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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 6 (16. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0023

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ochenblall.

Amtsverkündigungsölatt frr den Mezirk Schwetzingen.
Badische H op f c n; e i t u n g.

Preis
me.reMhrlich 45 Er.
Inserate
die viergesvaltene
Petitzerle oder Seren
Raum 4 kr.
Lokalanzrigen
3 kr

Allgemeiner Anzeiger für Vie basische und bayerische Rheinpfalz.

Donnerstag, 16, Januar 1873.

Ro. 6.

VII. Jahrgang.

Für das „Schwetzinger Wochenblatt" bestimmte Inserate finde» auch im PhiLippsburger Wochenblatt Gratis-Aufnahme.

Da
von dem
erfolgten

politische Hleöerstcht.
es die Kaiserin Eugenie für paffend gefunden,
Ableben Kaiser Napoleon's III., von der hierauf
Thronbesteigung Napoleons IV. und von der
Uebernahme der Regentschaft ihrerseits die europäischen
Höfe in Kenntniß zu setzen, so wollen auch wir unfern Le-
sern diesen durchaus nicht unwichtigen Vorgang mittheilen.
Hieran reihen wir die Urtheile der englischen und
amerikanischen Presse über den oben erwähnten Hingeschie-
denen, um die Urtheile, die wir in letzter Nummer begon-
nen, in dieser abzuschließen.
Zunächst widmen die „Times" dem Todten mehr als
zwölf Spalten ihres Weltblattes, worin sie vor Allem seine

Unter ihm habe sich sein Land achtzehn Jahre hindurch
eines beispiellosen Gedeihens erfreut, welches dasselbe in Stand
gesetzt, an Deutschland fünf Milliarden zahlen zu können.
Er hat Paris wieder aufgebam und zu einem Wunder der
Welt gemacht Künste und Wissenschaften hätten unter ihm
geblüht und die französischen Städte seien unter seiner
Herrschaft vollständig umgewandelt worden.
Der „New-Pork-Herald" erkennt die vom verstorbenen
Kaiser für das Wohl der Menschheit, die Einigung Ita-
liens und Deutschlands vollzogenen großen Acte an und
glaubt, daß die Restauration des Kaiserreiches nach dem
Tode des Kaiser nunmehr gesichert sei.
Nach der „Tribüne" schließt dieser Tod die politische
Geschichte der Bonaparte.
Die „New-Pork-Times" endlich kommt, nachdem sie die
widersprechenden Ansichten geprüft, zu dem Schluß, daß
Louis Bonaparte ganz geeignet gewesen, Frankreich zu
regieren.
In Madrid fand am Schlüsse voriger Woche eine
imposante Manifestation zu Gunsten der Aufhebung der
Sklaverei statt. Ganz Madrid wohnte derselben bei, die
um zwei Uhr begann und gegen fünf Uhr ohne die ge-
ringste Ruhestörung geschloffen wurde. Diese patriotische
Demonstration war von dem herrlichsten Wetter begünstigt.
Die central-asiatische Frage scheint gegen-
wärtig die englischen Staatsmänner sehr in Anspruch zu
nehmen, wie aus einem Leitartikel, den die DmeS dieser
Angelegenheit widmen, sattsam hervorgeht. Aus diesem
Artikel des City-Blattes ersieht man, daß bezüglich der
russischen Bewegungen im Innern Asiens zwischen den hie-
b»i beiden Regierungen bereits Meinungsaus-
tausche stattgefunden haben, und daß England die Erklärung
abgegeben, daß es von jeder Intervention absehen wolle,
so lange die russischen Eroberungen nicht bestimmte Gren-
zen überschritten, daß aber darüber hinaus England die
russischen Schritte nicht Mit gleichgültigen Augen betrachten
könne, und daß es entschlossen sei, die Unabhängigkeit Afg-
hanistans aufrecht zu erhalten. Nimmt Rußland die vor-
geschlagenen Grenzen an, setzen die „Times" hinzu, so wird es
für die nächste Zeit keine centralasiatische Frage mehr geben,
lehnt es dieselben ab, so wird dieselbe eines Tages durch
das Schwert gelöst werden müssen." Wir glauben nicht,
daß Rußland sich in der Lage befindet, die zweite Alter-
nativ? zu wählen und da unsere Vorschläge keineswegs un-
vernünftig sind, so werden diese wahrscheinlich angenommen
werden. Diese Uebereinkunft schließt zwar nicht jede politische
Rivalität aus, aber die Beziehungen beider Staaten be-
wegen sich dann auf einem genau und sauber abgesteckten
Terrain, welches jeder Regierung gestattet, ihrer Politik
ungehindert zu folgen.

