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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0063

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lzer

Erſcheint wöchentlich 8 Mal: Dienstag, Donnerſtag fü r Ftad k

und Samſtag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Ins.-Geb. 2 kr. d. H.

Fi¿. 16.

.

ngen für die Monate Februar





- Beſtellu zd Mirz auf dez
Pfälzer Boten können noch immer bei allen gr. Poſtansſtalten und
Laudpoſtboten gemacht werden.

Deutſclan d.

* Heidelberg, 3. Febr. Unter den Prätendenten in Frank-
reich rühren sich besonders die Orleans mit aller Kraft, den zuſan-
mengeſchlagenen Thron wieder aufzurichten; Gambetta dagegen , der
noch nicht abgedankt hat, wie die Zeitungen berichteten, sondern den
nutloſen Widerſtand weiter zu treiben beabsichtigt, thut zwar alles
Mögliche, um alle Throncandidaten von vorneherein zu beſeitigen,
und zwar durch ein Verbot ihrer Wahl in die Nationalverſammlung.
Ob ihm dies gelingen wird, muß ftark bezweifelt werden; haben
doch auch fruher alle Maßregeln gegen die Wiederkehr der Napoleo-
niden nur den gegentheiligen Effect gehabt ! Mögen dies die Franzosen
übrigens halten, wie sie wollen, - Deutschland wird gut daran
thun, sich in dieſe innere franzöſiſche Angelegenheit nicht einzumen-
gen. Deßhalb glauben wir auch nimmermehr , daß die deutschen
Staatsmänner, wie bisweilen behauptet wird, sich für die Reſtaura-
tion Napoleons interesſiren ſollten. Unsere Väter sind in den Jah-
ren 13~15 nach Frankreich hineingezogen, um Napoleon I. vom
Throne zu werfen; die Söhne werden jeßt nicht ihr Blut vergossen
haben, um am Ende des Dramas Napoleon UI. von neuem auf
den Thron zu ſetzen.

* Heidelberg, s. Febr. Hätten wir geschrieben, was heute
die Landeszeitung ſchreibt, so wäre der ganze Chorus der büreau-
kratiſchen Presſe, die Landeszeitung ſelbſt an der Spitze, auf Com-
mando des mannheimer Sprachrohrs über uns hergefallen; denn
heute verlangt die Landesbase eine ziemlich durchgreifende Verein-
fachung der Staatsmaschine in dem kleinen badischen Lande, wobei
ſie sich jedoch sorgfältig hütet, allzu hoch hinaufzuſteigen, – der
Flug ihrer Wünſche geht nicht über die Kreisgerichte hinaus. Von
dieſen aber heißt es, 11 ſeien zu viel, eine Weisheit, die wir ſchon
vor Jahren entdeckt haben, die man aber nicht hatte gelten lassen
wollen. Um die Kirchthurmsintereſſen zu befriedigen, habe man ſo
viele Kreisgcrichtchen errichtet, daß dieſe zum Theil jezt an Geschäfts-
loſigkeit laborirten. Dabei hätte sie aber auch besonders be-
toren ſollen, wie lächerlich die kleinen Verwaltungskreise sich aus-
nehmen, während doch in den größer gewordenen deutſchen Verhält-
niſſen Baden selbſt nur die Größe eines Kreiſes hat. Und dazu
gar noch die vielen Kreisverſammlungen mit allen parlamentariſchen
Formalitäten und Ansprüchen, ohne daß etwas dabei zu thun iſt,
was irgend der Erwähnung werth wäre ! Dagegen hebt die Lan-

Wer hat das gethan ? |
(Eine Yeſchichte aus dem Leben.)
(Fortſezung.)

Freilich war sie nur die Tochter eines Dorfschulmeiſters, ein armes Land-
mädchen ; aber ſie wußte, daß sie hübſch war. Sie kannte den Charakter ihres
Herrn, Menzingen lag so einſam und die Familie Heider hatte ſo wenig Um-
îap shiel ihrer tinte grp rent, niht. zu bejorgen H q Utledste te
. . . . § ;

) ſie freilich an der Hand behalten; wenn die Speculation q Herrn
Heider fehlſchlug, oder wenn Frau Heider
rich nicht zu verachten.

