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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0333

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Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerſtag
und Samstag. ~+ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. B.

84.



Einladung zum Abonnement.

Für die Monate Auguſt und September bitten wir um weiteres
Abonnement zum Preiſe von 28 kr. G
Im Hinblick auf die bevorſtehenden Kammerwahlen , besonders
aber wegen der großen Kämpfe, die gerade jetzt die katholische izirche
auf's Aeußerſte bedrohen, bitten wir um stets wachſende Verbreitung
unseres Blattes in weiteren Kreiſen des Volkes , damit dieſes ein
richtiges und unverfälſchtes Bild von der Lage der Dinge erhalte,
auf deren Darſtellung wir allen Fleiß und Eifer verwenden werden.
Zugleich bitten wir um zahlreiche Erndteberichte aus allen
Theilen des Landes.
Heidelberg, 21. Juli 1871.
Die Redaction des Pfälzer Boten.





* Zur Lage.

Die Kämpfe und Verfolgungen brechen von allen Seiten über
die kathol. Kirche herein und ſcheinea um ſo gefährlicher, als nun
auch die mächtigste aller Regierungen Europa's , die preußiſche, ſich
daran zu betheiligen Miene macht. Es wird daher jetzt unter den
Katholiken doppelt Noth thun, ihre Reihen ſtets feſter zu schließen,
um einem Sturme einmüthig entgegenzutreten, der alle bisherigen
Kämpfe als ein Kinderspiel weit hinter sich zurückläßt; es wird aber
auch Besonnenheit und kaltes Blut bei den Führern ver Katholiken
unter allen Umſtänden nothwendig sein, um nicht durch maßloſes
Uebersſtürzen die Lage weit ſchwieriger zu machen als sie sich bis
jett geſtaltet hat. Die Wuth unserer Feinde hat ſchon alles Maß
und Ziel überſchritten, wenu man die Auslassungen der gegneriſchen
Presſe tagtäglich lieſt, die damit glaubt, sich nach oben hin einen
rothen Rock zu verdienen, obgleich wir besſer denken von dem Ge-
ſchmacke des Fürſten Bismarck, als daß er daran einen Gefallen
ſsinden könnte. Mögen sie toben und lärmen , alle die Schreihälse,
die jetzt auch die ſtärkſten Saiten anschlagen zu dürfen meinen, ~
ihre eigenen Maßlosigkeiten werden sicher dazu führen, ihnen ſelbſt
den größten Schaden zu bringen, insbesondere wenn es ſich eines
Tages herausſtellen wird, daß es kein Krieg auf's Meſſer iſt, den
der deutſche Reichskanzler der katholischen Kirche oder ſelbſt nur den
Aufstraggebern der Abgeordneten aus Rheinland, Westphalen u. s. w.
ankündigt. Darüber kann kein Zweifel sein, wenn es sich nur
erſt allgemein gezeigt hat, daß die Döllingerei, an welche von
manchen Seiten die ausſchweifendſten Hoffnungen geknüpft worden
ſind, ein in sich haltloſer Schwindel iſt, als welcher er jetzt ſchon
von allen ruhigern Beurtheilern betrachtet wird. So ſchreibt, um

Der dem Schaffot Entflohene.

(Novelle von Pr. J. F.)

. (Schluß.)

„Deine Papiere sind falſch. Wahlberg erkannte Dich; denn Dein Ge-
sicht und Dein Brudermord prägten sich ſeiner Seele und seinem Gedächt-
niſſe zu tief ein. Zudem trägſt Du eine Narbe auf der Bruſt, von einer
ut: . Dir Dein Bruder bei seiner Vertheidigung beibrachte. Man

erzeuge sich.' ;

