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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 146 (13. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0585

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Klhwctzmgtr VschmblM

Amtsverkündigungsötatt für den Wezirk Schwetzingen.

Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.

Preis
vierteljährl-ch 51 kr.
Inserat
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Mo. 146. Samstag, 13. Dezember 1873. VII. Jahrgang.

Inserate von Answärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogler, Rudolf Wosfe und H. L. Aauöe L Ho., sowie die Süddeutsche Annoncen-Hrpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 28. November.
(V. öffentliche Sitzung der zweiten Kummer.)
(Fortsetzung.) >
Abg. Hua (klerikal) meint dagegen, der Staat mis.l e
sich in rein kirchliche Dinge ein und gestatte der Kirche die
Rechte nicht, die sie als freie Korporation haben solle, wie
die Selbstständigkeit ihrer Verwaltung nnd Heranbildung
des Klerus, die Gründung von Schulen und Wohlthäüg-
keitsanstalten. Und doch bestehe keine Gefahr für den Staat
durch die Freiheit der Kirche, alle treuen Glieder derselben
erfüllten auch ebenso treu ihre Pflichten gegen den Staat.
Trotzdem mache der Staat gehässige Ausnahmegesetze und
vertreibe schuldlose brave Männer. „Was uns aufrecht er-
hält im Kampf, ist das Bewußtsein, daß wir ihn nicht
verschuldet Huben. Wenn die Verfolgung auch die größten
Dimensionen annimmt, werden wir treu festhalten an unse-
rem Glauben!"
Staatsminister Jolly läßt die Landesgesetze durchaus
nicht als gehässige Ausnahmegesetze gelten. Sie seien wie
jedes gute Gesetz durch den vorliegenden praktischen Fall und
seme besondere Natur entstanden. Die herrschende Richtung
des Katholizismus aber sei allerdings gefährlich, da sie
Dinge lehre, die direkt den Staat angreifen und die Ver-
pflichtung, seine Gesetze anzuerkennen, läugne.
Abg. v. Feder ist neutral zwischen beiden Adressen,
mit mehr Wohlwollen jedoch nach der Majorität hin. An !
der Minorität tadelt er die versteckte Art des Ausdrucks,
während die deutsche Art frei und aufrichtig sei, iudeß sie t
nur von einem christlichen Volke spreche, während sie
doch auch Vertreter der Juden und Heiden seien. „Doch
ist auch die Sprache der Majorilütsudresse nicht die mei-
nige." In der Thronrede Hut Redner von der freiheitlichen
Entwicklung des Reiches zu wenig gehört und in der innern
Politik ist er über einige unklare Punkte beunruhigt. Das
Verhältnis; der badischen Eisenbahnen zu den übrigen und
den Tod der braven badischen Soldaten, die im letzten
Sommer auf dem Marsch im Hohenzollern'schen starben.
Die Regierung müsse sich bestimmt darüber äußern, ob sie
eine eingehende Untersuchung des Vorfalls veranlaßt habe.
Ein dritter Punkt sei die mangelhafte Ausführung der Mili-
tärkonvention, besonders in Beziehung auf die Pensionäre,
bei deren Klagen man die Zuständigkeit der Gerichte bean-
standet habe. Es sei eine dringende Aufgabe der Volksver-
tretung, unsere innere Staatsverfassung umzubilden.
Abg. v. Feder weiß ferner in Beziehung auf die
Stellen der Adresse, die vom Kirchenstreit handeln, nicht,
Welches die auszufüllenden Lücken sein sollen. Wir kommen
nicht zum Frieden mit der Kirche, wenn wir fortwährend
Gesetze machen; die beiden Gebiete sind vollständig zu treu-

Prorch Myainc.
Zwanzigster Wertzandkungstag.
31. October.
In der heurigen Sitzung ist der erste Zeuge de Coffi-
nieres, welcher schon mehrere Male vernommen wurde.
Präs.: Sandten Sie an den Kaiser eine Depesche vom
17. August, worin angekündigt wird, daß Metz beinahe
umzingelt sei?
Coff.: Ich konnte eine solche Depesche nicht absenden,
da wir gerade am 16. die Deutschen zurückgedrängt hatten.
Der Präsident läßt die Depesche Coffinieres vorzeigen.
Sie trägt keine Unterschrift, sondern nur die Worte: „Uw
eomrn.awckan.t srixsrisur ü l'Lruxsrsnr." Der General
erinnert sich dieser Depesche nicht.
Coffinieres gesteht zu, daß er am 20. August durch
den Polizei-Agenten Flahaut eine Depesche vom Oberst
Turnier ans Thionville erhalten habe, worin ihn derselbe
bittet, ein Paquet Depeschen, die er mitsende, an ihre Adresse
gelangen zu lassen. Ob der Marschall Bazaine am 19.
benachrichtigt wurde, daß die Verbindung mit Thionville an
diesem Tage (für fünf Viertelstunden) hergestellt worden,
weiß der General nicht. Nach einigen Fragen des Regie-
rungscommissärs stellt der Präsident die Frage, welche Ge-
nerale der Conserenz am 22. August angewohnt hätten. Der
General erinnert sich dtssen nicht mehr.
Lachaud verliest die betreffende Stelle aus dem Verhör,
der Präsident unterbricht ihn aber. Der Marschall hat

