Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0577

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerſtag
und Samftag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poftaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. B.

für Stadt



cen-Grpedi-

30 N8 tin
& Cie. in
ittgart 2c.









Dienstag den



Tagesb érigt.

~ Der hochw. Biſchof von Straßburg iſt am 8. d. von Ber-
lin über Köln nach ſeiner Diöceſe zurückgekehrt, nachdem er die Ehre
gehabt , auch von J. M. der Kaiser-Königin empfangen zu werden.
Ueber den Erfolg der Reiſe des hochbetagten Kirchenfürsten nach der
Hauptstadt des deutſchen Reiches iſt begreiflicher Weise noch nichts
in die Oeffentlichkeit gedrungen. Die Berliner Officiöſen haben, ſo
weit unsere Kenntniß reicht, sich über die Hinkunft des Biſchofs noch
nicht geäußert. Von der „Germania“ wird das Verbot ihres De-
bits in Elſaß-Lothringen mit großem Gleichmuthe aufgenommen; sie
bezeichnet das Verbot eines katholiſchen Hauptorganes, das seit sei-
nem Entstehen noch keine Verurtheilung erfahren, und noch niemals
in Anklageſtand verſetzt wurde, als eine Schlappe, welche die Reichs-
regierung im erſten Jahre des neuen deutſchen Reiches sich ſelbſt zu-
gefügt habe. Es ist höchſt niederdrückend, daß die Reichsregierung
in Elſaß-Lothringen den Gesinnungsausdruck der Katholiken, der nur
ein loyaler iſt und sein kann, abſolut nicht zulaſſen will!

~ Die Prasidentenbotſchaft des Hrn. Thi e rs kam in der
franzöſiſchen Nationalverſammlung am letzten Donnerstag zur Ver-
lesung, und zwar durch Thiers ſelbſt, der 4 Stunden damit zu thun
hatte. Die Botſchaft erwähnt, daß Frankreich nach den furchtbaren
Schickſalsſchlägen, die es betroffen, und in die das Kaiſerreich es
geſtürzt, sich täglich mehr emporarbeite. Frankreich braucht den Frie-
den und will den Frieden, seine Beziehungen zu den Mächten haben
sich zu friedlichen und wohlwollenden gestaltet, jene zu Deutſchland
sind vollſtändig geregel. Da Frankreich den Frieden will, so gibt
es voraussichtlich keine Kriegsbedrohniſſe. Hr. Thiers berührt die
Finanzlage, die innere Reorganisation, die Heeresreform und die
Verfaſſungsfrage. Jn letzterer Beziehung erklärt er sich enthaltend,
als einfacher Verwalter der souveränen Nationalverſammlung , wel-
cher die Entscheidung zuſtehe. Habe er deren Vertrauen heute oder
morgen nicht mehr, so werde er die Gewalt an sie zurückgeben. Fer-
ner mahnt der Präsident mit Bezug auf die feindseligen Attentate
gegen das deutſche Militär zur Ruhe und Ergebung, und tadelt die
geſchehenen Freiſprechungen der Mörder von deutſchen Soldaten. Be-
züglich Roms äuſsert die Botſchaft: „Die Unabhängigkeit des hl.
Stuhles wird streng aufrecht erhalten werden müſſen. Was Rom
anbelangt, so geben wir keinerlei Rathſchläge, denn wir ertheilen
solche Niemand, am wenigsten dem Greise, welcher unſere ganze Hoch-
achtung, unsere ganze Sympathie besitzt.“ Was Oeſterreich betr.,
sagt die Botſchaft, ſo hegen wir Wünsche für ſeine Wohlfahrt. Mit
Rußland unterhalten wir die besten Beziehungen. Sie sind das Re-

1871.
eſſen beider

\otſchaft iſt je

12. December....

ſultat einer gegenseitigen wi
Länder (!)
~– Die Aufnahme de

nach den Parteiſtandpunkt- orleaniſtische
Journal des Debats versi' onalverſamm-
lung sei im Ganzen befr' ublikaniſchen
Blätter hingegen tadeln velei für die
Mehrheit der Assemble- 1 hat aus-
zusetzen, daß. Thiers tr . nicht ein
einziges Mal das W/ ſprechen ge-
wagt habe. Die Pri ringlichkeit ;
das bedeutet Stürme zu wollen,
nach Lage der Dinge . der Natio-

anf Verle-

it ſchwacher

„ßantrag, über die
.chiſch, eine allgemeine
de faſt einstimmig ab-
t, welche die kaiſerliche
, einstimmigen Beifall der

