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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0593

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Grſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerſtag
und Samftag. ~ Preiz : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poftaufsſchlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. B)

„Js. 149.

U: 3

ſür Fladi





eL. L



Fagesb eri dc t.

~ Die Nordd. Allg. Ztg. vom 18. d. veröffentlicht das Ant-
wortſchreiben des Papſtes Pius IX. auf die Mittheilung von der
Annahme der deutſchen Kaiserwürde von Seiten des Königs Wi l-

helm. Das Schreiben iſt vom 6. März d. J. datirt und drückt

die Freude über dieſes Ereigniß aus, so wie den Glückwunſch für
den durch Einſtimmigkeit der deutſchen Fürſten und freien Städte
erkorenen deutſchen Kaiſer. S. Heiligkeit spricht zugleich u. A. die
Voraussetzung aus, daß der Freundſchafts-Ausdruck Sr. Majestät gegen
das Oberhaupt der kathol. Chriſtenheit „nicht wenig beitragen wird
zum Schutz der Freiheit und der Rechte der katholischen
Religion.“

z! Die Angelegenheit der Prinzen von Orleans, welche nach
ihrer Wahl in die Nationalverſammlung ſich verpflichtet hatten, die
Sitze ni cht einzunehmen, nunmehr aber mit einem gewisſſen Ungestüm
den Eintritt beabsichtigen, und deßfalls mit Thiers wiederholt frucht-
loſe Unterredungen hatten, ist letzten Mantag in der französiſchen
Nationalverſammlung wirklich behandelt worden, und zwar mit einem
Ergebnisse, das einer Niederlage der Prinzen gleichsieht. Der Depu-
tirte Brunet stellte eine Anfrage an die Regierung über die Abwe-
ſenheit der Prinzen von Orleans in der Versammlung. Der Mi-
niſter des Innern erklärte im Namen Thiers, daß der Präsident der
Republick es nicht für möglich erachtet habe, die Prinzen ihrer Ver-
pflichtungen zu entbinden, welche sie nicht allein ihm, sondern auch
der Commission der Nationalverſammlung gegenüber eingegangen
wären. Thiers verzichte indeſſen für seine Perſon darauf, auf der
Fortdauer dieser Verpflichtungen zu bestehen. Es entspann sich eine
lange belebte Debatte, worauf die Verſammlung mit 646 gegen 2
Stimmen die folgende Tagesordung annahm : Die Nationalverſamm-

lung, erwägend, daß sie weder eine Verantwortllichkeit übernehmen,

noch Rath über Verpflichtungen, an denen fie nicht betheiligt iſt,
ertheilen kann, geht zur Tagesordnnng über.

~ In der Mutterrepublik Schweiz wird es heute deutlicher
als je, worauf die Radikalen es im Jahr 1847 bei dem Sonder-
bundskriege und dem Umſturze der alten Schweizer Bundesverfaſſung
abgeſehen hatten. Man ſtrebt die Omnipotenz des sog. modernen
Staates mit seirer Centraliſation an, um das Mittel zur äußerſten
Vergewaltigung des Katholicismus und zur Unterdrückung der Frei-
heit des Volkes und der Kantone zu erlangen. Der Nationalrath
der Bundesverſammlung in Bern hat beſchloſſen, daß Mitglieder des
Jeſuitenordens in der Schweiz nicht aufgenommen werden sollen und
verbot die Lehr- und kirchliche Thätigkeit derselben. Der National-
rath untersagte ferner die Errichtung neuer sowie die Wiederherſtel-

D er R u b ri cat o r.
(Fortsetzung).

