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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0107

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für Stadt





Zote

Inseraten - Inhalt der Annoncen-Expedi-

tionen von Rud. Mosse, Haasenstein &
und Cand. Vogler & G. L. Daube & Cie. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ?c.



Js. 27. Samstag



Es gehen uns folgende



_ * Heidelberg, 3. März. „Berich-
tigungen“ zu:

I. „Sie behaupten in Nr. 26 Ihres Blattes, daß die als ein
ſelbſtändiges Organ der nationalen und liberalen Partei in Mann-
heim erſcheinende „Badische Correſpondenz“ mir gehöre und daß
namentlich ein darin enthaltener, die Ueberſchrift „die ſchwarze Meute“
tragender Aufsatz von mir herrühre, oder unter meiner Mitwissen-
schaft verfaßt wurde.

Diese ganze Behauptung iſt lediglich eine Unwahrheit.

Mannheim, 2. März 1871.

Jr. Kiefer, Großh. Oberſtaatsanwalt.“

II. „Jn Nr. 26 JZhres Blattes behaupten Sie, daß die „Ba-
diſche Correſpondenz“ notorisch Herrn Oberstaatsanwalt Kiefer ge-
höre, und daß ein Artikel dieſer Correſpondenz, überſchrieben: ,die
ſchwarze Meute“, Herrn Kiefer zum Urheber, oder wenigstens zum
Mitwiſser habe. Beide Behauptungen sind unwahr. Die „Badische
Correſpondenz“ gehört nicht Herrn Oberstaatsanwalt Kiefer, ſondern
dem nationalen und liberalen Landesvereine: sie wird auch nicht
„inspirirt“ von Herrn Oberstaatsanwalt Kiefer, wie Sie gewöhnlich
behaupten, sondern sie erſcheint unter meiner, des Unterzeichneten,
durchaus ſelbſtſtändigen Redaction. Speciell um den Artikel ,die
ſchwarze Meute“ ~– welcher Bezeichnung übrigens, wie aus dem Ar-
tikel zur Genüge hervorgeht, eine belékdigende Abſicht vollständig
fernliegt + hat bis zu seinem Erscheinen in der „Badiſchen Corre-
ſpondenz“ kein Mensch auch nur das Geringste gewußt, außer mir,
der ich ihn verfaßt habe.

Mannheim, 2. März 1871. . 'Dr. F. VB oett her,,

: Redacteur der „Badiſchen Correſpondenz“.

(Wir werden darauf antworten. D. R.)



Deutſc<hl and.

* Heidelberg, 2. März. Wie die Nationalliberalen die Mei-
nungen ehren, davon haben wir schon Beweiſe in Menge erhalten,
~ der fanatiſchſten Einer hat ja eben erſt die katholiſche Volkspartei
als „ſchwarze Meute“ bezeichnet, gar nicht zu gedenken der anderen
Beiwörter, die sonst beim Plaidoyer der Advocaten und Staatsan-
wälte ausgeschloſſen zu ſein pflegen. Das Scandalöſeste aber iſt
die Art wie man die Demokraten in Ladenburg behandelt hat, als diese
am letten Sonntag eine Wahlverſammlung dort halten wollten,

wozu der Abg. v. Fed e r als ihr Candidat erſchienen war. Buben

empfingen sie mit Gießkannen und Klappern, Buben bedrohten sie
mit allerlei Brutalitäten, Buben warfen Steinen nach ihnen, als

junge Buben, die



den 4. März 15871.





sich dieſer Schandthat schuldig machten ; den jun-
gen rechnen’'s wir aber nicht hoch an, weil Schulbuben nicht aus
ſich ſelbſt beurtheilen können, um was es sich handelt, wenn Män-
ner in die Berathung gehen, sondern weil sie nur Unarten begehen,
die sie von den alten abgespickt haben oder zu denen sie von diesen
angelernt worden sind. Der Affe des berühmten Erasmus hätte
keinen Verſuch gemacht sich zu raſiren, wenn er es nicht seinem
Herrn abgeguckt hätte, wie man's zu machen pflegt. Es war in
Ladenburg ein Mannheimer Casino im Kleinen, nur daß bei dieſer
Gelegenheit die Mannheimer die Rolle ſpielen mußten, die weiland
die Katholiken bei ihnen zu spielen hatten. „Eine Parthie Schwarz-
wild zum Aushauen“ stand damals in der Mannheimer Judenpresſe
und die Herren Schneider und Eichelsdörfer, die auch in Ladenburg
lange Beine hatten, werden sich jener berüchtigten Aufforderung noch
wohl erinnern. „Eine Parthie Rothwild zum Aushauen,“ würden
wir heute ſagen, wenn kleinliche Rachſucht die Oberhand bei uns
hätte über die uns aufrichtig und tief durchdringende Indignation,
die wir fühlten b ei dem Bube nstücke in Ladenburg.

