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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0297

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Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerſtag
und Samſtag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. H.

für Htadt





Inseraten -Inhalt der Annoncen-Expedi-

tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Land. Vogler & G. L. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart 2c.



é. 75.



Einladung zum Abonnement.
Auf das mit dem 1. Juli beginnende III. Quartal laden wir
ergebensſt ein und bitten unſere aus wärtigen Abonnenten, die Er-
neuerung des Abonnements noch vor Ublauf des alten
Quartals bei den betr. Poſtanſtalten oder Landpoſtboten anzuzeigen,
indem eine unterlaſſene Neubeſtellung immer als Abbestellung ange-
nommen wird.

Beſtellungen für Heidelberg, Neuenheim und Schlierbach wollen
bei der Expedition von L. Schweiß dahier gemacht werden.

Bestellungen in Paketen von mindestens 10 Exemplaren, wobei
wir je ein Freiexemplar gewähren, werden ebenfalls von der Expe-
dition entgegengenommen, und erſuchen wir um rechtzeitige Anmel-
dung derselben.

Inſerate, zu dem äußerst billigen Anſat von 2 kr. die 3ſpaltige
Petitzeile, finden bei der großen Auflage unseres iin ganzen Lande und
über deſſen Grenzen hinaus geleſenen Blattes die beste Verbreitung.
Die Expedition.

Die Armenstiftungen in Bruchsal.
xX Bruchsal, 26. Juni. ! Gemäßheit des Gesetzes vom 5.
Mai 1870 = die öffentliche Armenpflege betreffend + besteht der



Armenrath dahier aus dem Bürgermeiſter, den 14 Gemeinde-
rathsmitgliedern, dem katholiſchen und proteſtantiſchen Stadtpfarrer,

dem Armenarzte und Polizeibeamten sowie den drei bereits gewähl-
ten nicht bürgerlichen ſteuerpflichtigen Einwohnern, zuſammen somit
aus 22 Mitgliedern, welchen in Zukunft die ſtädtische Armenpflege

obliegt. In einer Stadt wie hier, wo einerſeits durch viele nam-

hafte Sliftungen für die Armenbedürfnisse gesorgt iſt und anderseits,
wie die Erfahrung zeigt, die Unterstütungsansprüche sich mehren,
möglicherweiſe in Folge der neuen Geſeßzgebung sehr massenhaft auf-
treten können, bleibt die Fürsorge der Armen immerhin ein wich-
tiges Gemeindeamt. Unsere Absicht iſt, hier in gedrängter Kürze
eine Uebersicht derjenigen Armenſtiftungen zu geben, welche zunächst
in die Hände des neugebildeten Armenrathes zur Verwaltung und
vervestuu übergehen. Allnfallsſigen Berichtigungen wird gerne
aum gelassen.

Vor dem Jahr 1840 bestand hier bereits ein Sta dthoſpital-
und Armenfond, welchem im genannten Jahre noch mehrere
vorhandene einzelne Stiftungsfonds mit besonderen ! wecken in Ver-
waltung gegeben wurden. Die so unter gemeinſchaftlicher Verrech-
nung vereinigten Fonds führten von jeßt an die Benennung: „Stadt

Samstag den 1. Juli

1871,





Bruchſal Hoſpital-Gutleuthaus- und Armenſtiftungen
Verrechnung.“ Bei vieſer vollzogenen Vereinigung wurde als
Hauptgrundsatz die gewissenhafte und pünktliche Erfüllung aller ein-
zelnen Stiftungszwecke ausgeſprochen. Um in Anbetracht des nam-
haſten Vermögens uud der voraussichtlichen zahlreichen Geschäfte
eine wohlgeordnete Armenpflege zu ermöglichen, wurde nach einem
Statut vom 5. März 1840 mit Gutheißung der staatlichen Aufsichts-
behörde, der Großh. Regierung des Mittelrheinkreiſes d. d. Raſtatt,
4. August 1840, in der Hauptsache die Verwaltu ng des Ver-
mögens von der Verwendung des Betrags getrennt und für
jene eine Verwaltung scommission und für diese eine A rmen-
co mmiſſi on aufgeſtellt.

Es versteht sich von selbſt, daß dieſe Einrichtung jett hinfällig
geworden iſt, indem der neue Armenrath an die Stelle derſelben
tritt. Uebrigens soll hier doch noch angegeben werden, woraus jene
beiden Commissionen gebildet waren.

Die Verwaltungs co m mission bestand aus :

1) Den Vorständen der verſchiedenen Pfarreien,
2) Dem jeweiligen Bürgermeiſter,
3) zweien vom Gemeinderath zu bestimmenden Mitgliedern und
4) d.m Vorſtande des kleinen UAusſchuſſes.
Die Armenco mmiſ sion bestand aus :
1) dem jeweiligen Vorſtande des Großh. Oberamtes oder ſeinem

Stellverireter ,

2) den vier dahier angeſtelten Geistlichen,

3) dem Bürgermeiſter,

4) dreien Mitgliedern des Gemeinderathes sowie dem Vorstande
des Bürgerausſchuſſes und :

5) dem Vorſtand der Milden-Stiftungen-Verwaitunne.

Die Stelle des Vorsitenden begleitete in der Regel der ſeit
längster Zeit hier angestellte katholiſche Stadtpfarrer. Die beiden
Commissionen konnten vermöge ihrer Zuſammensetzung bezüglich der
Confession gemiſcht sein, wohl auch aus dem Grunde, weil nöthigen-
falls nach § 10 des Statuts die Stadtkaſſe der Armencommission
einen jährlichen Zuſchuß zur Verfügung ſtelien sollte, falls die vor-
handenen Fondsmittel zur ausgiebigen Armenunterſtütung nicht
hinreichten.