nen, und es ist am besten, wenn man sich gar nicht um
die Kirche kümmert. Die wirthschuftliche und finanzielle
Lage ist in oer Thronrede und der Majoritätsadresse zu
glänzend dargestellt. Die eigentliche Lage ist bedenklich und
ich hätte düstrere Farben angewandt. Der Handel stockt,
die Landwirthschaft klagt, die Geldkalamität erregt die lau-
testen Klagen. Wenn man sich Illusionen macht, so hindert
man sich dadurch zu helfen, ehe es zu spät ist. — Dies
sind die Gründe, warum mir beide Adressen nicht ge-
fallen.
Staatsminister Jolly widerlegt darauf den Vorredner
in Beziehung auf seine Anklagen betreffs der beunruhigen-
den Punkte. Von mangelhafter Ausführung betreffs der
Militärkonvention sei ihm nichts bekannt. Ueber den un-
glücklichen Fall der 9 badischen Soldaten seien alsbald aus-
führliche Mittheilungen des 14. Armeekommando's eingelau-
fen, woraus hervorging, daß kaum einer der gewöhnlichen
Unglücksfälle vorläge und keinen Einzelnen strafbare Schuld
träfe. Es sei von Seiten der Offiziere geschehen, was nur
geschehen konnte.
(Schluß folgt.)

Entwurf eines Gesetzes, die Einführung einer all-
gemeinen Einkommensteuer betr. 1.
(Schluß.)

Artikel 9. Jedes steuerbare Einkommen ist nach sei-
nem jährlichen Gesammtbetrag in eine der nachfolgenden
Klassen einzureihen. Es kommen in Anlage:
in der Einkommen bis weniger
Klasse von Mark als N>rk
mit Mark
1.
1,500
. 1,800
1,500
2.
1,800
2,100
1,800
3.
2,100
2,400
2,100
4.
2,400
2,700
2,400
5.
2,700
3,000
2,700
6.
3,000
3,600
3,000
7.
3,600
4,200
3,600
8.
4,200
4,800
4,200
9.
4,800
5,400
4,800
10.
5,400
6,000
5,400
11.
6,000
7,200
6,000
12.
7,200
8,400
7,200
13.
8,400
9,600
8,400
14.
9,600
10,800
9,600
15.
10,800
12,000
10,800
16.
12,000
14,400
12,000
17.
14,400
16,800
14.400
18.
16,800
19,200
16,800
19.
19,200
21,600
19,200
20.
21,600
25,200
21,600

in der
Einkommen
bis weniger
Klasse
von Mark
als Mark
mit Mark
21.
25,200
28,800
25,200
22.
28,800
32,400
28,800
23.
32,400
36,000
32,400
24.
36,000
42,000
36,000
25.
42,000
48,000
42,000
26.
48,000
54,000
48,000
27.
54,000
60,000
54,000
28.
60,000
72,000
60,000
29.
72,000
84,000
72,000
30.
84,000
96,000
84,000
31.
96,000
108,000
96,000
32.
108,000
120,000
108,000
33.
120,000
144,000
120,000
34.
144,000
168,000
144,000

und so fort mit je 24,000 Mark Zunahme.
Art. 10. Der von je hundert Mark des verlangten
Einkommens zu erhebende Steuerbetrag wird jeweils durch
das Finanzgesetz bestimmt. Jedoch beträgt derselbe für Ein-
kommen der 1. bis einschließlich 5. Klasse nur die Hälfte
und für Einkommen der 6. bis einschließlich 8. Klaffe nur
drei Viertel des Normalsatzes. Diese geringeren Steuersätze
finden auch auf die in die betreffenden Klassen fallenden
Tbeile höherer Einkommen in der Art Anwendung, daß für
2,700 Mark nur die Hälfte, für weitere 1,500 Mark nur
drei Viertel und erst von dem 4,200 Mark überschreitenden
steuerbaren Klassenbetrag des Einkommens der ganze Nor-
malsatz der Steuer in Ansatz kommt.
Deutsches Reich.
Ararrkfrrrt, 9. Dez Der Großherzog und die Groß-
herzogin von Baden nebst hohem Gefolge und Dienerschaft
kamen heute Mittag um 2 Uhr mit Extrazug hier an und
haben im Hotel „Schwan" Quartier genommen.
Werkin, 10. Dezbr. Abgeordnetenhaus. Der Antrag
Bernardt, betreffs Aufhebung der Zeitungssteuer, wird ohne
Debatte in dritter Lesung angenommen. Der Antrag Schrö-
der, betreffs der Gewährung von Diäten an die Reichstags-
abgeordneten, wird, nachdem Virchow dafür gesprochen, durch
Annahme einer von Lasker beantragten, durch die Inoppor-
tunität des Eingreifens in die Reicksgesetzgebung motivirten
Tagesordnung bei Namensaufruf mit 219 gegen 169 Stim-
men beseitigt.

