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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 22 (22. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0087

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wöchentlich drei Mal
Dienstag, Dormerstaq
und Samstag.
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Mwttzingrr WoihtMM.
AmtsverkündigungsötaLI für den Wezirk Schwetzingen.

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die viergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.
L o ks l a az eigen
3 kr.

Badische

H o p f r n s e i t u n g.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«v. 22.

Samstag, 22. Februar 1873.

VII. Jahrgang.

Für das »Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finden auch im „PHULppsbnrger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

RaüpssllNNPN dieses Blatt wer-
den bei sämnülichen Postan-
stalten sowohl als bei den Landpostboten angenommen.
__Die Expedition.
politische Aeöerstcht.
Wie man sich in der Hauptstadt des Deutschen Reiches
erzählt, äußerte Fürst Bismarck jüngst in einer seiner par-
lamentarischen Soireen bezüglich des Herrenhauses
er habe schon bei der Stiftung desselben dem verstorbenen
Könige Einwände gemacht gegen die Grafeüverbände und
die Vertreter des alten und befestigten Grundbesitzes, also
gerade die beiden schlimmsten Elemente dieses wurzellosen
Gebildes. Damit, so habe er Friedrich Wilhelm IV. be-
merkt, drohe wieder zu zerreißen, was schon in erfreulichem
Werden sei: die Bildung einer Elaste größerer Grundbesitzer
unabhängig von der Geburt und Herkunft. Als seine po-
sitive Idee hat er ungefähr das hingestellt, was die „Gegen-
wart" vor Kurzem skizzirte: einen Senat gebildet aus den
Vertretern der großen consolidirten Interessen im Lande
und aus den höheren Staatsbeamten.
Die Wahlresorm Vorlagen, welche nunmehr
im österreichischen Abgeordnetenhause eingedracht ist, stellt
die Zahl der Abgeordneten auf 351 fest, von welchen 85
auf die Gruppe der Großgrundbesitzer, 114 auf die der
Städte und Märkte, 22 auf die der Handelskammern und
130 auf die der Landgemeinden entfallen. Die Bedeutung
dieses Gesetzentwurfes liegt vor Allen und hauptsächlich in
dem Umstande, daß hierdurch erst ein Staatsbürgerthum
für das cisleithanische Oesterreich geschaffen wurde.
Bezüglich der spa n ischeu Republik bestätigen
die „Times", daß Vie republikanische Regierung sehr gut
debatirt und noch keinen Fehler begangen habe. Die Er-
klärung des Präsidenten der Exekutivgewalt, fahren diesel-
ben fort, daß die Verfassung in Kraft bleibt, obwohl sie
von der Monarchie gegeben, beweist daß die Regierung
einen richtigen Begriff von der ihr überkommenen Gewalt
und ihren gewordenen Pflichten besitzt. Die Monarchie hat
zwar aufgchört zu existiren, wodurch aber das Große und
Ganze keine besondere Aenderung erlitten hat, dies beweißt
zur Genüge die Fortsetzung der Discuffion im Kongreß über
die Aufhebung der Sclaverei auf Portoriko.
Die republikanische Regierung zeigt sich als kluge
Freundin der Gesetzlichkeit und vergibt sich in ihrer Würde
durchaus nichts; indem sie dem nordamerikanischen Gesand-
ten erklärt, daß Cupa durch die Proclamation der Republik
mit Spanien enger verknüpft worden sei, indem die Insel
ein Band zwischen der alten und neuen Welt darstelle.
Die inneren Unordnungen, schließen die Times, können
nicht auf einmal wie durch Zauber* verschwinden, weil die
Regierung eine republikanische geworden, aber eS ist durch-
aus kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß dieselben
zunehmen werden, weil Spanien die republikanische Regie-
rungsform abgenommen.
Man hat wegen der in der Türkei obschwebenden
Thronfolgefrage das Gericht verbreitet, Rußland
werde sich in diese Angelegenheit mischen, weshalb die
„Mosk. Zig." sich beeilt, das fragliche Gerücht in officiöser
Weise zu dementiren. „Wenn der Sultan, bemerkt übrigens
dieses Blatt, sich entschließen sollte, kraft seiner unumschrän-
ten Gewalt eine Aenderung in der Thronfolge-Ordnung zu
verfügen, so werde er von Seite Rußlands kaum auf Wi-
derstand stoßen. Rußland, das an jedem wahren Fort-
schritte der Türkei, wenn nicht mehr, gewiß nicht weniger
Antheilnehmer der Westmächte, könne keinen Grund haben,
einer Reform zu widerstreben, die in ihrem Endziele darauf
hinausliefe, die Regierung dieses Staates zu kräftigen und
sie unabhängiger von Jntriguen und empfänglicher für die
Bedürfnisse und Interessen des Landes zu machen. Ruß-
land könne es im Gegentheil nur unangenehm sein, einen
schwachen Staat am Bosporus zum Nachbarn zu haben,
der immer unter dein Einflüsse dieser oder jener Diplomatie
stehe und in Folge seiner Schwäche den verschiedenen gegen
Rußland gerichteten Verdächtigungen Glauben schenke.

