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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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64.
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36
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Hirtenſchreiben der deutſchen Biſchöfe an das
katholiſche Volk.

Die unterzeichneten Biſchöfe entbieten den Glänbigen Gruß
und Segen im Herrn! |

In Folge der Beſchlüſſe des Vaticaniſchen Concils hat nament-
lich in Deutſchlond manche Geiſter eine große Bewegung ergriffen.
Während das gläubige kath. Volk überall mit freudiger Bereitwillig-
keit den Entſcheidungen der allgemeinen Kirchenverſammlung ſich
unterworfen hat, finden wir in jenen Kreiſen der Gefſellſchaft, welche
auf ein höheres Maß von Bildung Anspruch machen, vielfach Ab-
neigung und Befremdung Angesichts der verkündigten Conucilsbeſchlüſse,
insbesondere über das unfeyhlbare Lehramt des Papſtes. JzJn dem
der Kirche feindlichen Lager aber hat ſich eine heftige und weii ver-
breitete Agitation erhoben, um die Kirche zu ſchmähen, zu verleum-
den, in Feſſeln zu ſchlagen und ſelbſt zu vernichten, wenn die Mat
der Menichen vermöchte, was ſelbſt den Pforten der Hölle nimmer
gelingen wind. Woher dieſe Erſcheinung ? Die wiſſenſchaftliche
Richtung, welche sich von der Auctorität der Kirche losgeſagt hat
und nur an ihre eigene Unfehlbarkeit glaubt, ist unverträglich mit
den: katholiſchen Glauben. Sie iſt ein Abfall von dem wagyren
Geiſte der Kirche, indem sie dem Geiſte einer falſchen Freiheit hul-
digt, welcher dem Glauben an die göitliche in der Kirche durch den
heil. Geiſt wirkſame Lehrauctoritäi perſönliche Anſichten und Mei-
nungen vorzieht. Erſcheint es nicht ſolchen Thatsachen gegenüber
jezt als ein Werk der göttlichen Vorſehung, daß gerade in unſerer
Zeit, wo die ſogenanute freie theologiſche Wiſſenſchaft ſo hoch ihr
Haupt erhoben hat, das Dogma von deni unfehlbaren Lehramt des
oberſten Hirten und Lehrers der Kirche, welches mit jencr falſchen
Richtung in der Theologie im ſchroffsten Gegenſatze ſteht, verkündigt
worden iſt? Was würde wohl auf die Dauer aus dieſer ſogenaun-
ton freien Wisſſenſchaft auf dem Boden ver katholiſchen Theologie
geworden ſein, wenn nicht das Vaticaniſche Concil jenen Prüfftein
der Geiſter aufgeſtellt hätte, an dem der vernuuftſtolze Dünkel der
ſich selbſt für unfehlvar haltenden Wissenschaft sich gevrochen und
an dem nicht minder jene beklagenswerthe Leichtfertigkeit unſerer Zeit
offenbar werden mußte, welche die sogenannte öffentliche Meinung
wie ein höchſtes Orakel auch in Sachen der übernatürlichen Ord-
nung anbetet, während sie das von Golt gesetzte Lehramt der Kirche
verachtet. Ö
Der ganze Episcopat, alle Nachfolger der Apoſtel, zu welchen
der göttliche Heiland gesagt hat: „Siehe, ich bin bei Ench alle Tage
bis an das Ende der Welt“ (Matth. XXV [II. 20) und „wer Euch
höret, der höret mich ; und wer Euch verachtet, der verachtel mich“
(Luc. X. 16,) sie sind einig, nachdem Petrus geſprochen hat. Sie
Alle stehen auf diesem Felſengrund der Kirche, von welchem ſich
fut trennen kann, wer immer zu der Heerde Jeſu Christi ge-
ören will.

Indem wir daher, in dem Herrn Geliebte, in innigſter Gemein-
ſchaft mit dem geſammten Episcopate der katholiſchen Welt unſere
volle Zuſtimmung und Unterwerfung unter alle und jede Beſchlüsſe
des Vaticaniſchen Concils hiedurch einſtimmig erklären, protestiren
wir zugleich mit aller Entſchiedenheit gegen die Behauptung, als sei
dadurch eine neue, in der uralten Uebverlieferung der Kirche nicht
enthaltene Lehre verkündigt worden, oder als ſei durch die verkün-
digle Lehre von dem unfehlbaren Lehramte und der Anmtsgewalt
des Papſtes das Verhältniß der Kirche zum Staate geändert oder
gar der Staatsgewalt gefährlich geworden. Gleichzeitig warnen wir
alle Glieder der uns von Gott anvertrauten Heerden vor den Ge-
fahren der bezeichneten Irrwege , welche von der Gemeinſchaft der
heiligen Kirche trennen. Wir ermahnen alle Gläubigen auf das
Eindringlichſte zum ireuen und ſstandhaften Festhalten an dem Glau-
ben uuſerer Mutter, der heil. kath. Kirche, welche nach dem Worte
des Apoſtels eine Säule und Grundfeſte der Wahrheit iſt. Wir
fordern sie auf zum andächtigen und beharrlichen Gebete für All,
die da wanken uud irren im Glauben.

Bei dieſer Gelegenheit können wir nicht umhin, euch alle in
Chriſto Geliebte zum ſortgeſeßten Gebete für das theuere Oberhaupt
unserer hl. Kirche zu ermahnen, welches noch immer wie ein Ge-













Inseraten - Inhalt der Annoncen-Expedi-

D 1 D Fionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
un é an e Vogler & G. I.. Daube & Cie. in

München, Franksurt u. Stuttgart tc.

