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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

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No. 78 (5. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0313

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lhwttzmgtr Wochknblsll
Amtsverkündigungsötatt für den Mezirk Schwetzingen.

P eeis
vierteljährlich 51 kr.
Inserate:
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Kadis che Hopfrnzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
Uv. 78i Samstag, 5. Juli 1873. VII. Jahrgang.

Inserate von Answärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstern L ^ogker, Zludokf Waffe und H. L. Sauöe L Ho., sowie die Süddeutsche Annoncerr-Hrpedition
von H. Stöckhardt in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg.
.....> . _' . . . —e- ...- .

Der erste badische Aädtetag.
(Schluß.)
Baden-Baden, 16. Ium.
G.-Rath Seefels von Baden, sowohl wie Ob.-
Bgmstr. Moll von Mannheim erklären sich unbedingt
für den Ausschuß-Antrag. Was die materielle Frage an-
betrifft, so wird durch denselben eine Anomalie in der Ge-
setzgebung gehoben. Die Kirche hat bestimmungsmäßig den
Religionsunterricht nicht allein zu überwachen, sondern auch
zu besorgen, ohne Bezahlung für ihre Bedienstete bean-
spruchen zu dürfen. Mannheim sperre sich schon lange da-
gegen, doch ohne Erfolg; nun möge der zustimmende Ge-
sammt-Ausdruck des Städtetages besseren Erfolg haben. —
Wichtiger als der materielle ist der prinzipielle Theil des
Antrages. Viele sagen, man wolle damit den Religions-
unterricht verbannen, das ist nur eine concentrirte Partei-
Ansicht; auch nach dem Anträge scll eine religiöse Erziehung
stattfinden, aber in fakultativer Eigenschaft, wie es die große
Verschiedenheit der jetzigen confessionellen Verhältnisse er-
fordert. Der Vater schicke das Kind dem ihm befreundeten
Prediger, nicht einem aufgedrungenen. Geben wir die Re-
ligion der Kirche zurück; dadurch erleidet der Religions-
unterricht keinen Eintrag; im Gegentheil. Auch die ein-
zelne, persönliche Ueberzeugung, die Glaubensfreiheit wird
gewahrt. Der bestehende Zwang muß aufgehoben werden.
G.-Rath Mays von Heidelberg schließt sich
dem Vorredner vollständig an; kürzlich hat auch Heidelberg
beschlossen, den obligatorischen Charakter des Religions-
unterrichts an den höheren Lehranstalten auszuheüen. lieber
die religiöse Erziehung des Kindes muß der Vater zu be-
stimmen haben; die Aufhebung des Zwangs liegt im In-
teresse aller Parteien.
G.-Rth. Reichert von Baden hält die vorge-
trageue Geschichtsfälschung des Freiburger Katechismus für
volle Wahrheit. Keinesfalls könne er in derselben einen
unterstützenden Beweis für den Antrag finden. Mit den
Ausführungen des Oberbürgermeister Moll ist Redner
zwar einverstanden, aber hier handelt es sich nicht allein
um den Religionsunterricht, auch andere Materien kommen
in Betracht; er bedanke sich, wenn Jemand ihn belehren
wollte, seine Großeltern seien Affen gewesen. Geben Sie
die Schule frei und heben Sie den obligatorischen Unter-
richt auf!
Bürgerausschuß-Mitglied Duffing von Mann-
heim: Die Art der Ectheilung des obligatorischen Re-
ligionsunterrichts war in mehr als einer Hinsicht unfrucht-
bar; gerade wer z. B. von derselben Confession war, der
die Schule augehörte, konnte seine Kinder nicht dispensiren
lassen. Der Lehrer selbst müsse im Interesse der Erziehung
die Aufhebung des obligatorischen Religions-Unterrichts wol-
len, da dessen Wirkungen saft stet-

