Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (7) — 1873

DOI chapter:
No. 150 (23. Dezember)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63024#0604

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
anzunehmen. Konnte ich mehr thun? Sie war die Frau
eines Andern, wenn sie hoffte —"
„Sie war die Frau eines Andern!" fuhr der In-
spector gereizt ans. „Dennoch trugen sie kein Bedenken,
sie zu verführen, sie, ihren Gatten und ihr Kind namenlos
elend zu machen." Der Bankier zuckte die Achseln. Er
hoffte noch immer, mit diesem Manne rasch fertig zu werdeu,
beurtheilte ihn wie jeden Andern, nach seiner Ansicht konnte
ja Niemand dem Klange des Goldes widerstehen.
„Geschehene Dinge lassen sich nicht ändern," sagte er.
„Wer die größere Schuld trug, das zu untersuchen, ist un-
möglich; jeder vernünftig denkende Mensch aber wird zu-
geben, daß mich, der ich doch nur die Gelegenheit wahrnahm,
nur der kleinste Vorwurf treffen kann. Wohlan verständigen
wir uns. Ich bin bereit, nicht allein alle Kosten zu er-
setzen, welche die Pflege und die Beerdigung verursacht
haben, sondern auch den Mädchen eine namhafte Aussteuer
zu bewilligen. Auf der Stirn des Jnspectors schwollen die
Adern drohend an, seine Augen schoßen vernichtende Blitze.
„Mit Geld glauben sie die Schuld tilgen zu könnend"
ries er. Nur Blut kann die Schmach auslöschen, nur der
Tod die Schande sühnen."
Er eilte an das Bett und zog die lange schmale Kiste
unter demselben hervor.
Mit fieberhafter Hast öffnete er sie, der Blick des
Bankiers siel auf zwei Degen.
(Fortsetzung folgt.)

Es folgen Commissionswahlen: 1. Commission für das
Kirchengesetz.
In den Abteilungen sind gewählt: die Abgg. Bender,
Martin, Blunlschli, Fieser, Bär. Im Hause verstärkt um
folgende 8 Abgg.: Hufschmid, Jntlekofer Kimmig Lender,
Roder, Satori. Schmidt von Constanz, Stigler.
2. Commission für die Gemeindegesetze. In den Ab-
teilungen geivählt: Kiefer, Marbe, Fischer, Mays, Lenz.
Im Hause gewählt: Btuntschli, v. Feder, Joos, Lauter,
Mörstadt, Paravicini, Stigler, Stösser.
3. Commission für die Schulgesetze. In den Abteil-
ungen: Lang von Weinheim, Nicolei, Förderer, Heidenreich,
Müller von Pforzheim. Im Hause: Henne Joos, Kiefer,
Krebs, Martin, Schmidt von Constanz.
4. Commission für Aufsuchung provisorischer Gesetze.
In den Abtheilungen: Lang von Weinheim, Diez, Kiefer,
Junghannes, Bär. Nicht verstärkt.
Endlich wird noch der Einlauf gleichlautender Petiti-
nen, die Erhöhung der Einquatierungsgelder betreffend, an-
gezeigt, und zwar von Einwohnern Ettlingen, Kenzingen,
Sulzbach, Durmersheim, Oberweier,. Schultenbach, Ueber-
lingen, Etzenroth, Emmendingen, Altbreisach, Endingen, Rüp-
purr, Langensteinbach.

Deutsches Reich.
Darmstadt, 20. Dec. Heute Nachmittag 2 Uhr
wurde hier und im Odenwald eine heftige Erderschütterung,
begleitet von unterirdischem Rollen, in der Richtung von
Westen nach Osten beobachtet.
— Bis zum 1. April 1874 sollen nach Beschluß des
Bundesrathes alle inländischen Goldmünzen außer Curs
gesetzt werden. Wer daher seine Füchse im Schatzkästlein
aufbewahrt hat, mag sie allmälig frei geben, um dafür
goldene Zwanzigmarkstücke einzutauschen.
— Der Club der Landwn ihe in Frankfurt a. M. for-
derte auf, nur solche Männer zum Reichstag zu wählen,
welche mit landwirtschaftlichen Verhältnissen vertraut sind.
Der von dem Club erlassene Anfruf enthält folgende Sätze:
Grundbesitz undLandwirthschaft sind
die Fundamente des ganzen Staatsgebäu:
des. — Das Gedeihen der Landwirtschaft ist die erste
Bedingung für die Wohlfahrt und Entwicklung aller andern
Erwerbzweige der Städte wie des Landes.
Darum muß er als eine der wichtigsten Aufgaben der
Regierung und der ihr zur Seite stehenden gesetzgebenden
Körperschaften angesehen werden, die Gesetze derart auf- und
auszubauen, daß Grundbesitz und Landwirtschaft sich gedeih-
lich entwickeln können, wärend sie dermalen unter schwierigen
Verhältnissen leiden.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß unter den Land-
wirthen des ganzen Reichs Klagen geführt werden über
mangelndes Verständniß dessen, was der heutigen Landwirt-
schaft Noth tlM und ihr von Seiten der Gesetzgebung von
Rechtswegen gebührt.
Diefi Klagen sind nicht unbegründet.-
Fragen wir nun: „Wer hat sich denn bis jetzt in den ge-
setzgebenden Körperschaften der Landwirtschaft angenommen?"
so lautet die Antwort: „Es waren nur Einzelne, Wenige!"
Und schließt mit den Worten:
„Wählen wir Männer in den Reichstag, die auch mit
landwirtschaftlichen Verhältnissen vertraut sind, und von
denen man überzeugt fein kann, daß sie dieselben geltend
machen und wahren werden!"