Die Oberaufsicht über die Verwaltung und Verwendung der
vereinigten Armenstiftungen führte die Staatsbehörde, nämlich das
Großh. Bez.-Amt beziehungsweiſe die Regierung des Mittelrheinkrei-
ſes und an deren Stelle jetzt der Großh. Verwaltungshof.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen wollen wir nun eine
Vermögensdarsſtellung, soweit unsere Notizen reichen, nachfolgen laſſen



Der dem Schaffot Entflohene.
(Novelle von Pr. J. F.)

(Fortsetzung.)

g: Mut! M' l§ GU; MR. fer Wc fret ur
Fall mit Ihnen reden, um ihn zu bezeichnen. Verſchweigen Sie indessen das
Geheimniß und erwarten Sie mich um 10 Uhr Abends.-.

_ Bei Anhörung dieses Briefes hatte Sidney alle seine Kraft nöthig, um
nicht zuſammenzuſtürzen und ſich durch das dadurch erregte Aufsehen verdächtig
u:!4y! .* tu Bat ez! ht. Schwäche des Körpers, besonders
Nachricht betroffen , Madame Dupre .lt ,t Z neon. rg Uus rule
zu schöpfen; Simon verrieth die peinlichſte Unruhe und öffnete den Mund,
wie Ciner, der nicht mehr länger ſchweigen kann, indem er dabei immer Sidney
betrachtete. Dieſer hatte alle Mühe, Simons Blick zu ertragen und seine innere
Angst vor dem durchbohrenden Auge des Alten zu verbergen.

. Herr Murville“, ſagte Frau Dupre, ,ich denke dieser Brief erfordert
einiges Nachforſchen.'
könnts ſehe nicht was meinem Freunde daraus für Nuten erwachſen

! „Erlauben Sie,“ fuhr Simon nun heraus, indem er ſich weder durch Dupres

Blicke, noch durch Herrn Murville's mißbilligende Miene mehr unterbrechen
ließ. „Gntſchuldigen Sie Herr Gerichtshalter! wäre es denn nicht möglich,
“ett. ec Baron hier Jemanden gefunden hätte, den er schon vor-

a e _

M.; zm s .us uuf. tif ugztcitaet itt! cht unter
Dupre und ſeine Münder Bezug U t aut.. f reipis h;tzi
mit einer Notiz. Hier iſt er." Murville las mit lauter Stimme: „Am 13.
October 18 . . wurde der Brudermörder Mac-Dowell von dem Gerichtshofe zu
New-York zum Tode verurtheilt und entfloh aus dem Gefängnisse. Ich ſelbſt
war einer der Richter.« |

Der Name ist mir gänzlich unbekannt“, sagte Madame Dupre.



„Doch nicht“, verſezte Murville, „jetzt erinnere ich mich in irgend einem
Journal geleſen zu haben, daß der Verbrecher aus Amerika entflohen ſei".

„Aus Amerika !“ rief Simon haſtig, „Herr Richter! Da kann Herr
Sidney nähere Auskunft darüber geben. Dieser war in Amerika.“

Alle wandten sich gegen Sidney, der sich feſt an die Lehne eines Sessels
geklammert hatte.

„Iſt Ihnen dieſer Name bekannt, Herr Sidney ?“’ fragte Murville.

„Nein, es iſt das exſte Mal, daß ich ihn nennen höre ... . . .. Ich
hatte damals die Vereinigten Staaten ſchon verlaſſen, was meine Papiere
ausweiſen.''

“zee that was die Gesetze erheiſchen,“ sagte hierauf Murville. „Der Mord
iſt erwieſen und leider fällt aller Verdacht auf Sie. Dupre, ich beſchwöre Sie
bei unserer Freundſchaft, wenn Sie sich rechtfertigen können . . ."

„Das kann er“, fiel ihm Madame Dupre ins Wort, ,ich hatte in meiner
Aufregung nur vergessen zu ſagen, daß mein Gatte kurz vorher in Gegenwart
Clementinen’s behauptete, den Mörder zu kennen.“

Sidney litt Todesangſt.

„Was ſsagſt Du ?“ erwiederte Dupre.

„Ja, mein Vater“, verſetzte Clementine, „Sie ſagten es."

Auch Karl drang in ſeinen Vater und ſtellte ihm vor, daß es ſich nicht
nur um's Leben, sondern um die Chre handle. Dupre aber antwortete ihm
nur mit einem Blicke, in welchem Vorwurf, Abſcheu und Schmerz lagen.
Alle drangen in ihn, doch nur Etwas zu seiner Rechtfertigung vorzubringen,
außer Sidney , der sich von Heit zu Zeit den Angstiſchweiß von der Stirne
wiſchte. Endlich sagte Dupre, er könne ſich nicht rechtfertigen.

Nach dieser Erklärung zeigte Murville ſeinem Freunde an, daß er zu seinem
größten Schmerze ihn verhaften müſſe; er ſolle aber in seinem eigenen Hauſe

bleiben und nur Wache bekommen; auch ſein Ehrenwort geben, keinen Verſuch

zur Flucht zu machen. Er fragte ferner Madame Dupre und die beiden Fräu-
lein, ob sie vielleicht einen andern Aufenthalt zu nehmen wünſchten und trug
ihnen sein eigenes Haus an, was ſie aber entſchieden ablehnten. Darauf bat
Dupre , ihn zur Beſorgung ſeiner häuslichen und Famitienangelegenheiten mit
Sidney allein zu laſſen. Es wurde ihm gewährt. Weinend trennten sich Dupre
und ſeine Gattin und die beiden Mädchen, ſeinen Sohn verließ er mit finsterem
vorwurfsvollem Blicke. (Fortſetzung folgt)
 
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