Unsere jungen Leute werden entweder indifferent oder heuch-
lerisch. Die facultative Einführung desselben beseitigt den
bestehenden unmoralischen Zwang, der Antrag ist im In-
teresse des Friedens.
Ein Antrag auf Schluß wird abgelehnt.
Es wird nunmehr der Ausschuß-Antrag unter Ab-
lehnung aller Modificationen ohne Widerspruch angenommen;
Freiburg nebst 3 kleinern Städten enthält sich der Abstim-
mung.
Hierauf wird der Antrag auf Uebertragung der Func-
tionen des Armenraths auf den Gemeinderath ohne Dis-
kussion angenommen.
Der fünfte an die Regierung zu stellende Anträge
lautet, nach der Vorlage des Ausschusses:
Die Kreisverfassung ist aufzuheben, jedenfalls
aber wird den Städten über 10,000 Seelen die
Befugniß eingeräumt, aus dem Kreisverbande
auszuscheiden.
G.-Rth. Langer von Karlsruhe als Berichter-
statter begründet den Antrag und empfiehlt im Interesse
größerer Städte dessen Annahme. In Preußen sind alle
Städte über 10,000 Einwohner aus dem Kreisverbande
bereits geschieden; denn was die Kreise gemeinsam erstreben,
besitzen die Städte bereits.
Bgmstr. Thiebauth von Ettlingen, vor drei
Jahren aus zwanzigjähriger Verbannung zurückgekehrt, will,
da man doch einmal beim Kofferpacken sei, gleich das wenig
befriedigende Institut der Bezirksräthe mit eingepackt sehen.
Das wird überall Anklang finden.
G.-Rath Wolf von Baocu nimmt beide Institute
in Schutz. Auch
G.-Rath Mays von Heidelberg theilt diese
Ansicht, die Bezirksräthe haben sich bewährt und das Pascha-
wesen zu Fall gebracht. Die jetzige Kreisverfassung ist
reformbedürftig, weil die Kreise zu groß oder zu klein sind;
auch die Zusammensetzung, wie z. B. bei Heidelberg, oft
so willkürlich und beliebig, daß die Interessen der Bewohner
häufig entgegengesetzte sind.
Es entspiunt sich hierüber eine längere Debatte, wo-
rauf der Ausschuß-Antrag mit 14 gegen 11 Stimmen ab-
gelehnt und der vermittelnde Antrag von Radolfzell:
Die bestehenden Mängel der Kreisver-
fassung müssen beseitigt werden, um ihr dadurch
mehr Lebenskraft zuzuführen,
fast einstimmig angenommen wird.
Sämmtliche Anträge werden als solche und nicht, wje
ursprünglich beabsichtigt, in Form von Wünschen der großh.
Regieruug unterbreitet werden. _
Rundschau.
Nach Regierungs-Nachrichten sollen die W a l l f a h r e r
ig unter das Vereinsgesetz gestellt werden.

