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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0223

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Pfälzer

Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerstag fü k H tad k

und Samſtag. ~ Preiz : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. H.







C

Inseraten - Inhalt der Annoncen-Expedi-

tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Land. Vogler & G. L. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart 2c.







.. 56.





An die
hochw. Pfarrgeiſtlichkeit in München!

Die unterzeichneten in freier Conferenz zu Lauda versammelten
Geisllichen aus der Erzdiözeſe Freiburg haben heute einmüthig den
Beschluß gefaßt, Ihnen, hochwürdige Herrn, von ganzem Herzen und
mit vpller Ueberzeugung ihre Zustimmung zu der Erklärung auszu-
sprechen, mit der Sie unterm 13. April den Auslassungen des Dr.
v. Döllinger über das Vaticanum und dessen Lehrentſcheidnngen ent-
gegengetreten sind.

Der badische Clerus hat zwar schon bei dem ersten Anlauf,
welchen die Januspartei unter dem Protectorate eines notoriſch kir-
chenfeindlichen Tageblattes in Baden genommen hat, die Zu:nuthung
des kirchlichen Ungehorſams und Abfalls mit Verachtung von ſich
gewiesen und jenen Bestrebungen gegenüber Stellung genommen,
welche die große Weltkirche Chriſti durch büreaukratiſch bevormun-
dete Nationalkirchen verdrängen und an die Stelle der kirchlichen
auf den hl. Geist basirenden Auctorität die Suprematie der ,deut-
ſchen Wiſſenſchaft“ setzen möchten.

Unterdessen iſt aber dur:h geſchicktere Träger das Werk der Fin-
ſterniß und der im Geheimen geſponnenen Ränke zur Reife gediehen.
Der ſeit Jahren geplante Feldzug gegen die Kirche nahte dem Aus-
bruch, die Schritte des Mannes, der aufs Neue das ,„opertet et
haereses esse“ verwirklichen sollte, drängten zur Entſcheidung.
Der Schlag iſt in München, dem Mittelpunkte Süddeutſchlands ge-
ſchehen und augenſcheinlich darauf berechnet, die Schwingungen des
kirchlichen Widerſpruchs weithin durch die Gauen dieſes vielgeprüf-
ten Länderſtriches vibriren zu laſſen. Die übersſchwenglichen Lob-
ſprüche und Zuſstimmungsadresſsen, welche dem neuen Häresiarchen
aus dem Schooße des kirchlichen und politiſchen Liberalismus und
häufig von Leuten geſpendet worden, denen abgeſehen von dem Ver-
ſtändniß der Frage, um die es sich in erſter Linie handelt, an dem
Hauptträger des Widerſpruchs nichts gefällt, als Abfall, diese Demon-
ſtrationen laſſen keinen Zweifel darüber bestehen, daß man auch jetzt
wieder der abtrünnigen Elemente zu weitergehenden Zielen, zur
Schädigung und Vernichtung ,der Infamen“. sich bedienen will, die

Samſstag den 13. Mai

T isl



geschehene Anrufung der Gewalt aber beweist die Eile und den Ernſt,
womit man an’s Werk zu gehen gesonnen ist.

In dem kritiſchen Momente der Kriegserklärung haben Sie,
hochverehrte Herrn, einmüthig geschaart um Ihren Oberhirten, wie
es treuen Söhnen der Kirche geziemt, ein ſchönes und großes Wort
geſprochen. Sie haben muthvoll das Panier des Glaubens und
des kirchlichen Gehorſams entfaltet und weit über Jhren Wirkungs-
kreis hinaus dem Gläubigen die Parole gegeben, die in dem dro-
henden Kampfe Heil und Sieg verbürgt. Jhre mannhafte Erklärung,
im richtigen Zeitpunkte erlaſſen, hat allwärts bei den Guten freu-
digen Widerhall gefunden und den Muth der Zaghaften angefacht.

