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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0215

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JU§. 54.

für Stadt

Dienstag





Fs r

er kathol. Hoſpitalfond in Bretten, dessen Lei-
densgeſchichte und Auswanderung.

(© Bretten, 4. Mai. Wenn man einen Proceß verloren hat,
und den haben wir, so ſucht man eben noch zu retten, was zu ret-

ten iſt und legt sich die Sache so gut als nur möglich ist zurecht,

d. h. es bleibt Einem nichts Anderes übrig als mit „vollendeten
b ad i ſ che n Thaſſachen“ zu rechnen.

Am 2. März 1868 richtete der hiesige proteſt. Gemeinderath
(zu jener Zeit war kein kath. Mitglied dabei) an Großh. Ministerium
d. J. die Bewerbungsbitte in der höflichen Form, „man möge die
beiden in Bretten bestehenden Hoſpitalfonds an die politiſche Gemeinde
zur pünktlichen Verwaltung durch die Gemeindebehörde überweisen,“
d. h. nach dem Schlußantrag verlangte die Gemeindebehörde in
ihrer Vorſtelung vom 2. März im Wesentlichen die Wiedervereini-
gung der von beiden Confeſſionen seither getrennt verwalteten Ho-
ſpitalfonds zum Zwecke ihrer künftigen einheitli ch en Verwaltung.
Diese Vorstellung des Gemeinderathes wäre eigentlich ob ihrer nai-
veu Offenheit werth hier abgedruckt zu werden, allein es würde zu
viel Plat ra ub en, darum begnügen wir uns nur einige Stellen
mitzutheilen; so heißt es u. A.: „Bis zum Jahre 1c09 wurde die
Verwaltung dieſes (kathol.) Fondes durch die politische Gemeindebe-
hörde gehandhabt und es iſt uns kein Grund bekannt, warum eine
ſolche Trenuung nach Confesſſionen damals durch die oberſte Grofh.
Verwaltungsbehörde augeordnet worden war.“ Ferner: „Der Ge-
meinderath iſt den am letzten Landtage stattgefundenen Verhandlun-
gen über die Regelung des weltlichen Stiftungsvermögens mit aller
Aufmertſamkeit gefolgt [wohl doch nur der Bürgermeister und Ab-
geordnete, von den anderen iſt keine Rede!] . . . . der Gemeinde-
rath glaubt sowohl aus dem Commissionsbericht [der hiesige Ge-
meinderath nennt dieſen Bericht vom Abg. Renk : einen umfassenden,
auf die Sache ſelbſt tief eingehenden und klaren !] als aus den Aeu-
ßeruugen der Vertreter der Großh. Regierung erkennen zu müssen,
daß nach der neueren Geſezgebung [nach der Brettener ?], wodurch
die Kirchen von staatlicher Aufsicht frei geworden [daß Gott erbarm !]
und eine unabhängige Stellung eingenommen haben [bis zum Todt-
lachen !] die Verwaltung weltlicher Stiftungsfonds den politiſchen
Gemeindeu überwieſen werde,“ ein weiterer Grund lautet: ,Die
Zahl der Katholiken beträgt auch jett nicht vollständig '/stel der
criſtl. Bevölkerung, welchen Prozentſaß solche auch weder zur Zeit
der Theilung noch seither je überschritten oder erreichten, es entsteht
daher leicht der Fall, daß die Einkünfte des evangeliſchen Antheils
nicht zureichen wollen, während an dem kathol. Antheil sich Ueber-
ſchüſſe ergeben ; “ [ein ganz zeitgemäßer Grundsatz !] und als captatio
benevolentiae dem kath. Hoſpital gegenüber sagt noch der Gemeinde-
rath nach einer Jeremiade über confessionell getrennte Krankenzim-
mer und Betten im Spitalgebäude, was ſchon mancherlei Mißstände
im Gefolge gehabt habe, namentlich auch, daß zwei Verrechnungen
geführt werden : „Wenn auch gegenwärtig zwiſchen diesen beiden
Verwaltungen und wieder den Gemeindebehörden keine Mißhelligkei-
ten bestehen, ſo waren solche aber ſchon vorhanden, und namentlich
wurde anfangs der 1850er Jahren an den kath. Stiftungsvorstand
das Ansinnen geſtellt, den Hoſpitalfond als kirchliches Vermögen zu
erklären, [wenn es nur in Gottes Namen geschehen wäre!], worauf
derſelbe aber nicht einging.“ Diese letzte Angabe ist vollkommen
unwahr, da von keiner Seite das gedachte Ansinnen gestellt worden
iſt; wohl wäre es gut gewesen, es wäre geschehen und man hätte
mit so gut prophetiſchem Blick in die Zukunft den Fond in einen
anderen Namen umgetaufl, wie es hierorts einige Zeit vor dem
neuen Stiftungsgeseß mit einem der evangel. Fonds geschehen sein
sol, – eine ſolche Inspiration von Oben konnte uns nicht zu Theil
werden. Begnügen wir uns mit dieser Beweisführung, formulire
sich Jeder den Schlußſat und mache sich darauf ein Lied, wir gehen
weiter und ſehen nun, wie dieſe erſte, etwas plumpe Brautbewerbung
ausgefallen iſt. Dem kath. Hoſpitalfondsvorſtand wurde unter dem
26. März von Gr. Bez.-Amt hier die Eingabe des Gemeinderathes
zur Erklärung binnen 14 Tagen mitgetheilt, worauf denn auch der-
ſelbe in würdiger Weise antwortete, und sein Recht durch gründliche
Darlegung des Hoſpitalbeſtandes seit dem Jahre 1809 in einem
ausführlichen Berichte an Großh. Bez.-Amt, bezw. Ministerium d. J.
begründete. Ju einer längeren Abhandlung erfolgt am 28. Oktober
von der Staatsbehörde der Beſchluß an die Gemeindebehörde, worin



