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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0321

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dacht auf den Vater wieder gefallen wäre.
_ davon war er eben so überzeugt, wie von seiner eigenen Unſchuld ; allein er







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für Stadt

Samſtag

Erſcheint wöchentlich 83 Mal: Dienstag, Donnerstag
und Samſtag. ~ Preis: vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufſchlag. Jnſ.-Geb. 2 kr. d. B.



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Deuntſc<l aud.

* Heidelberg, 13. Juli. Das von uns nur in telegraphiſcher
Faſſung gebrachte Schreiben Thiers' an Papſt Pius IK. hat ſich
als vollſtändig gefälſcht herausgeſtelt, wie Minister J. Favre in
der franzöſiſchen Nationalverſammlung jett erklärt hat. Wie triumphir-
ten alle katholikenfeindlichen Blätter, als sie in der Lage waren,
ein Aktenſtück vollſtändvig veröffentlichen zu können, in welchem der
Regent von Frankreich angeblich sich den Aufenthalt des Papſtes in
dieſem Reiche, wenn auch unter einem Schwulsſt von loyalen Redens-
arten, höflichſt verbat! Lesen wir doch heute, wo ſchon die Fälſchung
am Tage liegt, das Machwerk in der Karlsruher Zeitung seinem
ganzen Wortlaute nach zu unſerer nicht geringen Freude, gewiß abgr
zur großen Betrübniß unseres officielen Blattes, da Herr Thiers
doch so hätte schreiben können, wenn er auch nicht so geſchrieben
h at. Und immer noch zu höflich, wird die edle Karlsruherin den-
ken, die neueſtens wieder alle Liebenswürdigteiten, die gegen den der-
maligen Beſtand der katholiſchen Kirche gerichtet sind, geſchäftig zu-
sſammenträgt, + jedenfalls dürfte sie im Stillen einen anderen Mi-
niſter wiſſen, der sich ſelbſt die mit ſüßen Schmeicheleien ablehnende
Form kurzweg erſpart hätte. Aber in jenes Land, in dem keinc
Citronen mehr blühen, wird ſicher der Papst seinen Schritt nicht
wenden, alſo darum keine Feindſchaft nicht! Zur Sache ſelbſt darf
man nicht außer Acht laſſen, mit welchen Lügen und Erfindungen
die Feinde der katholischen Kirche umgehen, wenn es irgend wie ihren
Zwecken dienlich zu ſein ſcheint. Gehört deun da nicht ein Stück der
niederträchtigſten Gesinnung eines Autors dazu, eine von A bis Z er-
dichtete Note des französischen Siaatschefs mit deſſen Namen in den
Blättern zu veröffentlichen! Aber das Schreiben war nicht blos
auf die Täuſchupng der Welt für einige Tage berechnet , ſein tiefer
liegender Grund war offenbar der, in und außerhalb Frankreich für
die in dem Alktenſtück eines Lügners vertretene Ansicht Propaganda
zu machen und die öffentliche Meinung derart für dieſelbe
zu echauffiren, daß die franzöſiſche Regierung in das ihr von den
geheimen Gesellſchaften angewieſene Fahrwaſſer einzulenken genöthigt
würde. Aber Thiers, der eben erſt Frankreich vor der Zerſtörungs-
wuth der geheimen Geſellſchaften gerettet hat, wird sich wohl hüten,
mit der Kirche zu brechen oder nur in ein halbwegs unfreundliches
Verhältniß zu derſelben zu kommen; er weiß, daß er beim Aufbau
des Staates und der Sitten derſelben gar nicht entbehren kann und
daß die Elemente der Ordnung, deren er mehr denn je bedarf, sich
um die Kirche und nicht um deren Feinde zuſammenſchaaren.

++ Heidelberg , 14. Juli.



Die Heidelberger Zeitung macht in
Nr. 172 wieder ſtark in Theologie, indem sie aus einer angeblichen



Inseraten -Inhalt der Annoncen-Expedi-

/ tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und Cand. Vogler & G. L. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ec.

den 15. Juli 1871.





