santa Cruz in s iner Antwort unberichtigt ließ.
Der Papst wird denselben a äivinis suspendiren. Im Va-
tican werden Vorbereitungen für den Empfang des Schahs
von Persien getroffen. ... . . .. .
Weueste Kopfen-Wachrichten.
* Seckenheim, 14. Juli. Ein Gang in unseren
Hopfengärten überzeugt uns von dem prächtigen Stand der-
selben. Ungeziefer hat sich bis jetzt noch nirgends gezeigt,
und sehen die Pflanzen, welche nächst die Gipfel der Stangen
erreicht, recht frisch und lebhaft aus.
Tettnang, 11. Juli. Seit unserem letzten Bericht
ist die Hopfenpflanze ihren regelmäßigen Gang fortge-
schritten; sie hat hier im Durchchnitt zwei Drittel der
Siangenhöhe erreicht. — In einzelnen Gärten ist die
Pflanze schon an der Spitze angekommen, während Andere
noch weit zurück sind. — Arbeitermangel und erhöhte Tag-
! löhne sind in den Gärten durch Zurückstehen der Arbeiten
l sichtbar. Die Folge hievon und die nasse Witterung hat
! das Wachsthum von Gras und Unkraut sehr befördert. Im
l Allgemeinen steht die Pflanze noch gesund und findet man
in einzelnen Gärten schon blühende Stöcke, ebenso haben
sich an einzelnen Stellen die Blattläuse eingenistet und ist -
sehr zu befürchten, daß bei lange anhaltender Hitze oder j
schnell abweselndem Regen mit Sonnenschein sich diese Ke- -
führlichen Gaste noch mehr verbreiten und zuletzt die Spinne l
oder Kupferbrmrd eintreten könnten. Deis Schicksal der ?
Pflanze und Resultat der Ernte hängt daher lediglich von
der Witterung in diesem Monat ab. Nach dem gegen-
wärtigen S and wird die Ernte — wie voriges Jahr —
erst bis Mitte August beginnen.
Kaltenberg bei Tettnang, 10. Juli. Ein großer
Theil uiperer Hopfen ist von Blattläusen heimgesucht und
der Schwarzbrand macht große Fortschritt. Die letzten
Tage waren außerordentlich schwül, Regen wäre sehr er-
wünscht.
Gardelegen, 9. Juli. Die Hopfenpflanze ist hier
um einige Wochen zurück und aller Wahrscheinlichkeit nach
dem euisprechend, wird die Ernte später beginnen- Das
schöne'Wetter des April berechtigte uns zu den besten Hoff-
nungen für das Gedeihen der Pflänze, der kalte Mai that
dagegen nichts zur weiteren EnlnEung, bis gegen Mitte
Ium der laug ersehnte Regen und demnächst wärme, schöne
Tage in Begleitung warmer Nächte das Wachsthum der
Pflanze in erfreulicher Welse förderten. Heute nun kann i
. man die Pflanze als noch vollständig gesund, aber auch um
i ca. 3 Wochen in ihrer Entwicklung gegen normale Jahre
' zurück, bezeichnen. DaS jetzige Wetter ist günstig zu nennen.
Hagenau, 9. Juli. Der Stand unserer Hopfen-

pflanzungen ist ein ziemlich günstiger , wenn wir auch eine
etwas spätere Ernte haben werden. Die andauernd günstige
Witterung hat Vieles wieder gutgemacht, und haben wir hier
Felder, dis nie so schön standen wie Heuer, leider aber auch
wieder solche, die nach vieler Hinsicht zu wünschen übrig
lasten. Die hiesige Pflanze zeigt fast keine Spur von Krank-
heit und berechtigt deren gutes Aussehen wenigstens zu einer
mittelguten Ernte.
Nürnberg, 12. Juli, (Originalbericht v. C. Schmidt.)
Die Witterung war diese Woche sehr warm bis zu 25R.
im Schatten, somit der Vegetation außerordentlich günstig.
Die über die Hopfenpflanze einlaufenden Berichte lauten
auch bereits entschieden bester als seither der Fall war und
s wird der wohlthätige Einfluß der warmen Temparatur auf
s dieselbe allseits gerühmt. Die Klagen über Ungeziefer sind
' zum größten Theil verstummt, dagegen sprechen einzelne
i Distrikte bereits schon vom Beginn des Anflugs bei Früh-
j Hopfen, während Spärhopfen sich erst noch vollends an der
z Stande emporarbeiten muß. Wenn die günstige Witterung
i fortbesteht und namentlich auch zur richügen Zeit Regen
I fällt, so ist anzunehmen, daß die Pflanze in eurigen Wochen
! weit vorwärts kommen und viel Versäumtes nachholen
! wird, also : fortdauernd gute Witterung, das ist die Be-
i dingung, die sich erfüllen müßte, um einer günstigen Ernte
entgegensetzen zu können.
Das Geschäft war diese Woche so beschränkt und still,
wie noch nie in diesem Sommer, was umsomehr zu ver-
wundern, als die Witterung für den Bier-Consum eine
ausgezeichnete ist und man auf Grund besten sollte an-
nehmen können, daß die Brauerei Ursache hätte, für
weitere Deckung in Hopfen bedacht zu sein. Es wird solches
wohl auch nicht ausbleiben und mag dem Geschäft dann
immer eine gute Schlußconjunkmr Vorbehalten sein. Der
Wochen-Umsatz mag ca. 50—60 Ballen betragen, wobei
die seitherigen Notirungen von fl. 80—110 gelten können.
In ältexn Hopfen ist es vollständig stille und todt.
Fürstenfeld in Steyermark, 5. Juli. Seit meinem
letzten Berichte vom 20. d. I. hat Juni sich in unfern
Hopfengärten nichts zum Nachtheil geändert. Die Pflanze
hat in den meisten Anlagen die Höhe der Stangenspitzen
erreicht, treibt üppige Seitenreben und ist voll mit Blüihen
besäet. Außer Erdflöhen, die die Blätter von umenauf
durchfreffeir, sind die Pflanzungen noch von allem Ungeziefer
frei und daS Helle Grün dec Blätter zeigt Frische und Ge-
sundheit. Die sonnigen, warmen Tage, theil »eise von
fruchtbaren Gewitterregen unterbrochen- wirken sichtlich wohl-
thuend auf die Hopfenpftanze und man gibt sich der Hoff-
nung Hin, einer guten Ernte entgegen zu gehen. — Vor-
jährige Waare ist gänzlich aufgeräumt und wurde die letzte
Parthie im Monat Mai um fl 100 pr. W. Zentner an
hiesige Brauer abgesetzt.
Hallertau, 11. Juli. Unsere Hopfen haben sich seit