Rede Lasker s im preufi. Abgeordnetenhaus^
Folgender Maßen hat sich nun die Sache Wagener's
entwickelt. Im Nov. 1869 erließen die Herren Schuster

und Wagener ein Circular, in welchem sie erklärten, die
Pommer'sche Centralbahn sollte gebaut werden, und in dem
Schlußpassus — ich werde ihn wörtlich verlesen, es wird
sich dabei zeigen, in welcher Weise und mit wie deutlichen
Worten von der Wahrheit abgewichen worden ist — indem
Schlußpafsus der an das Publikum gerichtet ist und der in
Zeichnungen anlocken soll, heißt es: Es ist dem Comite
im November 1869 gelungen, unter guten Verhältn sie«
die Stammprioriläts-Actien und nicht einen unbedeutenden
Theil der Stammactien fest zu begeben, und sind die be-
treffenden Abkommen bereits vollzogen, überhaupt also Vor-
bereitungen getroffen, daß, wenn nicht die Interessenten selbst
hinter ihrer Aufgabe Zurückbleiben, der Bau sofort im näch-
sten Frühjahr beginnen kann. Wie hat es sich nun damit
verhalten? Es wurden von Herrn Wagener und Schuster,
ich weiß nicht, ob auch Herr Oder dabei war, vier Bände
mit Zeichnungen beim Handelsministerium eingereicht —
diejenigen Zeichnungen, welche der Herr Handelsminister
neulich critisirte, und Sie werden sehen, daß dieses neben-
sächlich hingeworfene Wort des Handelsministers eine sehr
tiefe Bedeutung hat, daß es ein Krebsschaden der ganzen
Eisenbahnverwaltung seit Jahren ist. Da waren regelmäßig
ganz prompt 7,360,000 Actien gezeichnet, zur Hälfte Stamm-
prioritäten, zur Hälfte Stammactien. In Wahrheit aber
waren die allermeisten Zeichnungen Scheinzeichnungen. Die
eine hat Herr Wagener schon als Scheinzeichnung bezeichnet,
d s heißt der Unternehmer hatte ungefähr eine Million
Prioritäts-Actien in seiner Eigenschaft als „Schuster Ge-
werbebank" gezeichnet und hat auf die Zeichnungen bis
anderthalb Jahre darauf nicht einen Pfennig eingezahlt.
In Wirklichkeit waren gezeichnet noch den Büchern der Ge-
sellschaft, wie ich eurch Zeugenaussagen, die eidlich erhärtet
werden können und demnach auch unter Berufung auf die
Bücher der Gesellschaft berichtet worden bin — ungefähr
als Realzeichnungen 420,000 Thlr. im Jahre 1871 oder
1872, ich werde das Datum noch nennen. Die Beamten
hatten die Anweisung, nur zu klagen gegen die reellen Zeich-
ner und nicht gegen die Scheinzeichner. (Hört! links.) Es