Ausland.
Wem, 10. Dez. Hier ist das Gerücht verbreitet, daß
der Bundesrath beschlossen habe, dem päpstlichen Nuntius
seine Pässe zuzustellen, der diesbezügliche Beschluß solle aber
erst Sonnabend veröffentlicht werden.
(Fortsetzung in der Beilage.)

nicht von den „Rapporten" sondern von dem „Rapport" ge-
sprochen. Sie müssen wissen, daß in militärischer Hinsicht
ein Unterschied zwischen „Rapporten" und „Rapport" besteht.
Bazaine: Ich sprach von den Rapporten, die ich ver-
langt.
Der Gcneralstabs-Capitün Hinderson ist der nächste
Zeuge. Derselbe sandte drei Depeschen, am 22., 25. und
26., welch letztere in arabischer Sprache abgefaßt, an Bazaine
ab. Ob diese Depeschen in Metz eintrafen, weiß Zeuge nicht.
Der Oberst Magnan wird nun aufgerufen. Derselbe
hatte sich ungeachtet der scharfen Angriffe, welche der Be-
richt des Generals Riviere gegen ihn enthielt, ziemlich gut
aus der Sache gezogen.
Der Präsident scheint bei dem Verhör dieses Zeugen
wichtige Dinge unberührt gelassen zu haben und wird der-
selbe von neuem vernommen.
Bei diesem Verhör zog sich der Oberst Magnan nicht
so gut heraus, wie bei dem ersten. Besonders auffallend
bei diesem Verhör war, daß er in seinem Schreiben an den
Kriegsminister als Objectiv des Marsches des Marschalls
Bazaine Montmedy und Charleville angegeben. Er suchte
dieses dadurch zu erklären, daß er sich eines falschen Aus-
druckes bedient habe. Er habe nicht Objectiv, sondern IwAne
cis ruvituillorrisut sagen wollen.
Der Präsident zeigt sich dem Zeugen gegenüber ziem-
lich streng.
Oberst Lewal war im Generalstab und behauptet, daß
Bazaine am 23. die Nachricht von dem Marsch Mac Mahons

nach dem Norden erhalten habe. Seine Aussagen sind da-
her von großer Wichtigkeit.
Lachaud sucht darzuthun, daß der Oberst sich irre, da
die betreffende Depesche am 29. ungekommen sei.
Der Marschall Bazaine protestirt mit großer Lebhaf-
tigkeit gegen die „Theorie" des Obersten.
Die Erregung im Saal ist groß, als Lewal abtritt,
und Oberst d'Andlau als Zeuge eingeführt wird.
Eine heftige Debatte zwischen Lachaud und Oberst
d'Andlau entspinnt sich.
Kmundzumnzigster Werhandkungstag.
— 1. November. Die Verhandlungen beginnen um
1 Uhr 20 Minuten.
Zeuge Guyard bietet eine wenig interessante Aussage.
Zeuge Bazelaire hat zwei gesiegelte und chiffrirte De-
peschen aus Thionville über Belgien nach Givet befördert,
aber nur eine derselben wnrde vor seinen Augen aufgegeben.
Der nächste Zeuge, Jules Amyot, Telegraphen-Jnspeclor
in Brest, wurde mit der Organisation des Telegraphen-
dienstes in Chalons betraut und errichtete später in Metz
die Linie Briey nach der Festung.
Oberst Massaroli ist der nächste Zeuge, dessen Aus-
sagen von wenigem Interesse sind.
Aus der Aussage des Oberst Rocher d'Aygle ist nur
hervorzuheben, daß er auf dem Wege von Chalons nach
Sedan keine Depesche für Mac Mahon erhalten hat.
Die Sitzung ist wenig interessant und wird aufgehoben.

(Hiezu eine Beilage und „Generalanzeiger" Nr. 11.)
 
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