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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0425

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für Stadt





Inſeraten

D t von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Can e Vogler & G. I: Danube & Cie. in

- Inhalt der ztUneuceu-Erpet.

München, Frankfurt u. Stuttgart rc.







Fê. 107.



Deutſc<lan d.

[] Von der Tauber, 11. Sept. Nachdem die „Tauber“ zu-
erſt über Dr. Biſſing hergefallen, wendet ſie sich jezt gegen den
katholiſchen Männerverein in Tauberbischofsheim , um diesen unter
bewährter Leitung wieder zu neuem Leben aufblühenden Verein zu
verunglimpfen und ihm die Exiſtenzberechtigung abzuſprechen. Da
muß natürlich auch der liebe „Friede“ herhalten, um deſſentwillen
der Verein angefallen wird; als ob, wenn ich ein Recht ausübe,
das einen Anderen nicht kränkt, der Friede von mir gebrochen würde!
Mir wollen den Stiel einmal herumkehren nnd umgekehrt die Män-
ner, die hinter der „Tauber“ stehen und ſich die „Nationalliberalen“
nennen, erſuchen, den Frieden etwas mehr im Auge zu behalten;
denn wenn man, wie alle bisherigen Wahlen im Bezirk gezeigt ha-
ben, nur in so ſchwacher Minderzahl ſich befindet, wie jene Herren,
dann sollte man nicht mit ſo großer Anmaßung die Mehrheit zum
Stillschweigen verurtheilen und dieser mit Gewalt die Ansichten der
kleineren Partei aufzwingen wollen. Da sind wir doch viel tole-
ranter, – wir bestreiten unſeren Gegnern das Recht nicht, für ihre
Candidaturen Propaganda machen zu wollen, aber das müſſen wir
uns auf's Entſchiedenſte verbitten , daß wir uns zum Anhängsel und
Schwanzwedel des Oberamtmanns und einiger höherer Schulmeister
hergeben sollten! Da wird nimmermehr etwas daraus! — Der
lächerlichen Anmaßung gegenüber, als ob wir uns nicht verſammeln
dü» flen, ohne in der Officin der „Tauber“ unſere Inſstructionen ge-
holt zu haben, verweiſen wir auf die Verſammlung, die am letzten
Sonntag von den Nationalliberalen in Biſchofsheim abgehalten wurde,
und könnten nun mit demſelben Recht fragen, warum denn diese
ein beſonderes Privilegium haben ſolle. Auch handelt es sich ja
bei der künftigen Wahl nicht allein um die Stadt Tauberbiſchofs-
heim, ſondern um den ganzen Bezirk und so gut die Mehrheit leß-
terer Stadt das Recht beanſprucht, dem ganzen Bezirk, in dem sie
die Minderheit repräſentirt, ihren Candidaten anzuempfehlen , ebenſo
gut wird wohl die Minderheit von Tauberbiſchofshe im ~ wir neh-
men einmal den Fall an ~ das Recht haben, mit der Mehrheit
des ganzen Bezirks ſich über den ihren Ansichten entsprechenden Can-
didaten in's Einvernehmen zu ſseßen. Lächerlich iſt es, wenn die
„Tauber“ vor einem „schroffen Parteimann“ warnt, ~ welch’ ein
Unsinn, wenn man bedenkt, daß ihre Partei die gewiß doch ,ſchrof-
sen Parteimänner“ auf der anderen Seite, die Herren Bluntſchli,
Lamey u. s. w. zu einer Gaſtrolle auf dem Marktplat von Tauber-
biſchofsheim veranlaßt hatte! Oder kann die „Tauber“ uns nur
einen einzigen Fall namhaft machen, wo die Nationalliberalen, also
ihre Parteiſreunde, in einem Bezirk mit großer katholiſcher Minder-
heit es aus Rücksicht auf die lettere unterlaſſen hätten, einen entschie-
denen Parteimann aus ihrer Mitte aufzuſtelen? So war bei den
Reichstagswahlen im Bezirke Wiesloch u. s. w. eine beinahe den
Sieg erringende große Minderheit auf Seiten der katholiſchen Volks-
partei und gleichwohl haben die Nationalliberaien den ,,ſchroffen
Parteimann“ Lamey als Candidat aufgestellt und bei deſſen Doppel-
wahl Herrn Paravicini von Bretten folgen lassen, der zu den aller-
entſchiedenſten Parteigängern des Proteſtantismus zählt. Also fort
mit dieſen Poſſen, die nur beweisen, daß es leicht iſt, Schmähartitel
zu ſchreiben, aber ſchwer, ordentlichc Gründe auf die Beine zu brin-
gen! Wir fragen einfach: was heißt denn eigentlich „Parteimann“ ?
Ein Parteimann geht für die Grundsätze der Partei, der er ange-
hört, lebhaft in's Feuer ; deßhalb hat schon der weiſe Gesetzgeber

