Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0329

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext




Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerstag
und Samſtag. + Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. Z.

für Stadt

_ Donnerstag





Deutſchland G
* Heidelberg, 15. Juli.. Die bayeriſche Partei der Liberalen
fällt auseinander; es wird nämlich übereinſtimmend aus Bayern
bericqtet, daß die Abgg. Crämer, Herz, Erhardt u. A. nicht mehr
länger mit den Nationaliiberalen zuſammengehen wollen, die bekannt-
lich zu allem im Reichstage J a sagten, wie wir an den badiſchen
Abgeordneten Kiefer, Lamey u. s. w. exlebt haben. Die oben Ge-
nannten meinen, es sei jeßt Zeit, nachdem die Einheit erreicht ſei,
auch an die Freiheit zu denken und demgemäß im Reichstage zu
handeln. Ob die guten Vorſätze im Angesichte des Gewaltigen Stand
halten werden, iſt freilich eine andere Frage, über die wir im Hin-
blick auf die offenburger Vorfälle im eigenen Lande unſere ganz
bescheidenen Zweifel uns erlauben müssen. ~ Die „Schweizer Gränz-
poſt“ will erfahren haben, daß die Antwort des Königs von Bayern
auf den Antrag der Biſchöfe, betr. Aufhebung des königl. Placets
abſchlägig lauten werde; zugleich werde auch eine ausführliche Ent-
wicklung des staailichen Standpunktes gegenüber dem Unfehlbarkeits-
dogma erfolgen, welches mit den Staatsintereſſen unvereinbar erklärt
werden solle. Die Bad. Landeszeitung will wisſen, es werde gleich-
zeitig damit auch die Auflöſung der Kammer erfolgen. Jn letzterer
Beziehung wird die Bad. Landeszeitung nebſt Genoſſen übrigens
gut daran thun, sich keinen zu roſigen Hoffnungen auf glänzende
nationalliberale Wahlſiege hinzugeben; unſe r e Nachrichten aus Bayern
wenigstens laufen dahin hinaus, daß dort eine große Erregung un-
ter den Massen des Volkes gegen die Liberalen und insbesondere
auch gegen die Schwindler vorhanden ist, die dem Volke unter dem
Nanmikn der „Altkatholiken“ mit Taſchenspielerkünſten seine katholische
Kirche wegescamotiren wollen. ~ | ..
In Berlin iſt man ungehalten darüber, daß Frankreich ſich
ernstlich an die Arbeit macht, seine heruntergetommene Armee auf
einen achtunggebietenden Fuß zu seßen. Obgleich uns nichts natür-
licher scheint als eine solche nothwendige Reorganiſation, ſo sieht die
Norddeutsche Allgemeine nur neue kriegeriſche Gelüſte dahinter auf-
tauchen. Aehnlich die Kreuzzeitung, welche sich dahin vernehmen
läßt: „Aus übereinſtimmenden französischen Quellen geht die Nach-
richt zu, daß die franzöſiſche Regierung mit der Einführung der
allgemeinen Wehrpflicht, obgleich Herr Thiers officiell eine
solche Abneigung gegen dieſes Syſtem äußerte, in einem Umfange
vorgeht, der das preußische Krümper-Syſtem von 1808 noch bedeu-
tend in Schatten stelle. Daß dabei die Rücksichtnahme auf das
menschliche Material nicht entfernt ſo obwalte, wie es die bei uns
eingeführten Normen gebieten, verſtehe sich natürlich von ſelbſt.
Auch unsere Nachrichten aus Frankreich haben schon öfter erwähnt,





Inseraten - Inhalt der Annoncen-Expedi-

i I| j ) tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
uli san + Vogler & G. L.. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ec.