wurde ihnen nicht gesagt: „Scheinzeichner," aber sie wur-
den angewiesen, nur gegen bestimmte Personen zu klagen,
gegen die andern nicht. Ich weiß nicht, ob es heute ge-
schehen ist, aber bis gegen Ende 1872 war gegen die
Scheinzeichnern nicht auf Einzahlung geklagt. Zu den
Scheinzeichner gehört u. A. auch, wie ich nur beiläufig
erwähne, der Bruder des Herrn Geh.-Rath Wagener, der
frühere Director an einer landwirtschaftlichen Schule, der
von hur als Eisenbahn-Director mit jährlich 4000 Thlr.
engagirt war. (Hört! links.)
Daneben auch ein Schwager des Herrn Wagener, der
mit 1200 Thlr. jährlich als Registraturbeamter der Ge-
sellschaft angestellt wurde. Zu den Zeichnungen — die
nicht eingeklagt wurden, hat auch Herr Schuster gehört,
der, wie Herr Wagener bezeugt, bis October 1871 nicht
einen Pfennig eingezahlt hat, obschon er sich selber beschei-
nigt hatte, daß 10 Procent eingezahlt seien von sämmtlichen
Actionüren; diese Bescheinigung ist von dem Herrn Han-
dels-Minister als ausreichend anerkannt worden. — Also,
m. H., so stand es mit den Zeibnungen. Uebrigens er-
zählt Herr Wagener selbst, die Actien seien aus den Depots
entnommen, welche der Gesellschaft gehören, während nach
dem damals bestehenden Gesetze dies verboten war. Diese
Actien waren also unverausgabie Actien. Und nun, m.
H., der weitere Beweis, wie die Zeichnungen in Wahrheit
Fälschungen waren, freilich nicht verfolgbare. Ich werde
Ihnen die betreffenden Gesetzesstellen mittheilen. Also,
meine Herren, die Behauptung, daß die Actien nicht weg-
gegeben waren, will ich Ihnen in folgender Weise auch
unzweifelhaft beweisen. Ehe die Versammlung vom 21.
Juli 1871 eintrat, in welcher wiederum die neuen Ver-
waltungsraths-Mitglieder gewählt und die 40,000 Thlr.
genehmigt wurden für die Herren, schlossen sie einen Ver-
trag , den ich Entreprise-Vertrag nenne, nämlich für
2,490,000 Thlr. wurden sämmtliche Bahnarbeiten mit
Ausschluß der Betriebsmaterialien, zwei Personen, deren
Namen gleichgültig sind, in Regie übergeben. Der Vertrag
ist also sehr einfach; er liegt mir abschriftlich vor, ist von
einem hiesigen Rechtsanwalt notariell geschloffen, und zwar
an demselben Tage, an dem die General-Versammlung
stattgefunden hat. Aber Sie würden sich irren, wenn Sie
glauben, daß dieser Vertrag den ganzen Inhalt umfaßt,

