Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerſtag
und Samstag. + Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. ß.
für Stadt
In ſeraten- Inhalt der Annoncen-Expedi-
; tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und C’and. Vogler & G. L. Daube & Cie. in
München, Frankfurt u. Stuttgart 2c.
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Einladung zum Abonnement.
Auf das mit dem 1. April beginnende II. Quartal laden wir
ergebenſt ein und bitten unsere aus wärt ig e n Abonnenten, die
Erneuerung des Abonnements noch vor Ablauf des
alten Quartals bei den betr. Poſtanstalten oder Landpoſtboten
anzuzeigen, indem eine unterlassene Neubestellung immer als Abbe-
ſtellung angenommen wird.
Bestellungen für Heidelberg, Neuenheim und Schlierbach wollen
bei der Expedition von L. Sch weiß dahier gemacht werden.
Bestellungen in Paketen von mindestens 10 Cxempiaren, wobei
wir je ein Freiexemplar gewähren, werden ebenfalls von der Expe-
dition entgegengenommen, und erſuchen wir um rechtzeitige Anmel-
dung derselben.
Inserate, zu dem äußerſt billigen Ansat von 2 kr. die 3ſpaltige
Petitzeile, finden bei der großen Auflage unſeres im ganzen Lande
und über deſſen Grenzen hinaus geleſenen Blattes die beſte Verbrei-
tung.
Freunde und Geſinnungsgenoſſen ! Der Pfälzer Bote hat sich
durch viele Schwierigkeiten in den heißeſten Kämpfen zahlreiche Freunde
erworben, ſeiner unabläſsſigen literariſchen Thätigkeit nicht zum gering-
sten verdanken wir die abermals im Feuer der Wahlſchlacht ruhm-
voll bethätigten feſten Gesinnungen der Katholiken des Unterlandes,
— ſeid daher überzeugt, daß wo der Pf. Bote anpocht an die Thüre
eines kath. Hauſes, die ganze Familie in kurzem ihm gehört und damit der
kath. Sache gewonnen iſt. Wir thun somit auch sicherlich keine Fehlbitte,
wenn wir in vollſtem Maße die Unterſtütung des hochw. Clerus
zur stets größeren Weiterverbreitung unseres Blattes in Anſpruch
nehmen, da wir ohne Ueberhebung sagen dürfen: es wäre da und
dort bei den letzten Wahlen wie bei früheren Gelegenheiten besſer
gegangen, wenn in den betreffenden Gemeinden der Pfälzer Bote
seine größere Verbreitung gefunden hätte, Erfahrungen, die wir mit
ſtatiſtiſchen Belegen auf's Schlagendſte nachweiſen könnten.
Speziell bemerken wir, daß über wichtige Vorkommnisse auf
dem Reichstage uns Mittheilungen aus Berlin durch den Abgeord-
neten Lind a u zugesichert sind, ſo daß alſo auch unser Blatt in
dem erſten Reichstage wie früher bei dem Hollparlamente seine
Originalcorresſpondenz besitzt.
Auch den obrigkeitlichen Bekanntmachungen werden wir, wie es
theilweiſe bereits in dem lettten Ouartale geschehen ist, eine stets grö-
ßere Beachtung schenken und ſolche vielfach zum Abdruck bringen,
wobei wir uns noch die Bitte an freundlichgesinnte Gemeindebehör-
den erlauben, ihre Anzeigen uns ebenſo wohl wie den amtlichen
Verkündigungsblättern zukommen lassen zu wollen.
Dienstag den 28. März
gbr E Ä S
1871.
o
Auf also, Freunde und Gesinnungsgenossen, wir erwarten von
Euch eine großartige Förderung der vielfachen Aufgaben des Pfälzer
Boten durch massenhafte Bestellung en unſeres Blattes für
das nächſte Quartal und zahlreiche Annoncen, die eine weit-
ausgedehnte Verbreitung und damit ihre entſprechende Wirkung er-
halten. Wir werden auch künftig, wie wir in den ſchwierigſten
Zeiten gethan, die Fahne mit gleichem Muthe und gleicher Kraft
vorantragen, + alſo kommt und abonnirt !
