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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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¿. 130.

für Stadt



Allokution unseres hl. Vaters Pius IX.
vom 27.. Okt. .d.. I.

Es werden dem Cardinalskollegium die Zuſtände Italiens und
die Nothwendigkeit der Beſeßung der erledigten Biſchofsstühle aus-
einandergeſetzt. Von vornherein heißt es in der Alokution: „Wir
brauchen euch hier nicht zu wiederholen, ehrwürdige Brüder, was
Wir mehrfach in Unſern Allocutionen oder in Unſern an alle Bi-
ſchöfe gerichteten Encykliken beklagt haben. Denn wohlbekannt und

* Aus der

ſo offenkundig, daß man sie ohne die höchſte Unverschämtheit weder | s

leugnen, noch zur Milderung ihrer Gehäſſigkeit entſchuldigen kann,
sind die feindseligen und alles Maß überſchreitenden Unbilden, die
ſchon lange und ohne Unterlaß in dem bedrängten Italien der ka-
tholiſchen Kirche und dem apoſtol. Stuhle zugefügt werden, und
welche Wir ſelbſt nach der gewaltſamen Beſetzung dieſer Stadt
mit euch zu dulden und mit anzuſehen gezwungen sind, ſo daß Wir
mit Recht die Worte des königlichen Propheten gebrauchen können :
„Ich sehe die Ungerechtigkeit und den Widerſpruch in der Stadt ;
Tag und Nacht umgibt ſie in ihren Mauern die Bosheit und Un-
gerechtigkeit." Werden Wir doch, ehrwürdige Brüder, von den ge-
waltigen Fluthen überſtrömenden Uebels nahezu verſchlungen; allein
Wir schrecken, ſo Gott Unsere Schwachheit ſtärkt, keineswegs davor
zurück, auch Härteres noch zu erdulden; ja, Wir sind gern bereit,
den Tod ſelbſt zu erleiden, wenn es dem barmherzigen Gott gefallen
ſollte, dieſes demüthige Opfer für den Frieden und die Freiheit der
Kirche anzunehmen.“

Nach den Darlegungen bezüglich der ſchlimmen Verhältnisse in
Italien fährt der heil. Vater ſodann fort : „Wir erklären dabei
asfen, daß Wir jene Bürgſchaften, die man „Garantiegeſeß“ nennt,
so wie Wir es in Unserer Encyklica vom 15. Mai klar und deut-
lich geſagt, zurückweiſen, und daß Wir bei der Erfüllung dieſer hoch-
wichtigen Pflicht Unseres apoſtoliſchen Amtes die Macht gebrauchen,
die Uns von Dem verliehen wurde, welcher der Fürſt der Hirten
und der Biſchof Unserer Seelen iſt, nämlich die von Jeſus Chriſtus
Unserem Herrn in der Perſon des hl. Petrus Uns übertragene Macht,
von welchem, wie Unser Vorgänger der h. Jnnocentius sagt, der Epiſ-
kopat ſelbſt und die ganze Autorität dieses Namens ausgegangen iſt.

Bei dieser Gelegenheit aber können Wir nicht mit Stillſchwei-
gen übergehen die gotiloſe Verwegenheit und Schlechtigkeit einer
Anzahl von Männern in einem andern Lande Curopa's, welche,
indem sie in kläglicher Weiſe von der Regel und von der Gemein-
schaft der katholischen Kirche abweichen, sowohl durch Schriften voll
der Irrthümer und Lügen aller Art, als durch ſacrilegiſche Ver-
sammlungen, die sie veranstalten, die Autorität des hochheiligen öku-
meniſchen Vaticaniſchen Concils und die von demſelben feierlich er-



Dienstag den 7. November

G





Inſsſera ten-Inhalt der Uuzsnetnstetn

tionen von Rud. Mosse, Haas nstein&
und sand. Vogler & G. L. Daube & Cle. in

Vlünchen, Frankfurt u. Stuttgart rc.

1871.



klärten und definirten Glaubenswahrheiten, und namentlich die oberste
und volle Jurisdictionsgewalt, welche der römiſche Papſt, der Nach-
folger des hl. Petrus, über die ganze Kirche nach göttlicher Anord-
nung besitzt, wie nicht minder die Prärogative des unfehlbaren Lehr-
amtes, kraft deren er ſein Amt als oberſter Hirte und Lehrer der
Gläubigen bei der Entscheidung von Glaubens - und Sittenlehren
ausübt, öffentlich bekämpfen.

