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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0095

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int wö ich“: j q ' Inseraten- Inhalt der Annoncen-Expedi -
Erſcheint wöchent'ich; 3 Mal: Dienstag, Donnerstag gen ; j h ] ; ; Üonen von Rud. Mosse, Haasenstsin &
und Samstag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne für Ftadt und Cand § Yggler tt: H Htg Fc. (!!
Trägerlohn und Poſtaufschlag. JInſ.-Geh. 2 kr. d. Z. ! ; ;
Samſtag den 25. Februar 1871.

J§. 24.









Die Wahlen zum ersten deutschen Reichstage betreffend. B!

Bereits am 3. d. J. sollen allenthalben die Wahlen zum ersten deutschen Reichstage vorgenommen werden. Im Hinblick auf

die hohe Wichtigkeit dieſer Wahlen halte ich es für eine Pflicht meines Amtes, an den hochw. Clerus und an alle Gläubigen der

Erzdiöceſe, welche berechligt ſind, an diesen Wahlen Antheil zu nehmen, einige Worte zu richten, wie dies auch in anderen Bisthümern
eſchehen iſt. s :

"gs: é mehr der ſegensreiche Einfluß der Lehren und Grundsätze des Chriſtenthums aus dem öffentlichen Leben verdrängt wird,

deſto mehr werden wir leiden und ſseufzen unter dem Drucke der Zuſtände, die ohne Rücksicht auf Gott und Religion geſchaffen, geord-
net und geleitet werden. Die Geſchichte der Völker gibt hinlänglich Zeugniß hiefür. / z . u

Sollten wieder besſere und glücklichere Zeiten angebahnt werden, soll der Frieden zwiſchen den einzelnen Völkern, zwiſchen Staat
und Kirche, das Recht und der Friede in den öffentlichen und Privatverhältniſſcn wieder eine bleibendere Stätte finden, so muß das
chriſtliche Volk auch dazu helfen. Es muß nicht blos jeder Einzelne sich bemühen, ein rechtſchaffener, guter Chriſt zu ſein ~ man muß
auch nach Möglichteit Sorge tragen, daß unsere öffentlichen Zuſtände durcy gottesfürchtige, chriſtlich gesinnie Männer geordnet und
eleitet werden. ;
! Die jezt bevorſtehenden Wahlen zum erſten deutſchen Reichstag bieten uns hiezu eine Gelegenheit, wie ſie wohl so bald nicht
wiederkehrt. Der deutsche Reichstag hat bei der Anordnung unserer wichtigsten Rechte und Jntereſſen mitzuwirken. Er beſtimmt nicht
blos über unſere bürgerliche Gesetzgebung, über Zol - und Handelsverhältnisſe, über die Beſteuerung, über unſer zeitliches Wohl und
Wehe, ſondern auch über unſere geiſtigen Rechte, über die Preſſe und das Vereinsweſen. Ja nicht Wenige hegen die berechtigte Erwar-
tung, daß bei den Verhandlungen des Reigjstages auch die rechtliche Stellung der Kirche im deuiſchen Reiche zur Sprache kommen
werde, ~ daß, wie in den deutſchen Reichsgeſeßen und der jetzigen preußischen Landesverfassung, so auch in der neuen deutſchen Reichs-
verfaſſung die Aufrechthaltung und der Schutz unſerer religiöſen Rechte und Freiheiten gewährleiſtet und Einrichtungen getroffen werden,
die für die Heranbildung unſerer Jugend im kath. Geiſte Fürſorge treffen. U .

Voraussichtlich wird es anderseits auf dem deutſchen Reichstage nicht an Männern fehlen, welche bei dem politiſchen Neubau des
deutſchen Vaterlandes wieder jene antichriſtlichen Grundsätze zur Geltung bringen wollen , deren Herrſchaft ſo viele Jahre die glückliche
Entwickelung vieler Staaten gehindert hat. Es wird nicht an Männern fehlen, welche bei gegebener Gelegenheit dahin ſtreben, die der
Kirche gebührende Freiheit und Selbstſtändigkeit noch ferner vorzuenthalten oder ihre heiligſien Rechte und Intereſſen möglichst zu ver-
kürzen und zu beschränken. '. Ü; p. P

Das Alles sind Umstände, welche den bevorſtehenden Wahlen der Reichstags-Mitglieder eine mehr als gewöhnliche Wichtigkeit
Leleztt und eben deßhalb die Wähler in erhöhtem Grade verpflichten, sich an dieſen Wahlen mit beſonderm Eifer und großer Gewissen-
haftigkeit zu betheiligen. .