1871..

den 20. Juli









daß Herr Thiers beſtrebt iſt, sich möglichſt bald eine ſtarke Armee

u verſchaffen.! –

.! Wie vielfach bei uns, so haben sich auch die preußiſchen Blät-
ter aller möglichen Schattirungen mit hoher Befriedigung über jenes
gar nicht exiſtirende Schreiben Thiers' an den Papſt ausgeſprochen
und die Norddeutſche Allgemeine hat sich ſoger ſo arg blamirt, daß
ſie das von einem Witkkopf oder eineni abgefeimten Lügner her-
rührende Machwerk als ein Meisterſtück ſtaatsmänniſcher Weisheit in
den Himmel gehoben hat! Was werden dieſe katholikenfeindlithen
Blätter jegt sagen, wo Thiers durch den Minister Favre, wie der
Telegraph von Paris berichtet, der Regierung Italiens ernitliche

Vorſtelungen macht über ihr Verhalten gegen den Papſt unn vm

ihr verlangt, daß sie den Papſt nicht wie einen Gefangenen betrachte,
sondern ihm bei der Ausübung ſeiner geiſtlichen Macht keinerlei
Schwierigkeiten in den Weg lege ? Daß ein derartiges Verlangen
durchaus nothwendig iſt, iſt uns wiederholt von jüngſt aus Rom
zurückgekommenen Katholiken bestätigt worden, denn der Vater der

kathol. Chriſtenheit, der allein ſchon durch sein Alter und seine Tu
genden die Ehrfurcht der Welt verdient, schwebt dort in großer per-
ſönlicher Gefahr, da die ruchloſeſten Menſchen durch drohendes Ge-
brüll unbehelligt vor dem Vaticane den Papſt bedrohen und das

Schlimmſte nicht ſcheuen würden, wenn er es wagen ſollte, den Pen

laſt zu verlassen, sei es zu einer religiöſen Handlung oder zur Ab-
reiſe aus der ewigen Stadt. Es iſt somit der Papſt ein Gefange-
ner und die italieniſche Regierung hat bis jetzt noch nichts gethan,
um das Gegentheil vor der Welt zu beweiſen, io daß Herr Thiers
den Dank des katholiſchen Volkes in hohem Maße verdient, wnn
er als Oberhaupt der franzöſiſchen Republik ein ener.
giſches Wort in die Waagschale legt.

* Heidelberg, 18. Jali. Unser badiſches Stillleben hat sich .

zu keiner Zeit gemüthlicher entfaltet wie eben jett. Es iſt dies auch
begreiflich, da nach dem großartigen, lange andauernden Kriege, der
die höchſte Aufregung in unſerem Gränzlande hervorries , das Be-
dürfniß nach Ruhe ſich allenthalben einſtelen mußte, bis die Wahlen
zum Landtag eine etwas. lebhaftere Stimmung hervorrufen werden.

Wäre die Badiſche Correſpondenz nicht, ſo wüßte man taum, daß
verſchiedene Parteien im Lande wären, ~ doch, lieb’ Vaterland, _
magſt ruhig sein, das Gezänke, das Denunciren und Poltern gegen

die „Ultramontanen“ verfängt nicht mehr, ihre Mitbürger haben
sich landauf , landab im Kriege zu überzeugen Gelegenheit gehabt,
das sie sich ebenſo wacker und tüchtig gehalten haben wie ſämmt-
liche andere Parteien und daß alle Denunciationen und Hetzereien
in fich ſelbſt zuſammengebrochen sind, wie auch einzelne gerichtliche



Der dem Schaffot Eutſlohene.

(Novelle von Pr. J. F.)

_ (Fortſetung.)

Ich fürchte das Schlimmste. Wenn ich recht hörte, trachtet Karl nach
seinem eigenen Leben und Sidney ſoll ihm die Mittel dazu verſchaffen, ſeinen
Plan üuszuführen. Sahen Sie Sidney's verſtöttes Gesicht ? Meinen Kopf
will ich wetten, er iſt der Mörder des Barons." ;

„Um Gottes Willen ! laßt uns zu Herrn und Madame Dupre eilen, um
einem ſolchen Unglücke vorzubeugen.“ Une et z