Unter ſolchen Verhältnissen war es möglich, daß Herminens Erscheinen in
Menzingen Lisetten ſchr unwillkommen i i
grfa len an der hübſchen Gouvernante mit Angst und Ingrimm beobachtete und
erſfreut war, als ſich das Blatt wendete, und das Wohlgefallen sich in Groll
verwandelte, den ſie auf alle mögliche Weise geschickt zu ſchüren ſuchte.

Je kränker Frau Heider wurde, deſto heiterer wurde Liſette, desto mehr
nahm ſie die Miene der Haushälterin an und deſto kürzer und kälter wurden
ihre Zwiegeſpräche mit Heinrich, ein Benehmen, das ſogar den übrigen Dome-
ſtiken, welche die Emportömmlingin von Herzen haßten, nicht entging.

„Man braucht nur Heinrich anzuſehen, um zu wissen, wie es unserer Ma-
dame geht, „meinte der Großknecht. Geht's hesſer mit ihr, so ist die Mamjell
die Freundlichkeit ſclbſt gegen den einfältigen Jungen,, der sich an der Nase
herumziehen läßt ; kommt aber der Doctor fleißig und denkt die Mamjſell, daß
die Madame nicht am Leben bleibt, ſo trägt sie die Nase eine halbe Ele höher
und sieht den Heinrich nicht von der Seite an. So'’n dummer Tölpel. “

n Ia, und ſo’ne dumme Trine !“ fiel das Küchenmädchen ein. „Wenn unser
Herr wieder heirathen will, ſo kann er Zehne für Eine kriegen und braucht Schulmei.
ſters Liſette nigzt zu nehmen. Sie soute den Heinrich nur festhalten, sonst ſetzt sie
Uu Stühle in die Aſche. Dem Jungen könnten doch einmal die Augen

Die Krantheit .der Frau, Heider nahm langsam, aber fast unmerklich zu ;
außer großer Schwäche und stetem, aber leichtem Fieber hatte sie wenig Be-





:



wieder hergestellt wurde, so war Hein-



Dienstag den 7. Februar





ql t Ul ter uur keeb.
und Can.
desbaſe ganz richtig hervor, daß die Arrondirung der Bezirksämter
eine viel zu kleine geblieben sei und daher die Kraft eines Mannes
zu wenig beanspruche. Der betr. Correſpondent fährt daun ganz
gemüthlich alſo weiter fort : Ö

„Man denke sich beiſpielsweiſe nur einen ſchwachbevölkerten Be-
zirk. Um da nicht an Geſchäftsſtocung oder ganz und gar ſüßem
Nichtsthun zu laboriren, wird ein geſchraubter Bureaukratismus ge-
handhabt und Dinge ins Bereich der Thätigkeil gezogen , die nichts
weniger als des Amtes sind. Gar oft iſt auch frühere Polizeiamts-
thätigkeit vermerklich und wird ein Polizeiſchock mit Spionage, Zu-
trägereien, die Schwäche des Beamten benützend 2c., und was drum
und dran hängt in Bewegung geſetzt. Eine wesentliche Aufgabe für
die inneren Angelegenheiten unseres engern Vaterlandes bleibt immer-
hin noch die Schulfrage. Während man darin mit Beginn der neuen
Aera schon in der Zuſammensetzung des Obersſchulrathes den Schwer-
punkt allzu sehr in das Volksſchulwesſen legte, haben später die Phi-
lologen zum Nachtheil desselben die Oberhand gewonnen und unprak-
tiſch experimentirt. Ein Wuſt von Gesetßen und Verordnungen füllt
unſere Blätter, die sich als unpraktisch und undurchführbar erweisen,
während noch Manches gar keine Beachtung fand. Das Wahre
und Rechte liegt eben in der Mitte. Wir wollen hier nicht berech-
nen, wie viel unnütz vermanövrirt und verdiätelt wurde, in Zukunft
aber wird es die Aufgabe Badens sein, die rechten Männer an den
richtigen Plaz zu bringen und gegen ein gewisses Protectionsunwesen
Frout zu machen.“ v .