Der Offizier näherte ſich Sidney. In dieſem Augenblicke zog dieſer das Piſtol
hervor und ſpannte es; allein Simon, der ihn keinen Augenblick aus dem Ge-
sichte verlor, ergriff seinen Arm und entwand ihm die Waffe „Kein Selbſt-
mord, Herr Sidney," sagte der brave Alte, „Sie gehören aufs Schaffot“.
Sogleich ward er von zwei Soldaten ergrifsen, und diese unterſuchten seine
Bruſt. Da fand sich nun nebſt der angezeigten Narbe eine bedeutende noch
blutige Streifschußwunde, die sich als eine erſt kürzlich beigebrachte darstellte.
Eines deutlicheren Beweises bedurfte es nicht mehr; denn der Baron hatte aus-
geſagt, nachdem die Kugel in den Leib gedrungen war, habe er noch einen
Schuß abgefeuert, darauf einen kurzen Schmerzensruf vernommen, dann ſei
er, die Besinnung verlierend, niedergeſunken. |

nWozu dieſe Waffe? fragte Murville. :

„Die wollte er Herrn Karl Dupre bringen, damit dieser sich ſselbſt das
Leben nehme“, sagte Simon.

nSchändlicher Böſewicht ! einen dreifachen Mord alſo wolltest Du verüben.
Zwei Unschuldige ließeſt Du die Qualen des Todes fühlen, Männer, die Dich
nie beleidigten, Deine Wohlthäter. Cine ganze Familie überhäufteſt Du mit
Schmerz, Kummer und Verzweiflung. Dir sol Dein wohlverdienter Lohn
werden. Fort mit dem Scheuſal nach Paris und zwar zu Fuß, damit das
Pali hes Brudermörder ſehe und er zum abſchreckenden Beiſpiele für Andere

Die Soldaten nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn fort.

„Wo ist mein Sohn“, rief die entzückte Mutter, „daß ich ihm ſeine Befrei-
ung ankündige ?“

Unterdessen hatte ihn der Officier ſchon gerufen und er stürzte von einer

den 22. Juli

diesen Satz durch ein
Zeitung in ihrem I. Blait vom 19. d.: „Ein Freund unseres Blat-





Inseraten -Inhalt der Annoncen-Expedi-

tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Cland. Vogler & G. I.. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart rc.

1871.






sp]



ſchlagendes Beispiel zu erhärten, die Frankf.

tes, ein namhafter Gelehrter, der uns einige Male wegen der Stel-
lung, die wir Döllinger gegenüber eingenommen, getadelt, sintemalen
er dem Auftreten des Stiftspropſtes eine größere Tragweite als wir
zuſchrieb, war dieser Tage in München und iſt dort völlig zu un-
ſerer Ansicht vekehrt worden. „„Jch habe mich," ſchreibt er uns,
„von der Haltloſigkeit der Döllingerei mit eigenen Augen überzeugt.
Döllinger erklärt des Entschiedenſten, nicht aus der Kirche austreten
und nicht eine eigene Gemeinde gründen zu wollen, ~ und Nie-
mand, weder in Regierungskreiſen noch ſonſt, weiß wo aus noch
ein mit dieser ganzen Bewegung, die an der Masse der kathol. Be-
völkerung faſt ſpurlos vorübergeht. An Winjpeln iſt dermalen kein

| Mangel in München und ebenſo wenig an + Gimpein“.

An der Thaltſache, daß die Bewegung an der Haltung der kath.
Bevölkerung Deutſchlands im Großen und Ganzen ſchon völlig ge-
scheitert iſt, wird jezt auch die Norddeutſche Algemeine Zeitung,
Bismarck's Hauptorgan, nichts zu ändern vermögen, so ſehr sie auch
neueſtens sich abmüht, durch drohende Artikel dem ſchwindenden
Nimbus der Döllingerei einen neuer Glanz zu verleihen, indem sie
ihm einen Rückhalt bei den Regierungen in der Ferne zeigt. Die
Rationalkirche hat einen Moment auf der Tagesoronung gestanden,
aber das fathol. Volk hat Vorlage und Anträge verworſen, ~ und
o ctroyir en laſſen sich allenfals Verfaſſungen, aber keine National-
kirchen!” Mag man ſſeibſt den Art. 15 der preußiſchen Verfassung,
der der Kirche berechtigte Garantien bietet, einer Reviſion unterwer-
fen, wie die Spener’'ſche Zeitung ankündet, man wird sich dadurch
lediglich in Regierungskreiſen das kathol. Volk zum Feinde machen,
ohne auch nur um einen Schritt dem ziele einer Nationalkirche
näher zu kommen. Hat doch die Geſchichte ſtets bewieſen, daß die
Kirche niemals kräftiger in den Gemüthern des Volkes sich aufrich-
lete, als in Zeiten harter Bedrängniß, und dieſe Erfahrung wird
sicher auch jezt nicht zu Schanden werden !