die Grundlosigkeit ihres An







den 9. Mai









trages dargethan, und die definitive Thei-
lung des ursprünglichen Vermögens und die eigenen Vermögensrechie
der betr. Confesſionsgemeinde an dem ihr zugefallenen Theil aner-
kannt und aufrecht erhalten wurden. – Davor mußte man Respekt
haben, und man glaubte die Sache ſei beendei, allein dem war nicht
ſo. Die Gemeindebehörde wendete sich nochmals an das Ministerium
um einen beſſeren und günstigeren Beſchluß zu erwirken, was denn
auch gegen alles Erwarten durch Beſchl. vom 14. Mai 1869 von
demselben Jolly unterzeichnet geſchah, welcher den erſten Autrag ab-
gewiesen hatte. Durch einen zweiten Beschluß vom 3. Juni wurde
von Großh. Ministerium d. J. die Verwaltung des kath. Hoſpital-
fondes der politiſchen Gemeinde übertragen und zugleich das Con-
glomerat des betr. Verwaltungsrathes bestimmt, und der (Hr. Ver-
waltungshof mit dem weiteren Vollzug dieſer Anordnung beauftragt.

Gegen dieſen Beſchluß zeigte die kath. Stiftungscommission so-
fort den Recurs bei Gr. Staatsminiſterium an, und führte denſel-
beu in einer längeren Rechtsbegründung ihres Eigenthums, welches
auch von Großh. Miniſterium nicht nur abgesprochen, sondern in
beiden erwähnten Beſchlüſſen ausdrücklich anerkannt wurde, denn
auch am 27. Juni aus. Nach höchſter Entschließung aber aus Gr.
Staatsministerium vom 20. Aug. wurde die Beschwerde der kath.
Stiftungscommission abgewiesen. Damit trat nun dieſe für die
Katholiken so wichtige Angelegenheit in ein anderes Stadium, es
betrat die kathol. Kirchſpielsgemeinde gegen die politiſche Gemeinde
dahier und gegen Großh. Ministerium des Innern den Rechtsweg.

Mit höherer kirchlichen Genehmigung eröffnete nun die kathol.
Gemeinde gegen die politiſche beim Kreis - und Hofgericht Karlsruhe
den Proceß auf Anerkennung des Eigenthums, der ausschließlichen
Genußberechtigung und folgenweiſe des Rechtes auf Beſitz und Ver-
waltung des kathol. Hoſpitalfondes und beauftragte mit der Vertre-
tung in allen drei Instanzen den Herrn Rechtsanwalt Dr. Schulz
in Heidelberg.

Indesſſen kam schon am 1. Oktober von Gr. Bez.-Amt dahier
der Beſchluß, die Urkunden, Akten, Rechnungen u. f. w. des betr.
Fondes alsbald an den gemeinſchaftlichen Verwaltungsrath auszulie-
fern, und am 6. Oktober erſchien eine Zuſchrift vom Verwaltungs-
rath, daß am 23. Oktober die Spitalrechnung geſchloſſen nnd geſtellt,
und am 24. Oktober, alſo am anderen Tage, die Rechnungen, Akten,
Inventar u. s. w. abgegeben werden sollen. Der Verwaltungsrath
wurde erſucht, mit der Uebergabe fraglicher Akten rec. zu warten, bis
ein Bescheid vom Kreis- und Hofgericht Carlsruhe erfolgt sei, und
erging in gleichem Sinne ein Bericht an Gr. Bez.-Amt dahier. Nach
einer Entscheidung des Kreis - und Hofgerichtes, (II. Civilkammer)
vom 23. Oktober wurde das Geſuch um Erlaſſung der einstweiligen
Verfügung als unſtatthaft verworfen.

Jetzt trat durch die in Betreff der Stiftungen und des Armen-
wesens von der Großh. Regierung der Ständekammer gemachte
Gesetzesvorlage unsere Hoſpitalangelegenheit in ein für uns ganz un-
günstiges Stadium , und versäumte man von unſerer Seite nicht,
am 16. Nov. Gr. Bez.-Amt dahier darauf aufmerksam zu machen,
daß nach dem zu erwartenden neuen Gesetze, die Rechtsverhältnisſe
der weltlichen Stiftungen betr., auch das projektirte Verhältniß un-
seres Fonds resp. deſſen angestrebte Verwaltung eine andere wer-
den möge und sprach man die gewiß gerechtfertigte Bitte aus, die
Verwaltung des Fondes wie bisher zu belaſſen, bis das eventuelle
neue Gesetz in Wirksamkeit getreten und die nach demselben aufzu-
stellende Verwaltungsbehörde gebildet, und bis namentlich die Sache
auf dem angetretenen Wege des Rechtsstreites zum Austrag gekom-
men sei. Die Sache ſchien aber den neuen Freunden des Fondes
uu ht s h tur 14:25. 19aurs L
Verwaltungsrath der beiden hiesigen Hoſpitalfonds“, mit der Auf-
forderung, einen Tag zur Uebergabe der Akten te. des kath. Fonds
zu bestimmen, worauf man dasselbe wie an Gr. Bez.-Amt erwiderte,
mit der Uebergabe zu warten und nicht so zu eilee. Am 13. Dec.
glaubte der Hr. Amtsrevident auf den 20. früh 9 Uhr die Ueber-
gabe bestimmen zu müssen, worauf übrigens gar keine Antwort, ob
„Jefälig oder nicht“ erfolgte, und mit Recht, da es nicht Sache des
Hrn. Revidenten war, eine desfallſige Tagfahrt anzuberaumen.
(Schluß folgt.)


 
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