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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0047

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Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienſtag, Donnerstag
und Samſtag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Ins.-Geb. 2 kr. d. Z.





Inseraten- Inhalt der Annoncen-Expedi-

j tionen von Rud. Mosse, Haasenstein &
! und Cand. Vt & C. L. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ec.



„Jô. 12.


















Einladung zum Abonnement.
Wir haben unlängst darauf aufmerkſam gemacht, von welcher
Wichtigkeit es iſt, die kath. Preſſe noch möglichst massenhaft vor den
Reichstagswahlen unter dem kath. Volke zu verbreiten. Es iſt nicht
nöthig, zur weiteren Auseinanderſezung der hohen Bedeutung dieses
Vorſchlages Angesichts der großartigen Rüſtungen und Vorbereitun-
gen unſerer Gegner auch nur noch ein weiteres Wort beizufügen.
Mir erſuchen daher unsere Freunde, für zahlreiche Abonnements auf
den Pfälzer Boten für den 1. künftigen Monats wirken zu wollen.
Alle Poſtanſtalten und Poſtboten nehmen Beſtellungen für die näch-
ſten Monate Februar und März an.
Heitelberg, 22. Jan. 1871:. . .
Die Redaction des Pfälzer Boten.

* Zum Reichsprogramm.

Die Badische Correſpondenz iſt verrückt geworden, – sie behaup-
tet nichts mehr und nichts weniger als die „Ultramontanen“ ſeien
unter ſich in Beireff der allgemeinen deutſchen Verhältnisse uneins,
ganz ähnlich wie auch die gute Frankfurter Zeitung den Herren Len-
der und Lindau ſtark demotratiſche Neigungen zusſchreibt, während
eine andere im Pfälzer Boten vertretene Richtung das kaiserliche
Lager beziehen wolle. Die Frankfurterin wollen wir beruhigen, in-
dem wir ihr die Versicherung geben, daß die kathol. Volkspartei nie
einiger war als jetzt, wo die Eintracht ohnehin am meiſten noththut.
Nicht blos das kirchliche Programmm , wie ſich von ſelbſt verſteht,
iſt unter Allen vollkommen das gleiche, sondern auch über die poli-
tiſche Richtung sind wir Alle eines Sinnes, ſo daß der Pfälzer
Bote keine Privatanſicht ausspricht, sondern in Weiterentwickelung
der Erklärung unſerer Abgeordneten in der Kammer die allgemeinen
Parteigrundſätze darlegt. Daß dieſes bisweilen in etwas lebhafteren
Farben, als in anderen Organen unjerer Preſſe geſchehen mag, be-
gründet in der Sache keinen Unterschied, sondern lediglich einen ſol-
chen in dem etwas wärmeren oder kälter angelegten individuellen
Naturell der betr. Verfasser.

Cine gleiche Beruhigung wie der Frankfurter Zeituug brauchen
wir übrigens der Bad. Correſpondenz nicht zu geben, und zwar
weil sie recht wohl selbſt weiß, daß eine Meinungsverschiedenheit
auf unserer Seite gar nicht stattfindet. Nachdem die Correſpondenz
nämlich mit ihren sämmtlichen Angriffen heimgeschickt worden iſt
und der Pfälzer Bote ihr insbesondere den Vorwurf der Inconſe-
quenz mit Zinſen heimbezahlt hat, iſt ihr Latein am Ende und sie
weiß daher nichts mehr zu ſagen, als die kath. Volkspartei sei un-
ter sich getheilter Ansicht. Um eine ſo überraſchende Mittheilung

Samftag den 28. Januar

1871.