"1871.















fangener im eigenen Hanſe der nöthigen Freiheit zur Ausübung
ſeines apoſtoliſchen Amtes entbehrt. Noch immer sind die Provin-
zen des Erbtheils Petri mit der Stadt Rom ſelber in der Gewalt
derjenigen, welche sie der Kirche und ihrem Oberhaupte durch die
rechtloſeſte und schmählichsie Gewaltthat geraubi haben und bis zur
Stunde fortfahren, die hl. Kirche in Rom ihrer Güter und jener
frommen Anſtalien, deren viele ſeit Jahrhunderten zum Heile der
ganzen Christenheit von den Päpſten errichtet worden sind, zu be-
rauben.

Zu Florenz sind unlängst og. Garautie-Geseßze berathen und
beſchloſſen worden, welche vorgeblich die Freiheit und Unabhäugig-
keit des päpſtlichen Stuhles verbürgen ſollen. Aber kein Vernünf-
tiger glaubt daran, daß ſolche Geſeze von der italieniſchen Regie-
rung, welche fortwährend die Rechte der Kirche und des hl. Stuh-
les mit Füßen tritt, werden beobachtet werden. Jene Berathung
und Beſchließung erscheint wie ein Trugſpiel, welches den verübten
Raub beſchönigen ſol. Sollten jene Gefege aber auch wirklich
beobachtet werden, so wird doch Niemand glauben, daß dadurch dem
beraubten Papſte die zur Ausübung ſeines apoſtoliſchen Anites durch-
aus nothwendige Freiheit und Una’ hängigkeit, welche er mit ſeiner
souveränen fürſtlichen Macht verloren hat, w .
werden könnte. Dieſe Freiheit und Unabhängigkeit, kann ihm nach
menſchlicher Einsicht nur durch die Zurückgabe dieſer ohne jeden
Schein von Recht geraubten Macht zurückerstattet werden. Das zu
verlangen iſt ein Recht und eine Plilicht allec Katholiken der ganzen
Welt. Daß dieſe Wiedererſtatiung aber geſchehen werde, das hoffen
wir zunächſt von Gottes Jürſorge, welche in der Geſchichte von bald
zweitauſend Jahren sich ja so oft in wunderbarer Weiſe an unſerer
hl. Kirche bewährt und das Schifflein Petri aus Wind und Wellen
gereilet hat.

Nach wenigen Wochen, am 16. Juni d. I., wird, so Gott
wil, uuſer hl. Vater, Pi u s IX. den 25. Jahrestag seiner Erwäh-
lung zur päpſtlichen Würde erleben, ein Ereigniß, welches ſeit den
Tagen des erſten Papſtes, des hl. Apoſtelsürſten Petrus, nicht wieder
eingetroffen iſt, und ſchon deßhalb mu ganz veſouderer Theilnahme
in bec katholiſchen Welt gefeiert werden wird.

Zwar läßt die gegenwärtige Lage des ſeiner Freiheit beraubten,
mit Leiden und Trübſalen überhäuften Papſies es nicht angemessen
erscheinen, den bevorstehenden Jubeltag als ein Freudenfeſt im vol-
len Sinn des Wortes zu feiern; aber er wird allen wahren Kindern
der Kirche eine willkommene Gelegenheit darbieten, abermals die in
ihren Herzen lebende innige Verehrung und kindliche Anhänglich-
keit an den ehrwürdigen Jubelgreis kungzugeben, welcher ſchon seit
mehr als 50 Jahren des Prieſterthums Würde und Bürde getragen
und seit 25 Jahren mit ſolcher apoſtoliſcher Liebe und Treue, mit
solcher Glaubensfestigkeit und Unerſchrockenheit, unter immertroähren-
den Stürmen und Widerwärtigkeiten das Amt des Statthalters Jeſu
Chriſti verwaltet und ſo Vieles und Großes zur Ehre Gottes voll-
bracht und geduldet hat. Gebete und Opfer werden die würdige
Feier dieses Tages ausmachen. ~ Gebete des Dankes für Alles,
was Gott durch Pi u s IR. in ſeiner Kirche gewirkt hat; heiße Bitten
zum Allmächtigen um Abkürzung der gegenwärtigen Trübſal; Opfer
der Liebe uh für das aller seitherigen Hülfsmittel beraubte Ober-
haupt der Kirche. |

Um hierin den Wünſchen der Gläubigen zu entſprechen, haben
wir theils durch besondere Erlaſſe in allen Pfarrgemeinden der uns
anverirauten Diöceſen am Tage der päpſtlichen Jubelfeier außerordent-
liche Andachten, sowie eine Sammlung von Liebesgaben für den
hl. Vater angeordnet, theils werden wir noch ſolche Anordnungen
treffen und laden alle Gläubigen augelegentlichſt ein, sich an dieſen
Andachten und diesem Opfer der Liebe eifrig zu betheiligen und
überdies für die großen Auliegen des hl. Vaicrs, welche zugleich die
Anliegen der ganzen Kirche und aller Katholiken sind, eine heilige
“ezuysr mit recht würdiger Vorbereitung zu empfangen und
aufzuopfern.

m H Wunſch aus, daß die Gläubigen
auch die ihnen etwa anderweitig dargebotene Gelegenheit, dem ſein
Jubelfeſt feiernden Vater der Chriſtenheit ihre Theinahme und Liebe
zu beweiſen, nach Möglichkeit benüßen wollen, um dem erhabenen
Dulder in den Tagen seiner gegenwärtigen Bedrängniß Troſt und
Freude zu bereiten. ;
 
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