Um aber die irdiſchen Gewalten zur Verfolgung der katholischen
Kirche aufzuſtacheln, trachten diese Söhne des Verderbens dieſelben
1 überreden, durch die Decrete des Vatikaniſchen Concils sei die
alte Lehre der Kirche geändert worden und dem Staate ſo wie der
bürgerlichen Geſellſchaft eine ſchwere Gefahr erwachſen. Was kann
aber Boshaſteres oder zugleich Abgeſchmacdkteres erdichtet und aus-
gedacht werden, ehrwürdige Brüder, als diese Verläumdung? Nichts
deſto weniger iſt es beklagenswerther Weise irgendwo vorgekommen,
daß die Minister des Staates ſelbſt, durch solche gottloſe Einflüſte-
rungen verführt, in rückſichtsloſer Verlegung der Gefühle des gläu-
bigen Volkes kein Bedenken trugen, die neuen Sectirer in ihrer Auf-
lehnung offen mit ihrem Schute zu decken und durch ihre Gunst
zu bestärken. Indem Wir dies in gedrängter Kürze mit bekümmertem
Herzen heute vor euch beklagen, erkennen Wir, daß Wir wohlver-
dientes Lob den ausgezeichneten Biſchöfen jenes Landes zollen müſſen,
unter denen Wir zu ſeiner Ehre Unſern ehrwürdigen Bruder, den
Erzbiſchof von München, noch besonders nennen, welche mit unge-
wöhnlichem Muthe, Hirteneifer, bewundernswerther Stärke und in
vortrefflichen Schriften die Sache der Wahrheit gegen ſolche Beſtre-
bungen rühmlichſt vertheidigen. Dasselbe geziemende Lob spenden
Wir auch der Frömmigkeit und Religiösität des gesammten glaubens-
ireuen Elerus und Volkes, welche mit Gottes Hülfe die Fürsorge
ihrer Hirten reichlich lohnen.

Wir aber, ehrwürdige Brüder, haben inzwischen Unsere Augen
und die Wünſche Unseres Herzens dahin zu wenden, woher die noth-
wendige und bereite Hülfe kommen kann. Laſſen Wir daher nicht
ab, Tag und Nacht zu dem gütigen Gott zu rufen, daß Er um der
Verdienſte Jeſu Chriſti Seines Sohnes willen Licht in die Herzen
der Jrrenden sende, damit ſie, den Abgrund ihres Weges erkennend,
nicht zögern mögen , für ihr ewiges Heil zu sorgen, und daß Er
fortfahre , Seiner Kirche in diefem heftigen Streite der Geister den
Geiſt der Stärke und des Cifers in reichttem Maße zu verleihen
und ihr durch das Opfer heiliger Werke, durch würdige Früchte des
Glaubens und durch die Opfer der Gerechtigkeit die erwünſchten Tage
der Verſöhnung heranreifen laſſen möge, in denen sie nach Ueber-
windung der Jrrthümer und Widerwärtigkeiten und nach Wiederher-
ſtellung des Reiches der Gerechtigkeit und des Friedens Seiner Ma-
jeſtät die ſchuldigen Opfer des Lobes und Dankes darbringen kann."



Vierzigtauſend Thaler.
Nach einer wahren Begebenheit von R. Ed. H a h n.
(Neckar-Zeitung.)

Im Städtchen war Wochenmarkt und auf dem Markt- Plate, der sich
an andern Tagen ziemlich vereinſamt darstellte, herrſchte heute viel Leben, denn
es war Kirſchenzeit, und aus allen Gegenden des engeren Vaterländchens hatten
sich Käufer eingefunden, die köſtlichen Früchte fortzuführen. Auch andere an-
genehme Dinge wurden zum Verkaufe ausgeboten, duftige Erdbeeren und Blu-
üituktt. hei. Feinbergen, friſche Fiſche aus dem Elbsſtrom und Gemüſe von

züglicher e.

