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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0289

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Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerstag
nd Samſtag. ~ Preiz : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufſchlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. H.

Jiê. 73.

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für Stadt



t L ~

Einladung zum Abonnement.

Auf das mit dem 1. Juli beginnende III. Quartal laden wir
ergebenſi ein und bitten unſere auswärtigen Abonnenten, die Er-
neuerung des Abonnements noch vor Ablauf des alten
Quartals bei den betr. Poſtar.ſtallen oder Landpoſtboten anzuzeigen,
indem eine unterlaſſene Neubeſtellung immer als Abbestellung ange-
nomnien wird. ;

Bestelungen für Heidelberg, Neuenheim und Schlierbach wollen
bei der Expedition von L. Schwei ß dahier gemacht werden.

Bestellungen in Paketen von mindestens 10 Eremplaren, wobei
wir je ein Freiexemplar gewähren, werden ebenfalls von der Expe-
dition entgegengenommen, und erſuchen wir um rechtzeitige Anmel-
dung derselben.

_ Jmierate, zu dem äußerſt billigen Ansatz von 2 kr. die 3ſpaltige
Petitzeile, finden bei der großen Auflage unseres im ganzen Lande und
über deſſen Grenzen hinaus geleſenen Blattes die beſte Verbreitung.

Im Hinblick auf die Freund und Feind bekannte Tendenz un-
ſeres Blattes halten wir es für überflüſſig, unſer Programm noch-
mals den Leſern des Weiteren zu entwickeln. Die großen Tage, in
denen wir leben, und insbesondere der bevorſtehende Wahlkampf für
die badiſche Kammer werden dem Pfälzer Boten ein stets wachſen-
des Intereſſe verleihen und wir hoffen daher zuversichtlich, daß alle
unſere Freunde, die Wichtigkeit der Zeit und der Preſſe zugleich er-
kennend, Alles aufbieten werden, um dem Pfälzer Boten einen noch
größeren Eingang bei dem Volke zu versſchaffen. Wir erwarten, daß
Alle ihre Schuldigkeit thun ~ auch wir thun die unſrige.

Heidelberg, 15. Juni 1871.

Die Redaktion.

* Die Dotationen und „Offenburg.“

Es iſt geradezu eckelhaſt, mit welcher Wohldienerei anläßlich
der Dotationsfrage eine Reihe von nationalliberalen Blättern den
ganzen Conſtitutionalismus als eine abgethane Sache bei Seite wer-
fen. Es iſt dieſes Verfahren um ſo unanſtändiger, als die nämliche
Preſſe früher sich berufen glaubte, mit ängſtlichſter Sorgfalt über
alle constitutionelen Formen wachen und diese als einen Talisman
in allen staatlichen Nöthen befürworten zu müſſen. Die Bad. Lan-
deszeitung thut dies in offenſter Weiſe; sie geſteht ganz unumwun-
den zu, daß bei dem Dotationsverfahren „der rein monarchiſche Zug
dabei den verfaſſungsmäßig - parlamentariſchen überwiegt; " troydem
aber wird der „Wunſch des Kriegsherrn“ in's Vordertreffen geführt
und weil dieſer ihr nicht allein genügt, wie dem Fürsten Bismarck,

Der dem Schaffot Eutflohene.
(Novelle von Pr. J. F.)

(Fortſezung.) .

„Es iſt jezt nicht der Augenblick, Dir das zu sagen. Entferne Dich ! Ich
wünſche allein zu sein."

Karl wußte nicht, was er denken ſollte und gehorchte, ohne Widerrede, die
Mutter und die beiden Mädchen folgten ihm. Als ſich Simon mit Herrn
Dupre allein ſah, näherte er sich ihm mit den Worten: „Herr Dupre, ich
hlutue eue Paar Augenblicke Gehör zu ſchenken, ich habe Ihnen etwas mitzu-

eilen." ]

„Jett nicht guter Alter ! laſſe mich allein.“

Simon ſchüttelte den Kopf und entfernte sich schweigend. Dupre blieb in
Gedanken verſunken und ſchien nach langem Kampfe einen Gedanken zu fassen,
den nur die größte Seelengröße einflößen kann. j