zu begründen, wird ein Artikel des Bad. Beobachters citirt, der
etwas von „Selbständigkeit“ der Einzelstaaten sagt, worüber der
Pfälzer Vote etwas Anderes geäußert habe. Kann es denn in der
That etwas Alberneres geben, als ein solch’ hirnloſes Geschwätz der
betr. Mannheimer Staatshämorhoidarier ! Der Bad. Beobachter hat
das Programm der weſstphäliſchen Katholiken als das beste auch für
uns in Baden citirt und der Pfälzer Bote meinte, er sei ganz da-
mit einverſtanden, nur werde man gut daran thun, die dort betonte
„Selbſtſtändigkeit“ der Einzelſtaaten wegzulassen, für deren Beſtand
einzutreten unter den jetzigen Verhältnissen am wenigsten unſere Aufgabe
ſei, — und daraus leitet die ſcharfsinnige Correſpondenz eine ernſtliche
Meinungsverschiedenheit ab! Nein, sie ſelbſt thut es nicht, – ſie will

| dies nur Anderen weiß machen, um dadurch bei den Wahlen im Trü-
— | ben zu fiſchen, wo jenen Leuten längst der Zweck die Mittel heiligt.

Das wäre wahrhaftig luſtig, wenn auch nur ein einziger Menſch
in unserer Partei, geſchweige denn ein Blatt wie der Bad. Beobach-
ter für die lieblichen „Besonderheiten“ der aussterbenden Kleinſtaa-
terei nur ein einziges Wort noch verlieren oder gar der Pfälzer
Bote dem Beobachter in die Haare gerathen ſollte wegen ſolcher
Bagatellen! Nein, darum keine Feindſchaft nicht, lieber Beo-
bachter! Was übrigens jenes tweſtphäliſche Programm betrifft, das
der Einzelſtaaten ſchonend gedenkt, so dringt es ja gerade auf Ab-
ſchaffung aller jener „Beſonderheiten“, durch welche der badische
Einzelſtaat sich auszeichnet, wie Civilehe, Communalſchule u. dergl.
Einrichtungen, so daß die völlige Uebereinsſtimmug des Pfälzer Boten
mit jenem Programm die Bad. Correſpondenz sich ſelbſt leicht wird
erklären können, da wir durch Rücksichten auf die Stellung, welche
gewiſſe Herren außerhalb der Redaction derselben sonst noch einneh-
inen, auf eine noch deutlichere Klarlegung dieses Gegenstandes ver-
zichten müssen.

Kaum aber kohnt es sich noch der Mühe, auf die ewigen Wie-
derholungen der Correspondenz zum öfteren zu antworten, nachdem
wir auf die nämlichen Fragen ihr schon mehrmals gedient haben.
Dahin gehört die zum Ueberfluß ventilirte Frage: warum denn die
Einzelſtaaten „früher gut genug gewesen ſeien, die Träger des föde-
rativen Princips zu sein?“ Muüſſen wir denn dem Harthörigen
nochmals an sein verknöchertes Trommelfell ſchreien, daß die Einzel-
ſtaaten eben j et t nicht mehr die Träger des föderativen Princips
ſind, weil sie überhaupt nichts mehr sind. Ist aber etwas
überhaupt nicht mehr da, das vorher einen bestimmten Zweck erfüllt
hat, ſo muß man etwas Anderes ſuchen, das die Lücke auszufüllen
im Stande ist und das wird nach unserer unmaßgeblichen Ansicht nur
geſchehen können durch eine Provincialeintheilung auf einer wahrhaft



Wer hat das gethan ?
(Eine Heſchichte aus dem Leben.)
(Fortsetzung.)

Aber Sie dürfen nicht sprechen, war Herminens freundliche Antwort.
Sollen wir vorleſen oder wollen Sie Muſik hören ? Sol ich ſingen ?

„Singe mir das Schubert'ſche Lied, das du geſtern sangeſt :

Der du von dem Himmel biſt,
Alles Leid und Schmerzen ſtillſt,
Den, der doppelt elend iſt,
Doppelt mit Entzücken füllst ;
Ach, ich bin des Treibens müde!
Was ſoll all’ der Schmerz, die Luſt ?
Süßer Friede !
; Komm, ach komm in meine Bruſt!