Ei, sieh einmal an, wenn wir nicht wüßten, daß die Correſpon-
denten der Landesbaſe vor den Wahlen etwas volksthümlich thun
müßten, würden wir uns gewaltig erſtaunen ob einer ſolch’ frei-
müthigen Sprache, wie man sie bisher von derſelben Seite her an
den Ultramontanen und Demokraten verurtheilt hat! Aber da liegt
eben der Haas im Wahlpfeffer! Es iſt der Landesbaſe nicht so
ernst, wie sie thut, und wenn der Artikel seine Dienste gethan hat,
wird der Schreiber desselben ſchon nächſtens seinen Rüffel erhalten
und der Standpunkt wird ihm gründlich klar gemacht werden. Wer
über Vereinfachung der Staatsmaſchine ſchreiben will, der ſchreibe
an den Pfälzer Boten, —+ bei der Landesbasſe iſt er auf dem
„leßen“ Weg.

* Heidelberg, 3. Febr. Frhr. v. Stauffen berg, einer der
Führer der bayeriſchen Fortſchrittspartei, hat als Candidat zum
Reichstage sein Programm dahin aufgestellt, daß er es für die Auf-
gabe des Reichstags erachtet, für die Einführung verantwortlicher
Reichsminiſter zu kämpfen, die Diätenlosigkeit der Reichstagsabge-
ordneten abzuſchaffen, die deutsche Wehrkraft bis zum Frieden auf-

ſchwerden, und ihre Gemüthsstimmung war für gewöhnlich, wenn nichts Beson-
deres sie aufregte, ziemlich heiter. Herminens Geſellſchaft und die Befreiung
von der Nähe ihres Mannes waren so große Annehmlichkeiten für ſie, daß sie dieſen
Winter für den glücklichſten ihres Lebens erklärte, zumal noch die Freude hin-
zukam über die glückliche Veränderung, die mit ihrem Sohne vorgegangen war.
Aus Leonhard’'s dunklen Augen leuchtete nicht mehr Unmuth und Gram, ſon-
dern der heitere Lebensmuth der Jugend und des Glückez. Die Liebe hatte
ihr verklärendes Licht über Alles ergoſſen, was ihn umgab; seine Heimath, die
ihm bisher als eine Hölle erſchienen, war ihm jetzt ein Himmel, da sie ein En-
gel umſchloß. Das ſtille Krankenzimmern seiner Mutter, das er bisher nur mit ste-
chendem Schmerz in der Seele betreten hatte, war ihm jettt ein Paradies, wo die höch-
ſten Freunden seiner warteten. Er glaubte faſt nicht mehr, daß ſeine Mutter sterben
könne ; sie war ja so heiter, ſo ruhig jetzt, Hermine erheiterte sie durch ihr Geplauder,
ihren Geſang, durch ihre liebevolle Sorge und Aufwerkſamkeit. Seine Mutter ſelbſt

\ohl- | faßte wieder Hoffnung und Muth, das sah er, wenn sie auch bei einem stärkeren An-

falle wieder aufs Neue in die alten trübenden Gedanken zurückfiel. Aber das währte
nicht lange, sie ſprach von dem kommenden Frühling, sie ging auf Leonha rds Zu-
kunftspläne ein, die Hermine erregte, sie berieth mit ihm, wie und von wem er ſich
Kapital verschaffen könne, um von ſeinem Vater unabhängig eine Pachtung zu über-
nehmen und daun einen eigenen Herd zu gründen.

„Und wenn du dein eigener Herr biſt, sagte sie, dann komme ich mit Anna zu
dir und deiner Frau. Ihr nehmt mich doch auf ?“ ſette ſie liebevoll hinzu und ihr
mütterlicher Blick streifte zärtlich die erröthende Hermine.

(Fortsetzung folgt.)



Aus dem Ori ent. In einem Wiener Blatte finden wir folgende Notiz :
Ein Beduine, welcher sich einige Zeit in Paris aufhielt und dem natürlich die
Begrüßungsweise mit dem Hute auffallend erſchien, da sie der ſeinen ſo ent-
gegengesett ist, bediente ſich ſpäter im Zorne des F lu ch e 3:. Möge Deine Seele
nicht mehr Ruhe haben, als der Hut eines Europäers !
 
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