Depeschen.
(H.-B.-R.)
* Chislehnrst, 13. Jan. Der Zufluß von Frem-
den ist ungeheuer. Unter den Angekommenen bemerkte
man Prinzessin Mathilde und die Herren Conneau, Corvi-
sart, Pietrj, Rouher Vater.
Der Abbe Goddart war so gerührt, daß es ihm un-
möglich war zu predigen. Der Leichnam des Exkaisers
kommt am Montag in die Gemäldegallerie. — Die englische
Südostbahn und die französische Nordbahn haben ihre
Preise ermäßigt, um es den Armen zu ermöglichen, d-m
Leichenbegängniß anwohnen zu können. Dem Leichnahm
wird die Marschallsuniform angelegt und der Großcordon
der Ehrenlegion nebst dem silbernen Kreuz auf die Brust
geheftet.
Der kaiserliche Prinz hat den Titel Napoleon IV.
angenommen und wird mit Sire angeredet.
Benedetti ist angekommen und wurde von der Kaiserin
Eugenie empfangen, E. Ollivier und Marschall Mac-Ma-
hon sind erwartet.
* Versailles, 14. Jan. Nach einem hier cirkuli-
renden Gerüchte wird Marschall Mac-Mahon Versailles
nicht verlassen.
* London, 14. Jan. Hier geht das Gerücht, daß
die hier lebenden republikanischen französischen Journalisten
in Folge des Todes Napoleons III. ein Manifest vorbe-
reiten. Die Polizei kennt ihre Namen.
* Madrid, 12. Jan. In Valencia nehmen die
Freiwilligen und die Dorfbewohner gegenüber den Insurgen-
ten eine herausfordernde und feindselige Haltung an. —
Sie bekämpfen sich gegenseitig Pallac und Cabecilla wur-
den in Murcia getödtet.
Der König unterzeichnete heute eine Conceffion, welche
einer spanischen Gesellschaft die Legung eines Kabels zwi-
schen Teneriffa und der großen carrarischen Insel gestattet.

