Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0421

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


acſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerftag
und Samstag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufſchlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. H.

für Stadt

F2. 106.



Deutschland.

* Heidelberg, 10. Sept. In der Edelmann’ſchen Sache hat
eine größere Anzahl durch ihre Stellung hervorragender Katholiken
in Einsiedeln eine Kundgebung erlaſſen, welche wir in wesentlich
moderirter Faſſung und freier Ueberſezung des französiſchen Textes
wiedergeben; dieſelbe lautet etwa:

„Die Großh. Badiſche Regierung hat in dem gegen Oberſtif-
tungsrathsasseſſsor Edelmann eingeleiteten Verfahren einen Standpunkt
gegenüber der Kirche eingenommen, welchen die Katholiken nur leb-
haft beklagen können. Derselbe iſt zwar nicht neu; aber nachdem
dieſe Regierung der Kirche die Wohlhlthätigkeitsſtiftungen und die
Schulen entzogen hat nnd den Erzbiſchöfl. Stuhl verwaist sein läßt,
iſt ein neuer Conflict im Ausbrechen. Herr Oberstiftungsraths aſseſſor
Edelmann wurde eingeſperrt, weil er kein Staatsamt übernehmen
und bei Wahrung ſeiner völligen Unabhängigkeit die ihm anvertrau-
ten Interessen vertheidigen will.

Die unterzeichneten, aus den verschiedenen Ländern Europas
zu einer Wallfahrt nach Einsiedeln gekommenen Katholiken mißbilli-
gen aus voller Seele jene Maßnahmen. Die badiſche Regierung





_ wieiß ſchon aus Erfahrung, daß die Katholiken der Welt stets bereit

ſind, sich der Sache ihrer verfolgten Brüder anzunehmen. Sie wer-
den auch jeßt ebenſo wie zur Zeil der Gefangennahme des Erzbiſchofs
v. Vicari zuſammenhalten. Die Interessen aller Katholiken sind so-
lidariſch und überall wo gegen Einzelne derſelben eingeſchritten wird,
werden diese gekräftigt durch das Bewußtsein ihrer Pflicht und durch
das gemeinſame Einstehen aller Gläubigen.
Einsiedeln, 3. Sept. 1871.
Fürſt v. Jſenburg-Birſtein. Th. H. v. Schröter. Earl Den-
bigh. Graf Caj. v. Stolberg. Bar. Rob. Gherardi. Graf
A. v. Bergen. Herz. v. Salviati. Herz. v. Norfolk. Graf
G. v. Nadonchel. Felix Frhr. v. Los. Graf Leo Thun.
Bar. A. d’Avril. N. le Mire. Graf R. de Courten. A. Bau-
don. Wilh. Verspeyen. A. Ravelet. Ch. Jacquier. J. de
Hemptinne. Graf v. Breda. Graf Blome. Graf A. v. Bran-
dis. Graf E. du Val de Beaulieu. Graf O. v. Alcantara.
Chev. A. Haußmann. Franz Frhr. v. Wambolt. E. de Ar-
jonne. Marquis Giovanni Partrizi Montero. Graf Ferd.
v. Brandis. Proſpera Dugas. Conde de Caſtrilo y de
Orgaz. Graf E. Lafond. Gabino Tejado. Chev. Schorderet.
Oberſt Eug. Allet. Leon Aubineau. Graf Scherer - Boccard.
Graf v. Robiano.“

* Heidelberg, 9. Sept. Die Betheiligung bei den Kreiswah-
len war landauf, landab äußerst ſchwach, da im Durchschnitt nur

10 Protent der Wahlberechtigten abſtimmten. Alle Parteien begrei-

fen eben, wie abgelebt und ausgenutzt das Institut der Kreisver-
ſammlungen iſt, ~ eine der ſchwerfälligsſten Maſchinen für ein so
kleines Ländchen wie das unsrige. Dagegen iſt es von ungeheurer
Tragweite, daß die Betheiligung bei den Wahlmännerwahlen für
die Kammer eine möglichſt großartige werde, was wir nicht genug
unſeren Freunden an's Herz legen können. Hier stehen ganz andere
Intereſſen auf dem Spiel, die für viele Jahre hinaus maßgebend
für unſer Land werden. Täuſchen wir uns nicht, – unſere bitter-
ſten Todfeinde, die Nationalliberalen, entfalten im Stillen eine aus-
gedehnte Thätigkeit: alle Büreauſchreiber sind schon in Bewegung ;
die Preſſe wartet des Signals zum Losſchießen, Denunciren und
Verunglimpfen, wie es die „Tauber“ bereits gethan hat;
in landwirthſchaftlichen Versammlungen handelt es sich mehr um
die Wahlen, als um den Acker; am heutigen Tage endlich iſt nach

' TDiſch vielfache Gelegenheit, auf schwankende Gemüther zu wirken.

Das Alles bleibt wohl zu überlegen. Daher aufgepaßt, die Augen
auf, die Ohren ſteit, ~ schaut Euch um, der Fuchs geht rum!

_ >§Æ Vom Neckar, 9. Sept. Es wird heuer ein sehr unter-
ſchiedlicher Traubenherbſt geben, was die Quantität betrifft. Jm
Taubergrunde gibt es nicht beſonders viel Wein, doch sind auch dort
einige Ausnahmen, wozu, wie wir hören, Beckſtein gehört, wo es
recht voll hängen sol. An der Bergstraße iſi's ſehr verschieden,
ebenſo im Brurhein. Wir haben bei Wiesloch ganze Reihen ſpärlich
behängter Traubenſtöcke gesehen, während andere so voll hingen, daß

ihr Gewicht die Zweige fast niederriß. Auch die Trauben sind

theilweiſe sehr ungleich, ‘indem es ſolche gibt, die dicht mit Beeren

_ behangen sind, während andere, wie man es ausdrückt, in einem



Dienstag den 12. September











ganz „vergabelten“ Zuſtand sich befinden, ſo daß nur wenige Beeren
daran und zwiſchen den einzelnen große Zwiſchenräume vorhanden ſind.