„Ja, mein Fäulein ! laufen Sie, ich bleibe hier, um Beide zu beobachten."
Marianne eilte fort und Simon trat in den Saal, feſt entſchlossen, Karl nicht
mehr von der Seite zu gehen und ein ferneres Zuſammentreffen mit Sidney
zu verhindern. Bald darauf kam Mad. Dupre mit den beiden Fräulein, Simon mit
der Zärtlichkeit einer Mutter fragend was er gehört habe. Er sagte was er
wußte und die gute Frau ſchauderte bei dem Gedanken, daß ihr Sohn ein Selbst-
mörder werden wolle. Der Gedanke ergriff sie ſo ſehr, daß sie ſich nicht mehr
aufrecht erhalten konnte. Sie sank auf ein Söopha, und während Clementine
sie unterstützte, beeilte sich Marianne, um irgend eine Labung zu bringen.
Unter dem Cingange stieß sie auf Sidney, der bei ihrem Anblicke erſchrocken,
ſchnell ein Piſtol zu verbergen ſuchte, das er in der Hand hatte. Schnell kehrte
ſie um, Und wie ein Held, der den Feind erwartet, stellte ſie ſich vor die Thür,
die in' Karls Zimmer führte. Ihr Auge glühte muthig und lag zerimalmend
auf Sidney's todtenblaßem Antlitz. Eben wollte sie ihren Mund öffnen und
iy Lotti: .ist. F fuſe affe fit sich führe, als ein Officier mit ſechs

„Da mir die übrigen Perſonen des Hauſes
muß es wohl dieſer Herr ſein, den ich ſuche.
bunale den Auftrag , noch einen Genosſen dieſes Hauſes zu verhaften und ihn
streng zu bewachen, bis der Gerichtshalter ſelbſt ankömmt."

„Und wen ?" fragte Madamé Dupre.

„Den Secretär des Herrn Dupre, einen gewiſſen Sidney."

„Dort ſteht er," ſagte Simon. te. 0 v 62.4. U) .. U 44 !.

Der Officier winkte und Sidney wurde von Wachen umgeben.

ſchon alle bekannt find, so

Soeben erhalte ich vom Tri: |



„Sollte mein Sohn unjchuldig ſein ?“" fragte die Mutter zwiſchen Furcht j
und Hoffnung ſchwebend. h ;

„Früh oder ſpät wird die Unſchuld erkannt“’, sagte Clementine.

Hironymus ſtürzte athemlos ins Zimmer herein. „Madame Dupre,“ rief
er, „Der Herr Gerichtshalter mit Wachen und einem Wagen, sie kommen, um
Herrn Karl nach Paris abzuführen.“ : it
„HGerechter Himmel! ſchütze das Leben meines Sohnes, laß ſeine Unſchuld
an den Täg kommen.“ ;

Nun trat Murville ein, Dupre an der Hand führend,, ihnen folgte der
Secretär und mehrere. Diener. . Vor dem Eingange ſtanden Wachen. U .

„Beruhigen Sie ſich, Madame“, ſprach Murville, „und hoffen Sie die Er-
haltung Jhres Sohnes. Ich hoffe hier nähere Aufklärung zu erhalten und
vielleicht den eigentlichen Mörder zu entdecken. Herr Baron von Walberg, den
zit: Fuigtst als todt in seine Wohnung brachte, iſt durch die Kunst der _
lerzte ſo weit
mitzutheilen; ja man nährt ſogar gegründete Hoffnung, dieſen Ehrenmann

wieder gänzlich hergeſtelt zu ſehen. 'Wie er mir sagte, wollte er zu mir kommen,
um einen ſchändlichen Brudermörder , einen gewissen Mac - Donald, der hien
"unter dem Namen Sidney verborgen lebt, anzuzeigen und der wohlverdienten

Strafe zu überliefern“. | 544Ui l :] j zj .;itt, ftis itt. ttt
Bei dem Namen Sidney ergriſt Alle Entſeßen und Abscheu. Aler Blicke
waren auf ihn gerichtet. ; ;
„Sidney ?‘ fragte Dupre unglaublich, „das kann nicht möglich sein !“
!. ; z; Ia, roi Yig FSizuts heit ue truth: evt eigenen Bru-
am wos : ! 44.1 his “F. zu einem der u kt angesehenſten
Mädchen von Philadelphia feiern solte.n
Murville wandte sich nun än Sidney.
„Tritt näher, Ungeheuer“, sagte er, ,„viſt du endlich entlacyt k“ ¡ju .
; zer wagt es, mich anzuklagen“, sagte Sidney mit stolzer Haltung und
recher Stimme. .... .
+ „Das Heugniß des Baron von Wahlberg,
saß und Dich zum Tode verurtheilte.n j
„Ich bin Sidney, wie meine Papiere beweiſen.
(Schluß folgt.)

der als Präsident zu Gerichte

hergeſtelt, daß er im Stande war, mir ein wichtiges Geheimnipht.

Er mordete ihn „
 
Annotationen