* Heidelberg, 2. März. Es iſt erlogen, wenn die National-
liberalen in ihrem Aufruf gegen Dr. Mittermaier dahier behaupten,
sie hätten die Gemeindewahlen im Lande nicht als Parteiſache be-
handelt, sondern nur die Demotraten und die „Schwarzen“ hätten
solches gethan; denn jene Leute sollen uns einmal den Nachweis
liefern, daß sie irgendwo, in Stadt oder Land, einen Andersdenken-
den, den Mittermaierſchen Fall ausgenommen, in die Gemeindever-
tretung gewählt hätten. Diesen Nachweis werden sie nie zu lie-
fern vermögen, während gerade wir ~ die verfehmten „Schwarzen“ .
H mehrfach Beiſpiele angeführt haben, wo wir bereit waren, auch
unseren Gegner einige Vertreter in Gemeinden zukommen lassen, in denen
wir die Oberhand hatten, Vorſchläge, die aber in der Regel daran
scheiterten, daß man unſere gute Absicht für Schwäche hielt und
mit vollem Munde gleich Alles verlangte, wie in Dossenheim u.
a. Orten, wo unsere Feinde hernach das Nachſehen hatten. Was
den Mittermaierſchen Ausnahmefall betrifft, ſo haben die Servilen
den Herrn Doctor nur deßhalb mitgewählt, weil er der Held der
Schulcapele war und der ihnen von dem Demokraten geleistete
große Dienſt doch nicht gänzlich ohne alle Belohnung ausgehen
durfte. Also keine Flauſen, wir kennen Euch, Spiegelberger !

* Heidelberg, 2. März. Bekanntlich hat Prof. Schulte eine
Streitschrift gegen die Macht der Päpſte geschrieben, welche durch
die Gegenſchriſten des Biſchofs von Mainz und des Prof. Hergen-
röther ihre Widerlegung gefunden hat. Nun tritt auch noch ein
weiterer Kämpe gegen Schulte auf den Kampfplag — Biſchof



sie sich aus dem Städtchen wieder entfernten. Es waren alte und

Wer hat das gethan?
(Eine Yeſchichte aus dem Leben.)
(Fortſetuung.)

yLVerzeihen Sie mir, lieber Herr Vormund ! hatte sie geſchrieben, wenn
dieser Brief verworren und unzuſammenhängend ist. Unter mir iſt Liſettens
HZimmer; ich höre sie lachen und ſprechen. Das Herz zieht sich mir zuſammen,
wenn ich an das Unglück denke, das dieſes Mädchen über die ganze Familie
gebracht hat. Sie hat Frau Heiders Tod auf dem Gewissen. Ach, die arme
Frau hat geahnt, was kommen würde, sie ſagte mir auf ihrem Todtenbette :
„Anna wird eine Stiefmutter bekommen ! laß das Kind nicht in ihren Händen.
Nimm dich der armen Waiſe an!“ ~ Ach Gott, ich kann mein Versprechen
jeßt nicht halten ; Liſette treibt mich aus dem Hauſe, ich . . .'

Hier war sie unterbrochen worden.