„nd befindet sich auf Beſuch
nerika, wo ihn die republi-
ie Freundſchaft zwiſchen der
Je ſei unerschütterlich, ver-

nalverſammlung wy
gung der Regierun/
Mehrheit verworfen
Regierungsform, of
Volksbefragung ()
gelehnt. Diejenig
Herrſchaft verurth
Nationalverſamm|

Der Gr;
in den Vereinigtei
kaniſchen Staatsma
großen Republik u
sichert man.
_ Der engliſche
ger Zeit krank. Die %

.inz von Wales, iſt seit eini-
ceten abwechsſelungsweiſe bald
gnt bald weniger unbedeni . 8. nun wird über Brüſßſel ge-
meldet: Der Prinz von ' ite eine ſehr ſchlechte Nacht, die
Fieberſymptome kehren mit zk zurück.

~ In Prag iſt die oroßherzogin von Oldenburg am 9. d.
Nachts nach kurzem Leiden gestorben.

Die Action des neuen öſterreichiſchen Ministeriums beginnt
mit ungünstigen Erfolgen: In Mähren, Oberöſterreich, Krain und
Vorarlberg, deren Landtage aufgelöst wurden, sind die Wahlen
der Landgemeinden beinahe alleſammt „ultramontan“ und national
ausgefallen. Die Czechen sind haltſtarriger denn je ; sie verbreiten
massenhaft das Reſcript des Kaiſers vom 12. Sept., in welchem
ihre staatsrechtlichen Aufstelungen in den Hauptpunkten anerkannt
wurden. +:



. Leichenſchändung. Aus Ibbenbüren v. 24. Nov. wird der Köln.
V. Z. berichtet: Seit einigen Tagen iſt die hieſige Bevölkerung in Aufregung.
In der Nacht vom 20. zum 21. iſt nämlich von ruchloſer Hand das Grab
einer ſchon seit faſt vier Jahren in der Erde ruhenden Frau mit Karſt und
Spaten aufgewühlt, und der Sargdeckel zerbrochen worden. Der Schädel der
Leiche lag mehrere Schritte vom Grabe entfernt. Derselbe war mit Kraft ge-
gen ein in der Nähe ſtehendes Kreuz geſchleudert, welches noch deutliche Spu-
ven davon zeigte. Nur zwei Fußſtapfen hat der Frevler unmittelbar neben
dem Sarge in der loſen Erde zurückgelaſſen. Auch in Bayern kam unlängſt
der Jall vor, daß aus Aberglauben die Leiche eines Selbſtmörders nächtlicher
Weile ausgegraben, der Sarg mit Steinen gefüllt, und der Körper wahrschein-
lich verbrannt wurde.

. L: beiden Profesſoren Dr. G. Simon und Dr. O. Becker theilen
mit, daß bei dem großen Brande in Chicag o 125 Aerzte um ihr Hab uud
Gut gekommen ſeien und richten deßhalb an den geſammten ärztlichen Stand
Deutſchlands, ſowie an alle Verfertiger chirurgiſcher Instrumente und sämmtliche
Verleger mediziniſcher Werke die Aufforderung, sich mit ihnen an einer Samm-
lung zu Gunſten der Betroffenen zu betheiligen.