X Bruchſal, 9. Sept. Der Feſtgottesdienſt zu Ehren des Ge-
burtsfeſtes S. Königl. Hoheit des Großherzogs fand heute in der
kathol. Stadtkirche ſtatt und wohnten demselben die Beamten sämmt-
licher Confesſſionen an. Wir hören, daß in Zukunft dieser ſeither
beſtandene Gebrauch aufhören soll, ſo daß die Beamten nach ihrer
Confession sich in die betreffenden Kirchen begeben werden. Es iſt
zu wünschen, daß dieſe Aenderung wirklich auch eintritt, damit der
ſsürſtliche Geburtstag aufhöre eine Manifestation des Jndifferentis.
mus zu ſein.

X Bruchsal, 10. Sept. Zur Vornahme der Wahlmännerwahl
für den Landtag iſt die hiesige Stadt in ſechs Wahldiſtrikte einge-
theilt und dauern die Wahlen vom Freitag den 15. d. M. bis ein-
ſchließlich am Donnerſtag den 21. September, indem für jeden Di-
ſtrikt ein Tag von 8912 Uhr zur Wahl festgeſezt iſt. Mit Hilfe
der Proteſtanten und Juden, um mit der Landeszeitung zu reden,
werden die Liberalen ihre Schäflein in's Trockene bringen und die
Mehrzahl der Wahlmänner für sich gewinnen. Wie wohl dieses
Reſultat voraussichtlich als sicher angenommen werden kann, so ſollen
sich die Katholiken dennoch aufs lebhafteſte an der Wahl betheiligen
und mit Entſchiedenheit ihre Stimmen abgeben. Die Liberalen wer-
den ihre Werbetcommeln sehr laut werden laſſen und an den be-
liebten Manövern und Schreckſchüſſen gegen die Schwarzen wird's
nicht mangeln. Darauf muß man ſich gefaßt machen, aber nicht
einschüchtern lassen.

X Bruchsal, 10. Sept. Bei der Wahlmännerwahl zur Kreis-
verſammlung haben nach einer kurzen Notiz der Kraichgauer Zeitung
die Liberalen die Oberhand behalten und ihre vorgeſchlagenen Can-
didaten durchgesetzt, was vorauszuſehen war, denn die Wahlwider-
willigkeit bei sehr Vielen der Gegenpartei iſt unüberwindlich groß
herangewachſen. – Der Veröffentichung der im Umfange des Be-
zirksanites gewählten Kreiswahlmänner im Amtsverkündigungsblatt
ſehen wir noch entgegen.

Karlsruhe, 6. Sept. Wie Sie schon berichtet haben, wurde
Asseſſor Ed elm a n n am 30. v. M. neuerdings verhaftet. Obſchon
er auf die Beförderung zum Regierungsrath und auf die Staats-
dienereigensſchaſt verzichtet hat, will ihn die Gr. Regierung doch noch
als Staatsdiener behandeln und behauptet fortwährend, er sei aus
dem katholiſchen Oberſtiftungsrath bereits entlaſſen. Die Kirchen-
behörde ihrerſeits beharrt darauf, daß Edelmann, der von ihr zum
Assessor bei dieser Stelle ernannt worden sei, auch nur von ihr seines
Amtes enthoben werden könne, und, da dies noch nicht geſchehen,
auch noch Mitglied des kathol. Oberſstiftungsrathes ſei.

Während das Erzbiſchöfliche Capitelsvicariat den Asseſſor Edel-
mann demzufolge wiederholt beauftragte, ſeinen Dienst bei ebenge-
nanntem Collegium fortzuſetzen, verbietet das Gr. Miniſterium des
Innern dies und läßt Edelmann, wenn er den Sitzungen beiwohnen
will, verhaften und gefangen halten. Trotz seines Verzichts auf die
Staatsdienereigensſchaft wollte die letztgenannte Behörde von Edelmann
auch noch eine Erklärung, ob er die Entlaſſung aus dem Staats-
dienſt verlange; derselbe erwiderte mit Recht, der katholiſche Ober-
ſtiftungsrath sei k e in e Staatsbehörde, durch die Beſtellung als
Secretär und durch die Ernennung zum Aſsseſſor bei dieser Behörde
ſei er alſo auch nicht in den Staatsdienſt gekommen, und durch die
der erſteren nachgefolgte Verleihung der Staatsdienereig enſchaf t
ſei ihm überhaupt kein Dienst, alſo auch kein Staatsdienst, durch
die letztere, die von der Kirchenbehörde allein erfolgte, jedenfalls
ein Kirchendienſt übertragen worden ; da auch die Ernennung zum
Regierungsrath, welche er nicht angenommen, in Folge desſſen wir-
kungslos geblieben , befinde er sich nicht im Staatsdienſt, könne da-

her auch nicht um Entlassung aus solchem nachſuchen.

Den hier eingenommenen Standpunkt hat Edelmann, wie aus
seiner „öffentlichen Erklärung“ hervorgeht, von vorne herein, er
hat ihn ſelbſt beim Verzicht auf die Staatsdienereigenſchaft feſtgehalten :
auch dabei betonte er, daß er auf lettere nur darum verzichte, weil
die von ihm vorgetragenen rechtlichen Gründe keine Berücksichtigung
fänden, und damit er seiner Pflicht als Collegialmitglied des kathol.
lretikargteatts unbehelligt genügen könne. Letzteres wurde freilich
a '
 
Annotationen