Ausland.
Warrs, 17. Dec. Der aus dem Prozeß Bazaine be-
kannte General Soleille ist gestern als Geisteskranker in
Toulouse gestorben.
Wekgrad, 20. Dez. Die Skuptschina hat den ehema-
ligen Kriegsminister Obersten Belimarkovig in Anklagezu-
stand versetzt und einen aus 9 Mitgliedern bestehenden Aus-
schuß zur Untersuchung ernannt.

Wettang, 19. Dec. Die Holländer haben das Land
links des Atschinflusfes mit einer Moschee in Besitz genommen
und marschiren südwärts. Das Land ist unwegsam, die
Atschinesen leisten lebhaften Widerstand.
Neueste Kopfen-Aerichte.
WLirnöerg, 2C Dez. Im Gegensätze zu dem ruhi-
gen Donnerstags-Geschäfte war die Stimmung wieder etwas
animirter und wurden bei kaum nennenswerther Zufuhr ca.
300 Ballen meistens feinere Hopfen von den Lagern ge-
nommen, wobei jedoch höh re Preise nicht erzielt werden
konnten. — Auch heute kamen nur circa 100 Ballen mit-
tclfränkische Landhopfen zu Markte, welche, soweit sie grün
z waren, zu den laufenden Preisen abgesetzt wurden. — Von
feineren Sorten mögen circa 80 Ballen meist Elsäßer und
Hallertauer Nehmer gefunden haben, während feinste Sorten
wenig vorhanden, gesucht und über Notiz bezahlt werden.

Preise am 20. Dezember.

Marktware prima
fl. 66—62.
do. mittel
fl. 60-54.
do. gering
fl. 48-44.
Altdorfer und Hersbrucker Gtbirgshopfen
fl. 70—66.
Hallertau Siegelgut
fl. 86—78.
do. mittel
fl. 74—70.
do. ohne Siegel prima
fl. 80-74.
do. mittel
fl. 72—67.
Spalt Stadt
fl. 115—110
Spalter Land
fl. 90—70.
Württemberger prima
fl. 82-75.
do. mittel
fl. 68—62.
do. gering
fl. 55—48.
Badischer mittel
fl. 65—60.
Polnischer mittel
fl. 74—68.
Altmärker
fl. 53—42.
Elsässer prima
fl. 72—68.
do. mittel
fl. 65-62.
do. gering
fl. 50-44.
Oberösterreicher prima
fl. 68—64.
do. mittel
fl. 60—58.

Saaz, 17. Dez. Vom Geschäft ist nichts Wesemliches
mitzutheilen, sowie in der vorigen Woche ist es auch in
dieser ziemlich ruhig geblieben; außer Stadthopfen zu 135 fl.
ist am Platze kein nennenswerther Kauf vorgekommen. Die
nominellen Preise sind heute: Kreis-, Mittelwaare 120 — 125
fl., Prima 130 fl., Bezirk- 130-135 fl. Sobald sich
wieder etwas Leben im Geschäfte zeigen wird, was vor
den Feiertagen kaum schwerlich der Fall sein dürfte, werde
ich meine Berichte fortsetzen