D Bei dem jüngſt gemeldeten Brande zu Freiburg in der Schweiz ereig-
nete ſich folgender ſchauerliche Fal : An einem Fenſter des zweiten Stockes
des in Flamen ſtehenden Hauſes erſchienen zwei Kinder und eine Frau, eine
Magd im Haufe, welche ihre Arme um Rettung gegen die entseßte Menge aus-
ſtrecktte. Von Zeit zu Zeit wälzten sich Flammenzungen längs der Fagçade und

zwangen die Unglücklichen zurückzuweichen; das Innere des Gebäudes war aber
bereits ein Raub der Flammen und es gab nur einen Weg der Rettung : durch
das Fenster. Die Kinder rangen nach Luft; die Frau hob sie eines nach dem
andern in den Ruhepauſen, die ihr die Flammen ließen, auf die Fenſterbrü-
stung, um ſie ein wenig Athem ſchöpfen zu laſſen. Inzwischen verſuchten mu-

thige Bürger, den drei vom Feuer umhüllten Unglücklichen Hülfe zu bringen. |)

Aus den Fenstern des Nachbarhauſes (Gottrau) warf man ihnen ein Seil zu.
_ Die Frau ergreift daſſelbe, bindet das jüngere Kind fest und läßt es über die

Fenſterbrüſtung herunter ; das Kind iſt gerettet. In gleicher Weise gelingt die
Rettung des zweiten Kindes. Unterdessen haben bereits die Kleider der Frau
Feuer gefaßt. Mit dem letten Rest von Kraft ſchlingt sie das rettende Seis



auch um ſich, stürzt ſich durch das Fenster und langt mit verbvannten Händen
und Gesicht bei den geretteten Kindern an. Ein Alp fiel von der Bruſt der
Anwesenden bei dieſem glücklichen Ausgang. Außerdem ſind aber doch 3 Kin-
der in den Flammen umgekommen. ;

~ (Katz enaus stel lun g.) Im Kryſtallpalaſt zu Sydenham ift wieder
eine Katzen - Ausstellung, bie zweite in dieſem Jahre, eröffnet. Der Katalog
iſt diesmal viel reichhaltiger und zählt 459 Nummern. Außer einer sehr be-
trächtlichen Anzahl heimiſcher Thiere sind Katen aus Auſtralien, Indien, Siam
und andern. Ländern ausgestelt, darunter ein kurzhaariger ſchwarzer Kater, der,
wie der Katalog besagt, die Belagerung von Paris mitgemacht hat, ohne ge-
gesſen worden zu ſein.

~ (Eine Nachtigall ~ ſteckbri eflich verfolgt.) Die Wiene
Polizeidirection hat gegen die flüchtige Schauſpielerin Frl. Nachtigall folgenden
Steckbrief erlaſſen: „Nachtigal, Hedwig, aus Poſen, etwa 20 Jahre alt, ge-
weſene Schauſpielerin , wird beſchuldigt, dem Incassogeſchäftsinhaber Salomon
Goldfarb , Dietrichſteingaſſe No. 10 wohnhaft, 200 fl. betrügeriſch entlockt zu

haben und ist gegenwärtig flüchtig. Karl H., gewesener Leutenant, aus Poſen

gebürtigt, 34 Jahre alt, erſcheint verdächtig, ihr Vorſchub geleistet zu haben.“
O ungalante Polizei! ruft die „Presſſe“ aus. Wie sich doch eine romantische
Liebesaffaire durch einen Steckbrief proſaiſch ausnimmt. j
~ (Drei Bräute.) In einer rheiniſchen Stadt fand dieſer Tage eine
Heirath statt, welche ungewöhnliches Aussehen erregte. Zwei frühere Geliebten,
reſp. Bräute des betreffenden Bräutigams erſchienen in der Kirche, um ihr
Recht geltend zu machen und Protest gegen das CEhebündniß einzulegen. Der
Scandal wurde so groß, daß die Polizei erſcheinen mußte, um die bewegte
Volksmenge zu beruhigen. Eine der Bräute wurde, begleitet von einer un-
absehbaren Menſchenmenge, zum Polizeibüreau gebracht (sie ward wegen Kirchen-
störung verhaftet), während die zweite ohnmächtig heraustransportirt wurde
und nun endlich der erſchrockene Bräutigam die dritte, legt erwählte heirathete.
—~ Bei Laubenheim a. d. Nahe warf sich ein kaum Isjähriger Burſche
über die Schienen und ward ihm vom heranbrauſenden Zug der Kopf
abgefahren.
z ft Das Laboratorium in Agra, Oſtindien, iſt explodirt, 2 Engländer und
34 Eingeborene blieben todt.
 
Annotationen