Mitten unter den geschäftigen Menſchen stand ein kaum der Kindheit ent-
wachſenes Mädchen in ſchwarzer Kleidung ; sie trug ein kleines Bündelchen unter
dem Arme und in ihren ſanften Augen flimmerten Thränen. Unſchlüssig blickte
sie um sich, endlich faßte ſie den Muth und fragte eine ehrbare Bürgersfrau,
welche mit einem Korbe am Arme an ihr vorrüberging, ob sie die Wohnung
der Frau Räthin Sperling wisse.

„Wohnung ? Mein Kind, die Frau Räthin hat nicht nur eine Wohnung
sondern ein Haus , das größte nach dem Schloß, wende Dich links und gehe
durch die lange Straße,, dann kommſt Du auf einen großen Platz, da ſteht
das Haus , es iſt aus grauen Steinen gebaut und hat ein großes, in Stein
gemeiſeltes, vergoldetes Wappen über der Thür, Du kannst nicht fehlen."

Das Mädchen flüſterte einige Dankesworte und schlug den Weg nach dem
bezeichneten Hauſe ein. Es war bald gefunden.

Schüchtern zog das Mädchen an der Klingel, und erſchrack, als der Schall
derſelben laut an ihr Ohr ſchlug. Die Thür ward bald geöſſnet, ein bejahrter
zittet! stand vor der Kommenden und fragte etwas mürriſch nach ihrem
„Ich Ftitnjche die Frau Räthin Sperling ſelbst zu sprechen, lieber Herr.“
Rüthi fich L ce s rut b ys he qe ? Fus ue ie th Du
einen Dienst, es iſt aber keiner im Hauſe frei. Christiane , die Köchin und



Hanne, das Stubenmädchen, thun ihre Arbeit wie ſich's gebührt, endlich
bin ich bereits dreißig Jahre im Hauſe, es iſt alſo michts für Dich zu ſuchen."

„Ich will keinen Dienst, ſondern nur einen Rath von der Frau Räthin
haben, ich bin auch keine Bettlerin, sondern Ihrer Herrin verwandt“, ſagte das
Mädchen und erröthete bei dieſen Worten vor Unmuth.

„Verwandt ? Haha, das hör' ich an Deinem Bauerndialect; mit Lügen
kommst Du bei mir nicht durch, geh' sonst könnte es kommen, daß ich Dich
beim Arm nehme und aus dem Hauſe ſtieße", polterte der Diener.

Einen Augenblick stand das Mädchen betroffen still, dann ſagte es : „JIZ<
muß zur Frau Räthin, meine Mutter hat mir auf dem Sterbebett befohlen,
zu ihr zu gehen, Niemand soll mich daran hindern !’ und gewandt schlüpfte ſie
an dem steifen, unbeholfenen Manne vorbei und eilte die breite Treppe hinauf.
Keuchend und erſchöpft vor Horn. folgte ihr der Diener, aber ehe. derſelbe oben
angelangt war, ſchritt das Mädchen über den großen Vorſaal, und trat in ein
Gemach, in welchem eine alte Dame in einer Fenſterniſche saß.

Einige Minuten stand die Kleine schweigend da, dann faltete sie die
Hände, murmelte ein Gebet, dann ſagte ſie herzhaft : „Schönen guten Morgen,

rau Muhme". ;
ß Die ht! sah von ihrem Andachtsbuche auf und rief fast erſchrocken :
„Wer biſt Du? Was wilſſt Du ? Wo kommst Du her ?" |

Das Mädchen, durch dieſe heftige Anrede eingeſchüchtert, erwiederte: „Ich
bin Klärchen Hellmann aus Waldenau, meine gute Mutter ist vor acht Tagen
gestorben, und auf ihr Geheiß bin ich hierher gewandert. Meine ſelige Mutter
hoffte, die Frau Muhme " Thränen erſtickten Klärchens Stimme.

(Fortsetzung folgt.)

S to > a < , 27. Okt. Ein junges Mädchen, das Kinder zu beaufsichtigen
hatte und dieselben nicht zur Ruhe bringen konnte, ergriff, um sie einzuſchüch-
tern, ein Gewehr. Wie im Spaß zielte es auf einen hinter den Tiſch sich zu-
rückziehenden Knaben und drückte los; aber das Gewehr war leider mit Reh-
poſten geladen, welche dem Knaben in die Bruſt drangen, so daß derſelbe fast
unmittelbar darauf starb.
 
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