Vermischtes.
8 Schwehingen, 22. Dec. Einem Speyerer Blatte
entnehmen wir folgendes originelle Klagelied:
* Klagelied.
Melodie des Festlicdes.
Es stöhnt ein Ruf die Stadt entlang
Wie schmerzdurchdrung'ner Klaggesang:
Fahr' hin, fahr hin, du schöner Wahn
Der Speyer — Heidelberger Bahn
Lieb Speyer magst nun ruhig fein
Du zahlst die höchste Tax' am ganzen Rhein.
Durch viele Tausend zuckt es schnell
Und Aller Augen blitzen grell.
Dem Spei'rer ist dies doch zu stark,
D'rum bleibt er jetzt in feiner Mark.
Verbittert ist ihm sein Geschmack,
Er ballt die Faust in seinen Sack
Und schwört: Du Heidelberger Bahn
Kriegst mich sobald nun nicht daran.
Für jene kurze Strecke nur,
Nach Heidelberg und dann retour
Ein Gulden in der dritten Class'!
Fürwahr ein elend theurer Spaß!
So lang ein Tröpfchen Blut noch glüht,
Noch diese hohe Taxe blüht
Und noch befährt den Rhein ein Kahn,
Befährt kein Spei'rer diese Bahn.

Der Schwur erschallt, die Woge rinnt,
Der Zug saust 'nüber wie der Wind,
Doch aus den Wägen guckt, o Graus!
Kein einz'ger Speierer heraus.
Weinheim, 19 Dec. Der „Heidelü. Ztg." wird
von hier berichtet: „In dem gestern vor dein hiesigen
Schöffengericht verhandelten Ehrenkrünknngs - Proceß des
Pfarrers Hofmann von Hemsbach, früher Mitglied der
zweiten Kammer und Angehöriger der klerikalen Partei, gegen
den Redakteur des „Weinheimer Anzeigers", W. Diesbach,
i wurde Letzterer zu einer Geldstrafe von 25 Thlrn. und in
t die Kosten des Strafverfahrens verurtheilt. Das Schöffen-
i gericht hat zwar angenommen, daß der von dem Beklagten
i angetretene Beweis über den dem Klüger gemachten Vor-
! wurf, ein Verbrechen begangen zu haben, geliefert sei, ins-
! besondere, daß der Kläger ein Mädchen verführt, daß er
demselben ein Gelübde abgenommen, zu schweigen, daß die
Verführte dasselbe jedoch gebrochen habe, und deshalb wahn-
sinnig geworden sei, daß jedoch in der Form des Vorwurfs
eine Injurie begründet fei, daher eine Verurteilung unter
namhaften Milderungsgründen erfolgen mußte.
— Ungstein, 12. Dez. Herr Wilhelm Hennel da-
hier hat an seinem Hause einen Traubenstock, an dem
heute noch gesund die Trauben hängen, die am 10. August
schon reif waren.
— Mannheim, 17. Dez. Wir sind in der Lage,
eine unrichtige Mittheilung der „Kaisers!. Zeitung" über
die K a i s e r g l o ck e i n F r a n k e n t h a l berichtigen zu
können. Der Guß ist nicht mißlungen, wie es hieß, sondern
v elmehr über alles Erwarten g u t ausgefallen. Die Glocke
ist jetzt gänzlich von der Form befreit und bereits gehoben
worden. Nur die Krone muß durch einen leichten Nachguß
ergänzt werden. Unser Gewährsmann hat die Glocke dieser
Tage selbst in Augenschein genommen, mit einer Stimm-
gabel geprüft und gefunden, daß sie ein klares, reines C.
anschlägt. Ende dieser Wocke trifft eine Commission von
Cöln zur Besichtigung der Glocke ein; alsdann will Herr
Hamm, um den Verlust des ersten Mißlingens zu decken,
sein sehenswerthes Werk gegen ein Eintrittsgeld von 30 kr.
zur Schau stellen.
— Hasselt, 18. Dez. Eine belgische Zeitung
meldet f o l g e n d e n i n t e r e s s a u t e n Vorfall von
hier: Kürzlich begab sich ein armer Dorfbewohner aus der
Nachbarschaft in die verschiedenen Wirtschaften der Stadt mit
einem Sack voll Erde. Er behauptete, ein Mittel ge-
funden zu haben, die Zimmer vermittelst gewöhnlicher, mit
einer Auflösung von Natronsalz getränkter Erde zu wärmen.
Seine Versuche sollen in der That gelungen sein und haben
die ganze Stadt in Aufregung gebracht. Jeder wollte den
Versuch selbst machen. Auf die Angaben des Laudmanns
hin, schreibt ein Korrespondent, habe ich einen Kohlensack zu
drei Vierteln mit kleinen Brocken und zu einem Viertel
mit vom Felde genommener Erde angesüllt; ich ließ für 5
Centimes Natronsalz kaufen, das ich in einem lmlben Liter
heißen Wassers auflößte; dann mischte ich alles durchein-
ander und das erhaltene Product war hinreichend, um mein
Zimmer bau 2 Uhr Nachmittags bis 7 Uhr Abends zu er-
wärmen. Das Experiment kann rech: leicht angestelll werden
und ist besonders sehr wohlfeil. Bei den theuren Brenn-
materialpreiseu würde diese Entdeckung, sollte sie sich bestä-
tiget!, allerdings von höchster Wichtigkeit sein.
— Paris, 19. Dez. Die Kosten des Prozesses Bazaine
übersteigen die Summe von 267,000 Frs. und soll der
Staat den größten Theil derselben übernehmen.
Verloosungeu.
A n s ba ch - G u u z e n h a u s e n e r Loose. Bei der
am 15. d. stattgehabteu Gewinnziehung sind folgende größere
' Treffer gezogen worden: S. 3975 Nr. 16 8000 fl.. S.
3539 Nr. 30 1000 fl., S. 3301 Nr. 37 500 fl, S. 55
Nr. 37, S. 1142 Nr. 47, S. 1685 Nr. 38, S. 3331
Nr. 10, S. 3370 Nr. 50, je 100 fl, S. 62 Nr. 17,
S. 873 Nr. 4, S. 1142 Nr. 13, S. 1172 Nr. 17, S.
1610 Nr. 5, S. 2452 Nr. 46, S. 2653 Nr. 32, S.
3301 Nr. 34, S. 3908 Nr. 5, S. 3908 Nr. 8 je 50 fl.