„Ach Leonhard, unsere schönen Leſe: und Musikabende ſind jetzt zu Ende,
nun der Vater wieder da ist !

nHerr Span sagte mir, fiel Hermine ein, Herr Heider käme fast jeden Abend
nach dem Bahnhofe.“ /

„Im Sommer, aber in dieſer Jahreszeit selten. Zu Pferd oder wenn er
den Festweg bei der Mühle vorbeigehen kann, ist er freilich in einer halben
Stunde dort ; aber bei ſchlechtem Wetter iſt es ihm doch zu weit, da bleibt er
gewöhnlich zu Hauſe.-

vwWann pflegt er denn zu Bette zu gehen ?" fragte Hermine eifrig.

T nSiemlich frühe, schon um 9 Uhr.“

nDas dachte ich mir, rief ſie vergnügt. Dann fangen mir unsere Abende
an, wenn er zu Bette iſt und leſen und musiciren bis 11 Uhr. Sie können
ja doch nicht einschlafen. Ach das wird wunderschön werden.“

. Sie eilte ins andere
Töne des Schubert’'ſchen Liedes von da zu der Kranken herüber, an deren

} ereu wie er entſchloſſen sei, sie in Zukunft zu bezähmen. Es
war ihm bei Hermmens Geſange, als müsſe Alles gut werden, als sei das un-
ſelige Verhältniß in diesem Hauſe nur ein böſer Traum, als wohne der Friede,



Zimmer, und bald klangen die süßen melancholischen |



ſeiner Bewoh-
geben könne,

den ihr Lied herbeirief, unter dieſem Dache und in dem Hauſe
ner. Ihm kam der Gedanke, daß es kein Unglück auf der Welt
welches nicht an Herminens Seite zu ertragen wäre. –

An Herminens Seite ! – Sein Herz begann heftig zu klopfen bei dieſem
Gedanken. Er konnte von seinem Sitze in dem ſchwach erhellten Schlafzimmer
das Proſil der Sängerin ſehen, die von den Lichtern auf dem Pianoforte hell
beleuchtet wurde. Ihre blonden Locken ſchimmerten wie Gold; sie sah nicht
auf die Noten vor ihr, die blauen Augen waren aufgeſchlagen, und ihr Kopf
war fast ganz nach der Thür gewendet, wo Leonhard im Dunkeln saß. Ein
qteett weicher und inniger Ausdrut lag auf ihrem lieblichen Gesichte,
als sie sang :

„Wenn Zwei sich lieben, müssen dicht,
Mit festem Arm ſie ſich umſchließen;

Mag frühlingswarmes Sonnenlicht,

Mag Blitesſtrahl vom Himmel ſchießen.
Es gibt für sie nicht Seligkeit,

Wenn Eins getrennt iſt von dem Andern:
Es gibt für sie nicht Gram und Leid,
Wenn sie an einem Pfade wandern."

In Herminens Stimme lag ein ganz anderer Klang als sonst ; aus ihrem
Auge, i das jetzt, als er raſch zu ihr ins Zimmer trat, dem ſeinigen begegnete,
ſprach eine andere Empfindung , als bisher. Das war nicht mehr ihr freund-
licher, unbefangener Kinderblick ; die feuchte, zitternde Gluth ihres Auges ver-
rieth, daß sie sich eines anderen Gefühls, als der bisherigen ſchwesterlichen Zu-
neigung bewußt geworden war, und ſprach deutlich aus, was sie dachte: „Könnte
ich dein vergangenes Leid vergesſen machen, könnte ich dich tröſten, dich ermu-
Ui in deinem Unglück, ich wolte gern aller Freude und allem Glücke ent-
agen.’

„Es gibt für sie nicht Gram und Leid,
Wenn sie auf einem Pfade wandern,“
wiederholte Leonhard mit dem Flüstern der tiefsten Bewegung. „O , singen
Sie dies Lied noch einmal !V
Sie that es mit tiefem Erröthen.

(Fortsetzung folgt.)
 
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