Die Negation vermag zwar Nichts zu erhalten, noch weniger
Etwas aufzubauen, und wir sind überzeugt, daß die Neuerungen der
theologischen Doctrinäre, deren Namen neuerdings von den Lippen
der grimmigſten Kirchenfeinde gefeiert werden, bald genug in der
Sackgasse unlösbarer Widerſprüche sich werden verlaufen haben.
Allein Verwirrungen und schmerzliche Kämpfe können ihre verhäng-
nißvollen Folgen ſein.

Sollten, was Gottes Gnade verhüten möge, dieſe Kämpfe über
uns hereinbrechen, dann haben Sie an uns treue und entschiedene
Kampfgenosſen, die unablässig mit Ihnen für den Sieg der guien
Sache beten und wirken werden.

Lauda, 8. Mai 1871.

K. M. Seltza m, Geiſtl. Rath und Decan. Constantin Seit,
HPfarrer in Werbach. Adam Hönninger, Stadtpfarrer in
Lauda. Jakob Korn, Pfarrer in Impfingen. Johann Diez
Stadtpfarrer in Walldürn. Joh. Gg. Kuh n, Pfr. in Ober-
balbach. Andr. Dürr, Pfr. in Unterbalbach. Carl Stet-
1 e r, Pfarrer in Messelhauſen. Carl Hi mmelhan, Pfarrer
in Eubigheim. Martin Lotter, Pfr. in Unterſchüpf. Ludw.
Julius Walter, Pfr. in Hollerbach. Leopold Gamdbert,
Beneficiat in Lauda. Franz Xaver Ha as, Pfarrv. iu Oster-
burken. Johann Schell, Pfrv. in Seckach. Carl Bender,
Pfrv. in Eiersheim. Adam Schott, Pfrv. in Tauberbiſchofs-
heim. Eduard Faulh aber, Pfrv. in Gerlachsheim. Eugen
î Karlein, Pfcv. in Diſtelhauſen. St. Engert, Pfrv. in Hei-
delsheim. Joseph Groß, Beneficiat in Dittigheim. Wende-
lin Jör ger, Vicar in Königshofen. Konrad Müller, Vicar



Der dem Schaffot Entflohene.

(Novelle von Pr. J. F.)

' (Fortsetzung.)
„Zwei“ , sagte das Mädchen für sich hin.
wie ich ſehe, wollen Sie ausreiten ?
„Ja !" und somit trat er in's Haus.
f V Ls N en trau zt:
! glauben, daß dieſer Sonderling . . ." ; tms
In dieſem Augenblicke kam Simon, ein alter Diener des Hauſes, ſeit

„Aber Sie sind ja beſpornt,

mehreren Jahren schon nicht mehr als Diener, sondern als Freund der Familie |

Dupre gehalten und behandelt, welche Auszeichnung er sich durch seine uner-
tua Redlichkeit, ſeine Anhänglichkeit und aufopfernde Liebe erwor-
en hatte. |

Herr Dupre, ein berühmter Advokat, der sich durch seine Talente und un-
ermüdeten Fleiß ein großes Vermögen , durch seine Rechtlichkeit aber die Achtung
aller Menſchen in der Hauptstadt und weit umher verdient hatte, kaufte sich
in der Nähe von Paris eine ſchöne Herrſchaſt, wo er im Schooße seiner Familie,
einer frommen Frau, einem wahren Muſter von häuslicher Tugend und Wohl-
thätigkeit, seines einzigen Sohnes Karl, Mariannens und Simon, von den Ge-
ſchäften zurückgezogen, seine Tage in Ruhe zu verleben gedachte. Er wollte
den Rest seines bisher so thätigen und angestrengten Lebens nur noch dem
Glücke seiner Familie und dem Wohle seiner Unterthanen widmen. Alber eine
ſo vollkommene Ruhe sollte er noch nicht genießen; denn der Ruf seiner Ta-
lente machte ihn auch noch auf dem Lande finden. In äußerſt verwickelten
Rechtsfälen nahm man noch immer seine Zuflucht zu Dupre, dem anerkannt
besten Advokaten. Karl und Marianne, eine Nichte der Madame Dupre, die
ihre Eltern frühzeitig verloren hatte , wuchſen als Kinder mit einander auf
und liebten sich wie Geschwister. Die Kinder wußten es auch gar nicht anders,
als daß sie Bruder und Schwester seien , worüber beſonders die Mutter große
Freude empfand ; denn Marianné ſollte dieſer eine Tochter erſeßen, die ſie im
zarten Kindesalter verlor, ſo daß, wenn sie noch lebte, sie nur ein paar Monate
jünger, als Marianne wäre. Als die Kinder heranwuchſen und man darauf