Iieuilleton.

*Dcr Trau-Ring.
Novelle von
Ewald Slrrgrr ft König.
3. Kapitel.
(Fortsetzung.)
Den beiden Mädchen mußten diese regelmäßigen Spa-
ziergänge auffallen, Anna befragte den Verlobten deshalb,
seine offenbar ausweichende Antwort konnte sie nicht befrie-
digen.
Auch der Vater wich ihren Fragen aus und da sie
bemerkte, daß Beiden diese Fragen unangenehm waren, so
berührte sie fortan diesen Punkt nicht mehr.
Am sechsten Tage der Frist sollte Sternau erfahren,
daß der Inspektor sich in seinen Vermuthungen und Er-
wartungen nicht getäuscht sah.
Sie hatten kaum das Zimmer betreten, als ein frem-
der Herr eintrat, der, trotz der Abenddämmerung, sofort
den Mann erkannte, der ihn erwartete.
Diese unerwartete Begegnung mußte ihn bestürzen;
aber, hatte er auf eine solche Begegnung sich schon vorbe-
reitet, oder glaubte er, seine Schuld durch ein kleines Opfer
sühnen zu können — genug, er verlor die Fassung nicht.
Mit herausforderndem Trotz blickte er den Jnspector
an, der gewaltsam den jäh auflodernden Haß zurückdrängte. I

„Die Falle war plump," sagte er, „nun ich aber ein-
mal hineingegangen bin, machen wirs kurz ab."
„Ja, machen wirs kurz ab," entgegnete der Jnspector
mit bebender Stimme, „ich fühle ohnehin keine Lust, mit
einem elenden Schurken eine lange Unterhaltung zu führen.
Das Weib, welches Sie verführt haben, die Ehe zu brechen,
welches sie an sich lockten, um es später ins Elend hinaus-
zustoßen, ist in diesem Raume gestorben und ich habe mir-
gelobt, Sie zu rächen. — Meineidiger Schuft, welche andere
Sühne können Sie —"
„Erlauben Sie, mein Herr," fiel der Bankier kühl
ihm ins Wort; „der gebildete Mann beleidigt seinen Geg-
ner nicht. Sie verlangen Rechenschaft von mir? Mit welchem
Rechte? Wenn.ihre Frau an Ihrer Seite sich unglücklich
fühlte, wenn sie mich beschwor, sie vor einem Tyrannen
zu schützen —"
„Sie ist todt," fuhr der Inspektor fort und eine düstere
Wolke breitete sich über fein Gesicht. Wenn sie noch lebte,
würde sie ihnen sagen, daß — — doch wozu sage ich ihnen
das Alles? Sie haben den Freund betrogen, seine Frau
verführt, nun ist die Stunde gekommen, in der Sie die
schwere Schuld sühnen müssen! Sie haben das Weib,
welches ihnen so sehr vertraute, daß es alles verließ, um
ihnen zu folgen, ins Elend gestoßen und nicht sie allein,
auch das Kind."
„Es war Ihre Schuld," erwiderte der Bankier ge-
lassen. „Ich bot ihr eine Unterstützung an, welche sie vor
! Nahrungssorgen geschützt haben würde, sie war zu stolz, sie
 
Annotationen