Bald darauf trat Madame Dupre wieder ins Zimmer und befragte ihren
Gemahl über all’ das Sonderbare, was ſich ſeit gestern in ihrem Hauſe zutrage.
Die Wachen vor dem Thore und den Thüren machten die gute Frau zittern.
Noch mehr bekümmerte ſie der tiefe Schmerz, in welchen sie ihren Gatten ver-
ſenkt sah. „Sage mir lieber Freund ! ſprach sie mit der liebevollſten Art, sind
wir denn unserer Freiheit beraubt?!" | |

guy: Vt, meine Gute! und auch. nicht die Mädchen.’
HnUnd Du?! ;

Das weiß ich nicht."

„Du machst mich zittern. Dein Kummern. N:

J möchte Dir gerne den Schmerz ersparen ; allein Du mußt es ja doch
erfahren . . . man will mich arretiren.“ . |

„>? pi t möglich! und warum ?!

„Ss gi
von Clementinen’s Vermögen



| .y

leicht gar eine uns theure Person?“



Dienstag den 27. Juni

Thäter zu nennen, was aber Dupre standhaft verweigerte.

aßregeln, die das Geſez nehmen muß. Ich war Verwalter

) . . . der hier in der Rähe verübte Mord . .. .'
_ „Gott, welch ein Unglück! und wie Du zitterst, wie Du blaß wirst ! Sage
mix, haſt Du vielleicht eine Spur von dem Mörder, kennst Du ihn, iſt es viel-





Inseraten -- Inhalt der Annoncen-Expedi-

s tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Land. Vogler & G. IL. Daube & Cis. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ec.

L s O E O . 11 1025



so muß auch noch „der geſunde Sinn des Volkes“ herhalten, den die
nationalliberale Partei fortwährend im Munde führt, wenn er auch
nicht, wie im gegenwärtigen Falle, ſich zu äußern in der Lage war.
Kann es denn in der That eine armſeligere Motivirung für die
Kiefer'ſche Abstimmung und die seiner Freunde geben, als diejenige,
welche die Landesbaſe in die wohldieneriſche Phraſe legt: „Der ge-
ſunde Sinn des Volkes verlangte, wenigstens in dieſer Frage, die
für uns Alle eine Herzensfrage, ja eine Gewissensfrage iſt, ein hoch-
herzig freies Eingehen des Reichstags auf den Geſeßentwurf; alles
Andere schien ein Feilſchen um unſchätbbaren Lorbeer“ !! Was thun
wir mit solchen erbärmlichen Phraſen , die lediglich den Abfall der
nationalliberalen Leute, jener Menschen, die nicht Fleiſch und nicht
Fiſch sind, vom lettten Schein constitutioneller Principien maskiren
ſollen! Werft doch die Maske ab und geht offen mit Blankenburg,
der zur Motivirung seiner Abstimmung sich weſentlich leiten läßt
von dem Wunsche seines „gnädigsten Königs und Herrn.“

So weit haben's die Nationalliberalen bei uns unter Führung
des Oberstaatsanwaltes Kiefer glücklich gebracht; wohl ihnen daß sie
am „Ziele“ angekommen sind! Was Herrn Kiefer betrifft, ſo iſt
die Preſſe in ganz Deutſchland, so weit sie nur einen entfernten
Anspruch auf Selbstſtändigkeit zu erheben hat, über die Art und
Weise seines dreiſten Auftretens in Berlin hergefalen. Das Wort
des Abg. Löwe, daß man bis jett gar nicht gewußt habe, wer
der Herr Kiefer sei, der nunmehr im Namen von ganz Süddeutſch-
land zu sprechen wage , hat allenthalben Widerhall gefunden ; selbst
die Augsburger Allgemeine kann ihre innige Schadenfreude über
das Loos des Heimgegeigten kaum mehr zurückhalten. |