ie Zigeunerin.
Novelle.
von Fanny Klink.
(Fortsetzung.)
1.
Aber endlich war nichts mehr zu sehen, die lktz'^ Equi-
page hatte sich ihres Inhaltes entledigt und war davon ge-
rollt. Die hohen Eingänge des Hauses schlossen sich und
die neugierigen Zuschauer hatten sich hungernd und frierend
wohl auch mit Verwüisichungen auf den bleichen Lippen ent-
fernt. Die alte Frau war die letzte, welche an ihrem Platze
ausharrte — unbeweglich blieb sie stehen.
In diesem Augenblicke schlug die Thurmuhr die neunte
Stunde an.
Das Weib richtete sich aus ihrer Stellung aus — sie
zählte genau die Schläge, wobei ihr der zunehmende Sturm
jedoch nicht gerade behilflich war.
„Es ist neun Uhr," murmelte sie mit hämischem Lächeln
„die feine Gesellschaft ist drinnen und der Herr Graf —"
Sie vollendete nicht, sondern zog ihre Kopfbedeckung
tiefer in das Gesicht. Dann trat sie ein paar Schritte zu-
rück und auf eine kleine Seitenrhür zu, welche man un-
mittelbar neben dem Portale des Hauses beinerk e. Die
Frau war hier augenscheinlich nicht so ganz unbekannt, denn
sie zog einen Schlüssel aus der weiten Lasche ihres Man-

tels und öffnete mit einem Druck desselben die schmale Thür,
durch welche sie verschwand.
Während sich also drinnen rm Hause das glänzende gei°
sellschaftliche Leben entfaltete, während die Frau Gräfin mik
königlicher Würde die Honneurs machte, und ihre überaus
kostbare Toilette, bestehend aus einem Hochrothen Atlaskleide mit
endloser Schleppe, reichem Diamantschmuck Um den bereits et-
was hageren Hals und die gelblichen Arme, saß der Gräf von
Cölestkn noch in feinem Arbeitscabinet. Er arbeitete zwar
nicht mehr, aber vor ihm aufgehäuft lag ein Häufen Pa-
piere, der sich bei näherer Besichtigung als Rechnungen aus-
wies, und man sah dem Gesichte des Grafen an, daß die
Durchsicht derselben ihm nicht sonderliche Freude gemacht
hatte.
„Es geht nicht länger so," murmelte er, endlich aus-
stehend und mit verschränkten Armen im Zimmer auf- und
abschreitend. „Ein Ausweg muß gefunden werden. Diese
Gesellschaften ruiniren mich vollends, wenn ich nicht schon
ruinirl bin. Aber Amalie nimmt keine Vernunft an , sie
behauptet, nur so allein sei es noch möglich, daß Leon eine
seinem Stande ang-messenc Verbindung eingeht, uyd
doch ist das Ende da, ich kann mich nicht mehr retten,,
opne daß ich irgendwo in unseren gesellschaftlichen! Krei-
sen eine Dame entdeckte, deren pecunaire Verhäljmffe, so ge-
stellt wären, daß ihre Verbindung mit Leon für ünS ein
Rettungsanker werden könnte.
Der Graf sank wieder in seine frühere Stellung L»*

rück, um sich recht seinen, keineswegs heiteren Gedanken zu
überlassen.
Bald jedoch wurde er abermals gestört. Ein leises
Kratzen, wie von dem Nagen einer Maus herrührend, schreckte
ihn auf. Er eilte an das entgegengesetzte Ende des Jun-
mers und öffnete eine Tapetenthür.
Gleich darauf trat das alte Weib ein, welches wir
vorhin auf der Straße beobachteten.
Der Graf verschloß mit einer gewissen Sorgfalt und
Unruhe die Thür, dann wandte er sich der alten Frau zu,
welche sein Thun mir einem höhnischen Lächeln beobachtete,
so lange sie sich von ihm unbeobachtet wußte.
„Man hat mir gesagt," begann der Graf dann nach
einer kleinen Pause mit etwas unsicherer Stimme. „Sie
beschäftigen sich mit der Kunst der Chieromantie?"
Das Weib machte einen tiefen Knix und verzerrte ihr
Gesicht mit einem freundlichen Grinsen.
„Man hat sie nicht falsch berichtet, gnädiger Herr,"
entgegnete sie, sich ohne langes Besinnen in einen der kost-
bar geschnitzten Sammetsestel niederlassend. „Mein Alter
beginnt mit der Zeit, wo Pharao von dem Herrn geschla-
gen und wir über die Erde zerstreut wurden. Seit dem
Tage lebte ich anfangs ,an deü herrlichen Unfern des Gan-
ges, später auf dem Monte sacro, dem —"
(Kortsetzung folgte
 
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