Heidelberg, 28. März 1871.
Die Redaction des Pfälzer Boten.
M Deutſchlan d.
* Heidelberg, 25. März. Niemand hätte für möglich gehalten,
daß in ünſerer sogenannten gesitteten und hochgebildeten Zeit der
Unsinn und die Brutalität in dem Maße ihr Haupt erheben könn-
ten, wie dies jezt zur Schande Frankreichs in Paris der Jall iſt.
Es ist eine zweite Auflage jener ſcheußlichen und verruchten Zeit
von 17922994, ja schon ganz offen trägt ein revolutionäres
Schandblatt den Namen jenes Bluthundes „Marat“ als angebliches
Ehrenzeichen an ſeiner Spite, jenes Menſchen, der offen seiner Zeit
im Convent erklärte, Frankreich werde nicht frei ſein, bis 100,000
Köpfe unter dem Messer der Guillotine gefallen wären. Und jett
schämt man sich nicht, jenen Schurken, über den die Geſchichte das
verächtlichſte Urtheil gefält hat, als muſtergültigen Helden der rothen
socialen Republik aus dem Grabe an's Tageslicht zu zerren, der ſo
unſägliches Unheil über Frankreich gebracht hat! Ja, wer weiß
nicht im Einzelnen, wer Marat war? Ein ehemaliger Hundedoctor
des Grafen Artois und anderer vornehmer Jagdliebhaber, dann in
der Revolution Redacteur des ami du peuple (Volksfreundes,), der
an cyniſcher Rohheit noch weit unſere liberalen Sudelblätter überbot,
lebie dieser Menſch in thieriſchem Schmut in Kellerlöchern und schrieb
in der Gesellſchaft von Ratten und Gewürm ſeine eckelhafteſten Er-
güſſe, bis man ihn in den Convent wählte, wo er in Holzſchuhen,
mit einem alten Schlafrock bekleidet und einem rothen Tuch um den
Kopf seinen Sitz nahm und mit ſeiner dünnen, heißeren Stimme
fortwährend nach Opfern krächzte; aber an dem Tage, an dem über
den unglücklichen Ludwig XVI. das Todesurtheil geſprochen werden
sollte, erschien Marat in einem Feſtanzuge, einer Art von ſeidenem
Mantel, mit triumphirender Miene den Tod des „Tyrannen“ for-
dernd. Bekannt ist, wie dieses Scheuſal von einem ſchwärmeriſchen
Mädchen niedergeſtoßen wurde und daß man ihm dann die Ehren
der Beiſezung im Tempel der großen Männer erwies, während man
die Asche des größten Redners (Mirabeau) aus demselben auf die
Wer hat das gethan?
(Eine Yeſchichte aus dem Leben.)
(Fortſetzung.)
„Als Henge ? Leonhard ? rief Hermine außer sich. Er ſoll mir gegenüber
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statt, nicht wahr ? Dann sind keine Zeugen mehr nöthig ?"
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sprechen. Sie mögen nun läugnen oder gestehen."
_ nSo geschehe mit mir, was Gott will,“ sagte Hermine tonlos und fiel wie
eine geknickte Blume in ihren Stuhl zurück.
Jetzt erſt war Hermine ganz unglücklich; nicht allein für sie, auch für Leon-
hard war jede Hoffnung auf Rettung verloren. Sie urtheilte nach ihrem treuen
Herzen und da hielt sie sich überzeugt, daß er ihre Verurtheilung nicht zugeben,
daß er derſelben durch das Bekenntniß ſeiner Schuld zuvorkommen werde. Und
was dann noch folgte . . . ſie konnte es nicht ausdenken! Glücklich für sie,
zu man sie für eine Mitſchuldige anſah, wenn sie ſein Schickſal theilen
ursſte.