——-....
auswärtige Politik zwar als eine gemäßigte und friedlie-
bende aber stets unentschlossene betonen und nicht unerwähnt
lassen, daß seine Diplomatie labei sich stets darch ihre
Sonderbarkeit ausgezeichnet. ^.e halbe Lebenszeit Ver-
schwörer, fahren sie fort, sei er mehr aus Gewohnheit als
aus Nothwendigkeit auch ein iolcher auf dem Thron? ge-
blieben, der hinter dem verantwortlichen Cabinette und
Staaisrathe stets eine Meute steuer und ergebener Werk-
zeuge, dis er sich aus den Genesen ferner obscuren Prä-
tendentenzeit ausgesucht, unterhalten habe, weiche ihm gerne
alles Verdienst des Erfolges gelassen und sitz ihrerseits mit
der Verachtung der Welt begnügt hätte . . .
Auch hätten es die sowohl von der Natur als von
der Ursprungsari seiner Regierung geschaffenen Verhältnisse
mit sich gebracht, daß er bei Unterhandlungen stets den
indirecten und geheimen Weg gewählt und dieselben stets
ohne Zeugen zum Abschluß gebracht, um die W überra-
schen zu können.
Mit einem Staatsstreiche seine Regierung ervpnend,
schlv e Times, bestand seine Regierung aus einer
stetigen Reihe von Theatercoups, die, wie di? in einem
Neujahrswunsche an einen auswärtigen Gesandten enthaltene
Kriegserklärung, Sensation erregen sollten und auch solche
erregten. Als man aber Resultate von dieser gonverna-
mentalen Stärke verlangte, erwies sie sich Cavour und
Bismarck, sowie dem Papste gegenüber als schwach, die schließ-
lich unter den unvermeidlichen Katastrophen zusammenbrach.
- Indessen hat ihm England nichts vorzuwerfen und
die Beharrlichkeit, womit er das eingegangene Freundschafts-
bündniß aufrecht erhielt, sicherten ihm eine freundliche Auf-
nahme, als er an unserer Küste ein Asyl suchte."
„Welches auch der Eindruck sein mag. Ks» Loms-
! bahn des Kaisers hinterlassen hat, sagen „Daily News", so
ist er doch während seiner kurzen Residenz in Chislehurst
! stets ein Gegenstand der Achtung und Sympathien gewesen.
! Auch ist der Augenblick noch nicht gekommen, um ein klares
' und richtiges Urtheil über die auffallende und höchst sonder-
bare Laufbahn Louis Napoleon's abgebcn zu können. Lebend
s ward er stets mißverstanden, indem er Jahre lang von Jeder-
mann, seine vertraute Umgebung nicht ausgeschlossen, als ein
schwacher, träumerischer und dummer Mensch betrachtet wurde,
worauf man zum anderen Extrem überging. Wenn dereinst
, die Wahrheit an den Tag kommen wird, wird man finden,
j daß der Kaiser liebenswürdiger und weniger ungeschickt ge-
' wesen, als er sich in den Tagen seines Glanzes gezeigt.
Die „Morniug Post" drückt sich in demselben Sinne
aus: „Er war immer der treue und loyale Alliirte Eng-
lands", sagt das Blatt.
Der „Daily Telegraph" meint, es sei noch zu früh
eine Vergleichung zwischen dem Guten und Schlimmen, was
> Louis Bonaparte gethan, anzustellen.

* Horaee Greeley s letzte Stunde.
Ueber die letzte' Stunde des in der vor Kurzem statt-
ghabten nordamerikanischen Präsidentenwahl unterlegenen
Candidaten wird folgendes berichtet: „Soviel seine Um-
gebung wußte, war Greeley bei nahezu ebenso guter Ge-
sundheit wie gewöhnlich, als er am Tage nach der Wahl
die Karte schrieb, durch die er die Wiederaufnahme seiner
redactionellen Thätigkeit bei der „Tribüne" anzeigte. Man
wußte, daß seine Schlaflosigkeit bedeutend schlechter gewor-
den sei, aber Jahre hindurch batte er mehr oder weniger
u.i demselben Uebel gelitten. Jetzt ist es klar, daß die
furchtbare Anstrengung den Sommer hindurch und beson-
ders während der letzten Monate der Krankheit semer Frau
nicht gehörig gewürdigt worden war. Er schrieb nur noch
drei oder vier sorgfältige Artikel, keinen eine halbe Spalte
lang. Der bemerkenswertheste vielleicht war der „ Zchluß-
fulgerungen" betitelte, worin er seine Ansichten über den
Wahlkampf zusammenfaßte. Im Ganzen lieferte er weniger
als drei und eine halbe Spalte nach seiner Rückkehr Zwei
oder dreimal überreichte er seinem Assistenten kurze Artikel,
indem er sagte: „Da ist eine Idee, die der Benützung werth
wäre, aber ich habe mich nicht fähig gefühlt, sie auszu-
arbeiten, wie es sich gehört. Es ist besser, daß Sie ihr
Gestaltung geben." Endlich am Dienstag, den 12. , gab
er die Anstrengung auf, das Bureau regelmäßig zu be-
suchen und ließ Dr. Wackowitzer, Sohn, den Hausarzt des
Herrn Johnson, einer seiner Freunde, in dessen Haus er