Zu der Zeit, wo die Ereignisse, welche wir schildern, sich zutrugen – im
_ Jahre 1325 — unter der Regierung Königs Karl [V. mit dem Beinamen
des Schönen, weil er, wie ein Chroniſt erzählt, ein Mann von ſtattlichem
Aeußern war und große Luſt zu Liebeshändeln hatte, wurde die Malerei größ-
tentheils nur zur Verzierung von Manuſcripten angewendet. In dieser Art
Miniaturmalerei hatten die Geduld und Geschicklichkeit der sogenannten Rubri-
kenmaler hohe Erfolge und erreichten einen wunderbaren Grad von Vollkom-
menheit. Wenn man die kostbaren und ſeltenen Bände durchblättert, die aus
jener Epoche noch erhalten ſind, erſtaunt man über die reichen Verzierungen,
welche ſich am Rande hinziehen, auf den Anfangsbuchstaben funkeln sie mit
einer Art aus Gold und Azur gewobenen Gaze umgeben , zwiſchen den beiden
Sgslth fte Seite hinablaufen und unten in einer zugeſpitzten Schlußvig-
nette endigen. Z
Cin Manuſcript war damals ein koſtbarer Schatz. Fünfundsechzig Jahre
nach der Zeit, von der wir ſprechen, besaß Karl VI. nur sechs Bände in seiner
Bibliothek ; einjdoppelter Verſchluß, der mit besonderem Schlüssel geöffnet werden
mußte, verhinderte das Blättern in denselben, und wenn ein Herr von hohem
Range an den Hof des Königs kam , wurde ihm die Vergünſtigung zu Theil,
die koſtbaren Bände ſsehen zu. dürfen. Er gerieth dann in Entzücken von dem
hölzernen Deckel, der mit goldenen Figuren überzogen und mit Topasſen und
Smaragden verziert war. Wenn er dann auf ſeinen feudalen Edelſitz zurück-
getehrt war, erzählte er der erſtaunt zuhörenden Schloßherrin, wie man dieſe
Arbeit irgend eines Leibeigenen oder unbekannten Mönches mit ſo vielen Schätzen
verſchönert und mit Summen Goldes bezahlt habe, während er, der hohe mäch-
h ter hit W Stande gewesen wäre selbſt zu lesen, denn das erſchien eines
itters unwürdig.
. Die Proviſion des Rubricators oder Rubricenmalers war eine ſehr ge-
winnbringende, da im 14. Jahrhunderl ein Mann, der zu lesen verstand, für
einen Gelehrten galt, und da Jemand erſt nach langen und ernsten Studien

dahin gelangen konnte, die Malereien der Manuſcripte in einem vollendeten
Grade anzufertigen.





Donnerstag den 21. December





S nseraten -Inhalt der Annoncen-Expedi-
sens te ind

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tt Van. tc M Rs
“S § f EN nchen, Frankfurt u. Stuttgart ec.



lung alter Klöster, und beschloß weiter : „Der Bund iſt befugt, ein
Universiiät, eine polytechniſche Schule und andere höhere Unterrichts?
anstalten zu errichten.“ .
— Die Nordd. Allg. Ztg. und die hochnationalliberale Natio-
nal-Zeitung ſprechen ihr Mißvergnügen darüber aus, daß der Reichs-
tagsbeſchluß für Ausdehnung der Reichsgeseßgebung auf das gesammte
bürgerliche Recht von dem Ausſchusse des Bundesrathes abgelehnt
worden iſt. Dieselben Blätter treten gleichzeitig mit Bitterkeit gegen
die in der württembergiſchen und bayeriſchen Kammer eingebrachten



Anträge auf, welche bezwecken, der Aufsaugung der Selbſtſtändigkeits- s

rechte der Einzelländer im deutschen Reiche zu Gunsten des militär-
absolutistischen Einheitsſtaates Hemmſchuhe anzulegen. Damit kenn-
zeichnet sich die in fraglichen Berliner Blättern vertrelene Richtung,
welche aus den oberen Regionen herabgeholt zu sein ſcheint, als eine
einheitsſtaatliche, wonach das geſchichtliche Deutſchland gänzlich ver-
schwinden würde.

~ Bei der Bürgermeisſterwahl in Wien siegte der bisherige
Oberbürgermeiſter Feld n er mit 76 gegen 42 Stimmen über den
Candidaten der Jungdeutschen. Das Wahlreſultat ist eine Demon-
ſtration gegen die deutſchnationale Richtung.

~ Die Landtagswahlen in Oesterreich ſollen für das neue Mi-
niſterium Auersperg eine parlamentariſche Majorität in dem Reichs-
rath ergeben haben.