Die Sscerru deutſchen Truppen haben in siegreichen Schlachten mit ihrem Blute und indem Jeder an ſeiner Stelle
ſeine Schuldigkeit gethan hat, die so lange ersehnte Wiederherſtelung des Deutſchen Reiches errungen. Ahmen wir dieſes Beiſpiel der
uE Söhne unseres theuren Vaterlandes nach und erfülle Jeder von uns ſeiue Pflichten gegen Gott, gegen den Staat und
die Kirche. Ö
Vor Allem bitte ich Euch alſo, daß ihr wo möglich Alle von Eurem Wahlre chte Gebrauch ma chet. Laſſet Euch
doch nicht abhalten durch allerlei geringfügige unbedeutende Hindernisse, durch irgend welche kleine Unannehmlichkeiten und Beſchwerden, auch
nicht durch eitle Vorwände, wie daß es ja auf eine Stimme mehr oder weniger nicht ankomme. Der Erfolg hat ſchon oft das Gegen-
theil bewieſen. Betrachtet vielmehr Eure Betheiligung an der Wahl als eines Eurer wichtigſten Geschäfte jener Tage, für deſſen ge-
wiſſenhaste Besorgung Ihr Gott verantwortlich ſeid. ;

Das Zweite, was ich Euch angelegentlich empfehle, iſt: Wählet die r e <t en Männer! Lasset Euch dabei nicht von allerlei
Nebenrücksichten leiten! Gebet nicht aus Furcht oder Menſchengefälligkeit Eure Stimme Männern, von welchen man ſchon weiß, daß ſie
nicht geneigt ſind, die chriſtlichen Grundſäßze unjſerer Vorfahren zur Grundlage des neuen deutſchen Reiches zu machen. Ewig wahr bleibt
Gottes Wort : „Wenn der Herr das Haus nicht baut, arbeiten die Bauleute vergebens.“ (Pſ. 126,1.) ] ; :

VWäühtlet darum patriotische, tüchtige und zuverlässige, wo möglich gläubige katholische Männer, von denen ihr gewiß seid, daß sie
ein so geſundes Staatswesen wollen, wo auch die Religion gedeihen und diese auf die Schule, Ehe und Familie ihren heiligenden Ein-
fluß ausüben kann – Männer , die für die Wohlfahrt des Vaterlandes, für die Freiheit und Rechte Aller, deßhalb auch für die der
Kirche ein warmes Herz bewährten; Männer, die mit einem Worte feſt entschloſſen sind, in Gottesfurcht dem Kaiſer zu geben, was des
Kaisers iſt, aber auch Gott, was Gottes iſt. Wer so zu wählen entſchloſſen ist, der wird sich hüten, seine Stimme Männern zu geben,
die erfahrungsgemäß seit Jahren die heiligſten Rechte und Intereſſen der Katholiken zu beeinträchtigen und die chriſtliche Religion mit
ihrem Einfluß aus dem öffentlichen Leben mehr und mehr zu verdrängen bemüht waren.

Den Hochwürdigen Pfarrelerus erſuche ich, diese oberhirtliche Mahnung den Gläubigen zum rechten Verständniß zu bringen
und nöthigenfalls in einer der hl. Stätte angemessenen Weise, ohne alle Verletzung der chriſtlichen Liebespflichten, noch näher zu erläutern.

Dieselbe iſt am erſten Faſtenſonntage den Gläubigen von der Kanzel zu verkünden, und verordne ich zugleich, daß an diesem
Sonntage uach Verrichtung des allgemeinen Gebetes mit Weglaſſung der sonſt üblichen Gebete, ſowie am Wahltage ſelbſt nach der
Yz. qres Abbetung von drei Vater unser und Ave Maria für den guten Ausfall der Wahlen der göttliche Segen
erfleht werde.

F reibur g, den 16. Februar 1871.
+s Lothar von Kübel,
Biſchof von Leuka i. p. i. und Erzhisthumsverwefer.

Notizen für die Wähler zum Reichstag. î 4) Auf den Wahltiſch, an welchem der Wahlvorstand Play
(Auszug aus dem Wahlgesez und dem dazu gehörigen Reglement). | nimmt, wird ein (leeres) verdecktes Gefäß zum Hineinlegen der Stimm-
. 1) Die Wahlhandlung bei der Wahl des Abgeordneten für | zettel (Wahlurne) gestellt. |
ieden Wahlkreis, sowie die Ermittelung des Wahlergebnisſes sind 5) Während der Wahlhandlung und im Wahllokal dürfen keine
öffentlice. Es können also einige zuverlässige Katholiken bei dem | Discussionen stattfinden, keine Ansprachen gehalten oder Beschlüsse
ganzen Wahlgeſchäft anweſend bleiben. gefaßt werden, außer denjenigen des Wahlvorstandes, welche durch
t ! ft Wahlhandlung beginnt am 3. März um 10 Uhr Vor- | die Leitung des Wahlgeſchäftes bedingt sind.

a t. Uztggs. Ve
t z) Der H tc U6r ſocauigags gctzloiſtn. .8 der Zahl 6) Die Wahl der Abgeordneten zum Reichstage iſt eine direkte
der Wähler einen Protokollführer und 3 6 Beisitzer. und geheime.
î gu keiner Zeit der Wahlhandlung dürfen weniger als drei Der Wähler, welcher ſeine Stimme (Stimmzettel) abgeben will,
Mitglieder dieſes Wahlvorstandes gegenwärtig ſein. muß ſelbſt in Person an den Wahltiſch treten, an welchem der Wahl-


 
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