Gast und wo seine Frau gestorben war. Mart gab sich
olle Mühe, den Schlaf herbeizuführen, aber er wurde be-
ständig schlechter, und es war augenscheinlich, daß sein Zu-
stand kritisch wurde. Dr. Chonte und andere wurden dann
zur Consultation gerufen, und es wurde endlich beschlossen,
ihn nach Dr. Chonle's Wohnung, 2 oder 3 Meilen von
Greeley's eigener ländlicher Heimstätte, zu Chappagne zu
bringen. Da empfing er die unablässige Aufmerksamkeit
des Dr. Chonte; und da wurden Dr. Brown Sequard, !
Dr. Brown u. A noch zur Consultation gerufen. Die
Schlaflosigkeit hatte sich zu einer Gehirnentzündung entwickelt,
und unter der Einwirkung dieser sanken die Kräfte des
Kranken reißend schnell. Zu Zeiten war er im Delirium;
dann war er wieder so geisteskiar als je. Er verlor Fleisch
und Kraft mit erstaunlicher Raschheit, und nach wenigen
Tagen zwang sich die Möglichkeit eines schnellen Toves
wider Willen seinen Freunden auf. Im Ganzen litt er
wenig und schien nicht mehr als die gewöhnliche Ruhelosig-
keit zu haben, welche das letzte Stadium einer Krankheit
begleitet. Am Freitag, seinem Sterbetag, ließ er früh ge-
legentlich Ausrufe vernehmen, aber in Folge seiner Schwäche
und augenscheinlichen Unfähigkeit zu vollenden, was er be-
gonnen hatte, waren viele derselben unverständlich. Gegen
Mittag jedoch sagte er ganz deutlich und mit einiger Kraft:
„Ich weiß, daß mein Erlöser lebt." Während des Tages
erkannte er verschiedene Leute, seine Tochter viele Male, die
Mitglieder seines Haushalts u. A. Bis zu einer halben
Stunde vor seinem Tode zeigte er gelegentlich auf ver-

schiedene Weise seine sichere Kenntniß Dessen, was um ihn
vorging, und beantwortete an ihn gerichtete Fragen einsylbig.
Ungefähr um halb 4 Uhr sagte er ganz deutlich : „Es ist
vollbracht!" und außer Ja oder Nein als Antwort auf
Fragen war dies seine letzte Aeußerung. Um 10 Minuten
vor 7 Uhr zogen sich die Wachenden in ehrfurchtsvollem
Schweigen von dem Sterbelager zurück. Der große Publicist
war dahin gegangen in Friede nach so vielen Kämpfen,
in Ehren nach so vielen Schmähungen."

— Warme WinterZ Ueber abnorme Winter-
temperaturen berichten alte Chroniken Folgendes: 1172
waren im Winter die Bäume neu belaubt und die Vögel
fingen an Nester zu bauen. 1289 gab es gar keinen Win-
ter und die Temperatur war so frühlingsmäßig zu Weih-
nachten, daß die jungen Mädchen sich zu diesem Feste mit
Veilchen schmückten; 1241 standen die Bäume im März
in Blüthe, im Mai gab es reife Kirschen; 1538 entfalte-
ten die Gärten schon im Dezember und im Januar ihren
vollen Blüthenschmuck; 1572 waren die Bäume im Februar
grün, ebenso 1588. In den Jahren 1607, 1609, 1617
gab es keinen Winter; 1659 gab es keinen Schnee und
keinen Frost; 1722 brauchte man im Januar in Deu-sch-
land nicht mehr za Heizen und blühten im Februar säm tät-
liche Bäume. Auch 1807 gab es fast gar keinen Winter.
Noch in frischer Erinnerung sind die milden Winter von
1834, 1846 rc. In Petersburg wurde das neue Jahr
1870 bei 8 Grad Wärme angetreten.
 
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