So sehr ihr ſanftes, kindliches Gesicht, ihre treuen, unschuldigen Augen
der ſchrecklichen Beſchuldigung eines Mordes wiedersprachen, ſo ließen sich doch
die ſchweren Verdachtsgründe gegen sie nicht abläugnen, um ſo weniger, da sie
nicht den geringsten Verſuch machte, sich zu rechtfertigen, troßdem, daß der
Unterſuchungsrichter mehr ihre Unſchuld als ihre Schuld ans Licht zu bringen
ſuchte. Sie geſtand zu, daß sie in der Nacht hier im Zimmer gewesen ſei, daß

sie die Lichtſcheere verloren habe, daß die Haarlocke an Liſettens Kleide wohl

won ihr herrühren könne und antwortete auf alle Fragen, ob sie nichts zu
ihrer Rechtfertigung oder Entſchuldigung vorbringen könne: „Was ſoll ich
ſagen? Der Schein iſt ja gegen mich.“ : j
.. Mit Ruhe, ja mit Befriedigung nahm ſie die Ankündigung entgegen, daß
sie verhaftet und in das Gefängniß gebracht werden solle. So lange die Un-
tersuchung in Menzingen geführt wurde, mußte ſie jeden Augenblick befürchten,
daß irgend ein Umſtand entdeckt wurde, der Leonhard's Schuld verrieth; er
war noch nicht zurückgekehrt; hoffentlich gelang es ihm, einen sichern Zufluchts-
ort zu erreichen, ehe die Sache zur genaueren Unterſuchung kam. Wenn er
nur gerettet war, dann war das Schlimmste abgewendet, dann würde ja Gott
weiter helfen, dachte sie, dann würde ſie ſagen können, daß sie nicht um zu
morden, ſondern um Hülfe zu leiſten zu Liſette gegangen war.
Die Vorunterſuchung war bei der Einfaéhheit der Sache ſchnell beendet



und sie konnte noch vor das nächſte Schwurgericht gebracht werden. Der An-
geklagten wurde vom Präsidenten ein Vertheidiger zugeordnet, da sie ſelbſt
keinen Menſchen in der Stadt kannte, die sie unter ſo traurigen Verhältnissen
zum erſten Male betrat.

Der Vertheidiger kam eben von ſeinem erſten Beſuche bei der Gefangenen
nach Hauſe, als ihm geſagt wurde, es warte ein Herr auf ihn, der ihn in einer
dringenden Angelegenheit zu ſprechen wünſche. Beim Eintritt in ſein Zimmer
fand er einen jungen Mann mit einem auffallend ſchönen, aber ſehr bleichen
Gesichte vor sich, der ihm mit dex ſchnell hervorgeſtoßgenen Frage: „Herr Ju-
stizcommissr Hil m er?!" hastig entgegentrat. ~ „Zu dienen, war ſeine Ant-
wort. Mit wem habe ich die Ehre?"

„Mein Name ist Leonhard Heider.“

„Sie sind der Sohn des Gutsbesiters Heider von Menzingen?“! fragte
Hilmer lebhaft, seinen Gast mit dem höchſiten Interesse fixirend.

e Vel LU pr 14rrt ettlehnet ehre erh se
) ; en, t Le In . .

„Der bin ich. Sueben komme ich von ihr.“

„Sie haben sie gesehen ? Welchen Eindruck hat sie auf Sie gemacht ? Nicht
vat. es iſt ganz unmöglich, sie eines Mordes fähig zu halten,“ fiel Leonhard
astig ein.
tsf ? Ich muß gestehen, daß ihr Anblick mich aufs Höchste überraſcht hat. Nach
dem Durchlesen der Ukten erwartete ich, eine Amazone, ein großes, determinir-
tes Frauenzimmer zu finden und ſsehe vor mir ein Kind, mit einem ſanften,
unſchuldigen Gesicht, mit den treueſten, gutmüthigsten Augen, in die ich je-
mals geblickt habe. Mir iſt die Sache ein Räthſel !"

[Uuctn: i. fr sueteuul Sie tief ' REI M du Fcarbact trrett
täglich Zeuge ihrer liebenswürdigen, aufopfernden Sorgfalt für ihre Umge-
bung, der rührenden Treue, womit sie meine kranke Mutter pflegte, gewesen
wären, wenn Sie das unbeschreibliche Glück gehabt hätten, von dieſem Mäd-
chen geliebt zu werden, wie würden ſie dann erſt urtheilen! Ich kann es nicht
fasſen, wie es möglich iſt, daß nur ein Menſch auf der Welt eine ſolche Be-
Iuuotnt. atues kann. O, warum mußte ich gerade in di-ſer Unglücksſtunde
abweſend ſein !

(Fortsetzung folgt.)
 
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