Sie durchlebte entsezliche Tage und Nächte; sie war faſt wahnsinnig vor
Angst und Verzweiflung. Aber endlich gewann ihr frommes Gottvertrauen
und ihr jugendlicher Muth so viel Kraft, um sich des Nachdenkens wieder fähig
zu machen. Ein tröſtender Gedanke kam ihr, Leonhard hatte ſich noch nicht
angegeben als den Thäter; mußte er alſo entschlossen sein, es abzuwarten, ob
ſie nicht vielleicht trot aller Verdachtsgründe freigeſprochen würde. Gegen ihn
lag nichts vor, ſelbſt Heinrich hatte nur Vermuthungen ausgeſprochen. Niemand
hatte ihn in der Unglücksnacht geſchen als sie; ſie hatte das einzige Zeichen
ſeiner Abwesenheit in Liſettens Zimmer, das Taſchentuch, bei Seite geſchafft ;
wenn es ihr gelang, ihre Unſchuld darzuthun, ohne den Vedacht auf ihn zu
lenken, so ging vielleicht Alles noch gut. Freilich das Schwerste, die Blut-
ſchuld auf seiner Seele, blieb : aber ihr liebendes Herz entſchuldigte die un-
glückliche That mit der Größe der Verſuchung. Sollte Gott weniger barm-
herzig sein als sie ? Sollte Gott nicht die Qualen, die ſie beide in diesen letz-
ten Wochen erduldet hatten, als Sühne für diese Sünde annehmen.
So jung sie auch noch war, hatte ſie doch ſchon sehr viel Trauriges er-
fahren, um ſich nicht leicht niederbeugen zu lassen, oder zu verzagen, ehe alle
Hoffnung verſchwunden war. Aber als ihr die Zeugenliſte mitgetheilt wurde, da
brach ihre müheſam errungene Faſſung zuſammen. Sie hatte unter den
Zeugen den Namen Heinrich Kopp geleſen; — es ſchien ihr, als wäre er mit
feuriger Schrift geſchrieben. Sie machte Hilmer keine Vorwürfe, sie antwor-
tete nichts auf ſeine Bemerkung, daß von Seiten der Vertheidigung gar keine
Zeugen vorgeladen und daß dies nur die Liſte der Staatsanwaltſchaft sei. Sie
hatte alle Hoffnung aufgegeben.
Am Morgen des Tages, wo sie vor dem Schwurgericht erſcheinen ſollte,
saß sie wie das Bild des Kummers auf ihrem Beitrande. Die Frau des Ge-
fangenwärters, die das Mädchen liebgewonnen hatte, wie Jeder, der ihr nahe
kam, war bei ihr und suchte Troſt und Muth einzuſprechen.
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den gewiß eben ſo gut einsehen, daß Sie unschuldig sein müssen."
„Ach, liebe Frau Krüger, entgegnete Hermine bitterlich weinend ; es wäre
nicht halb so entsetzlich, wenn ich ſchuldig wäre."
„Das Schwurgericht hat ſchon manche verborgene Schuld an das Licht
gebracht, tröſtete Frau Krüger, die nicht ahnte, wie sie Herminens Herz zer-
riß. Vertrauen Sie auf Gott, Fräulein ; vielleicht ſehen Sie noch einmal ein,
daß es ſo kommen mußte, Ihres Glückes wegen. Des Herrn Wege ſind oft
wunderbar. Kommen Sie, faſſen Sie Muth! Sie müssen sich ankleiden, Sie
werden bald abgeholt nach dem Schwurgericht ; ich will Ihnen helfen. Sie
ziehen dies ſchwarze Kleid an, nicht wahr ? Geputzt dürfen Sie gerade nicht
sein; aber ein anständiger Anzug geziemt sich.“
Willenlos beugte Hermine das Haupt, um ſich das Kleid überwerfen zu
lasen. Als die Seide ihre Haut berührte, schauderte sie zuſammen; sie hatte
dies Kleid an jenem unglücklichen Himmelfahrtstage zuletzt getragen. Alle
schrecklichen Ereignisse jenes Tages standen wieder klar vor ihrer Seele. Sie
fuhr unwillkührlich mit der Hand in ihre Taſche ; ja sie enthielt noch das
ſeidene Taſchentuch, das Zeichen, das der Mörder zurückgelassen hatte.
( Fortſezung folgt.)