Der Streit, den die Norddeutsche Allgemeine vom Zaune bricht,
kann uns daher, die wir die lebhafteſten Sympathien der Aufrich-
tung von Kaiser und Reich entgegengebracht haben, wohl tief betrü-
ben, aber zu erschrecken vermag er uus nicht. Sind doch auch die
Motive zu demselben in der neueſten Auslaſſung des Regierungs-

organes so ſchwächlich ausgefallen, daß man sie nicht einmal als im

vollen Ernſte gegeben aufzufaſſen vermag. Es iſt da von „Ueber-
griffen in das Staatsgebiet“ Seitens der Kirche die Rede und die
sel$ſame Behauptung zu lesen: der Staat werde „durch das neue
Dogma bedrängt und deßhalb zur Abwehr gezwungen.“ Man ſollte

Umarmung in die andere. Der Vater weinte Freudenthränen, der Sohn hing

an seinem Halse und fand keine Worte, ihm für das Opfer zu danken, das

er ihm zu bringen entſchloſſen war.

D feu zu ft tugſetee. sprach der Vater, auch Du ſchwiegeſt, obwohl
u dich unſchuldig wußteſt.

„Er ſoll dafür belohnt werden,“ sagte Murville, „der Baron von Walberg
schickt Ihnen durch mich eine vor mir niedergelegte Cinwilligung zu Ihrer Ver-
bindung mit seiner Nichte Clementine und adoptirte Sie als ſeinen Sohn mit
allen Titeln und Rechten der Barone von Walberg, da er ſelbſt kinderlos und
der letzte seiner Familie iſt. Er wünscht, daß mit dem morgigen JFeſte Ihre
Verlobung und nach seiner Geneſung die Hochzeit gefeiert werde.,,

Der Gerichtshalter entſchuldigte sich noch bei ſeinem Freunde Dupre mit der
Strenge der Gesetze, denen gemäß er ihn faſt auf's Schaffot gebracht hätte, ob-
wohl er ganz unſchuldig war. z

„Gottes Fügungen sind wunderbar“ , antwortete Dupre, „er läßt
“z q den Unschuldigen leiden, aber nur um ihn desto mehr zu
verherrlichen.

Mutter Dupre vergaß den erlittenen Kummer und konnte nicht begreifen,
daß sie das Einverständniß der beiden jungen Leute nicht bemerkt habe.

„Hätten Sie nur mich gefragt !“ sagte Marianne wichtig, „ich hätte es
Ihnen ſchon lange sagen können.“

Die Familie zog sich nun nach dieſem sturmbewegten Tage in das Gesell-
ſchaftszimmer zurück und Jeder dankte Gott in seinem Herzen , daß auf dieſen
trüben Morgen ein so heiterer Abend erfolgte.



Auf einem Friedhofe in Connektikut befinden sich 5 Gräber , eines in der
Mitte und die vier andern nach den Hauptrichtungen der Windroſe. Die vier
lettteren tragen die folgenden Jnſchriften : „Mein I. Weib", „Mein Il. Weib“,
„Mein IV. Weib“ und „Mein IV. Weib“. Der Stein auf dem mittleren
Grabe enthält die eben ſo kurze als vielſagende Innschrift: „Unser Gatte“.

Ein Lehrer examinirte vor dem Schulvorſtande die Kinder in der Na-
turgeſchichte. Sich an die Herren wendend, begann er: „Jch halte noch immer
den alten Lehrgang inne ; im Sommer haben die Kinder die Würmer und im
Winter die Inſekten !“
 
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