Für Wallfahrten, bei denen sich Personen beiderlei Geschlechts
betheiligen, und welche eine längere Dauer beanspruchen, so
daß ein Ue.bernachten erforderlich wird, ist in der Re-
gel die Genehmigung von vornherein zu untersagen, da bei
diesen Gelegenheiten erfahrungsmäßig leicht dem übermäßi-
gen Genüsse von Spirituosen und der Unsiltlichkeit
gefröhnt wird.
Es geht die Rede, von einem großen Banket, das die
Republikaner nach dem Abzug der Preußen zu Ehren Thiers
geben wollen, um sein Verdienst bei dem Ereigniß zu feiern.
Der Berliner Correspondent der „Times" telegraphirt
über die Khiwa-Expedition seinem Blatte Folgen-
des : Am Tage vor der Einnahme Khiwa's sandte der Khan
an General Kaufmann einen Boten, welcher demselben an-
zeigte, der Khan habe die Absicht, die Stadt und das Kha-
nat dem Kaiser von Rußland zu übergeben. Ehe noch der
Bote mit der Antwort des Generals in die Stadt zurück-
gekehrt war, habe der Khan, von einer Abteilung Ghoumut
Turkomanen, welche den größten Theil der Garnison aus-
machten, begleitet, dieselbe verlassen. Die Thore wurden
nun geöffnet Und die Russen rückten nun in Khiwa ein,
ohne einen Schuß abzugeben. Der Tag nach der Ein-
nahme war der Geburtstag Peter des Großen. Die Russen
hielten auf einem öffentlichen Platz einen Gottesdienst, wel-
cher pem Andenken des großen Czaren, der zuerst die Er-
oberung von Khiwa geplant hat, so wie dem aller russischen
Soldaten, welche in dem jetzigen und in den früheren Felo-
zügen gegen Khiwa gefallen sind, geweiht war. An dem-
selben Tage, dem 11. Juni, sandte General Kaufmann
einen Courier nach Lschimkent (nördlich von Tschankant in.
russisch Turkestan) mit dem Befehl an den dortigen Com-
mandanten, die Nachricht sofort an den Kaiser Alexander
nach Ems zu telegraphiren. Da das Telegramm am 28.
Juni in Petersburg ankam, so mußte die Nachricht, um
von Khiwa nach Tschimkent (eine Entfernung von 800
engl. Meilen) direkt durch die Wüste Kistl Kum zu ge-
langen, ungefähr vierzehn Tage gebraucht haben.
„Der Kahn von Khiwa hat capitulirt, und
Khiwa ist von den Russen besetzt worden," lautet die neueste
Meldung vom asiatischen Kriegsschauplatz, und sie überrascht
heute durchaus nicht mehr, nachdem ja sämmtliche Expediti-
ons-Corps unter den Mauern Khiwas zum gemeinsamen
Sturm gegen die Stadt zusammengestoßen waren. Allem
Vermuthen nach ist aber auch hier der Widerstand noch ein
sehr heftiger gewesen, weil andernfalls nicht von „Capitu-
lation" gesprochen werden könnte. Die^Haupstadt war nicht
befestigt, folglich war sie auch nur einzunehmen, nicht aber
zur Uebergabe zu zwingen. Beruhen die amtlichen russischen
Nachrichten über den seitherigen ganzen Feldzug auf Wahr-
heit, dann steht dieser als der glücklichste da, den bis jetzt
die Weltgeschichte kennt, da die russische Armee während
der ganzen Expedition kaum 30 Mann verloren haben will.

extremer Natur sind. küuf.

Der Much des Holdes.
*
* 4-
, (Fortsetzung.)
7.
Von diesem Augenblick an habe ich eine gesicherte Existenz und
«ine, wenn auch mitunter mit Demütigungen verknüpfte Selbststän-
digkeit gehabt/
Marie schwieg. Constanz blickte nachdenklich vor sich hin. !
„Du zürnst mir, Geliebter?" fragte das Mädchen leise, während
es seine Hand auf die Schulter des Jünglings legte.
Constanz blickte auf. „Weshalb sollte ich dir zürnen?" erwiderte
er bewegt.
„Daß ich nicht früher diese Mittheilungen gemacht habe."
„Glaubst du, sie würden mich bewogen haben — Marie, zweifelst
du so sehr an der Innigkeit und Kraft meiner Liebe?"
„Aber dein Schweigen —"
„Ich dachte über die sonderbare Verkettung der Verhältnisse nach ,
dieses bewegte, an Entgehrungen und Sorgen reiche Lebensbild bietet i
gewiß Stoss zum Nachdenken. Aus jener Zeit besitzest du wohl nichts !
mehr?"
„Die Hälfte eines schmalen goldenen Ringes; in ein seidenes
Läppchen eingenäht, trug ich dieses Stückchen Gold bei mir, als ich
ins Waisenhaus kam, der Schulmeister und der Pfarrer riethen mir,
es sorgfältig aufzubewahren, da es vielleicht später für mich bedeuten-
den Werth haben könne. Die Kleider, die ich damals trug, sind bis
auf den kleinsten Rest benutzt worden, Lis ich sie nicht mehr tragen