Solon in Athen von allen Bürgern ges e t lich verlangt, daß sie
irgend einer Partei angehören müßt en. Wer alſo kein Partei-
mann im ſtaatlichen Leben ist, der iſt eine Schlafhaube, der iſt weder
Fleiſch noch Fiſch, weder warm noch kalt, sondern ein armſeliges
Stück Politiker. Mit den Lau en iſt heut zu Tage nichts mehr gethan,
und je ,„ſchroffer“, d. h. um den Ausdruck der „Tauber“ etwas zu
corrigiren, je eifriger und nachdrücklicher einer für das Programm
ſeiner Partei einsteht, um ſo eher hat er Anspruch darauf, in dieſer
einen Rückhalt zu finden. Das iſt bei allen Parteien so, auch bei
der „Tauber“, und wenn sie jeßt Herrn Dr. Neumaier zu empfeh-
len wünſchen sollte, ſo würde sie nur einen Noth beh.l f aus die-
ſem Herrn machen, der nicht sehr ſchmeichelhaft für ihn wäre, da
ſie keinen „ſchroffen Parteimann““ im Sinne Kiefers durchzubringen
Auss;cht hätte. Einen L a uen wollen wir nun aber nicht und von
Herrn Dr. Neumaier haben wir noch nie ein politiſches Wörtchen
gehört. Warum entwickelt er denn ſein politiſches und kirchliches



Donnerstag den 14. September







1871.





O

Programm nicht und sucht durch persönliches Auftreten seinem Ge-
gencandidaten die Wahl sſteitig zu machen ? Dr. Neumaier hält in
politischen Dingen, wie wir zu wisſen glauben, unbedingt zur Re-
gierung, in den kirchlichen Fragen kennea wir ſeinen Standpunkt
Use §t sh seum q bn uu t .
ber“ für den Protestkatholicismus von Döllinger und Renftle
schwärmt, auf den Schild heben läßt, dann könne ihn die kathol.
Volkspartei nicht brauchen ; huldige er aber der Unfehlbarkeit, dann
sei er für die Nationalliberalen nichts. So wenig „ſchroffer Partei-
mann“ d. h. ſo lau kann aber doch Herr Dr. Neumaier nicht ſein,
daß er weder hüben noch drüben steht. Es wäre alſo jedenfalls
höchſte Zeit für diesen Herrn, wenn er ſein Programm darlegen
wollte ; mit vornehmer Zurückhaltung dem Volke gegenüber , das seinen
Candidaten auch sehen und hören will, iſt heut zu Tage nichts
mehr gethan.