( . hen haben Blätter, Köln. - und National-Zeitung, erhielten
aus Pest eine angeblich ungariſche, von der Deakpartei kommende
Correſpondenz, welche die Aufsehen machende Enthüllung bringt, daß
im Auguſt v. J. in Wien die Einmiſchung Desterreichs in den Krieg
zu Gunsten Frankreichs beſchloſſen gewesen, der Beſchluß aber von
dem ungarischen Ministerpräsidenten wieder rückgängig gemacht wor-
den ſei. Bestätigung iſt abzuwarten. . /

~ Graf Arnim, nunmehr zum deutſchen, bezw. preußiſchen
Gesandten bei der französiſchen Republik ernannt, war ſeither immer
noch norddeutſcher Geſandter beim hl. Stuhle in Rom, während sei-
ner Abweſenheil von dort vertreten durch den bayeriſchen Gesandten
Grafen Tauffkirchen. Derſelbe ſoll nunmehr von dem Gesandtiſchafts-
poſten in Rom abberufen, und wie es heißt, ein neuer preußiſcher
Gesandter bei dem hl. Stuhle an deſſen Stelle nicht mehr ernannt
werden. Die zweideutige Haltung des Grafen Arnim bei der Be-
schießsung und Einnahme Roms durch die Truppen Victor Emanuels
am 20. Sept. v. J. steht noch in friſcher Erinnerung.

~ Ein Münchener Advokat Namens Kü hlmann iſt unter
glänzenden Besolduügsverhältnissen Direktor der türkiſchen Eiſenbah-
nen geworden.

Als Henryot in seiner Wohnung wieder angekommen war, ſetzte er ſich an
einen großen Tiſch, auf welchem Pinſel, Farben und alle ſonftigen zu seinem
Gewerbe erforderlichen Geräthſchaften bereitlagen. Aber vergeben s verſuchte er
zu arbeiten. Die Grinnerung an die merkwürdigen Vorfälle, welche er ſeit
dem gestrigen Abend erlebt, erfüllten seine Phantasie und versenkten ihn in die
tiefſfe Träumerei. So saß er eine Weile, als die Rufe einer großen Menſchen-
menge, die sich vor ſeinem Hauſe geſammelt hatte, ihn aus seinem Hinbrüten
aufschreckten.

qt darauf traten Häſcher in sein Gemach, überfielen ihn, knebelten ihn
und führten ihn durch eine aufgeregte, ihn beſchimpfende und bedrohende Men-
schenmenge, die ihn einen Elenden und Mörder nannte, nach dem Gefängnisse.

Als sich die Thore des Gefängnisses hinter ihm geschlossen hatten und
bevor er noch in eine abgesonderte Zelle abgeführt worden war, öffneten
sie sich wiederum mit großem Geräuſch unter doppelten Verwünſchungen des
Volkes.

Man brachte Margarethen mit gefesselten Händen, und bewußtlos in den
Armen eines Bewoaffneten liegend, herein. Dieser erſchütternde , ſchreckliche
Anblick war das Letzte, was Henryot von der Aussenwelt wahrzune hmen bekam;
und es versetzte ihn in eine völlige Betäubung.

(Fortſetzung folgt.)



~ Die jüngſt auch von uns gebrachte Nachricht von der Erſtechung eines
hizzh!hes s durch einen Elsässer in Metz wird amtlich als eine Er-
ichtung bezeichnet.

~ Vom Rhe in, 13. Dec. (M.A.) Auf der rheiniſchen Bahn fand man
drei Bremſer erfroren auf ihren Poſten. Wie in der Frankf. Ztg. zu leſen,
waren die Leute aus Knickerei der Geſsellſchaft nicht durch entſprechende Be-
kleidung gegen die Kälte geſchützt.

#tzhſst hat laut der letzten Volkszählung 9786 Ginwohner. (Vermehrt
um 653.

T Ab erbi ſch of s h ei m, 14. Dec. In dem der Gemeinde Unterwittig-
hauſen gehörigen Walde wurde gestern bei einem Treibjagen ein E d e lh i r \ <
(Sechsender) geſchoſsen.
 
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