konnte," fuhr Marie fort, während sie eine Schieblade öffnete und aus
derselben eine kleine Schachtel nahm, welche sie ihrem Verlobten über-
reichte.
„Welche Hoffnungen an diesen Ring sich knüpfen können, in welcher
Weise derselbe jemals besonderen Werth für mich haben sollte, darüber
habe ich oft vergeblich den Kopf zerbrochen."
Constanz hatte die Schachtel geöffnet, es war die Hälfte eines
schmalen Goldreifs, was ihm aus derselben in die Hände fiel. Die
innere Fläche des kleinen Stückchens trug in ziemlich scharfer Gravi-
rung den Buchstaben C. und das Datum 15. Mm.
„Wenn du erlaubst, nehme ich dieses Andenken an eine sorgenvolle
Zeit mit," sagte der Doctor, indem er sich erhob, „auch ich sehe einst-
weilen noch nicht ein, welche Hoffnungen sich an dasselbe knüpfen
könnten, aber eine besondere Bedeutung hat es jedenfalls, dafür spricht
schon der Umstand, daß du es schon als Kind stets bei dir führtest.
Wir werden heute Abend, denke ich, darüber noch reden, du kehrst ja
wohl im Laufe des Nachmittags zu unfern Eltern zurück."
Er umarmte das Mädchen und eilte dann schnell, als fürchte er,
Marie könne ihn zurückhalten, hinaus.
Er lchlug unverzüglich den Weg zu der Schenke ein, in der er
am Morgen gewesen war.
Die Wirthin schien ihn bereits ungeduldig erwartet zu haben, sie
führte den jungen Mann in ihre Wohnstube und bat ihn, Platz zu
nehmen. . u» .niUoL.' nimm zrürrw^
„Schenken sie mir reinen Wein ein," sagte sie, „weshalb wünschen
sie zu wissen, ob die junge Dame wirklich mein ehemaliges Schenk-
mädchen ist?"
„Nur um meine Neugierde zu befriedigen," entgegnete Constanz

zögernd, „als ich der Dame zum erstenmal begegnete, stieg sofort in
meiner Seele der Argwohn auf —"
„Das ist es nicht," unterbrach die Wirthin ihn kopfschüttelnd,„ich
glaube den Grund errathen zu haben. Man hat einen sehr reichen
Herrn, durch Gott weiß welche Machinationen, gekirrt, das Mädchen
an Kindes Statt anzunehmen, ich hege die Ueberzeugung, daß er es
nicht gethan haben würde, wenn ihm die Vergangenheit dieser Dame
bekannt wäre."
„Sie haben sie also erkannt?" fragte Constanz.
„Ja, trotzdem sie sich den Anschein gab, als ob ich ihr eine ganz
fremde Person sei, ihr vornehmer Stolz konnte mich nicht irre führen."
„Gut, mehr verlange ich nicht zu wissen," erwiderte der Doctor,
indem er sich erhob, „Sie werden diese Aussage durch einen Eid be-
kräftigen können, wenn das Gericht sie dazu auffordert?"
Ein bedeutsames Lächeln umspielte die Lippen der corpulenten
Frau.
„Daß die junge Dame jenem Mädchen außerordentlich ähnlich
sieht? Gewiß, aber ob sie wirklich das ehemalige Schenkmädchen ist,
darüber kann ich kein Urtheil fällen."
Constanz errieth, daß die Wirthin damit andeuten wollte, sie
werde in dieser Angelegenheit nur derjenigen Partei dienen, welche ihr
den grösten Vortheil in Aussicht stellte. Er hoffte auch ohne sie feinen
Zweck zu erreichen und war deshalb nicht geneigt, sich in Unterhand-
lung mit ihr einzulassen.
Nachdem er ihr erklärt hatte, daß er im Lause des nächsten Ta»
ges sie besuchen werde, wenn die Umstände es erforderten, verließ er
die Schenke und eine halbe Stunde später befand er sich in dem Ca»
 
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