Schrift des Pfarrers Renftle verſchiedene Sätze, die für sie eine
durchſchlagende Kraft zu haben scheinen, zu einem längeren Artikel
zuſammenleimt. Hiernach hält sich Renftle an die kathol. Kirche von
dem 18. Juli 1870 und will mit der ſpätern Kirche Nichts zu thun
haben. Warum Pfarrer Renfile nicht weiter zurückgeht, vor das

Concil von Trient oder gar vor das Concil von Nicäa, wo ebenfalls

chriſtliche Wahrheiten als Glaubensſätze aufgesſtelit wurden, ist nicht
gesagt. Renftle ruft aus: „Unfehlbar! Ein Menſch unfehlbar !
Einem schwachen Sterblichen göttliche Eigenſchaften, göttliches Vor-
recht beigelegt.!“ Als wenn bis jetzt es innerhalb der kath. Kirche
nicht allgemein angenommenes Dogma gewesſea wäre, daß ein alge-
meines Concil unfehlbar iſt. Iſt denn ein ſolches Concil nicht auch
aus Menſchen zuſammengeſett ?

Wie die Unfehlbarkeit eines allgemeinen Coneils beſchränkt ist,
ſo auch die des Papſtes. Sie kommt ihm nur zu, wenn er von
seinem Umte als oberster Lehrer der Kirche Gebrauch macht. Ab-
geſehen von dieſer Eigenſchaft iſt er dem Irrthum unterworfen wie
jeder andere Mensch. Das mag Renftle ungeheuerlich finden, wir
nicht. '
f Daß von den 115 Oppoſitionsbiſchöfen ein großer Theil nicht
gegen die Sa che, wie Renftle uns einreden will, ſondern gegen
die O pportunität der Proclamirung war, ſollte doch jezt be-
kannt ſein.

s müſſen uns wundern, daß unſer amtliches Verkündigungs-
blatt nach seinem mißlichen Berſuche den kath. Ablaß zu erklären,
vt noch Luſt verſpürt theologiſche Erörterungen zum Besten
zu geben.

* Heidelberg, 18. Juli. Die Blätter berichten übereinstim-
mend über den großen Schaden, welchen das vom Hagel begleitete
Gewitter vom letzten Montag angerichtet hat. So wird uns geschrie-
ben, daß in den an der Rheinſtraße gelegenen Gemeinden von Kehl
bis Rastatt und weiter laudabwärts der Schaden ein ungeheurer
iſte. Jn der Gemarkung von Schwardz ach aliein berechne er ſich
faſt auf Hundertiauſende ! Kein Wunder ! Schreibt doch der Raſtatter
Anzeiger: „Ungefähr 59-10 Minuten lang |türzten die großen
Schloßen, darunter sehr viele von der Größe der Taubeneier und
Nüsse herab,“ so daß die Gemarkungen rings um Raſtatt auf's
Furchtbarſte mitgenommen seien und den Staat um Hülfe anrufen
müßten. Aehnlich berichtet die „Warte“, die gleichfalls ihren Noth-
ruf an den Staat richtet. Menſchenleben seien, einige leichte Ver-
lezungen abgerechnet, nicht zu beklagen, „aber viel Wild,“ ſchreibt
dieses Blatt, „Rehe, Haſen, Rebhühner und Singvögel wurden todt
gefunden." In einer Anzahl Gemeinden höre man nur den Ruf :



Der dem Schaffot Entſlohene.
(Novelle von Pr. J. F.) ;

: (Fortſezung.) i Ö

Simon gab Herrn Dupre das erhaltene Billet, dieser las eilig und ſagte
halb für ſich hin: „Dem Himmel sei Dank geſagt, ſie willigen alſo ein. Sechs
Tauſend Franken? Mein ganzes Vermögen, wenn ich nur den Sohn rette.
Simon, haſt Du nicht Herrn Sidney geſehen ?“

„Herrn Sidney ? Sollten Sie auch etwas bemerkt haben? Der iſt ausge-
gangen . . . oder vielmehr er verſchwand . .
wollte . . . kurz ich glaube . .
cr] flaut: nichts,“ unterbrach ihn Dupre, „ich kenne den Grund, warum

o handelt.'

„Aber lieber Herr, ſehen Sie denn nicht, daß dieſer Mann . . .'

Simon wollte soeben sein Herz ausſchütten, als Sidney eintrat.