denken mußte , ihnen einen weiteren Unterricht zu ertheilen, ſo vermehrte ſich
die kleine Familie in der Perſon eines Erziehers für Karl und Lehrers für
Beide. Die wißbegierige Marianne nahm faſt an Allem Antheil, was Karl
lernte. Als Karl aber anfing Studien zu treiben, durch die er ſich auf die
Universität vorbereitete, ſo zog sich Marianne zurück und ſagte, ſie wolle keine
Gelehrte werden. Von nun an ſcloß sie ſich mehr an die Mutter, vervol-
kommnete sich in den schon erlernten weiblichen Arbeiten und unterstütte
Madame Dupre in der Führung der Haushaltung mit allem Fleiße und der
größten Genauigkeit, ſo daß ihr die Aufsicht über Küche und Keller, die Wäſche
und die weibliche Dienerſchaft anvertraut wurde. Kurz, sie wurde nach und
nach die rechte Hand der Mutter und bildete sich unter Leitung dieſer zur voll-
kommenen Hausfrau heran. ;

Jetzt war die Zeit gekommen, daß Karl die Universität beziehen ſollte. Der
Vater gab ihm weiſe Lehren, in Betreff ſeiner Studien, über die Wahl ſeines Um-
ganges und ſeiner Freunde ; die Mutter ermahnte ihn auf das Dringendste,
ſtark an seiner heil. Religion zu halten, Gott und die Tugend nie aus den

Augen zu lassen, die Kirche fleißig zu beſuchen und genau dem nachzukommen,

was dieſe liebende Mutter vorſchreibt. Karl war eine guter frommer Jüng-

ling, das schöne Beiſpiel ſeiner braven gottesfürchtigen Eltern hatte wohlthätig

auf ihn gewirkt und die guten Lehren derselben in ſeinem empfänglichen Her-

zen einen fruchtbaren Boden gefunden; er war unverdorben ; ſein Charakter

tze ofen und tugendhaft und sein Gesicht der Spiegel ſeiner reinen
eele.

Als er, in Begleitung seines Erziehers und Simons D dieſer lies es sich
nicht nehmen , den jungen Herrn, den er geboren werden ſah, auf die hohe
Schule zu begleiten – das väterliche Hans verlies, sagte er zu Mariannen :
„Run, hat mir meine Schwester Marianne nichts zu ſagen ?“ Dieſe reichte
ihm die Hand und erwiederte mit ſeelenvolem Blicke: „Komme ganz so wie-
der zurück, wie Du uns verläßt, mit demſelben Herzen, nur reicher an Kent-
niſſen." Karl umarmte sie mit Thränen und Rührung, Vater und Mutter ſeg-
neten ihn und fort rollte der Wagen mit den raſchen Poſtpferden.

Durch Karls Abreise entstand eine bedeutende Lücke in dem stillen Haus-
halt der Familie Dupre ; Marianne verlor in Karl den Bruder , der ihr bei
der Wartung der Blumen behülflich war und ihr das Waſſer trug, um die-
selben zu begießen ; der Vater einen fleißgen Mitarbeiter bei ſeinen ſich noch
 
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