Vortrefflich bemerkt die Köln. Volkszeitung : „Der Fortſchritt
konnte uicht vergeſſen, daß der bekannte badiſche Abgeordnete Kiefer
ein selbſtgefälliger, dreiſter ~ um nicht mehr zu sagen ~ Wort-
macher der Nationalliberalen, ihm den Pratriotismus abgesprochen
hatte. Wie mit den Clericalea –~ wir erinnern beiſpielweiſe an
seine Rede gegen Moufang —, so wagte es Kiefer als ächter Li-
beraler, der nur seine Ansicht für die allein richtig hält, auch mit
dem Fortschritt umzuſpringen. Aber dieſes Mal wurde ihm gebüh-
rend heimgeleuchtet." Die Neue Freie Preſſe fällt über die Wider-

wärtigkeit des Kiefer'ſchen Auftretens überhaupt ſtark her und schont
selbſt, woran wir jedoch keinen Gefallen haben, die äußere Erſcheine

nung des Mannes nicht. Uns ist Herr Kiefer ein Phantast, ein
IJdeolog mit all’ der Tigerhaftigkeit, mit der diese Gattung von
Leuten angethan zu sein pflegen ; es iſt ein ſeltſames Gemisch von
Cato und „Sonnenanbeter“, wie sie unsere Zeit nicht ſelten zur

Strafe parlamentariſcher Versammlungen hervorbringt. Die Leute

Madame Dupre in einen Strom von Thränen und laute Klagen ausbrach,
ermannte er ſich wieder und ſuchte sie zu tröſten. Sie drang in ihn, ihr den
Endlich hörte man
Leute, die sich näherten, da sagte er mit leiſer Stimme :

nVielleicht klagt man mich selbſt an.

„Dich !“ rief Madame Dupre mit guf einmal heiterem Geſichte, „dann
bin ich ruhig ; denn das hieße den Gerechteſten zum Schurken machen wollen.
Deine Unschuld zu erweisen, wird wohl nicht schwer ſein." :

Da erſchien der Herr Murville mit einem Secretär und zwei Wachen, von
einer Seite wurde Karl, pon der andern Sidney, jeder von einer Wache be-
gleitet, durch einen Amtsdiener herbeigeführt. Simon folgte dem Lettern,
den er keinen Augenblick aus dem Auge verlor. Der Secretär legte verſchiedene
Papiere auf den Tiſch und als Dupre dieselben als die Seinigen erkannte,
ging er auf Murville zu und ſagte : „Was ſeh ich, lieber Freund ! meine Papiere?“

„Mit welchem Rechte, mein Herr!" fiel Karl heftig ein.

„Du hier ?" sagte der Vater und ſein Auge verfinſterte sich.

„Ich ließ ihn rufen", beſchwichtigte Murville. ;

Dupre nahm seinen Sohn bei der Hand. und sagte ihm leiſe: „Ertferne
Dich aus meinen Augen, bleibe dort im Hintergrunde stehen, und hüte Dich,
auch nur eine Silbe zu ſprechen.'

Karl zog sich zurück und Dupre ſah abwechſelnd auf ihn und Murville. Der
Secretär sette sich an den Tiſch und ein Gleiches that Murbille, indem er

| Madame Dupre, die beiden Fräulein und Herrn Dupre zum Siten einlud.
[Karl, Sidney und Simon standen in der Nähe des Einganges, der von zwei

Soldaten besetzt war. ;
„Herr Dupre !“ nahm Murville das Wort, als gestern Abends der Herr

Baron von Wahlberg ankam und Sie nicht zu Hauſe fand, schrieb er Ihnen

gegenwärtigen Brief, mit welchem er die Zurückgabe der bei Ihnen deponirten

zweimalhunderttaujend Franken forderte. Später kam er zurück, um das Geld

von Ihnen in Empfang zu nehmen, und Sie gaben ihm die Summe in Ge-
genwart von Zeugen in einem Portefeuille, wofür er Ihnen eine Quittung
éinhändigte. Es. war Nacht und der Herr verließ Ihr Haus, nur von Ihnen

begleitet. Nicht weit entfernt, wird er angefallen, man findet 1hn in seinem
ygar r {z qtu uu at gauy zit q Blute ſchwimmend und Sie allein bei ihm.". |
na !“ sagte Dupre und überließ sich dem tiefsten Schmerze. Da nun p

(Fortſevung folgt.)
 
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