Dupre eilte ihm mit den Worten entgegen: „Endlich mein lieber Sidney!
Iſt es Ihnen gelungen ?“

„Hier iſt das Geld, theils in Baarem, theils in Bankbilletten.“

nWie sehr muß ich dem Himmel danken, der mich Sie finden ließ 1"

_ Simon konnte seinen Unwillen nur mit Mühe verbergen. Inzwiſchen war
auch Clementine gekommen, um ſich nach Karl zu erkundigen. Auch die Mutter
wünſchte ihren Sohn zu ſehen. Herr Dupre hielt es nicht für rathſam, dieses
Zuſammentreffen würde zu nachtheilig auf ſeine Gattin wirken. Clementine
fragte, ob denn gar keine Hoffnung für Karl sei, und Herr Dupre flüſterte ihr
leiſe zu, daß er ihn zu retten hoſſe. Darauf entfernte er sich mit der Bitte,
die Mutter nicht allein zu lassen. Clementine ſehnte sich, ihren Karl zu sehen
und ihm die vom Vater ausgeſprochene Hoffnung mitzutheilen ; sie bat daher
Simon, ihn zu rufen, was dieſer auch ſogleich that.

î_ Man erlaſse es mir, die Scene zu beschreiben, welche jetzt zwiſchen den
beiden Liebenden stattfand. Karl betheuverte ſeine Unschuld und war doch ge-
zwungen, sich vor dem Richter als schuldig zu bekennen, da ſonſt aller Ver-
Daß ſein Vater unſchuldig ſei,

. es iſi, als ob er ſich verbergen

hi uu Lee. wie man zur Enthüllung dieses furchtbaren Geheimnisses ge-



Da kam Dupre. „Gut daß Du hier biſt," sagte er leiſe zu ſeinem Sohne,
„Du mußt fliehen.“

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ters lieb iſt. Was da geſchehen mag, geschieht zu Deinem Beſten; darum
forſche nicht und gehorche blindlings; hier iſt Geld." Und ſomit gab er ihm
die durch Sidney erhaltenen ſechzigtauſend Franken. :

„Vater ! Sie, die Mutter, Clementine und Marianne verlassen !“

„Fliehen oder sterben. Clementine kann Dir folgen. Nur verlasse Guropa."

Karl ſchwankte und wußte nicht, was er beginnen ſollte. Clementine zu
verlassen, schien ihm unmöglich, den Vater dem Henkerstod Preis geben gott-
los. Clementine ſselbſt bat ihn, sich durch die Flucht zu retten. „Jch folge
Dir," sagte sie, „und wäre es bis an's Ende der Welt. Mein Ontel iſt todt,
t B quant mein Herz gehörte Dir, immer gerne reiche ich Dir auch
meine Hand."

Da stürzte Madame Dupre plöglich händeringend herein.
sie, „es kommen Soldaten, unsern Sohn fortzuführen“!

Gleich hinter ihr folgte Simon. „Sie kommen“, ſagte er und dicht hin-
ter ihm traten 4 Soldaten mit einem Unterofficier in das Zimmer.

„Mein Herr ! folgen Sie mir“, sagte der Unterofficier zu Karl. Dieser
warf einen Blick auf seinen Vater, der ihm zu gehorchen winkte. Madame
Dupre aber warf sich dazwiſchen und rief laut weinend : Nein, mein Sohn !
ich laſſe Dich nicht! Man ſoll Dich mir nicht entreißen !“ ;

Dupre näherte sich ihr und ſagte leiſe: „Es dient um ihn zu retten.“

Karl umarmte seine Eltern, ſchloß Clementine und Marianne in ſeine
Arme und wurde abgeführt. Als er das Zimmer verlassen hatte, faltete Dupre
seine Hände gegen den Himmel und man hörte die leiſen Worte: „Gott, laß
das Werk gelingen, rette ihn !V

Plötzlich hörte man im Vorsaale einen verworrenen Lärm und mehrere
Stimmen. Karl und die 5 Mann stürzten zur Thür herein, ihnen folgte ein
Officier mit mehreren Soldaten. |

U Dupre dieſes ſah, rief er im höchſten Schmerze :
verloren !“

„Dupre“’, rief

„Nun ift Alles

(Fortſezung folgt).
 
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