denn lieben diesem Vertrage ist ein Nebenvertrag geschlossen
worden von demselben Tage. (Hört! hört!) Dieser Neben-
Vertrag liegt mir nicht vor. Nun wird einerseits durch
Zeugenbeweis, andererseits wieder durch amtlichen Bericht
eines Beamten meine Behauptung bestätigt, der nur zu-
fällig die Bemerkung macht, daß in diesem Neben-Vertrag
nach dem bekannten System Strausberg stipulirt ist, daß
die Unternehmer nicht bac-res Geld, sondern Actien in Zah-
lung erhalten. Die Actien wurden nämlich verkauft: zu
40 pCt. die Stammactien, zu 70 pCt. die Prioritäls-
Actien; ein Wucher-Abzug ohne Gleichen. D:eß wird da-
durch bestätigt, daß bei einer anderen Gelegenheit der Be-
amte der Gesellschaft berichtet, daß die Unternehmer, die
irgend eine vielleicht unberechtigte Forderung haben, Alles
für den ursprünglichen Preis übernommen haben. Wie
der Neden-Vertrag ergibt, sind die Actien mit einem schönen
Abzug begeben worden; 39,000 Thlr. haben die Bedeu-
tung von 22,000, und davon erscheint im Haupt-Verirage
kein Wort; im Neben-Vertrage steht aber noch mehr, was
mir bis jetzt unerklärlich ist und was die Untersuchung
aufklären möge. Es erscheint plötzlich im November 1871
ein Revers, in welchem die beiden Unternehmer bekennen,
daß sie 300,000 Thlr. von dem ihnen im Haupt-Vertrage
zugebilligten Preise abziehen lasten sollen, und es sind genau
die Meilen bezeichnet — ich weiß die Meilen nicht aus-
wendig, — bei deren Fertigstellung dieser Abzug stattfinden
soll. Es ist mir unklar geblieben, wozu diese 300,000
Thlr. abgezogen werden sollten. Wenn es zum Nutzen
der Gesellschaft war, so weiß ich nicht, warum man solches
Ding in den Neben-Vertrag hineinsetzt. Ich verstehe es
nicht und es geht mir hier in der That der Grund gänz-
lich aus, und um so auffälliger ist es mir, als durch die
Zeugenbeweise festgestellt ist, vorbehaltlich des Eides, daß
bis gegen das Ende des Jahres 1872 trotz des Monirens
der Beamten thatsächlich zu Gunsten der Gesellschaft ein
Abzug nicht gemacht worden ist. — Dieses Verhältniß ge-
hört für mich zu den wenigen, die ich nicht begreife, ich
hoffe, die Untersuchung wird wohl jedenfalls diesen Punkt
aufklären. In dieser Weise also sind die Actien aufgebracht.
Wir haben also schon wieder 2,400,000 und einige 90,000
Thlr., die niemals gezeichnet worden sind. Und wie, meine
Herren, wurden die Dinge vermittelt? Zuerst wurde ein
hiesiger Unternehmer engagirt, der diese Acnen scheinbar
von der Gesellschaft kaufte, sie daun an die Unternehmer
ablieferte u. diese Unternehmer zahlten das Geld wieder zurück u.
so ging es hin und her. Dieser forderte dafür eine Provision, ich
glaube zu Lasten der Gesellschaft, später hat man die Sache
kürzer gemacht. Um die Provision wegfallen zu lassen,
kaufte ein Handlungsdiener von Oder direct von der Ge-
sellschaft, zahlte das Geld baar ein und übergab in der-
selben Weise, die dem Handelsminister bekannt sein wird,
die Actien zurück an den Unternehmer und der Unternehmer
gab das Geld zurück u. s. w. (Heiterkeit)_
Deutsches Reich.
Frankfurt, 18. Febr. Vor etwa zwei Monaten
fand sich hier ein Herr ein, nach dem von ihm vorgelegtcn
Passe der Seine-Präfektur angeblich ein „Proprietaire" in
Paris, in der Absicht, einige Monate hier zu bleiben, um,
wie er sagte, deutsch zu lernen. Man hatte indeß bald her-
aus, däß es dem Herrn nicht einfiel, deutsche Sprachstudien
zu machen, sondern daß er vielmehr ein arger Deutschen-
hasser war, viel von dem bald bevorstehenden Nevanchekriege
sprach und seinen hiesigen Wirthsleuten sogar schon beson-
dere Empfehlungen anbot, welche sie gegen die erobernden
französischen Truppen schützen sollten. Man entdecke ferner
bald, daß der „Proprietaire" täglich Ausflüge in die Um-
gebung Frankfurts machte, sich um Flußübergänge, Zahl
der Häuser, Wege und andere militärisch wichtige Dinge
bekümmerte, daß er auch keineswegs einfacher sprachforschen-
der Rentier sei, sondern aktiver Offizier in einem im süd-
lichen Frankreich garnisonirenden Bataillon der etiusssurs
g, xiaä ist und sich mit Urlaub des französischen Kriegs-
ministers in Deutschland aufhielt. Kurzum, es fand sich,
daß er dasjenige war, was die Franzosen in ihrer patrioti-
schen Sprache einen — Spion nennen. Da man in Deutsch-
land nachsichtiger ist, so ließ man ihn gewähren, im Augen-
blick seiner Abreise hielt man es jedoch für ersprießlich, ihn
wenigstens wissen zu lassen, was man von seinen Sprach-
studien halte. Es wurde dem Herrn Hauptmann kund ge°
 
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