X Bruchſal, 9. Sept. Dieser Tage hat unsere Stadt der
proteſtantiſche Vicar Schenkel verlaſſen, um seine neue Stelle in
Freiburg anzutreten. Die Kraichgauer Zeitung rühmt an dem Herrn
Vicar „seine ächt christliche Duldſamkeit anderen Confessionen gegen-
über.“ Wir möchten nur auch wiſſen, ob unſerem Rodrian bei Ver-

öffentlichung dieſes Vicarzeugnisſes ſein Freimaurerherz nicht etwas

ſtark zu klopfen angefangen wegen seiner ächt unchriſtlichen Unduld-
ſamkeit gegenüber den Katholiken, die

in der Kraichgauer Zeitung
immer oben aufschwimmt? So viel

iſt gewiß, daß Rodrian nach
seinem Abzuge von hier bei allen wohlgeſinnten Bewohnern Bruch-
sals in Sachen der Duldſamkeit auf kein dauerndes Andenken An-
ſpruch machen kann, höchstens auf ein solches wie sein Leibſchreiber
Röck – mit Respekt zu melden.

x Bruchſal, 9. Sept. Was doch unsere liberalen Zeitungs-
ſchreiber für merkwürdige Kauthe ſind! In der Kraichgauerin leſen
wir, daß im nahen protestantiſchen Grabe n von „klerikaler Seite“
die am 3. d. M. vorgenommene Fahnenweihe des dortigen Lieder-
kranzes ſehr mißliebig aufgenommen und gerne gestört worden wäre 2c.
Es wäre doch intereſſant zu wiſſen, welche Proteſtanten in Graben
auf „klerikaler Seite“ stehen? Sonſt nennt der gemeine Liberalis-
mus die ihm mißfälligen Proteſtanten ~ Mucker oder Peietiſten,
warum geht man im beregten Artikel von dieſem Gebrauche ab ?
Es iſt die alte Perfidie, Alles unter das Wort ,klerikal“ zu brin-
teu f tet Vu Arcs ctt s hi gut gu. s
sen, welche aus uns unbekannten Gründen mit der Fahnenweihe sich
nicht besreunden konnten und, wie verlautet, die Kirche zur fraglichen
Feier nicht einräumen mochten, vielleicht aus dem Grunde, weil sie
dahinter manchen Schwindel vermutheten, der am besten vor der
Kirche draußen bleibt. Uns ſelbſt freut es natürlich, daß in Gra-
ben ausweislich der Kraichgauerin Leute sind, die auf „klerikaler
Seite“ stehen, ein Zeichen, daß dort der geſunde Menſchenverſtand
noch nicht ganz im liberalen Schwindel verpufft iſt.

X Bruchsal, 9. Sept. Seitdem das hiesige Militär unter ei-
nem preußischen Commandeur steht, ſieht man daſſelbe an Sonn -
und Festtagen auch wieder den Gottesdienst in der Garniſonskirche
(Hofkirche) besuchen , was einen guten Eindruck macht und für den
Soldaten selbſt nur vorlheilhaft wirken kann, weil die Pflege der
Religion die Disciplin wesentlich unterstützt.

"Offenbach, 9. Sept. Geſtern haben, der „Frkf. Ztg. zufolge,
die Arbeiter ſämmtlicher Portefeuille- Fabriken die Arbeit eingeſtellt,
nachdem bisher nur die von fünf Jabriken geſtrikt hatten. Lediglich
die heute zu beendenden Arbeiten werden noch fertig geſtell. Durch
diesen Schritt sind die Arbeiter den mittels einer öffentlichen Er-
klärung der Fabrikbesiter ihnen gegeüber in Aussicht gestellten Maß-
regeln zuvorgekommen, wonach sämmtliche Arbeiter heute entlaſſen
werden sollten, welche nicht inzwiſchen aus dem neuen Buchbinder-
und Portefeuiller-Verein ausgetreten wären.

Stuttgart, 11. Sept. Der deutſche Kaiſer, sowie der Großher-
zog und die Großherzogin von Baden kommen heute zum Geburts-
tage der Königin Olga (zugleich Namenstag des Kaiſers von Ruß-
land) nach Friedrichshafen, wo ein gemeinschaftliches Mittagsmahl

stattfindet. Die Königin der Niederlande und Prinz Alexander der

Niederlande sind in Friedrichshafen eingetroffen.
München, 7. Sept. Das in Stuttgart erscheinende, äußerst
maßvoll gehaltene „Deutſche Volksblatt“, das zu dem Hrn. Biſchof
 
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